Tragic Ceremony

 
  • Original-Titel: Estratto dagli archivi segreti della polizia di una capitale europea
  • Alternative Titel: Trágica ceremonia en villa Alexander | Tragic Experience at Villa Alexander |
  • Regie: Riccardo Freda
  • Land: Italien/Spanien
  • Jahr: 1972
  • Darsteller:

    Camille Keaton (Jane), Tony Isbert (Bill), Máximo Valverde (Joe), Giovanni Petrucci (Fred), Luigi Pistilli (Lord Alexander), Luciana Paluzzi (Lady Alexander), Irina Demick (Bill’s mother), Paul Muller (Doctor), Milo Quesada (Cop), José Calvo (Gas Station Attendant)


Vorwort

Abt. Halluzinatorischer Italo-Horror unter ägyptischer Leitung

Die Sommerzeit ist ja nicht nur die Zeit, die per flirrender Hitze uns mit Luftspiegelungen zu täuschen vermag. Auch die Hirnlappen in unserem Bregen werden mal ordentlich durchgekocht, das Nachdenken erschwert und allgemein wird der Körper durch höhere Temperaturen dazu aufgefordert, mal einen Gang runterzuschalten. Da geht es sich gut an, auch mal Filme zu genießen, die vielleicht ein wenig Urlaubsatmosphäre verströmen und einen dazu noch mit einem undurchsichtigen Plot dazu einladen, sich einfach mal einlullen zu lassen. Junge Menschen, nackte Körper, mysteriöse Begebenheit, heftiger Blutzoll – so in der Art, ihr wisst schon, was ich meine. Mediterraner Horror passt eben einfach gut zu sommerlichen Befindlichkeiten, und die 70er-Jahre brachten eben auch eine Leichtigkeit und gewisse Unberechenbarkeit in die Filme, gerade von den Mittelmeer-Anrainern, wie etwa Italien, Spanien oder Griechenland, mit ein, brachten dazu noch genug Sleaze und Gewalt mit sich (okay, Spanien erst richtig und flächendeckend in der Post-Franco-Hälfte des Jahrzehnts), dass sie auch nach heutigen Sehgewohnheiten selbst für ein jüngeres Publikum noch einigermaßen goutierbar sein sollten – allerdings mit Einschränkungen, denn der heute auf dem Programm stehende TRAGIC CEREMONY von Riccardo Freda soll bei seiner Wiederaufführung in Venedig 2004 sogar ausgebuht worden sein. Aber was soll’s, wir sind nicht das Etepetete-Festivalpublikum, sondern Liebhaber von Badmovies. Das perlt an uns ab, wie, ähm, Perlen an Säuen. Das Werk gibt es seit einiger Zeit restauriert und in HD zu bewundern, ein Grund mehr, sich diesen Gohtic-Splatter-Mystery-Thriller (noch)mal(s) zu Gemüte zu führen.


Inhalt

Bill, Sohn reicher Eltern, ist mit den beiden Schmarotzern Joe und Fred, sowie der schönen Jane auf der Segelyacht seines Vaters unterwegs. Die beiden jungen Männer spielen mit dem unbedarften Bill ein Spiel, in dem man die verschiedenen Elemente des Bootes benennen muss, natürlich um Geld. Und sie sind auch sehr erfolgreich darin – oder eher gesagt, sie zocken ihn ab. Später, als sie den Nachmittag dann in der freien Natur verbringen, zahlt er seine Wettschulden mit Traveller Checks aus. Nur Jane will kein Geld von ihm. Dafür schenkt er ihr eine Perlenkette (die sie scheinbar mit Bills Mutti und später Lady Alexander verbindet; es ist schon mysteriös). Als er sie dann küssen will, erlebt sie eine kurze Vision seiner blau gefärbten Fratze und schreckt zurück. Pech gehabt!

Auf dem Rückweg geht ihrem Buggy der Sprit aus (wir sind uns hier für kein Klischee zu schade). Es ist schon dunkel, als die vier eine Tankstelle erreichen. Zu ihrer Überraschung taucht aber der Tankwart sogleich aus dem Dunkel des Kassenhäuschens auf. Er stellt gleich klar: „No money, no gas.“ Bill wedelt daraufhin mit den Traveller Checks rum, was den Tankwart erst einmal beruhigt. Allerdings hat der verwöhnte Bubi seinen Ausweis verlegt, woraufhin die Schecks dann doch nicht weiterhelfen, könnten ja auch gestohlen sein; bei solch jungen Rumtreibern weiß man ja nie. Die neue Devise lautet also: „No cash, no gas.“ Doch dem Charme von Jane kann der Alte dann nicht widerstehen und hilft den jungen Leutchens mit ein wenig Benzin aus. So wenig, dass er sie auf eine Abkürzung verweist, die sicherstellen soll, dass sie es auch nach Hause schaffen.

Dem ist, wer hätte es gedacht, natürlich nicht so. Der Buggy bleibt auf der Höhe eines abgelegen in der Walachei gelegenen Landhauses stehen. Am fehlenden Benzin liegt es jedoch nicht. Derweil ist auch das Wetter umgeschlagen und es gießt in Strömen, nicht sehr angenehm, das Ganze. Sie verschaffen sich Gehör und werden tatsächlich vom Hausherrn, Lord Alexander, in die Garage gelassen, um ihr Gefährt zu überprüfen. Lady Alexander ihrerseits hat dann aber ein Einsehen und bietet den vier nassen Ausflüglern Unterschlupf und Essen an. Die drei Herren der Schöpfung dürfen es sich im Dienstbotentrakt gemütlich machen, reicht ja auch. Doch Jane und ihre Perlenkette haben es Lady Alexander scheinbar angetan, sie bekommt das Gästezimmer direkt neben ihrem Schlafgemach. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Während die Jungs sich mit Gitarrengeklimper und Kartenspiel vergnügen, darf Jane ein Bad nehmen, was die Hausherrin selbst für sie eingelassen hat. Sie empfiehlt sich danach, da noch wichtige Gäste im Haus sind. Von da an überschlagen sich die Ereignisse: Bill entdeckt am Fenster den reinspannernden Tankwart, der aber auch flugs wieder verschwindet. Als Jane, die ein unbestimmtes, unwohles Gefühl beschleicht, gerade in der Badewanne entspannt, geht im ganzen Schloss das Licht aus. Indessen haben sich Lord und Lady mit ihren Gästen in eine Dachkammer (jedenfalls sieht es bei einer Einstellung von draußen wie eine aus) begeben, wo sie unter der passenden Untermalung von düsterer Orgelmusik einer schwarzen Messe frönen. Jane fühlt sich davon seltsam angezogen (echt, hätt ich jetzt nicht gedacht), verlässt ihr Zimmer, um der Musik zu folgen. Auch den Jungs schwant inzwischen nichts Gutes, und sie machen sich auf, um mal nach dem Rechten zu sehen.

In der Tat treffen sie noch gerade rechtzeitig zur Zeremonie ein, um zu verhindern, dass Jane auf einem Altar geopfert wird. Plötzlich bricht die Hölle los und ein wahrhaftes Gemetzel nimmt seinen Lauf, dem die vier nichtsdestotrotz entkommen können. Doch der Albtraum hat für sie gerade erst begonnen…

Besprechung:

Junge Leute treffen auf eingefleischte Satanisten – das ist eigentlich schon fast ein eigenes Subgenre. Und in seiner auf Jung gegen Alt runtergebrochenen Ausrichtung könnte TRAGIC CEREMONY fast schon wieder ein Stoff für den Engländer Pete Walker sein, der dieses Feld in den 70ern ja ausführlich beackerte (THE FLESH & TORTURE SHOW, HAUS DER PEITSCHEN, HAUS DER TODSÜNDEN, FRIGHTMARE). Allerdings erweist sich eben diese Lesart als doch eher zweitrangig, geht es unter der Regie von Routinier Riccardo Freda mehr um düstere Vorahnungen und atmosphärischen Grusel, der dann auf dem Höhepunkt mit einigen brachial naturalistischen Schockeffekten dargereicht wird. Das Drehbuch lässt sich Zeit, uns die Protagonisten näherzubringen, das Szenario aufzubauen. Zwei-, dreimal werden Rückblenden bemüht, in deren Mittelpunkt Bill steht. Es geht dabei zumeist um ihn und seine Beziehung zu seinem Zuhause, zu seinen Eltern. Das präsentiert sich sehr kryptisch, aber wir erfahren u.a. dass seine Mutter es ist, die sein privates Bankkonto gefüllt hält. Seinen Vater bekommen wir eigentlich nie zu sehen, er ist wohl immer unterwegs, ob nun geschäftlich oder zum Vergnügen. Die Familie lässt er dabei jedes Mal zurück. In einer Szene entdeckt Bill, wie ein fremder Mann sich bei seiner Mutter im Badezimmer aufhält, als diese sich in der Wanne entspannt. Eine Affäre? Davor schon erleben wir, wie Bill seiner Mutter eine Perlenkette schenkt, die der, die er Jane auch um den Hals legt, mehr als ähnelt. Wird hier ein Zusammenhang zwischen der Mutter und Lady Alexander hergestellt, die sich genauso auffällig für den Halsschmuck von Jane interessiert? Der Film hält sich hier mit definitiven Aussagen, gelinde gesagt, sehr zurück. Es ist schon okay, wenn ein Mystery nicht alle seine Geheimnisse auflöst. Das sollte man hier dann auch nicht erwarten. Vieles davon dient augenscheinlich nur dazu, eine gewisse Atmosphäre der Ungewissheit zu etablieren. Konträr dazu packt das Skript jedoch gegen Ende noch einmal den Erklärbär in der Person eines Psychiaters aus, der ungefähr das nochmal in Kontext setzt, was man selbst zwischen den Zeilen zu extrahieren imstande sein sollte. Doch ich greife vor.

Der für mich schönste Teil des Films ist die schwarze Messe, zu der Lord und Lady Alexander geladen haben. Alle Teilnehmer sind in schwarzen Roben gekleidet, und eine ältere Frau mit zerzausten roten Haaren begleitet die Zeremonie an einer Orgel. Freda lässt uns daran immer nur durch kurze Ausschnitte teilhaben, aber es dürfte zu diesem Zeitpunkt ja sowieso schon klar sein, dass Jane ein elementarer Bestandteil davon sein soll. Dass der Tankwart die jungen Leute geradewegs in die Arme dieser Gesellschaft gelotst hat. Die düstere Vorahnung, die sich in den Köpfen der Zuschauer verankert hat, nimmt nach der Ankunft auf dem Schloss nur immer mehr Gestalt an. Das ist zwar nicht sehr überraschend, in der Inszenierung jedoch der schönste Abschnitt des Films. Aber, wie in der Inhaltsangabe beschrieben, beginnt der Albtraum für die jungen Leute erst, als sie nach dem Massaker im Altarraum der schwarzen Messe aus dem Schloss fliehen. Dennoch stellt diese Szene gewissermaßen den Höhepunkt des Films dar. Effekte-Guru Carlo Rambaldi entfacht hier ein kurzes, aber deftiges Splatter-Feuerwerk, das für das Jahr 1972 schon sehr beachtlich war. Das verfehlt nach dem betulichen Aufbau, in dem uns Freda einlullt, nicht seine Wirkung. Alles, was danach kommt, ist dann zwar ein netter Zuschlag, aber es verwundert kaum, dass eben diese Szene zum Ende des Films nochmals als Rückblende bemüht wird. Das Massaker selbst erscheint in seiner Inszenierung schon höchst unwirklich, doch danach löst sich die Realität für die vier jungen Leute allmählich komplett auf. Es ist wie ein Albtraum, aus dem es eben kein Erwachen mehr gibt. Es gibt zwar noch ein-zwei blutige Szenen zu bestaunen, aber auf Splatter darf man dann nicht mehr hoffen. Bis, wie schon, erwähnt zum Ende.

Riccardo Freda schuf zehn Jahre vor TRAGIC CEREMONY mit DAS SCHRECKLICHE GEHEIMNIS DES DR. HICHCOCK einen kleinen Klassiker des Euro-Horror, einen atmosphärischen Gothic-Grusler im stilechten Schwarz-Weiß, der sich zudem noch einigermaßen subtil mit dem Thema Nekrophilie beschäftigt. Solcherlei Zurückhaltung hatte er Anfang der 70er-Jahre längst abgelegt. Zwar präsentiert sich der Film über weite Strecken als eine auf altmodisch getrimmte Mischung aus Mystery und Horror, mit all den liebgewonnen Ingredenzien (seltsame Vorkommnisse, ein abgelegenes Schloss, aristokratische Satanisten – die erste Hälfte des Films ist, ohne Frage, die bessere, da hier alle Mechaniken wunderbar ineinandergreifen), geizt aber gleichermaßen auch nicht mit Schauwerten. Die garstig naturalistischen Effekte am Ende der schwarzen Messe stellen sogar Mario Bavas IM BLUTRAUSCH DES SATANS aus dem Vorjahr in den Schatten. Heute sieht dies naturgemäß ein wenig altbacken aus, damals dürfte das den ein oder anderen Ohnmachts-/Kotzanfall in den Kinos bewirkt haben, wenn da das Blut spritzt, Köpfe gespalten und Gliedmaßen abgehackt werden. Des Weiteren darf man(n) sich dazu noch minutenlang an der nackt badenden Camille Keaton delektieren. Auch bei seinem Giallo DIE BESTIE MIT DEM FEURIGEN ATEM (1971) hatte er schon ordentlich, dem Trend des europäischen Genre-Kinos entsprechend, an der Gewaltschraube gedreht. Genauso ging es in MURDER OBSESSION (1981), seinem letzten vollendeten Film, wieder recht ruppig zur Sache. Der geborene Ägypter wusste aber schon, was er tat. Diese eine über alle Maßen heftige Szene in TRAGIC CEREMONY ist von Selbstzweck weit entfernt, die unnötige Wiederholung am Ende hätte er sich aber sparen können (auch wenn ich mich jetzt nicht allzu sehr darüber beschweren will; es ist eben eine nette Dreingabe).

Technisch lässt sich der Produktion kaum etwas ankreiden. Die Locations und Sets sind stimmig in Szene gesetzt, die Kamera-Arbeit des Spaniers Franceso Fraile (MURDER IN A BLUE WORLD, DER CLAN DER KILLER) erweist sich als grundsolide. Die Außendrehs dürften in Spanien stattgefunden haben, ob Inseln oder Festland kann ich da nicht verlässlich sagen. Auf jeden Fall kommt stellenweise nett Urlaubsstimmung auf, was bei Horrorfilmen und Thrillern aus Südeuropa immer als Qualitätsmerkmal gewertet werden kann. Was wären Filme wie EYES IN THE LABYRINTH, DER SCHWANZ DES SKORPIONS oder meinetwegen auch MAN-EATER – DER MENSCHENFRESSER ohne ihre Mittelmeer-Vibes? Nur halb so schön eben. Unterstützt wird die jeweilige Atmosphäre in diesem Falle durch die Musik von Stelvio Cipriani (IM BLUTRAUSCH DES SATANS, DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER), und das mehr als manierlich. Diese macht die subtile Bedrohung innerhalb der vermeintlichen Idylle schon von Anfang an (mental) greifbar. Nur das Drehbuch wirkt stellenweise etwas zerfahren, unterlässt es auch, einige Begebenheiten befriedigend aufzuklären. Aber wenn man schon sieht, dass Marion Bianchi (PROVINZ OHNE GESETZ, THE MURDER SECRET) daran beteiligt war, ist eben mit einer gewissen Schlampigkeit zu rechnen. Vieles wird einfach am Rande liegengelassen und nicht aufgelöst. Anderes wiederum darf am Schluss eben der Psychiater nochmals zusammenfassen, um für die Rolle der Jane in dem ganzen Spiel als Erklärbär zu fungieren. Das mutet etwas wüst, unbeholfen an. Wer hier eine tiefergehende Logik erwartet, ist aber auch im falschen Film. Das gleicht sich eben aber über die jetzt schon mehrfach gepriesenen Splatter-F/X von Carlo Rambaldi (LIZARD IN A WOMAN’S SKIN, ALIEN) ein wenig aus. Der durfte sich nämlich richtiggehend austoben, das nötigt auch heute noch Respekt ab.

Schauspielerisch lässt TRAGIC CEREMONY nichts anbrennen, bietet zwar nicht durchgängig eine komplett sichere Bank, hat dagegen aber auch keine Totalausfälle zu verzeichnen. Camille Keaton zeigt, einige Jahre vor ihrem denkwürdigen Rum durch den Rape’n’Revenge-Klassiker ICH SPUCK AUF DEIN GRAB (1978), dass sie vor allem eine sehr attraktive junge Dame war. Sie tingelte in den 70ern ja eine Zeitlang durch Italien, war z.B. im Giallo DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL (1972) und der Erotik-Komödie DECAMERONE – ABENTEUER DER WOLLUST (1972) zu sehen. Sie wird hier nicht überfordert und hinterlässt einen guten Eindruck, nicht nur nackt. Bei Tony Isbert (ORGIE DES TODES, SIRENE 1) als Bill hingegen tendiert der Daumen dann eher gen Süden, er bleibt mir deutlich zu blass. Isbert schafft es einfach nicht, seinen verwöhnten Millionärssohn mehr als ein Lächeln (bei Camille) und eine gelangweilte Miene (bei den Kumpels) abzuringen. Das ist zu wenig, aber auch nicht weiter tragisch. Bei Máximo Valverde (DIE HAIE VON BARCELONA, PENSIONE PAURA) und Giovanni Petrucci (DAS GESCHLECHT DER ENGEL, SEX OF THE WITCH) als schmarotzende Compadre Joe und Fred steht aber alles im grünen Bereich, sie können, ihren Rollen entsprechend, durchgehend überzeugen (was Isbert eben umso schlechter aussehen lässt). Genre-Star Luigi Pistilli (FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR, YOUR VICE IS A LOCKED ROOM AND ONLY I GOT THE KEY) ist indes immer eine sichere Bank, der spielt solche zwielichtigen Rollen quasi im Schlaf, ist dafür die perfekte Besetzung. Als seine Frau Lady Alexander, die eine weit tragendere Rolle als er selbst spielen darf, gibt sich auch nicht die Blöße (leider in mehrerer Hinsicht). Sie brachte schließlich schon mehrere Jahre Erfahrung auf dem internationalen Parkett mit, war ein Bondgirl in FEUERBALL (1965), spielte der japanisch-italienisch-amerikanischen Koproduktion MONSTER AUS DEM aka THE GREEN SLIME (1968) und danach neben Stars wie Lee Marvin und Richard Burton in Terence Youngs, sagen wir mal, belustigenden Rassismus-Drama VERDAMMT SIND SIE ALLE (1974). Sie beendete ihre Schauspielkarriere Ende der 70er und heiratete den Medienmogul Michael J. Solomon. In einer kleinen Nebenrolle ist noch Paul Muller (LADY FRANKENSTEIN, SIE TÖTETE IN EKSTASE) zu erspähen, der am Ende die undankbare Rolle des Psychiaters einnimmt.

Fassung:

In Deutschland ist TRAGIC CEREMONY – im Original trägt er den rekordverdächtig langen Namen ESTRATTO DAGLI ARCHIVI SECRETI DELLA POLIZIA DI UNA CAPITALE EUROPEA, was so viel wie AUS DEN GEHEIMARCHIVEN DER POLIZEI EINER EUROPÄISCHEN HAUPTSTADT heißt – bisher leider noch nicht heimisch geworden. Dafür hat das amerikanische Edel-Label Vinegar Syndrome den Film neu abtasten und restaurieren lassen, um ihn im Rahmen ihrer schönen CAMILLE KEATON IN ITALY-Box, die neben TRAGIC CEREMONY noch MADELEINE und SEX OF THE WITCH enthält, zu veröffentlichen. Das Bild ist dementsprechend gut, ist knackig scharf, während die Farben strahlen wie am ersten Tag. Der italienische Ton ist gut verständlich (akustisch, rein sprachlich verstehe ich da kaum ein Wort) und mit englischen Untertiteln unterlegt. Als interessantes Extra gibt es ein kurzes Interview mit Camille Keaton über ihre Zeit in Italien, sie hatte anscheinend Hoffnung gehegt, über diesen Umweg, nach dem Vorbild Clint Eastwoods, schnell an Bekanntheit zu gewinnen. Die nette Frau war damals wohl ein wenig naiv, wie mir scheint.

Wie man Gregors Review von 2009 entnehmen kann, gibt es wohl auch noch eine spanische Schnittfassung des Films, die der Nacktszenen Keatons entbehrt. Das war zur Zeit der Franco-Diktatur eigentlich sogar üblich, dass einige spanische Produktionen für die Vermarktung im Ausland eine freizügigere Fassung herstellten, während für den einheimischen die Darsteller in entsprechenden Szenen bekleidet blieben. Das nennt sich dann heute „Clothed Version“ und ist auf einigen Veröffentlichungen etwa der Nashy-Filme von Subkultur als Extra zu bestaunen. Hier hat man sich für den spanischen Markt eben die Badeszene ausgespart. Hätte ja auch komisch ausgesehen, wenn die niedliche Camille in Klamotten Baden gegangen wäre, newa?

Fazit:

Wenn man es genau nimmt, ist TRAGIC CEREMONY, aller gepriesenen Vorzüge zum Trotz, kein großer Wurf. Zu dünn ist die Geschichte, zu viel bleibt im Dunkeln, was letztendlich doch ein wenig unbefriedigend ist. Dennoch macht der Film, gerade in der ersten Hälfte, viel richtig und hier dann auch richtig Spaß. In der zweiten Hälfte flacht das Vergnügen dann ein wenig ab, da der Übertritt in surreale Gefilde eher halbgar ausfällt. Langweilig wird es deswegen nicht, mehr oder besser wäre nur dessen ungeachtet auch schön gewesen. Denn weder die Ermittlungen der Polizei, die die vier kurz nach dem Massaker im Fernsehen verfolgen, noch der Nachhall der schwarzen Messe durch dämonische Kräfte oder auch die ungeklärten familiären Verhältnisse bei Bill spielen hier noch eine große Rolle. Der Grund, der hier für den Hokuspokus der zweiten Hälfte aus den Hut gezaubert wird (na, nicht ganz, man kann ihn durchaus erraten), scheint dann doch sehr profan. Wer gerne solche Mystery-Horror-Mischungen konkret und das mediterrane Kino der 70er allgemein mag, sollte aber vielleicht mal reinschauen. Er mag zwar seine Schwächen haben, aber ein richtig schlechter oder gar langweiliger Film ist TRAGIC CEREMONY in der Tat nicht.

Bildmaterial © Vinegar Syndrome


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 6


mm
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