Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort

SF-Kult aus der B-Ecke: Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort  
  • Deutscher Titel: Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort
  • Original-Titel: The Angry Red Planet
  • Alternative Titel: Raumschiff MR-1 antwortet nicht | Abenteuer auf dem Mars | Invasion of Mars | Journey to Planet Four | Journey to the 4th Planet |
  • Regie: Ib Melchior
  • Land: USA
  • Jahr: 1959
  • Darsteller:

    Gerald Mohr (Col. Thomas O’Bannion), Naura Hayden (Dr. Iris ‚Irish‘ Ryan), Les Tremayne (Prof. Theodore Gettell), Jack Kruschen (Sam Jacobs), Paul Hahn (Maj. Gen. George Treegar), J. Edward McKinley (Prof. Paul Weiner), Tom Daly (Dr. Frank Gordon), Edward Inness (Brig. Gen. Alan Prescott)


Vorwort

Die Mars-Mission des Weltraumschiffs MR-1 hat man schon lange abgeschrieben, seit Monaten gab es keinen Funkkontakt mehr, und so ist Maj. Gen. George Treegar verständlicherweise ziemlich aus dem Häuschen, als sich das verloren geglaubte Weltraum-Vehikel still und leise im Orbit der Erde einfindet. Da von der Besatzung aber jetzt immer noch kein Pieps zu hören ist, holt man seine Millionen-Investition kurzerhand mit der Fernbedienung zurück auf den Boden der (irdischen) Tatsachen. Als sich das Raumschiff öffnet, müssen sie dann feststellen, dass man von der eigentlich vierköpfigen Crew gut der Hälfte, summa summarum zwei, nämlich Prof. Theodore Gettell und dem Fähnrich Sam Jacobs, verlustig gegangen ist. An Bord finden sich nur noch Dr. Iris Ryan, die allerdings in weibische Hysterie verfallen ist und erst einmal ruhig gestellt werden muss, sowie der leitende Offizier Col. Thomas O’Bannion, dem ein merkwürdiger, grünschleimiger Ausschlag am Arm, der sich schnell vergrößert, schwer zusetzt. Da guter Rat immer teuer ist und die Mission sicherlich schon genug Ressourcen verschlungen hat, suchen Dr. Frank Gordon und Maj. Gen. George Antworten bei der immer noch schwer benebelten Dr. Iris, die auch eine gar abenteuerliche Geschichte zum besten gibt.

Nach einem lockeren Anflug, den man damit verbrachte, sich an Bord des häuslich eingerichteten Raumschiffs mit Schauergeschichten, Comics und gutem Essen im Allgemeinen und gelegentlichen Flirts zwischen Dr. Iris, hier auch gern „Irish“ genannt, und Col. Thomas im Besonderen die Zeit zu vertreiben, verlief auch die Landung auf dem roten Planeten ganz nach Plan. Doch schon hier gibt ein Blick durch das Bullauge ein drei-äugiges Monster frei, eines von vielen, die die Oberfläche unseres durch und durch roten (im Sinne von rot, nicht kommunistisch; da dies die 50er sind, sollte man das wohl erwähnen) kosmischen Nachbarn wohl bevölkern, was die zufällige Beobachterin Irish zu einem ersten (und gewiss nicht letzten) Kreischanfall hinreißt. Bei ihrem ersten Spaziergang in fremden Terrain ist es schon wieder Irish, die die Aufmerksamkeit einer anderen Kreatur auf sich zieht, die dann nonchalant von ihren männlichen Begleitern zu Tode erwehrt wird. Und es warten noch weitere Überraschungen auf unsere vier Weltraum-Pioniere, allesamt ganz und gar unnett, weswegen die Heimreise später auch nur noch von zweien, körperlich und geistig, Versehrten angetreten wird – mit einer ernstzunehmenden Warnung von den Herren des Planeten Mars im Gepäck…


Inhalt

Und da sind wir wieder auf dem roten Planeten gelandet, denn, wenn ihr euch erinnert, schon unser erster Ausflug mit dem Fluch der Galerie des Grauens, namentlich IT! DER SCHRECKEN LAUERT IM ALL, führte uns auf Genosse Mars. Allerdings gestaltet sich der Trip dieses Mal ein wenig anders, denn die Schrecken lauern in WELTRAUMSCHIFF MR-1 GIBT KEINE ANTWORT nicht im Verborgenen, im Dunkeln, sondern im grellen Rot des Tages und wären ob ihrer wahrhaft monströsen Ausmaße auch kaum zu übersehen, wäre eben nicht alles in das Sichtfeld blendende Rot in Rot getaucht. Diese eigentlich unfassbar beschissene Optik bewerkstelligte man mit einer Technik namens CineMagic, die schon sehr bald wieder in der Versenkung verschwand (schon zu recht, aber eigentlich auch schade – ich hätte mir mehr Augenkrebs-fördernde Filme damit gewünscht; vielleicht einen Kriegs- oder Spionagefilm, in dem das Feindland durch diese Technik vielsagend symbolisch rot ausstaffiert wird), was damals wie heute auch noch wohl den Main Selling Point dieses Machwerks bildet.

Regisseur und Autor Ib Melchior zieht die ganze Sache als ausufernde Rückblende auf, die Frage um die sich alles dreht ist also ein „Was ist geschehen?“, statt eines meist mehr spannungsanregenden „Wer wird überleben?“ (, denn das wissen wir ja nun schon). Dramaturgisch spult er dann auch recht routiniert sein Programm ab – anfangs ist noch alles heiter, die Besatzung kommt einem vor wie in einer lockeren WG mit Wissenschaftlern (also ein bisschen BIG BANG THEORY, auch wenn sich für Sheldon, zum Glück, kein Pendant einfindet), nur um dann festzustellen, dass der Rest der Expedition eben kein Spaziergang im Rotlichtviertel des Sonnensystems wird, weil die Flor-Fauna (oder Faun-Flora? Die Lebewesen sind halb Tier, halb Pflanze und gerne auch riesig und einzellig) sich hier alles andere als nett, klein und harmlos ausnimmt. Hier hat der gebürtige Däne Melchior, der zeitlebens eigentlich auch eher als Autor von SF-Romanen und Drehbüchern (u.a. ROBINSON CRUSOE ON MARS – es geht ja immer NOCH abenteuerlicher – und DEATH RACE 2000) unterwegs war, dann seiner Fantasie freien Lauf gelassen: unheimliche Pflanzen und Kreaturen bevölkern unseren kosmischen Nachbarn, wobei die Krone der Schöpfung schon recht schnell mit einer Art Fledermaus-Krabben-Spinnen-Ratte auf den Plan tritt. Und hier macht sich auch ein Vorteil des CineMagic-Verfahrens bemerkbar, denn Monster und Umgebung sind im Rot teils nur mehr oder weniger schemenhaft sichtbar, weswegen sie wohl ziemlich günstig realisierbar waren.

Die Protagonisten dieses Abenteuers sind dabei auch kostengünstig dem Charakterbaukasten für Anfänger entsprungen: Col. Thomas, der Militär, ist das Alphatier und hat natürlich ein Auge auf Irish, die es ihrerseits liebt mit weit aufgerissenen Mund aufzuschreien, wann und wo immer sich die Möglichkeit bietet; das Interesse von Prof. Theodore dagegen gehört einzig den marsianischen Lebewesen und seinen eigenen abstrusen Theorien und Eingebungen, während sich Sam schon auf dem Hinflug mit einigen SF-Comics auf die Ankunft auf dem Mars vorbereitet und später ein inniges Verhältnis mit der Bordwaffe, einer Strahlenkanone, die er Cleo tauft, eingeht. Und lasst euch gesagt sein, das ist eine abenteuerlustige Truppe! Die Erkenntnis, das auf dem gewählten Ausflugsziel zahlreich todbringendes Getier rumfleucht, wird schneller beiseite gekehrt, als der einfältige Sam „Weltraummonster“ sagen kann, und als man am anderen Ufer eines riesigen Sees dann die hohen Kuppeln einer hoch entwickelten Mars-Zivilisation ausmacht, ist sogar er es, den es, aller Gefahren zum Trotz, dorthin drängt. Aber es kommt dann halt doch ganz anders, als es die Vier sich erhofft hatten. Wir sind halt alle nicht vor Enttäuschungen gefeit, selbst wenn wir nur ausgedacht sind.

Das ist jetzt keine große Kunst oder gar großes Kino, was uns Ib Melchior hier anbietet, denn dafür hätten nun beim besten Willen seine Mittel niemals ausgereicht. Wenn man es genauer betrachtet, ist WELTRAUMSCHIFF MR-1 GIBT KEINE ANTWORT (oder THE ANGRY RED PLANET, wie der Film, ungemein cooler, im Original heißt) eigentlich nur einer von vielen B-Filmen aus dem SF-Sektor seiner Zeit. Aber er beherzigt die goldene Regel des Kinos an sich, wie auch des Genre-Kinos und der Exploitation im Besonderen, die da lautet: biete dem Zuschauer mindestens eine große Attraktion als Zugpferd an. Und Melchiors Film bietet hier gleich mehrere an, vom hoch gepriesenen CineMagic-Verfahren (das atmosphärisch tatsächlich sehr viel Laune macht) über riesige Mars-Monster (allerdings alle in Rot getaucht) bis hin zu intelligenten Marsmenschen (die man aber nicht sieht); wenn schon Mogelpaket, dann wenigstens richtig. Man kann THE ANGRY RED PLANET vieles unterstellen – eine selbst für die damalige Zeit abstruse Technik, eine wenig spannungstreibende Dramaturgie und eine Besatzung aus Doofmännern erster Güte -, aber nicht, dass er mit seinem Titel Etikettenschwindel betreibt. Und im Vergleich zu Ib Melchiors anderen Film, THE TIME TRAVELLERS aka 2071: MUTAN-BESTIEN GEGEN ROBOTER (in einer Sequenz am Ende ist der sogar eine Art Vorläufer zu STEPHEN KINGS LANGOLIERS), erweist sich WELTRAUMSCHIFF MR-1 GIBT KEINE ANTWORT wirklich als Spaß in Tüten.

Gerald Mohr hatte seine beste Zeit in den 40ern und frühen 50ern, dies war einer seiner letzten Auftritte auf der großen Leinwand. Aber es passt, wenn der hier und da schon leicht ergraute Mohr als Col. Thomas um das Objekt seiner Begierde herumscharwenzelt und immer wieder leichte Treffer im Angriff setzt. Naura Hayden macht sich gut als zur Hysterie neigender Rotschopf Irish, der von den Männern um sie herum immer wieder umsorgt wird, wenn die Sache brenzlig zu werden droht. Les Tremayne wirkt als Prof. Theodore mit seinem ausdrucksstarkem Gesicht und dem teils etwas infantil wirkenden Gehabe schon wie die Karikatur eines enthusiastischen Wissenschaftlers. Zusammen mit dem gerne und breit grinsenden Jack Kruschen als Sam stellen diese Vier eine skurrile Gute-Laune-Armee dar, der man schon ansieht, dass sie im Angesicht von Schrecken und Tod wahrscheinlich arglos in ihr Verderben wandern wird.

Blu-ray und DVD aus dem Hause Anolis Entertainment sind von gewohnt hoher Qualität, mit zumeist gestochen scharfem Bild und klar verständlicher deutscher wie auch englischer Tonspur. In den Extras findet sich alles, was wunderbar auf dieses Filmerlebnis einstimmt, sprich amerikanischer und deutscher Kinotrailer, die originale deutsche Titelsequenz, die entsprechenden Werberatschläge und ein Filmprogramm. Wer das Erlebnis noch vertiefen möchte, kann dazu dem Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen lauschen. Ein informatives Booklet mit einem Text von besagtem Herrn versteht sich natürlich von selbst.

Eigentlich sollte es zu jedem durchgedrungen sein, aber es sei als Fazit noch einmal gesagt, dass WELTRAUMSCHIFF MR-1 GIBT KEINE ANTWORT jedem Freund von 50s-SF-Kintopp ohne Einschränkung ans Herz gelegt sei. Der Film ist fantasievoll, naiv und damit eine wahre Fundgrube unfreiwilligen Humors. Was ihm an Spannung und Action abgeht, macht er mit doofen Charakteren, kreativen Monstren, den damit einhergehenden 50s-Chauvie-Charme und einen allgemein locker geführten Ton locker wieder wett. Und wer sowieso mal wieder rot sehen möchte, dem hilft THE ANGRY RED PLANET mit seinem tollen, alles verschleierndem CineMagic-Effekt, der Extra-Scheuklappe für Trashfreunde, da gern mit auf die Sprünge. Ein Film, der nicht viel hat, aber davon jede Menge.


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 7


mm
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