
- Original-Titel: Virgin Sacrifices
- Regie: Gary Whitson
- Land: USA
- Jahr: 1996
Vorwort
Abt. Midnight Movies mit Jorge #004
Mir deucht, dass wir uns derzeit einfach zu viele dieser miesen Shot-on-Video und Amateur-Produktionen reinzerren, die einem ihre Laufzeit teils nicht einmal mit ordentlich unfreiwilliger Komik erträglich machen können. Ausnahmen wie LOVE GOD oder HELLROLLER bestätigen die Regel. Das Gros dieser Filme zeichnet sich einzig durch die miese Video-Optik, völlige Inkompetenz in Sachen Kameraführung, simpelster dramaturgischer Grundregeln und musikalischer Untermalung aus. Dazu gesellen sich dann in fast allen Fällen lustlose Darbietungen genervter Darsteller, die die Macher aus Freundes- und Familienkreis rekrutiert haben. Von irgendwelchen Schauwerten brauchen wir da gar nicht erst anzufangen, aber das wäre bei einem 08/15-Amateur-Machwerk auch zu viel erwartet. Der heutige VIRGIN SACRIFICES war auf jeden Fall hartes Brot, obwohl der Macher eigentlich genug Erfahrung gesammelt haben sollte, um wenigstens einigen niedersten Ansprüchen Genüge zu tun. Aber wenn man etwas erwarten sollte, wäre das die Tatsache, dass man einfach nichts erwarten darf, außer, dass man mit Dreck beworfen wird. Und das ist hier durchaus wörtlich zu nehmen…
Inhalt
Ein College-Professor (sorry, ich konnte mir hier keine Namen merken und werde einen Teufel tun und das Ding zwecks Namensfindung nochmals anschmeißen) hat mit seinem Kollegen am Amazonas das Geheimnis zum ewigen Leben entdeckt. Das trifft sich gut, wurde besagter Kollege (der auch sein Schwager war) bei der Expedition geköpft, wobei sein Kopf durch ein uraltes Ritual am Leben gehalten werden konnte. Dieser Kopf hat nun per Telepathie vom Professor Besitz ergriffen und zwingt ihn dazu, ihm vier Jungfrauen im heiligen Matsch (ja, ihr habt richtig gelesen, Matsch) zu opfern. Diese macht er in der örtlichen Gruppe „Ich spare mich für die Ehe auf“, der auch seiner Tochter angehört, ausfindig. Eine junge Videothekarin und eine Go-Go Dancerin werden in dem übernatürlichem Amazonas-Schlamm, den er im Keller aufbewahrt (der auch sein Labor und seinen Jacuzzi berherbergt), einem Ritual zugeführt, um die Kräfte des toten Kopfes zu stärken. Doch sein Geheimnis droht aufzufliegen, da immer wieder Weiber in seinem Keller-Labor rumschnüffeln müssen. Allerdings kann der Kopf sich dank telekinetischer Kräfte, auch den Femizid an diesen Störgeräuschen vollziehen. Ein Besuch der Leiterin der örtlichen Jungfrauen-Gruppe kommt dann ja auch sehr gelegen. Als er jedoch den Professor auffordert, seine eigene Tochter zu opfern, um das unheilige Ritual zu vollenden, stellt der sich seinen inneren Dämonen zu Wehr…
What’s the deal?
Wir haben es bei VIRGIN SACRIFICES – ihr habt es mitbekommen, der Name ist Programm – mit einer typischen Do-it-yourself Produktion aus dem Amateurbereich zu tun. Die Darsteller sind durch die Bank erkennbar Laien, nur Hauptdarsteller Sal Longo scheint ein wenig Routine darin zu haben, längere Sätze vor Kamera aufzusagen, ohne sich zu verhaspeln; na, das ist doch schon mal etwas. Alle anderen wirken zumeist relativ unbeholfen, wenn es denn einmal zu etwas „Action“ (ich muss das wirklich in Anführungszeichen setzen) kommt, wird das Rumgehampel der Darsteller auch schnell peinlich. Irgendwelche Schmodder-Effekte darf man nicht erwarten. Es gibt in einer Szene ein wenig Blut zu sehen, das eigentliche Highlight ist der verwesende Kopf als Prop, das sieht irgendwie schon witzig aus. Auch die Video-Effekte überschreiten nicht die Homemade-Grenze von Verfremdungen durch Einsatz des Negativ-Filters. Das ist No-Budget Homebrew, vor dem uns schon die Mama gewarnt hat.
Besonders lustig
– Erstes Highlight des Films ist das Logo von W.A.V.E. Production, was einfach eine junge Frau mit Logo-Shirt darstellt, die mit Wasser übergossen wird. Toll.
– Der Film beginnt mit einem längeren Gespräch zwischen dem Professor und der befreundeten Leiterin der Jungfrauen-Initiative, in dem ersterer mühelos das Thema von den Vorzügen der Enthaltsamkeit hin zu den Geheimnissen des ewigen Lebens vom Amazonas lenkt.
– Hauptdarsteller Sal Longo sieht aus wie eine schlechte amerikanische Kopie von Joe D’Amato.
– Alle Sets (u.a. eine Videothek, das Labor oder ein Strip-Club) entstanden augenscheinlich in der Garage, im Keller und der Terasse des gleichen Hauses, wie sich an der Farbe der Wände leicht erkennen lässt.
– Die Ritualmorde des Professors finden alle in einem im Keller vorbereiteten Bett aus Schlamm statt, in dem er seine Opfer festkettet und dann unaufhörlich mit Schlamm bedeckt.
– Der Professor überfällt seine Opfer an ihren öffentlichen Arbeitsplätzen, einfach so.
– Er tötet den Besitzer des Strip-Clubs bei einer Rangelei mit einem einzigen Schlag mit einem kleinen Stuhlbein – must have been one hell of a knockout!
– Das vorletzte Opfer wehrt sich derart vehement, dass die ganze Prozedur zum Schlammcatchen ausartet (nur eben nicht zwischen zwei hübschen Mädels).
– Die Schwester des Professors und die Leiterin der Enthaltsamkeitsgruppe müssen so tun, als ob der Kopf sie mit unsichtbarer Hand im Jacuzzi ertränkt (hier musste ich, zumindest beim ersten Mal, doch kurz kichern).
Was gibt es sonst noch zu sagen?
Gary Whitson, der Mastermind hinter VIRGIN SACRIFICES, hat Letterboxd zufolge schon 189 dieser Amateurfilmchen runtergekurbelt. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass bei ihm Vorbereitung und Dreh in den eigenen vier Wänden viel mehr als 1-2 Wochen(enden) einnehmen. Die Story jedenfalls dieses Films passt auf einen Bierdeckel, die Sets sind karg und mit Sachen bestückt, die jeder Haushalt eines großen Filmfans (Videokassetten und Poster für die „Videothek“ etwa) hergeben sollte. Ein sichtbar visuelles Konzept gibt es nicht. Die Kamera wird einfach draufgehalten, selbst bei Dialogen bemüht Whitson oftmals nicht einmal Schnitt/Gegenschnitt, sodass ein Gesprächspartner einfach mal seine Sätze aus dem Off bestreitet. Es gibt auch keinen Schmodder, der irgendeine irgendwie geartete technische Expertise voraussetzen würde. Alleine der Kopf-Prop muss von jemanden angefertigt worden sein, der zumindest rudimentär von dem Ahnung hatte, was er da tut. An Nudity gibt es auch nur einen Anflug von Boob bei einer Poledance-Szene zu sehen. Da sollen wohl andere Filme von Whitson mehr zu bieten haben. Hauptdarsteller Sal Longo scheint ein Regular bei ihm und auch sonst in der erweiterten „Amateur-Szene“ umtriebig zu sein.
Wo oder wie kann ich mit dem Dreck mein Aug‘ beschmutzen?
Neben der damals unausweichlichen Auswertung auf VHS sind wohl viele der Filme Whitsons auch auf DVD erschienen. Qualitativ macht das aufgrund des Quellmaterials keinen Unterschied – das sieht aus und hört sich an wie Tante Ernas Hochzeitsvideo, macht aber, mangels nostalgischen Gefühlen genauso wegen hässlicherer Fratzen und schlechterer Dialoge, nicht so viel Spaß. Hier schafft die Tube leider (oder doch zum Glück) keine Abhilfe. Man muss eben danach suchen. Aber wer will das schon?
Was am Ende übrig bleibt
VIRGIN SACRIFICES ist halt der Schlonz aus der untersten Schublade, den man nur deswegen nicht verteufelt, weil er zum einen selbst bezahlt ist und einfach aus Liebe zum Film und vollkommener Selbstüberschätzung unter Missachtung aller nötigen Voraussetzungen und Kenntnissen technischer, darstellerischer und dramaturgischer Natur entstand. Eine latente Frauenfeindlichkeit kann man Macher und Werk wohl unterstellen, allerdings kocht das nicht derart übel hoch, dass man ihn dafür verdammen müsste. Da kennt man auch und gerade im Amateurbereich weit Schlimmeres. Abseits dessen ist das ein Werk, dass nur Hardcore-SOV- und Amateur-Fans irgendwas geben könnte. Wem so etwas Spaß bereitet, dem will ich es nicht missgönnen. Aber man wühlt eben schon, im mehrfachen Sinne, hier einfach nur im Matsch des eher lahmen und uninspirierten Nichtskönnertums. Sorry, das ist halt so. Wir hätten auch lieber etwas schlecht-lustiges gesehen, nicht solch einen vollkommenen Rohrkrepierer.
BOMBEN-Skala: 10
BIER-Skala: 1
Review verfasst am: 19.03.2025