Kill to Killed

 
  • Deutscher Titel: Kill to Killed
  • Original-Titel: Kill or Be Killed
  • Alternative Titel: Töte oder Du wirst getötet |
  • Regie: Joe Straw
  • Land: USA
  • Jahr: 1993
  • Darsteller:

    David Heavener (Charlie), Joe Nuzzolo (Michael), Lyn Levand (Beth), Frank Gallacher (Gary), Royce Dudley (Jesse), Paul Bovino (Sal), Perry D’Marco (Edwardo), David Clover (Larry), Mike Lee (Sam)


Vorwort

Abt. Midnight Movies mit Jorge #010/Vanity Project Special

Zuerst einmal – Ja, so lautet tatsächliche der deutsche Titel dieses Films, der auch am Anfang genau so eingeblendet wird (man konsultiere dazu bitte den ersten Screenshot). KILL TO KILLED ist selbst in der nicht für ihre Komplexität und anspruchsvolles Reglement bekannten englischen Sprache natürlich grammatikalisch falsch und würde, so man denn das eindeutig fehlende „be“ nach dem „to“ ergänzt, im Deutschen „Töte, um getötet zu werden“ heißen, was blöd klingt, aber nicht grundsätzlich falsch sein muss, während der Originaltitel KILL OR BE KILLED, also „Töte oder werde getötet“, schon weitaus sinniger scheint. Aber das sind Spitzfindigkeiten, mit denen ich mich an dieser Stelle nur beschäftige, weil es halt doch schon recht lustig anmutet. Aber es kommt natürlich noch besser, denn KILL TO KILLED entpuppt sich als ein Film, der für diese Midnight Movie Sessions wie geschaffen zu sein scheint, da sich bei näherer Betrachtung ein Rabbit Hole offenbart, in das zu kriechen sich als weit ergiebiger herausstellt als die Sichtung des Films an sich.


Inhalt

Michael genießt mit seiner großen Liebe Beth das Leben, macht sich keine Sorgen um den nächsten Tag. Es könnte für die beiden kaum schöner sein. Doch dann finden sie sich zu einem Schäferstündchen in der Bude von Michaels Bruder Charlie ein, wo eben Michael auch sein Bett stehen hat. Das Leben neben Charlie ist kein Leben mit rosigen Zukunftsaussichten, schlägt der sich als Koksdealer durch und wildert dabei auch schon mal in fremdem Revier. Das bringt ihn just in diesem Moment auch Besuch von der Konkurrenz ein, die ihn aus dem Weg haben möchte. Es kommt zur Schießerei in der Küche, bei dem die unliebsamen Rivalen allesamt getötet werden. Während Charlie sich sofort verpieselt und es Michael anrät ihm gleichzutun, möchte der verständlicherweise nicht seine liebste Beth hier zwischen all den Toten zurücklassen. Und schwupps, stehen schon die Bullen in der Küche und nehmen den armen Michael fest. Er verpfeift seinen Bruder natürlich nicht, das gehört sich ja auch nicht und sitzt seine Zeit ab. Als er rauskommt, ist aus Charlie ein recht erfolgreicher Drogengangster geworden, außerdem teilt er seit damals mit Beth Heim und Bett. Damit ist Michaels Plan, nach der Haft mit Beth dort weiterzumachen, wo sie Jahre zuvor aufgehört hatten, erst einmal hinfällig. Doch das will er nicht auf sich sitzen lassen. Als Charlie, der zu einem Big Player aufsteigen will, sich Koks im Wert von einer Million Dollar von seinem mexikanischen Partner vorstrecken lässt, überfällt Michael seinen Bruder direkt nach dem Deal mit einigen Koreanern, natürlich maskiert, und erleichtert ihn um die Million Dollar Drogengeld, in der Hoffnung, dass dieser nun auf Tauchstation geht und Beth zu ihm zurückkehrt. Doch er hat seine Rechnung ohne die schmerz- und denkbefreite Hartnäckigkeit von Charlie wie auch Beths Unwillen beim Bäumchen-wechsel-Dich gemacht…

What’s the Deal?

Irgendwie scheinen wir die Scheiße anzuziehen wie das Licht die Motten. Mit schöner Regelmäßigkeit kommen uns in unseren Midnight Movie Sessions diverse der berüchtigten minderbudgetierten Vanity Projects unter. Und nicht alles ist so glorios wie RAMPAGE der Sayre-Brothers. Auf eine solche (Trash-)Perle kommen mindestens ein Dutzend todeslangweiliger Grottenolme wie LAST HOUR, 2025: THE WORLD ENSLAVED BY A VIRUS, BORN INTO MAFIA, REAL BLOOD: THE TRUE BEGINNING oder Glenn Danzigs DEATH RIDER IN THE HOUSE OF VAMPIRES, um nur ein paar davon beim Namen zu nennen. Hier ist es nun ein junger Mann namens Joe Nuzzolo, der sein eigenes Skript verfilmt sehen wollte, dafür auch als Produzent (in dem Zuge wahrscheinlich auch Geldgeber, denn so ist es immer) und zweiter Hauptdarsteller und damit eigentlicher Held des Films in Erscheinung tritt. Als zugkräftigen Namen und damit auch für die Hauptrolle heuerte er C-Star David Heavener an. Es verwunderte uns allerdings, dass KILL TO KILLED nicht bei Action International Pictures untergekommen war. Aber David Heavener, zu der Zeit schon seit einiger Zeit selbst als Filmemacher unterwegs, war wohl auch nicht mehr so dicke mit David A. Prior und David Winters. Als Regisseur stand der hauptberufliche Produktionsbuchhalter Joe Straw, früher angestellt bei Cannon Films und danach sogar bei prominenteren Major-Produktionen wie THELMA & LOUISE tätig, hinter der Kamera. Es ist wohl davon auszugehen, dass der Schreibtischhengst hier nicht allzu viele Regie-Anweisungen gegeben hat, sondern nur pro forma als verlängerter Arm von entweder Nuzzolo oder Heavener, oder vielleicht auch beiden, diente. Nuzzolo persönlich hat sowieso erstaunlich wenig Szenen, dafür dass das sein Baby ist, und wird dann wohl bei der Inszenierung von Heavener als Möchtegern-Mega-Dealer immer ein Wörtchen mitgeredet haben. Und um noch einen draufzusetzen, was die Verflechtungen im Scheiße-Quartett der Schundfilmer noch ausweitet, stand als DoP niemand geringerer als Donald J. Jackson an der Kamera. Ja, genau der Mann, der uns schräge B-Film-Klassiker wie ROLLER BLADE und HELL COMES TO FROGTOWN schenkte und in den 90ern mit Scott Shaw das von Ideen und Improvisation getriebene, sogenannte Zen-Filmmaking, quasi Filmen ohne Sinn und Verstand, aus der Taufe hob. Heissa, da war die größtmögliche Katastrophe ja schon vorprogrammiert.

Besonders lustig

– Nach den tödlichen Schüssen in der Küche brauchen die Streifen-Polizisten nur gefühlt wenige Augenblicke, um am Tatort aufzutauchen. Er kommt einem vor, als hätten sie quasi vor der Haustür gestanden und darauf gewartet.
– Als die Gesetzeshüter die Wohnung stürmen, scheint einer von ihnen Beth als menschliches Schutzschild zu nutzen, als er seine Waffe von hinter ihr auf Michael richtet.
– Im Verhör mit dem leitenden Ermittler, der es eigentlich auf Charlie abgesehen hat, meint Michael, dass er höchstens ein paar Monate wegen Notwehrs absitzen muss, während der Ermittler ihm zwanzig Jahre in Aussicht stellt. Am Ende wandert er acht Jahre hinter schwedische Gardinen. Warum? Interessiert doch kein Schwein, als letztes Drehbuchautor Nuzzolo.
– Als Michael aus dem Gefängnis kommt, tut Charlie so, als sei er eine große Nummer im Immobiliengeschäft, obwohl er schon schnell durchblicken lässt, dass er auf bestem Wege ist, die erste Adresse als Vertriebspartner für mexikanische Drogenschmuggler zu werden.
– Charlies rechte Hand rennt dem maskierten Millionen-Räuber Michael hinterher, kann ihn auch demaskieren; doch sie treffen eine „ich piss Dich nicht an, Du pisst mich nicht an“-Übereinkunft.
– Michael glaubt wirklich, Charlie die Million Dollar zu stehlen, wäre der direkte Weg zurück ins Herz von Beth.
– Charlies Männer bekommen es innerhalb von Minuten gebraten, die koreanischen Dealer aufzuspüren und in ihrem Quartier zusammenzutreiben, vom Koks fehlt indes jede Spur. Allerdings kräht da schon eine Szene später kein Hahn mehr nach, das ist halt eben so.
– Charlie kommt dann doch recht schnell auf den Gedanken, dass Michael das Geld hat, schickt ihn dann zwei Killer auf den Hals, die aber nur mal kurz maskiert dessen Wohnung nach dem Geld durchsuchen. Ansonsten unternimmt Charlie genau gar nichts.
– Charlie hält es für eine knorke Idee, den von ihm angeheuerten Killer quer zu kommen und ihnen zu drohen. Ungeheuerlicherweise klappt das sogar.
– Um seine Million Dollar zusammenzubekommen, geht Charlie rum und zockt seine Kunden ab. Man fragt sich schon, mit wem er am Ende Geschäfte machen will, wenn er es denn wirklich schafft, der tolle Drogen-Großhändler zu werden.
– Die rechte Hand Charlies, der, wie wir wissen, davon weiß, dass Michael das Geld gestohlen hat, droht diesem damit, ihn auffliegen zu lassen, obwohl Charlie sowieso sicher ist, dass sein Bruder das Geld hat.
– Der mexikanische Gangsterboss, dem Charlie Geld schuldet, also der böse Oberboss, taucht tatsächlich mit einer lächerlichen Handvoll Handlanger zum Standoff auf, die sich dann auch noch locker über den Haufen schießen lassen, wobei nur er und seine rechte Hand übrig bleiben.
– Im Finale, als Charlie und Michael zur großen Abrechnung aufeinander treffen, unterbrechen schließlich die beiden Mexikaner die intime Aussprache und lassen sich dann noch glatt düpieren und über den Haufen ballern, wie die anderen Handlanger vorher auch schon, obwohl sie es sind, die die Brüder mit ihren Waffen in Schach halten. Ganz großes Kino.

Was gibt’s sonst noch zu sagen?

KILL TO KILLED ist die vermutete Vollkatastrophe und bietet schon jede Menge Raum für unsere Hände, kräftig gegen unsere Köpfe zu klatschen. Dass Nuzzolo kaum Ahnung davon hatte, wie ein Film funktioniert und was im Drehbuch zu stehen hat, sieht man daran, dass es eigentlich ausschließlich handlungsrelevante Szenen gibt. Das führt zwar dazu, dass es keine Füllszenen gibt, aber auch, dass die Charaktere nur angerissen werden und auf eine einzige Motivation (Charlie=Großdealer werden, Michael=Beth zurückgewinnen, Beth=keine Ambition überhaupt zu haben) runtergebrochen werden. Es wirkt auch alles sehr gehetzt, wobei die Geschichte trotzdem, und das muss man erst einmal schaffen, die ganze Zeit auf der Stelle tritt. Denn weder Charlie noch Michael tun das, was folgerichtig wäre, sondern schleichen einfach, wider besseren Wissens, umeinander rum. Die einzelnen Szenen wirken zudem oftmals improvisiert, als ob niemand irgendeine Vorstellung davon gehabt hätte, wie so etwas in bewegten Bildern bitte aussehen sollte. Für das Acting aller Darsteller gilt, mit Ausnahme von Heavener, der mal wieder einfach seine Heavener-„Ich bin der Geilste“-Show abzieht, so ziemlich dasselbe – allgemeine Ratlosigkeit. Die Krone setzt dem Ganzen dann der grausamst zusammengestümperte Soundtrack auf, der einfach schrecklich und auch noch schrecklich unpassend aus den Boxen jammert. Das machte uns dann auch einfach keinen Spaß, weil es keinen Drive besitzt und uns nur alle paar Minuten mal kurz, ob seines Dilettantismus, zum Schmunzeln anregte.

Wo oder wie kann ich mit dem Dreck mein Aug‘ beschmutzen?

KILL TO KILLED erschien in den 90ern schon ungescnitten auf VHS. Genau die wird wohl auch für die DVDs von Great Movies und VZM Pate gestanden haben. Die deutsche Tonspur ist gruselig schlecht, nicht nur wegen der mies-billigen Videosynchro; Ohrenschmerzen vorprogrammiert. Originalton sucht man hier vergebens. Alternativ solltet ihr ihn auch noch auf Netzkino finden, natürlich in der selben lamentablen Fassung.

Was am Tage übrig bleibt

Wir haben es hier wieder einmal mit einem Film zu tun, der hinter den Kulissen weit interessanter erscheint als der Blick aufs fertige Produkt. KILL TO KILLED ist ein lahmes Möchtegern-Gangster-Brüder-Drama, das weder als dieses funktioniert, noch irgendwie mitreißend gestaltete Action oder zumindest erheiternden unfreiwilligen Humor in ausschweifenden Maße zu bieten hätte, denn hier ist eher Fremdschämen angesagt. Wir hatten schon unsere liebe Mühe, die 83 Minuten im wachen Zustand zu überstehen. Joe Nuzzolo ist, kaum verwunderlich, nicht noch einmal im Filmgeschäft in Erscheinung getreten, wie ein Großteil der Darsteller auch. Für David Heavener war es ein normaler Dienstag. Im gewissen Sinne war es das auch für uns, was nun nicht für die Qualität unserer Filmauswahl spricht, aber wir waten ja vorsätzlich durch den Morast des filmischen Bodensatzes. In gewisser Weise steht KILL TO KILLED damit schon fast beispielhaft für unsere Midnight Movie Sessions, auch wenn er schon eher in deren unteren Qualitätsdrittel zu finden ist. Was immer das auch über uns selbst aussagen mag.


BOMBEN-Skala: 9

BIER-Skala: 3


mm
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