Die Teufelswolke von Monteville

 
  • Deutscher Titel: Die Teufelswolke von Monteville
  • Original-Titel: The Trollenberg Terror
  • Alternative Titel: The Crawling Eye | The Creeping Eye | The Flying Eye | Creature from another World |
  • Regie: Quentin Lawrence
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1958
  • Darsteller:

    Forrest Tucker (Alan Brooks), Laurence Payne (Philip Truscott), Jennifer Jayne (Sarah Pilgrim), Janet Munro (Anne Pilgrim), Warren Mitchell (Prof. Crevett), Andrew Faulds (Brett), Stuart Saunders (Dewhurst)


Vorwort

14 Jahre ist es inzwischen her, dass Anolis seine berühmte Reihe Galerie des Grauens ins Leben rief. 10 vergessene Perlen, hauptsächlich des amerikanischen Drive-in Kinos, wurden hier in einem schönen Sammelschuber dargeboten, obwohl der Begriff Perlen sicherlich subjektiv zu fassen ist. Zumindest handelte es sich, bis auf wenige Ausnahmen, um Filme, die man in Deutschland nicht auf DVD (und manchmal nicht einmal auf VHS) bekommen konnte. Bis dato kamen mit Die Rückkehr der Galerie des Grauens, Die Rache der Galerie des Grauens und Der Fluch der Galerie des Grauens drei weitere Ausgaben hinzu. Mit DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE veröffentlicht das Label nun den ersten Titel der Galerie des Grauens erstmals in HD und einer schicken Mediabook-Edition. Also ein guter Anlass, um sich alt zu fühlen und den Film, der im amerikanischen auf den verheißungsvollen Titel THE CRAWLING EYE hört, nochmals in Augenschein zu nehmen.


Inhalt

Drei Studenten kraxeln am Schweizer Monteville hinauf. Einer von ihnen steigt voraus, worauf die beiden anderen ihn aus den Augen verlieren. Es folgt ein Schrei, der tote Körper stürzt an ihnen vorbei in die Tiefe. Und das auch noch äußerst kopflos. Im kleinen Ort unterhalb des Berges werden seitdem hinter vorgehaltener Hand die wildesten Theorien ausgetauscht.

Ein paar Tage später trifft der amerikanische Wissenschaftler Alan Brooks im Zug auf die englischen Schwestern Sarah und Anne Pilgrim. Anne wird gerade von einer Vision des nahenden Berges ergriffen und überredet Sarah, dass sie in dem Hotel Europa in Trollenberg absteigen. Eine seltsame Bitte, der Sarah aber dann doch nachkommt. Brooks, wie es der Zufall so will, ist ebenfalls auf dem Weg dorthin. Er ist an den merkwürdigen Vorfällen, wie der Leiche ohne Kopf, aber auch anderen verschwundenen Bergsteigern, interessiert. Einige Jahre zuvor war er Zeuge ähnlicher Geschehnisse unweit des Ortes. Während die drei nun gerade in Trollenberg ankommen, tragen viele der Einwohner sich mit dem naheliegenden Gedanken, die Gegend lieber zu verlassen.

Im Hotel hat auch der Geologe Dewhurst eingecheckt, der am nächsten Tag mit dem Bergführer Brett nach einer geologischen Ursache für die Vorkommnisse suchen will (weil die vermissten Bergsteiger wie vom Erdboden verschluckt scheinen, oder was?). Derweil besucht Brooks weiter oben auf dem Berg seinen Kollegen Crevette in einer Forschungsstation. Dieser berichtet ihn von einer beunruhigenden Entdeckung, denn auf dem Berg hat sich scheinbar eine radioaktiv verstrahlte Wolke festgesetzt (man könnte Trollenberg dann vielleicht als Prypjat der Alpen sehen). Crevette glaubt zudem an einen direkten Zusammenhang zum Verschwinden der Bergsteiger. Am Abend geben die Geschwister Pilgrim eine kleine Vorstellung, bei der die telepathisch veranlagte Anne als Medium fungiert.

Am nächsten Tag überschlagen sich die Ereignisse. Beim Aufstieg am Monteville wird Brett wie aus dem Nichts von einem mysteriösen Wesen angegriffen, während Drewhurst sich gerade noch in eine Berghütte retten kann. Zur selben Zeit registriert Crevette im Forschungszentrum, dass sich die radioaktive Wolke unnatürlich, scheinbar aus eigener Kraft heraus, den Berg entlang bewegt. Im Hotel wird Anne wiederum von schrecklichen Visionen geplagt. Irgendetwas scheint in der Wolke auf dem Monteville zu lauern…

Besprechung:

Als Einstieg in die populäre Galerie des Grauens erweist sich DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE als zeitweilig etwas behäbige Angelegenheit. Die vorangestellte Szene mit den drei Bergsteigern wirkt sehr billig, von der Dekapitation bekommt man, was im Hinblick auf das Entstehungsjahr kaum verwundern dürfte, rein gar nichts zu sehen (nicht mal eine Leiche; die wird später im Hotel dafür ausführlich beschrieben). Das Skript setzt mehr auf kurze Momente, in denen das Mystery aufblitzt, die in gewissen Abständen über das erste Drittel des Films verteilt werden. Das geschieht dann auch verhältnismäßig unaufgeregt, selbst der Ausschlag des Geigerzählers bei der, am Gipfel des Berges festsitzenden, Wolke suggeriert noch keine wirkliche Gefahr. Der Film plätschert zu dem Zeitpunkt eher noch gemächlich vor sich hin. Erst mit dem Angriff auf Brett (von dem wir natürlich wieder nichts sehen), setzt DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE ein erstes zaghaftes Ausrufezeichen. Im Folgenden bedient sich die Geschichte dann den typischen Mechaniken eines Katastrophenfilms. Drewhurst sitzt in der Hütte fest, weiß nicht, was mit Brett geschehen ist. Er hält Funkkontakt zum Hotel, wo Brooks seinerseits im Austausch mit Crevette in der Forschungsstation auszumachen versucht, woran man hier zum Teufel eigentlich ist. Das übernatürliche Mysterium wird am ehesten noch durch die Pilgrim-Schwestern aufrecht gehalten, da Anne mit dem, was in der Wolke lauert, telepathisch verbunden scheint. Erst relativ spät schreitet der Film dann zur Eskalation, wenn ein Totgeglaubter vom Berg zurückkehrt, aber nicht mehr er selbst ist, und lange Tentakel sich ihren Weg aus der Wolke bahnen. Dann kommen auch wohlige Lovecraft-Vibes (Wiederkehrer, Wesen in der Wolke, Tentakel) auf, obwohl der Film natürlich nicht auf einer Geschichte des Kultautors basiert und auch Referenzen an ihn noch lange nicht en vogue waren. Aber Gevatter Zufall geht verschlungene Wege, beschweren wollen wir uns darob solcher netten Zugaben ja bestimmt nicht.

Das Drehbuch von Jimmy Sangster zu THE TROLLENBERG TERROR, wie DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE im Original heißt, basiert auf der gleichnamigen britischen Mini-Serie aus dem Jahre 1956. Es war in den 50ern auf der Insel üblich, solcherlei Straßenfeger auch für das Kino umzusetzen; so ist es ja auch mit den drei QUATERMASS-Abenteuern geschehen, die von Hammer Films sehr erfolgreich auf die große Leinwand transferiert wurden. Und eben für diese Hammer Films bewies Jimmy Sangster in den Jahren zuvor schon ein gutes Händchen für ökonomisch strukturierte Skripts. Aus seiner Feder stammten Horror-Klassiker wie FRANKENSTEINS FLUCH (1957), DRACULA (1958) und DER FLUCH DER PHARAONEN (1959) – auch der deutsche Slasher FLASHBACK – MÖRDERISCHE FERIEN (2000) basiert auf einem seiner Drehbücher. Diese Qualitäten brachte er bei THE TROLLENBERG TERROR mit ein. Dass die Geschichte, gerade im ersten Drittel, nicht wirklich vom Fleck kommt, liegt eher an der Inszenierung von Quentin Lawrence. Dieser hatte schon bei dem TV-Original Regie geführt und gibt einem hier wiederkehrend das Gefühl, dass zwischen den Spannungsspitzen, überspitzt gesagt, mehrere Tage statt einiger Minuten liegen. Lawrence war von jeher eher im Fernsehen zuhause, und das merkt man DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE auch stets an. Die Kamera bleibt häufig starr an ihrem Platz verankert, auch der Schnitt bringt keinerlei Dynamik ins Spiel. Es ist auch wenig verwunderlich, dass Kameramann Monty Berman hauptberuflich als Produzent tätig war. Der Film ist sichtbar mit genauso viel Enthusiasmus und Budget entstanden, wie die Verantwortlichen es für die Realisierung des Stoffes als notwendig ansahen. Das hat seine Vor- und auch Nachteile. Zum einen holte das Team aus den geringen Mitteln und eher kargen Sets in vielen Szenen das maximal mögliche heraus. Aber manches Mal sieht der Aufbau, gerade bei Aufnahmen, die auch innen spielen, eben schlicht nur nach einem kleinen, nicht allzu aufwändigen Studioset aus. Auch die Modellarbeit kann nicht immer überzeugen. Insgesamt sieht der Film für ein Genre-Werk der 50er aber ansprechend genug aus.

Kommen wir auf unseren Helden zu sprechen. Alan Brooks ist als Wissenschaftler naturgemäß jemand, der ein Problem intellektuell angeht und nicht zu blinden Aktionismus neigt. Demgemäß zeichnet er sich auch nicht durch physische Taten aus, sondern wohl überlegte Entscheidungen. Am Ende wird die Gefahr in Zusammenarbeit mit dem Militär beendet. Die 50er-Jahre erlaubten in vielen Fällen, Wissenschaft und Militär im Gleichschritt marschieren zu lassen. Forrest Tucker spielte schon die Hauptrolle in Hammers YETI, DER SCHNEEMENSCH (1957) und macht seine Sache auch hier gut. Er war damals schon seit fast 20 Jahren im Geschäft, ein Routinier, kein Star. Die nächsten drei Jahrzehnte tingelte er dann durch verschiedene Fernsehserien, verirrte sich nur noch gelegentlich in Filmproduktionen. Ihm zur Seite steht sein Kollege und Freund Professor Crevette, der das Phänomen in der Forschungsstation auf dem Berg beobachtet und zu deuten sucht. Er hat im Endeffekt nicht mehr zu tun, als mal nüchtern oder auch mal aufgeregt von seinen Beobachtungen und Schlussfolgerungen zu berichten. Warren Mitchell war zeitlebens auf Nebenrollen abonniert und später u.a. in Terry Gilliams JABBERWOCKY (1977) zu sehen. Bisher unterschlagen hatte ich die Rolle des Journalisten Philip Truscott. Die Ereignisse in Trollenberg sind natürlich auch der Presse nicht verborgen geblieben, auch Truscott hat im Hotel Europa eingecheckt. Dort entlockt er dem Wirt einen Abriss der bisherigen Ereignisse, die Theorien der Anwohner und diskutiert im Folgenden mit Brooks die Entwicklungen. Einen wirklich aktiven Beitrag zum Voranschreiten der Geschichte bringt er eigentlich nicht ein. Laurence Payne war ein weiterer Routinier ohne große Auszeichnungen oder Ruhmestaten. Seine bekannteste Rolle war wohl als Hauptfigur in der Poe-Verfilmung DAS HAUS DER 1000 SCHREIE aka THE TELL-TALE HEART (1960), sprich er war der Mörder, der das Herz unter den Dielen schlagen hörte. In der britischen Mini-Serie FAREWELL TO ARMS (1966) nach Ernest Hemingway spielte er außerdem an der Seite von George Hamilton und Vanessa Redgrave. Er gehörte 1972 auch zum Cast von Hammers CIRCUS DER VAMPIRE. Als Geologe Dr. Dewhurst, der die meiste Zeit in der Berghütte festsitzt und per Funk von den Vorkommnissen vor Ort berichtet, wiederholt Stuart Saunders seine Rolle aus dem TV-Original. Verständlich, denn er geht da augenscheinlich vollkommen drin auf. Der gute Mann kam in seiner Karriere allerdings nie über Nebenrolle hinaus, zumindest zieren bekanntere Filme wie DAS DUNKEL DER NACHT (1973) mit Christopher Lee und Peter Cushing sowie der Moore-Bond OCTOPUSSY (1983) seine Filmografie. Als Bergführer Brett, der zuerst verloren geht und dann am Ende des zweiten Akts als Wiedergänger zurückkehrt, ist Andrew Foulds zu sehen, der es später sogar in große Produktionen wie CLEOPATRA und JASON UND DIE ARGONAUTEN (beide 1963) geschafft hat, in den 70er gar regelmäßig für Ken Russell, u.a. DIE TEUFEL (1971) und LISZTOMANIA (1975), vor der Kamera stand. Nebenher war er noch über 30 Jahre als Politiker der Labour Party als Abgeordneter im House of Commons aktiv (1966-97). Last, but not least gibt es ja noch unsere bezaubernden Ladies, die Pilgrim-Schwestern Sarah und Anne. Nomen es omen – Die beiden Schwestern tingeln durch die Lande, wobei die jüngere Anne als Medium auftritt. Sarah erzählt, dass sie anfangs mit simplen Tricks gearbeitet haben, aber die immer schon medial begabte Anne mit der Zeit plötzlich immer schon im Voraus wusste, was die Leute taten, dachten oder auch nur in ihren Taschen hatten. Im Hotel wird die junge Frau dann von wiederkehrenden Visionen geplagt, vor denen ihre ältere Schwester sie schützen will. Beide Damen können in ihren Rollen überzeugen. Jennifer Jayne (Sarah) sammelte später weitere Genre-Erfahrung in DIE TEUFELSKARTEN DES DR. SCHRECK von Amicus und HYSTERIA von Hammer Films (beide 1965), war in dem Sci-Fi-Langeweiler SIE KAMEN VON JENSEITS DES WELTRAUMS (1967) und im Herbst ihrer Karriere in einem Bitpart in DIE SCHRECKEN DER MEDUSA (1978) zu sehen. Janet Munro (Anne) spielte später die weibliche Hauptrolle in Val Guests SF-Katastrophenfilm DER TAG, AN DEM DIE ERDE FEUER FING (1961) und war von 1963-71 mit Schauspieler-Kollege Ian Hendry (CAPTAIN KRONOS – VAMPIRJÄGER, GET CARTER) verheiratet. Sie starb bereits 1972 mit nur 38 Jahren an einer Herzkrankheit.

Fassung:

Auf Blu-ray liegt DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE nun in knackigen HD vor, mit scharfem und kontrastreichem Bild. Das gedient den schlichteren der Sets nun nicht immer zum Vorteil, aber es schmälert das Sehvergnügen keinesfalls. Der Ton der Blu-ray liegt in klar verständlichen englischen und deutschen Ausgaben vor. Auch hier gibt es nichts zu beanstanden. An Extras muss man auf nichts verzichten, was damals die DVD aus der Galerie des Grauens schon an Bord hatte. Es gibt u.a. einen Audiokommentar von Regie-Legende John Carpenter, natürlich auf Englisch, aber auch einen deutschen mit Ingo Strecker und Pelle Felsch. Neben diversen Trailern und anderem Marketing-Gedöns findet sich auch noch ein Interview mit FX-Creator Brian Johnson und die alte Super-8-Fassung des Films. Exklusiv für die Blu-ray hat Anolis auch noch die alte deutsche Kinofassung im Format 1,37:1 mit draufgepackt. In den Mediabooks, derer es drei Cover-Varianten gibt, befindet sich auch noch ein Booklet mit einem Text von Ingo Strecker mit interessanten Fakten rund um den Film. Auf jeden Fall wieder einmal eine mehr als lohnenswerte Veröffentlichung von Anolis.

Fazit:

Machen wir es kurz. DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE gehört jetzt sicherlich nicht zu den absoluten Highlights der ersten Galerie (das wären eher der weitere britische Vertreter RAKETE 510, Roger Cormans DIE LETZTEN SIEBEN oder DIE AUGEN DES SATANS mit John Agar), kann aber Fans der klassischen Grusel-Unterhaltung aus den 50er-Jahren sicherlich passabel unterhalten. Es ist auch schön, dass dieser erste Vertreter dieser tollen Reihe nun auch im HD-Zeitalter angekommen ist. Wer ihn damals verpasst hat, kann ihn nun in einer aufgebohrten Version nachholen, ohne auf die Vorzüge der Erstausgabe verzichten zu müssen. Das ist schon eine Empfehlung wert.


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 6


mm
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