Dynamite Women

 
  • Original-Titel: The Great Texas Dynamite Chase
  •  
  • Regie: Michael Pressman
  • Land: USA
  • Jahr: 1976
  • Darsteller:

    Claudia Jennings (Candy Morgan), Jocelyn Jones (Ellie-Jo Turner), Johnny Crawford (Slim), Christopher Pennock (Jake), Tara Strohmeier (Pam Morgan), Tom Rosqui (Jason Morgan), Priscilla Pointer (Miss Harris), Danny Sullivan (Young Texan)


Vorwort

Abt. Männer-Phantasien + Bonny & Claudia

Manchmal bedarf es nur eines einfachen Bildes, meinetwegen gepostet bei Facebook, um eine Kette von Ereignissen in Gang zu setzen. In diesem Fall stieß ich bei Neon Zombie Markus Haage auf das tolle Plakat von DYNAMITE WOMEN. Es folgte die (nicht allzu lange) Suche nach diesem Film, vergnügliche anderthalb Stunden und die Erkenntnis, dass mir der Name Claudia Jennings vorher noch gar nicht so geläufig war. Seitdem bin ich dabei, mir weitere Filme aus ihrer Filmografie zu besorgen, weil mir diese junge Dame, die leider viel zu früh verstarb, es mir sofort angetan hatte (nicht nur, weil sie einen schönen Körper hatte, den sie gerne zur Schau stellte, aber auch, ja). Das ist, trotz überschaubarer Anzahl von Filmen mit Miss Jennings in einer tragenden Rolle, gar kein so leichtes Unterfangen, aber egal. Machen wir es kurz, denn es geht hier und heute um den vorliegenden Film, einem, teils recht frivolen, Drive-in Spaß, den ich euch gerne näherbringen möchte.


Inhalt

Es ist ein ganz normaler Tag in einer kleinen Bank irgendwo in einer Kleinstadt in Texas. Alles geht seinen gewohnten Gang, auch Ellie-Joe kommt mal wieder zu spät zur Arbeit. Doch das wird nicht wieder vorkommen, denn sie wird vom Direktor der Bank gefeuert. Plötzlich stürmt Candy, gerade frisch dem Arbeitslager entfleucht, herein, in der Hand eine Stange Dynamit. Die junge Frau entzündet deren Lunte und fordert alles Geld, was gerade zur Hand ist. Ellie-Joe erinnert sich daran, dass der Kunde König sei und kommt, zum Entsetzen ihres ehemaligen Arbeitgebers, nur zu gerne der Aufforderung nach, das Geld aus den Kassen einzusammeln. Danach verabschiedet sie sich und fährt von dannen. Die Dynamitstange landet indes mitten auf der Straße, genau an der Stelle, an der kurz darauf der Sheriff sein Auto stehen lässt, welches, während er gerade die aufgebrachten Zeugen des Überfalls beruhigen will, dann auch in die Luft fliegt (eigentlich müsste man hier Candy schon Gemeingefährlichkeit konstatieren, so achtlos, wie sie den gefährlichen Sprengstoff entsorgt; der Film quittiert es eher mit einem schelmischen Kichern).

Candys gewagte Schnapsidee diente allerdings einem guten Zweck. Das Geld bringt sie ihrem Vater und ihrer Schwester, die damit – ironisches Zwinkern – ihre Schulden bei der Bank bezahlen sollen, damit sie nicht Haus und Hof verlieren. Daddy fühlt sich, angesichts dessen, wie das Geld beschafft wurde, nicht unbedingt wohl, ist aber irgendwie auch stolz auf die Frucht seiner Lenden. Es drängt sich gar der Eindruck auf, der Apfel fiele hier nicht weit vom Stamm. Candy hält es nicht im geretteten Zuhause, ihr steht der Sinn eher nach neuen Abenteuern und sie verlässt die elterliche Farm, hinter sich Staub aufwirbelnd, gen Highway. Auch in Ellie-Joe wurde die Abenteuerlust geweckt, sie sieht dieses adrenalintreibende Erlebnis, dass sich ihrer fristlosen Entlassung anschloss, als Wink des Schicksals. Sie bringt kurzerhand ihre Katze zu ihrem Freund und steigt zu einem Fremden ins Auto, um der Heimatstadt den Rücken zu kehren. Die Fahrt dauert jedoch nicht lange, da ihre Mitfahrgelegenheit aufdringlich wird und sie erbost das Auto verlässt, alleine & mittellos auf dem Highway strandet. Wie es der Zufall so will, kommt just zu diesem Zeitpunkt Candy angedüst und bietet ihr an einzusteigen.

„We rob banks. With dynamite.“ – „You’re kidding me.“ – „I said, you won’t believe me.“

Man muss kein Genie sein, um zu erraten, wie die beiden kessen Mädels gedenken, ihr Leben von nun an zu finanzieren. Es folgen Banküberfälle mittels Dynamits, zuerst wenig clever und noch weniger erfolgreich, dann aber ausgefuchster und ertragreicher. Und wenn die Bank mal geschlossen ist, wendet man sich eben dem Drugstore auf der anderen Straßenseite zu. Neben den nervenaufreibenden Überfällen und Verfolgungsjagden genießen Candy und Ellie-Joe auf der Flucht ein Leben in Luxus, leben in den Tag hinein. Sie begegnen einem feschen Sprengmeister, nehmen später den Cowboy Slim als Geisel und Begleiter auf. Das Leben könnte so schön sein, aber wie wir alle wissen, hat jede Glückssträhne auch mal ein Ende…

Besprechung:

Es gibt Filme, die machen einfach Spaß, eben weil sie nicht den einfachsten Weg wählen, nicht nach Schema F vorgehen, sondern, anstatt nur Variationen auf bekannte Muster anzubieten, einen ganz eigenen Entertainment-Cocktail mixen. DYNAMITE WOMEN – welches leider nur der Premieren-Titel blieb, während der Film darauf großflächig als THE GREAT TEXAS DYNAMITE CHASE in die Kinos gebracht und auf den Plakaten als lockerer Action-Klamauk vermarktet wurde – verbindet die Unbekümmertheit, meist klamaukiger, Action-Comedies mit den tragischen Elementen der Carsploitation-Movies (und teilt, wie viele der Vertreter dieses Subgenres, ein Faible für Western-Motive wie weite Landschaften als Symbole der Freiheit, das mal unbeschwerte, mal gefährliche Leben als Outlaws usw), die vor allem als B-Filme, auch von Roger Cormans New World Pictures, dem Verleiher auch dieses Films, in die Drive-ins gespült wurden. Schön zu sehen ist natürlich auch, dass wir es hier mit zwei starken weiblichen Charakteren zu tun haben, die gegen die patriarchale Gesellschaft und das Bankensystem rebellieren. Candy wurde von ihrem Vater zu einer selbstständigen (und andeutungsweise kriminellen) jungen Frau erzogen. Ellie-Joe erfährt ihre Emanzipation in dem Entschluss, zuerst Candy beim Überfall wie einen Kunden zu behandeln und dann Heimatstadt und langjährigen Boyfriend zu verlassen. Auch beim Trampen lässt sie sich die Annäherungsversuche ihrer Mitfahrgelegenheit nicht gefallen. Zudem verbindet die beiden eine Antipathie gegen Banken. Beide haben schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht, ob nun als Kunde oder als Angestellter. Das macht sie instantly grundsympathisch und man kommt nicht umhin, ihnen bei ihren Raubzügen alles Gute zu wünschen (auch wenn der Umgang mit Dynamitstangen natürlich für alle Beteiligten lebensgefährlich bleibt, was im Laufe des Films zumeist geflissentlich ignoriert wird). Allerdings haben wir es auch „nur“ mit einem Exploitationfilm zu tun, der sich genauso einiger Klischees verpflichtet fühlt, u.a. dass auch selbstbestimmte Frauen zum Ausgleich für die nervenaufreibenden Überfälle ihrer Libido nachkommen. Oder dass die Ordnungsmacht bei Eigentumsdelikten, die sich gegen das kapitalistische System an sich richten, allgemein kein Pardon kennt und der vollen Härte zurückschlägt – ja, die „Bullen“ sind hier entweder dämliche Chauvis oder eben skrupellose Vollzugsorgane, Zwischentöne würden da nur stören. Insgesamt tut das dem Spaß keinen Abbruch, es sorgt sogar dafür, dass die Sympathien klar verteilt bleiben. Und dafür sind Klischees eben auch da. Und wo wir gerade dabei sind, das Filmplakat (hier als Beitragsbild gewählt), wo Candy und Ellie-Joe mit Dynamit & Pistole (und geradezu unwiderstehlichem Sexappeal) in der Hand auf uns (und hier ist vor allem eben die heterosexuelle Männlichkeit gemeint) herabblicken, trifft das wie die Faust aufs Auge. Was aber nicht heißen soll, dass nicht genauso gut jeder andere seinen Spaß mit diesem Film haben kann.

Der Grund, warum DYNAMITE WOMEN so gut funktioniert, ist, dass er es eben tunlichst vermeidet, in klamaukige Gefilde abzurutschen. In wenigen Momenten merkt man dann auch, welch ein Drahtseilakt zwischen Dramatik und komödiantischer Überspitzung hier vollzogen wird. Setzt die lustige Country-Musik etwa bei einem der Banküberfälle nur für wenige Sekunden aus, wird sofort Spannung aufgebaut. Über weite Strecken herrscht eine Leichtigkeit vor, die geradezu beschwingend, ansteckend wirkt. Etwa wenn Candy über eine Bombendrohung eine Bank zur Räumung drängt, damit Ellie-Joe, die sich vorher unter dem Vorwand, mit einem großen Erbe ein Bankkonto eröffnen zu wollen, in der Bank bemerkbar gemacht hat, in Ruhe den Tresor sprengen kann. Nach der Explosion marschiert sie dann, schwarz vor Ruß und mit perplexem Blick aus dem vom Rauch verdeckten Eingang und verschwindet, Geldbündel unter dem Kleid versteckt, mit Candy, die sich vorher schon als ihre Schwester unter den Schaulustigen und den Bankangestellten vorgestellt hat. Das ist (in zweifacher Weise) geschickt inszeniert und sehr spannend wie spaßig anzuschauen. Dennoch verlässt DYNAMITE WOMEN selten das Terrain des unschuldigen Entertainments. Die Ausflüge des Films ins R-Rating gestalten sich eher erotischer Natur, da beide Hauptdarstellerinnen gewillt waren, ein paar Male die Hüllen fallen zu lassen (worüber wir uns nun nicht beschweren wollen). Erst im letzten Drittel, wenn die offene Jagd auf das Bankräuberinnen-Pärchen eröffnet ist, deutet sich an, dass dies alles in einem dann nicht so leicht verdaulichen, dramatischen Ende münden könnte. Als der Portier eines Luxushotels sie im Fernsehen wiedererkennt und die Polizei ruft, stürmen die beiden Ordnungshüter mit Schrotflinten das Zimmer und schießen ohne Vorwarnung einfach mal alles kurz und klein. Doch unsere beiden Heldinnen sind da, ihre ehemalige Geisel Slim im Schlepptau, zum Glück schon getürmt, da der nette Page, der zuvor mit ihnen feiern durfte, für Ablenkung gesorgt hat. Zum Ende hin wird es dann sogar wirklich mal blutig, auch die Lage spitzt sich zu, scheint ausweglos. Aber es waren schließlich die 70er und die „Crime does not pay“-Devise wurde von Filmemachern gerne mal unterwandert.

An der Inszenierung von Regisseur Michael Pressman gibt es eigentlich nicht viel auszusetzen. Für ihn war DYNAMITE WOMEN sogar sein Regie-Debüt. Die Verfolgungsjagden hätten gerne etwas schmissiger ausfallen können, aber das Kernstück des Films bilden ja ehedem die Banküberfälle und die Ausschweifungen des Duos, also ist das locker zu verkraften. Es sind auch die einzigen Szenen, in denen man merkt, dass die Produktion ein wirklich sehr überschaubares Budget gehabt haben muss. Dafür sieht alles andere dann sehr solide aus. Pressman inszenierte anschließend DIE BÄREN BLEIBEN AM BALL (1977), die Fortsetzung des Überraschungshits DIE BÄREN SIND LOS (1976) mit Walter Matthau. Nach dem arg gefloppten Dan-Akroyd-Vehikel DR. DETROIT (1983) legte er eine erfolgreiche Karriere als Regisseur und Produzent beim Fernsehen hin, u.a. bei PICKET FENCES: TATORT GARTENZAUN (1992-96), BLUE BLOODS: CRIME SCENE NEW YORK (2011-13) und LAW & ORDER: SPECIAL VICTIMS UNIT (2014-22). Ein großes Plus ist auch die Fotografie von Jamie Anderson, der immer mal wieder die großartige Landschaft von Texas in den Mittelpunkt rückt, in deren Weite sich die Freiheit widerzuspiegeln scheint, nach der die beiden Frauen suchen. Er stand hier genauso wie Pressman noch am Anfang seiner Karriere, war kurz darauf für den Look von Joe Dantes PIRANHAS (1979) verantwortlich und ab den 90ern in Hollywood wie auch im TV gut beschäftigt – WHAT’S LOVE GOT TO DO WITH IT (1993), GROSSE POINT BLANK (1997), SMALL SOLDIERS (1998), DIE FLINTSTONES IN ROCK VEGAS (2000), THE GIFT – DIE DUNKLE GABE (2000), JAY UND SILENT BOB SCHLAGEN ZURÜCK (2001) oder CROSSING JORDAN – PATHOLOGIN MIT PROFIL (2002-07). Das Drehbuch scheint sich an manchen Stellen nicht schlüssig, ob der Film nun eher den komödiantischen oder den dramatischen Weg einschlagen will, aber, wie schon oben gesagt, gibt eher die lockere Country-Musik in den meisten Szenen den Ausschlag, wie es nun tonal (hihi) daherkommt. Diese stammt übrigens von Craig Safan, der später mit der Musik zur Hit-Sitcom CHEERS (1982-93) einige Preise einsacken konnte. Hier beschränkt er sich darauf, eigentlich nur ein Thema munter zu variieren, was allerdings auch gut passt.

Rein darstellerisch ist DYNAMITE WOMEN, wie sollte es anders sein, auf seine beiden (Anti-)Heldinnen fixiert. Claudia Jennings und Jocelyn Jones geben eine gutmütige, rein platonische Bonny & Clyde-Variante ab, kann aber auch genauso als Quasi-Vorgänger zu THELMA & LOUISE (1991) gelten (auch wenn ich antizipiere, dass Ridley Scott, sollte man ihn darauf ansprechen, den Film sicherlich niemals nicht nie gesehen hat). Sie sind das Herz des Films, ohne die Sympathien, die man für sie aufbaut, würde er nicht funktionieren. Und die Chemie zwischen beiden stimmt. Claudia Jennings war seinerzeit zweifellos das Go to-Starlet für solcher Art von Filmen. Das ehemalige Playmate war sprichwörtlich auf der Landstraße des Kinos zuhause. Im Vergleich zu ihrem Auftritt im nur zwei Jahre zuvor entstandenen TRUCK STOP WOMEN (1974) wirkt sie, mit nur 25 Jahren, weit reifer. Man(n) muss sie einfach lieben, als Candy kommt sie sehr natürlich rüber und ist, ohne Frage, auch sehr schön anzuschauen. Sie kam von 1971-79 auf beachtliche 17 Spielfilmproduktionen und fast ein Dutzend Rollen in TV-Serien. Ihre Karriere war stets begleitet von Drogenproblemen und kleineren Skandalen; 1979 starb sie dann, noch vor ihrem 30. Geburtstag, bei einem Autounfall. Ihr letzter Film war übrigens FAST COMPANY (1979) von David Cronenberg, wiederum ein Carspoitaiton-Movie. Jocelyn Jones ist sehr süß als anfangs etwas unbedarfte Ellie-Joe, die zur ebenso rebellischen wie kriminellen Candy aufschaut. Ihre Filmkarriere ist eher überschaubar, sie spielte später zwar die weibliche Hauptrolle in David Schmoellers Slasher TOURIST TRAP (1979), aber ansonsten kam sie über kleinere Rollen in etwa DIRTY HARRY III – DER UNERBITTLICHE (1977) oder Carl Franklins AUSWEGLOS (1989) nicht hinaus. Stattdessen verlegte sich die Strasberg-Schülerin auf Schauspielunterricht, gründete später sogar ihre eigene Schauspielschule (The Jocelyn Jones Acting Studio). Die einzig wichtige männliche Rolle spielt Johnny Crawford (WESTLICH VON SANTA FE), den die beiden weiblichen Outlaws als Geisel nehmen. Er entwickelt sich zu Ellie-Joes Love Interest und steht im Mittelpunkt der wohl dramatischsten Szene des Films. Candy darf sich zuvor mit einem schmucken Sprengmeister, gespielt von Christopher Pennock aus der Vampir-Soap DARK SHADOWS (1970/71), vergnügen, später dann noch mit einem Hotelpagen (Eric Boles).

Fassung:

DYNAMITE WOMEN (oder eben THE GREAT TEXAS DYNAMITE CHASE) schaffte es bis heute leider nicht nach Deutschland, was wirklich schade ist. Shout! Factory nahm sich des Films vor mehr als 10 Jahren an und veröffentliche ihn als Trio mit dem TV-Film THE GEORGIA PEACHES (1980) und SMOKEY BITES THE DUST (1981, hierzulande als HIGHWAY KIDS veröffentlicht; hat natürlich nichts mit dem bekannten Burt-Reynolds-Vehikel SMOKEY AND THE BANDIT aka EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR zu tun) auf DVD. Wer auf eBay danach sucht, wird schnell fündig. Eine Zeitlang war er auch als Stream im Angebot von Shout! Factory TV und von Tubi TV abrufbar. Eine physische HD-Premiere steht meines Wissens noch aus.

Fazit:

Wer also dem (Drive-in-)Kino der 70er nicht abgeneigt ist und mal wieder spaßige und turbulente 90 Minuten mit zwei wirklich sympathischen wie hübschen Frauen verbringen will, ist bei DYNAMITE WOMEN verdammt richtig. Der Film ist nicht perfekt, aber so rasant, dass die Zeit wie im Flug vergeht. Für Fans von Claudia Jennings ist er natürlich sowieso nicht verzichtbar. Ich für meinen Teil hatte jedenfalls eine Menge Spaß damit.


BOMBEN-Skala: 3

BIER-Skala: 8


mm
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