Truck Stop Women

 
  • Deutscher Titel: Truck Stop Women
  • Original-Titel: Truck Stop Women
  • Alternative Titel: Road Angels |
  • Regie: Mark L. Lester
  • Land: USA
  • Jahr: 1974
  • Darsteller:

    Claudia Jennings (Rose), Lieux Dressler (Anna), John Martino (Smith), Paul Carr (Seago), Dennis Fimple (Curly), Gene Drew (Mac), Jennifer Burton (Tina), Dolores Dorn (Trish), Len Lesser (Winter), Speed Stearns (Rusty)


Vorwort

Anna betreibt mit ihrer Tochter Rose einen Truck Stop irgendwo an einem Highway in Arizona. Weil Sattelschlepper betanken, Getränke ausschenken und Hamburger braten nun aber nicht die befriedigendste und einträglichste aller Beschäftigungen ist, verbindet Anna ihre Truckerpinte mit zwei lukrativeren Nebenerwerben – zum einen ist an die Raststätte ein Freudenhaus angeschlossen, wo die Brummifahrer ihren Samenüberdruck gegen gute Penunze loswerden können, zum anderen bessert Ma Anna die Kriegskasse durch das Hijacken von Trucks auf. MIt dem guten alten „heiße Girls haben Autopanne“-Trick werden arglose Trucker in die Falle gelockt. Anna verscherbelt die Ladung, spritzt die Trucks um und verkauft dann auch diese – ein Business, bei dem an alles gedacht ist. Nur nicht an die Mafia…

Einem Paten von der Ostküste steht nämlich nach Ausweitung des Geschäftsfelds der Sinn. Moiry, Annas Gewährsmann und Abnehmer für die geklauten Waren, wird von den Mafiakillern Smith und Rusty zwar nicht ganz umgelegt, aber immerhin ins Koma geschossen. Das sympathische Duo soll nun auch bei Anna die Übernahme des Klaubusiness klar machen. Anna allerdings ist ein dickköpfiges altes Mädchen und hat für dahergelaufene Gangsterfuzzis mal so gar nichts übrig. Mit Hilfe ihrer treuen Gehilfen Mac und Curly werden die Mafiosi vom Hof gejagt. Nur Rose findet überraschend Gefallen am stylischen (für 70er-Verhältnisse) Smith.

Für Smith und Rusty ist die Sache klar – bist du nicht willig, dann brauch ich Gewalt, wer nicht freiwillig mitspielt, muss mit einer feindlichen Übernahme rechnen. Anna wird zwar von ihrem Teilzeit-Geschäftspartner und -rivalen Seago gewarnt, dass die Organisation die Blamage nicht auf sich sitzen lassen wird, ist aber überzeugt davon, den Längeren zu ziehen. Wird aber schwierig. Smith und Rusty bringen zwecks allgemeiner Warnung den ein oder anderen von Annas Leuten um und Rose schmeißt sich ziemlich unverblümt dem Junior-Paten an den Hals. Letzteres irritiert verständlicherweise die liebe Frau Mama, doch bei einem Krisentreffen schwört Rose jeden Meineid, quasi als Doppelagent hinter den feindlichen Linien zu spionieren.

Dieweil sich in Annas Umfeld die Leichen stapeln, unterbreitet Seago ein unmoralisches Angebot – er hat davon gehört, dass demnächst ein Viehtransporter eine zusätzliche geheime Ladung von Wertpapieren an Bord haben wird. Mit der Kohle hätten alle Beteiligten für ein Weilchen ausgesorgt, aber Seago kann das Ding nicht allein stemmen, sondern braucht Annas Hilfe. Ihre Männer sind vom dem Vorhaben alles andere als begeistert – erst mal weiß niemand, ob man Seago wirklich trauen kann, und dann holt Anna auch noch Rose ins Boot und das mütterlich-blinde Vertrauen in die Loyalität der Tochter teilen Mac und vor allem Curly, dem die ganze Nummer schon wegen der diversen Mordfälle ein wenig zu heiß wird, nicht vollständig. Wird Rose den Plan verraten und Smith damit die Gelegenheit bieten, Anna endgültig auszuschalten?


Inhalt

Mark L. Lester – auch ein Name, an dem man bei kritischer Würdigung des Randalefilms der 70er und 80er nicht vorbeikommt. Einer aus dieser der Schule junger Wilder, die ab 1971/72 loszogen, um die (Film)-Welt zu erobern, ging Lester nicht den „klassischen“ Weg einer Lehre bei Roger Corman wie z.B. ein Jonathan Demme, sondern bevorzugte es, komplett „independet“ zu operieren. Trotz der dadurch ungünstigeren Voraussetzungen machte er seinen Weg und arbeitete sich über typische Drive-in-Fare wie „Steel Arena“ und unser heutiges Reviewobjekt über großformatigere B-Movies wie „Stunts“ und „Roller Boogie“ an die Schwelle zur A-Liste hoch. Dino de Laurentiis verpflichtete ihn für seine Stephen-King-Adaption „Feuerteufel“ (und lieferte sich, nachdem der Film eher maue Kritiken, auch vom Meister selbst, einhandelte, mit King eine Schlammschlacht über die Leserbriefspalten von Filmmagazinen), „Die Klasse von 1984“ ist ein bis heute allseits beliebter Kultfilm, und mit „Phantomkommando“ inszenierte er nicht nur einen der unterhaltsamsten Schwarzenegger-Filme, sondern schlicht den besten Film des Universums. Das Ende des großbudgetierten Action-Muskelschinkenfilms traf aber auch Lester – er versuchte sich an einer John-Candy-Komödie („Zwei unter Volldampf“), schob das (ebenfalls sehr unterhaltsame) Sequel „Die Klasse von 1999“ nach, und drehte mit dem Lundgren/Lee-Vehikel „Showdown in Little Tokyo“ und „Night of the Running Man“ noch zwei durchaus bemerkenswerte, äh, „Männerfilme“, die aber im Mainstream nicht wirklich gesteigerten Eindruck hinterließen. Lester versank im DTV-Bereich, produziert heute hauptsächlich TV-Filme, die er manchmal auch inszeniert („Poseidon Rex“), bereitet aber für 2019 offenbar ein wieder größer budgetiertes Actionfilmprojekt vor – „The Ultimate Game“, ein dystopischer Sportfilm, soll immerhin mit gut 30 Mio. Dollar Etat ausgestattet werden. Da darf man mal prophylaktisch gespannt sein.

Noch reden wir aber über „Truck Stop Women“, auch als „Road Angels“ bekannt, Lesters dritten Spielfilm. Der ist sehr deutlich ein Kind seiner Zeit – auch Corman beackerte zu dieser Zeit gerne das Feld des „road movie“ (mal nicht unbedngt im genre-üblichen Sinn, sondern halt dahingehend, dass es Filme über Autos, Autofahren, Trucks, Highways und das, was einem dort begegnet, sind); Ron Howard verdiente sich mit „car chase“-Filmen damals seine ersten Regisseurssporen. Während Corman und seine Spießgesellen aber eher „light-hearted“ an das Thema gingen (und damit nachfolgenden Werken wie „Cannonball“, „The Gumball Rallye“ und der „Cannonball Run“-Reihe den Boden bereitete), ist’s bei Lester dann doch deutlich dreckiger, rauer, grindhouseiger. Aber auch mit reinrassiger Exploitation konnte man 1973 nicht nur ins Kino kommen, sondern auch gutes Geld verdienen.

Auch wenn „Truck Stop Women“ nominell in das Diesel- und Highway-Subgenre gehört, erinnert das ganze Setup stärker an Crime-Filme wie „Big Bad Mama“. Anna ist ebenfalls die Matriarchin einer hochgradig illegalen Operation, um nicht Gangsterbande zu sagen; ihre Gegner sind allerdings nicht (primär) die Cops (die sie zu Filmbeginn eh geschmiert hat), sondern andere, *härtere* Gangster, die Anna und ihre eher gemütliche Truppe an Skrupellosigkeit deutlich übertreffen und sie daher dazu zwingt, selbst auch die härtere Gangart anzulegen. „Moralisch“ problematisch ist dabei, dass Lester uns als Zuschauer natürlich dahin schubst, dass wir Anna unterstützen sollen, aber… naja… auch sie ist eine Verbrecherin und bestenfalls das kleinere Übel, weil Mord im Normalfall nicht zu ihren Methoden gehört (wobei ihr und ihren Männern offensichtlich auch wurscht ist, was mit den von ihnen ausgeknockten und bestohlenen Truckern passiert; mal ganz abgesehen davon, dass, so gut wie Annas Bordell frequentiert wird, irgendwann mal einer der Überfallenen die Girls, die auf der Lauer liegen, erkennen und Foulspiel wittern sollte. Aber das bin nur wieder ich bei meinem alten Kampf gegen B -Movie-Logic). Interessant aber, dass „Truck Stop Women“, den man unbefangen für ein „Big Bad Mama“-mit-Trucks-Rip-off halten könnte, ein Jahr vor dem Corman-Kultklassiker entstand…

Dramaturgisch leidet der Film daran, dass Lester in dieser Phase seiner Karriere noch nicht in der Lage war (oder es ihm einfach egal war), ob sich die Handlung schlüssig aus sich selbst heraus entwickelt. In „Truck Stop Women“ ist das Motto eher „stuff happens“, ohne dass wir notwendigerweise als Zuschauer verstehen können oder dürfen, wer was warum macht – manchmal hilft nur beherztes Raten, um eine Plotentwicklung nachvollziehen zu können. Und das, obwohl der Streifen auf der anderen Seite auch nicht arg viel an „Plot“ zu bieten hat. Man kann das wohlmeinend für kolportage-artigen Stil halten, bei kritischer Betrachtung kommt man aber eher bei „made up as they went along“ heraus. Zwischendurch geht dem Film die Handlung auch mal komplett aus, dann behilft sich Lester eben mit einer gar lustigen Bordell-Montage, die von einem der zahlreichen Countrysongs des Soundtracks untermalt wird.

Was aber auch durchaus ins Bild passt, denn Lester pflegt die Devise, when in doubt, put in some nudity. Dagegen kann man(n) ja nicht wirklich viel sagen… Daneben gibt’s natürlich auch etwas Action, handgemacht, wie’s der Väter Sitte war, und daher allemal trotz des „kleineren“ Scopes hundertmal effektiver als die allen Gesetzen irdischer Physik trotzenden CGI-Stunts Marke „Fast & Furious“. Und ein bisschen Gewalt gibt’s auch, speziell im blutgetränkten Finale. Beschallt wird das alles, wie schon angedeutet, von einer Fuhre Countrysongs, für die Lester immerhin aber den renommierten Singer/Songwriter Bobby Hart (u.a. tätig für die „Monkees“, Andy Williams, Dean Martin und Del Shannon), der 1980 auch eine Oscar-Nominierung erhielt, verpflichten konnte. Sind alles keine Klassiker, aber spaßige Trucker-Country-Nummern, die gut zum Prozedere auf dem Bildschirm passen.

Die Darstellerriege wird angeführt von Mega-Playmate Claudia Jennings, über deren verpfuschtes Leben wir u.a. schon bei „Unholy Rollers“ und „Death Sport“ gesprochen haben. In ihrer zweiten großen Rolle nach „Gator Bait“ ist sie gewohnt freizügig, hat nicht besonders Gehaltvolles zu spielen, strahlt aber Starpower aus, von der der Rest des Ensembles nur träumen kann. Lieux Dressler („Die Gruft des Grauens“, „Codename Nina“) versucht nach Kräften, ihrer Rolle als Gangstermama ein wenig Gravitas zu geben, aber Angie Dickinson machte das in „Big Bad Mama“ dann doch deutlich besser (kurios: Dressler spielte später mal zwei Gast-Parts in Angies Krimiserie „Make-up und Pistolen“). John Martino (immerhin kurz vorher noch in „Der Pate“ tätig gewesen und Spezialist für schmierige Mafiosi) ist mir als Hauptschurke Smith zu blah, zu wenig bedrohlich. Paul Carr, der den undurchsichtigen Seago durchaus präsent spielt, war u.a. in „Amputiert – Der Henker der Apokalypse“ und „Bat People“ tätig UND spielte den unglücklichen Lt. Kelso im zweiten Star-Trek-Piloten „Spitze des Eisbergs“. „Curly“ Dennis Fimple kam zu spätem Ruhm als Grandpa Firefly im „Haus der 1000 Leichen“ – als etwas einfältiger Gehilfe (der aber manchen Dingen als einziger den Durchblick hat) kommt er hier gut weg. Speed Stearns (Rusty) ist hauptamtlich als Stuntman bemerkenswert, als solcher fungierte er u.a. in „Blue Sunshine“, „Metalstorm – The Destruction of Jared-Syn“, „The Hills Have Eyes“ und „Dungeonmaster“.

Gesichtet wurde der Film in der bildschönen Mediabook-Edition von XCess, die den Film auf DVD und Blu-Ray in feinster Bild- und ordentlicher Tonqualität erstmals in Deutschland ungeschnitten präsentiert (bislang fehlende Szenen sind deutsch untertitelt). Als primäres Bonusmaterial gibt’s eine kurze Video-Introduktion von Mark Lester sowie ein ausführliches Video-Interview mit dem Meister, sowie ein wie gewohnt schön gestaltetes und informatives Booklet. Das Sammlerherz schlägt da sicher höher.

Der Film selbst… ist jetzt nicht sooo prickelnd. Es ist natürlich eine schöne Zeitreise in die schmierig-schmandigen 70er, als alles irgendwie etwas lockerer, freizügiger und auch sleaziger war. Als Claudia-Jennings-Fan muss man natürlich zuschlagen, ansonsten ist schon eine gewisse Affinität zum Trucker-Genre und zur Country-Musik mitzubringen. Nicht langweilig, fraglos, aber dramaturgisch noch unrund und ein wenig unbeholfen. Aber es zeichnet Lester aus, dass er daraus lernte und sich deutlich verbessern konnte.


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 5


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments