The Hard Way

 
  • Deutscher Titel: The Hard Way
  • Original-Titel: Walking the Edge
  •  
  • Regie: Norbert Meisel
  • Land: USA
  • Jahr: 1985
  • Darsteller:

    Robert Forster (Jason Walk), Nancy Kwan (Christine Holloway), Joe Spinell (Brusstar), A Martinez (Tony), James McIntire (Jimmy), Wayne Woodson (McKee), Doug Toby (Danny Holloway), Phil H. Fravel (Jerry Holloway)


Vorwort

Abt. Der Gang auf des Messers Schneide ist ein harter Weg

Es gibt Filme, bei denen frage ich mich, warum sie mir nicht schon eher über den Weg gelaufen sind. THE HARD WAY aka WALKING THE EDGE ist solch einer. Dabei wurde der Revenge-Exploiter vom deutschen Label Marketing Film koproduziert und auch vertrieben. Leider war die Auswahl von Filmen dieses Labels in den Videotheken meiner Stadt stark begrenzt, was meine Unwissenheit um die Existenz dieses Films zumindest ansatzweise erklärt. Das deutsche Tape wies allerdings mehrere Schnitte auf, die sich zu einer Minute Fehlzeit summierten. Das sicherte ihm 1985 wohl die FSK-Freigabe „nicht unter 18 Jahren“, indiziert wurde er trotzdem. Doch damit nicht genug, nach dem Zeitablauf von 25 Jahren nahm die BPjM ihn 2010 abermals unter die Lupe und sprach unglaublicherweise eine Folgeindizierung aus. Mir selbst konnte das dann auch schnurzpiepegal sein, denn ich entdeckte ihn, kurz vor dem Ableben von Hauptdarsteller Robert Forster, in der amerikanischen Originalfassung auf YouTube und befand ihn für gut. Hier in Deutschland nahm sich jetzt Subkultur Entertainment des Films an und spendierte ihm einen Blu-ray Release, uncut, versteht sich. Da die deutsche Synchronisation dem Vergnügen nicht abträglich sein sollte, eher im Gegenteil, kam ich nicht umhin, mir diese Veröffentlichung dann auch einmal zu Gemüte zu führen.


Inhalt

Christine Holoway (Nancy Kwan) führt ein beschauliches Leben als Hausfrau, wohnt mit Mann Jerry (Phil H. Fravel) und Sohn Danny (Doug Toby) in einem schicken Einfamilienhaus. Doch eines Abends soll dieses Leben eine schmerzliche Zäsur erfahren. Der Drogengangster Brusstar (Joe Spinell) stürmt mit seinen Kompagnons Jimmy (James McIntire) und McKee (Wayne Woodson) das Haus und hält sie samt Sohnemann fest. Brusstar eröffnet ihr, dass ihr lieber Jerry den Löwenanteil seines guten Verdienstes mit dem Verkauf harter Drogen an Schulkinder verdient. Und dass er Schulden gemacht hat. Christine und Danny verteidigen den Vater und liebenden Ehemann gegen derlei unglaubliche Anschuldigungen. Als Jerry dann endlich durch die Tür tritt, wollen die beiden Verwirrung stiften und ihn warnen, doch es endet im Desaster. Der lockere Finger am Abzug bei Jimmy und McKee erlegen im Durcheinander Vater und Sohn, während Mutter Christine nur knapp die Flucht gelingt.

Jason Walk (Robert Forster) hat die Glückseligkeit auch nicht gerade mit Löffeln gefressen. Sein Job als Taxifahrer wirft nicht sehr viel ab, und in seinem Nebenjob als Geldeintreiber lässt er die geforderte Kaltschnäuzig- und Durchsetzungsfähigkeit vermissen, traut sich nicht, bei großen Fischen wie den Fat Man (Bernhard Erhard) abzukassieren. Zudem erwischt er seine Freundin Linda (Jaqueline Giroux) beim Fremdgehen, weil er früher als gedacht des Nachmittags sein Appartement frequentiert, was seine neugierige Nachbarin Mrs. Johnson (Ivy Bethune) eifrig und ungefragt kommentiert. Am Abend ersäuft er dann seinen Frust in einer Bar und wird von Barfrau Julia (Aarika Wells) abgeschleppt. Doch schafft er es darauf nicht einmal, im Bett seinen Mann zu stehen.

Als Christine am nächsten Tag in sein Taxi steigt, scheint es nur der Beginn eines nächsten, normalen Scheißtages zu werden. Doch die biedere Hausfrau hat einen Colt in der Handtasche und Rache im Sinn. Und ehe der gutmütige Loser sich versieht, ist er ein gejagter Komplize der zur Mörderin gewandelten Witwe und versteckt sie bei sich vor den Gangstern, der Polizei und der nervigen Mrs. Johnson. Jason muss sich nun entscheiden, ob er sich weiter duckmäuserisch hinter seinen Minderwertigkeitskomplexen versteckt oder endlich mal Farbe bekennt und Christine zu ihrer Rache verhilft…

Besprechung

Bereits 1982 gedreht, ist THE HARD WAY aka WALKING THE EDGE ein Exploiter, der schon zu seiner Entstehungszeit einen schweren Stand hatte und damit leicht zu übersehen war. Die Vermutung liegt nahe, dass man sich an den Erfolg von Bill Lustigs VIGILANTE, der sich noch vor Kinostart gut international vermarkten ließ, ranhängen wollte. Die Verpflichtung von Robert Forster und Joe Spinell legt dies nahe, zudem steuerte Jay Chattaway auch für diesen Film einen jazzigen Score bei. Allerdings kam THE HARD WAY dann erst im Januar 1985 in die US-Kinos, die deutsche VHS von Marketing Film lag Februar desselben Jahres in den hiesigen Videotheken aus. Er blieb im Anschluss weitgehend unbekannt, zumindest bis eine DVD in den Staaten herauskam. Inzwischen hat es der Film als Geheimtipp also zu einer HD-Auswertung, sogar hier in Deutschland gebracht. Wie eingangs erwähnt, kannte ich ihn schon, man konnte diesen Revenge-Actioner in halbwegs akzeptabler Qualität auf YouTube in Augenschein nehmen. Die Blu-ray war nicht nur deswegen ein Pflichtkauf, das Genre an sich und Darsteller wie Forster und Spinell sowie eine geil schnoddrige deutsche Synchro bieten genug Kaufanreiz für die geneigte Klientel, zu der auch ich mich zähle.

Statt in den düsteren Hochhausschluchten von New York, die etwa Charles Bronson als Paul Kersey in EIN MANN SIEHT ROT frequentierte oder eben Robert Forster in VIGILANTE, nimmt uns THE HARD WAY mit in die schmutzigen Winkel von Los Angeles, wo einst schon Pam Grier als FOXY BROWN wütete. Ob East Coast oder West Coast, beide Metropolen eignen sich hervorragend für einen blutigen Rachefeldzug. Und der vorliegende Eine beginnt mit viel Verve – beim Besuch der Gangster im Zuhause der Familie Holoway ist die Stimmung dem Klima Kaliforniens entsprechend aufgeheizt. Joe Spinell benimmt sich als Gangster Brusstar ungehalten und laut, er sieht etwas ungepflegt aus, ist übergewichtig und verschwitzt. Aber hingegen zu seinen Begleitern ist er bemüht, die Situation unter Kontrolle zu halten, die dann aber doch eskaliert, als der gesuchte Ehemann, dessen Leben, das alsbald ausgedient hat, eine Lüge ist. Seine unheilige Verbindung mit der Unterwelt, mit dem brutalen Brusstar und seiner Gang, hat seinen heranwachsenden Stammhalter mit ins Unglück gerissen, genau wie er selbst wahrscheinlich viele der Kids, denen er die Drogen verkaufte, die er von den Gangstern bezog und mit denen er sein Leben und seine Familie finanzierte. Zurück bleibt nur seine Frau Christine, die nun allein ist, abgenabelt von Mann und Kind, eigentlich ohne Perspektive und Aufgabe, aber mit einem intakten Überlebenssinn ausgestattet. Vom Leben hintergangen und betrogen, macht sie sich nun auf, den Tod zu denen zu tragen, die es verdient haben.

Jason erweist sich schon als sowas wie ein männliches Pendant zu ihr. Er schafft es nicht, legal als Taxifahrer seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, aber die Arbeit für einen Buchmacher widerstrebt ihm. Die Straßen von Los Angeles sind sein Zuhause, aber er ist hier lieber Zuschauer, kein Protagonist. Er verliert seine Freundin an ihre Untreue in einem Bruch mit seinen festgefahrenen Tagesablauf. Und dann erweist er sich im Bett mit einer anderen noch als impotent. Als Christina zu ihm ins Taxi steigt, hat sie schon jegliche Scheu abgelegt, mit ihrem Leben eigentlich abgeschlossen. Doch schon bei ihrer zweiten Station durch die Stadt stößt sie an die Grenzen ihrer Schießkunst und kollidiert mit Jasons Besorgnis, der nach ihr sehen will, als Schüsse auf dem Gelände der Werkstatt fallen, das sein Fahrgast gerade betreten hat. Von da an sind sie gezwungenermaßen Partners in Crime, durch das Schicksal verbundene. Sie ist verletzt, hiernach nicht nur seelisch, sondern auch körperlich, und hat keine andere Wahl um das von ihm angebotene Versteck anzunehmen. Während Jason noch mit seiner Entscheidung hadert, setzt das Beschnuppern der beiden ein, und die Erkenntnis reift, dass sie so unterschiedlich gar nicht sind. Und da eigentlich Jason im Mittelpunkt der Handlung steht, rückt THE HARD WAY seine Figurenkonstellation allmählich „richtig“ und der vom Leben eher gebeutelte Taxifahrer, der niemanden etwas Böses will, übernimmt immer mehr den aktiven Part, um das zu tun, was eben getan werden muss. Das ist quasi seine erneute Mannwerdung, das Wiederentflammen des Machismo, der im Bett mit den Frauen oder im Umgang mit den Kunden schon erloschen schien. Er tritt selbstbewusst der Nutte auf der Straße entgegen, die ihn vorher beschimpft hatte, er steht auch wieder seinen Mann und treibt die Schulden, die monetären wie auch die karmischen.

THE HARD WAY ist in seiner Geschichte und seinen Figuren recht simpel gestrickt, dem Drehbuch von Curt Allen (der auch darauf das Skript zu HOLLYWOOD HARRY, der Regie-Arbeit von Robert Forster geschrieben hat, in dem natürlich auch Joe Spinell mitspielt; den würde ich nur zu gern mal sehen) fehlt es an Spannungsaufbau, der Regie von Norbert Meisel (DER ZERSTÖRER) eigentlich an mitreißender Dynamik. Trotzdem funktioniert der Film im Ganzen recht gut, was vor allem an der anständigen Großstadtatmosphäre, die auch durch die Musik von Jay Chattaway angeheizt wird. Die Locations von L.A. erscheinen teils sehr verranzt, die Gangster treffen sich bspw. in einer verdreckten Bar, in der eine unglaublich schlechte Punk-Band spielt. Außerdem sind die Darsteller durch die Bank ziemlich gut aufgelegt. Robert Forster (VIGILANTE, JACKIE BROWN) gibt sich als Jason natürlich und sympathisch wie eh und je, ob nun als Softie oder harter Kerl, die Wandlung seines Charakters, die auf dem Papier ziemlich unglaubwürdig klingt, untermauert er mit seinem Charisma und seiner Gravitas, die er in der ersten Hälfte der Geschichte erst einmal im Spind lässt. A Martinez (CALIFORNIA CLAN, LONGMIRE) sehe ich eigentlich immer wieder gerne mal außerhalb seiner Soap-Bubble, hier spielt er in einer Nebenrolle als Tony, dem Mechaniker von Jason, der ihm mit Rat und Tat zur Seite stirbt und ein so guter Freund ist, dass er selbst unter schwerer Gewalt den fiesen Jungs um Brusstar nichts verrät. Dadurch steht Jason nochmals besser dar, denn wer solche Freunde hat, muss einfach ein wirklich guter Mensch sein. Nancy Kwan hatten wir ja letzt erst als Superschurkin bei LIEBESGRÜSSE AUS FERNOST bei uns, sie kann einem schon irgendwie leid tun. Sie kam durch ihren damaligen Noch-Ehemann, Regisseur Norbert Meisel, an die Rolle der Christine, die mit der sich entwickelnden Story um das Erstarken von Jasons Ego immer weiter versackt. Das ist wirklich schade, denn Kwan überzeugt auch als vom Schicksal gefickter Todesengel, wenn dies auch nur recht kurz der Fall ist. Über Joe Spinell (CRUISING, MANIAC) braucht man eigentlich nicht viel sagen, er ist immer eine Wucht. Sein Brusstar dominiert seine beiden Handlanger mit brutaler Gewalt und lässt auch Tony ordentlich leiden. Seine Szenen zählen sicherlich zu den Highlights des Films. Aber da Gewalt bekanntlich vor allem Gegengewalt erzeugt, müssen sie am Ende natürlich ordentlich, wenn auch nicht zu grafisch büßen. Was das angeht, bleibt die Folter an A Martinez der Höhepunkt des Exploiters. Auf dem Tape noch arg zensiert, darf man dies auf der Blu-ray nun auch in seiner ganzen Pracht erleben.

Die Veröffentlichung

Für einen eher unbekannten Film aus den 80ern, der zwischenzeitlich schon vergessen schien, sieht THE HARD WAY in HD mehr als gut aus. Das Bild ist gestochen scharf, die Farben sind kräftig und das Filmkorn dezent vorhanden. Deutsche wie auch englische Originaltonspur sind gut verständlich, wobei letztere ein besseres Feeling für die Umgebung liefert, während die deutsche ein wenig druckvoller rüberkommt. Subkultur Entertainment hat außerdem zwei Featurettes der amerikanischen Ausgabe aus dem Hause Fun City lizenziert. Zum einen gibt Jay Chattaway interessante Einblicke in die Entstehung des Scores, während Detective Randy Jurgensen Anekdoten zur Arbeit mit Robert Forster und Joe Spinell zum Besten gibt (teils sehr lustig, gerade wenn er erzählt, wie Spinell am Set einen Joint nach dem anderen kifft, während er als hauptberuflicher Drogen-Ermittler daneben steht; sie seien aber trotzdem bestens miteinander ausgekommen). Beides sind lohnende Beigaben.

Fazit

Im Endeffekt kann man THE HARD WAY kaum als wirklich guten Film bezeichnen, es ist eher ein Schnellschuss, der deswegen auch lange unterm Radar geflogen ist. Die Entwicklung der Story und Charaktere dürfte sogar damals schon etwas sehr altbacken gewesen sein. Dafür etabliert Meisel mit Hilfe der Locations in Los Angeles und der jazzigen Musik Chattaways eine stimmige Atmosphäre, Forster und Spinell erledigen dann den Rest. Der Gewaltgrad passt sich dem an und gerade zum Ende gibt es einige brutale und blutige Spitzen zu bewundern. In Zusammenspiel mit einer mal wieder unglaublich schnoddrigen, aber dennoch sehr professionell produzierten und eingesprochenen, deutschen Synchro ergibt das einen spaßigen Exploitationfilm für eher hartgesottene Gemüter. Wer also was für die frühen 80er, für Spinell und Forster oder auch dreckige L.A.-Filme übrig hat und wenig zimperlich ist, sollte definitiv zugreifen. Meinereiner würde das, wie gesagt, sogar einen Pflichtkauf nennen!

Screenshots © Subkultur Entertainment 2021


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 7


mm
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