New Female Prisoner Scorpion: Special Cellblock X

 
  • Original-Titel: Shin joshû sasori: Tokushu-bô X
  •  
  • Regie: Yutaka Kohira
  • Land: Japan
  • Jahr: 1977
  • Darsteller:

    Yôko Natsuki (Nami Matsushima), Takeo Chii (Prison Guard Ichirô Kajiki), Masashi Ishibashi (Prison Warden Tôru Kuroiwa), Junkichi Orimoto (Dr. Katô), Kaori Ono (Kiyomi Yoshii), Tatsuya Nanjô (Nishida – Nami’s Lover), Hiroshi Tachi (Tamura – Killer), Shôko Araki (Yôko), Moeko Ezawa (Harue), Kazuo Kainose (Nakano), Kôji Sekiyama (Muraoka), Akira Shioji (Kikuyama), Bun’ei Shô (Midori), Tadashi Takatsuki (Sakaguchi), Toshiyuki Tsuchiyama (Shimizu)


Vorwort

Abt. Mach mal lieber neu!

Ich hätte es ja gar nicht gedacht, dass mich die Sasori-Reihe noch irgendwie überraschen könnte. Vier Filme mit Meiko Kaji, allesamt zurecht Klassiker, dann ein Reboot, das more of the same, aber nicht so artsy war. Und ein Jahr nach dem Reboot… noch ein Reboot, und noch weniger artsy, da fress‘ ich doch ’nen Besen. Ich will mich jedoch nicht grämen, als Sasori-Fan bin ich über neues Futter, so es denn schmeckt, immer dankbar. Und wir sind ja auch noch nicht am Ende unserer Reise ins Reich der schwarzgewandten Racheengel angekommen. Denn zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass in den 90ern nicht nur ein neuer Teil von Toei für das boomende V-Cinema produziert wurde, sondern gleich derer drei. Da werden wir ja noch ein paar vergnügliche Stunden mit unserer männerermordenden Antiheldin vor uns haben.


Inhalt

Nami Matsushima, eine ehemalige Krankenschwester, ist gerade in die fürsorglichen Arme des Strafvollzugs zurückgekehrt und wird von Oberaufseher Kajiki mit einem liebevollen Faustschlag ins Gesicht begrüßt. Auch beim anschließenden Besuch im Zimmer des Direktors verleiht dieser seiner Freude über ihre Rückkehr in Form von einigen Hieben mit seiner Reitgerte Ausdruck. Überwältigt von diesem Maß an Aufmerksamkeit geht es für die blutende junge Frau ohne Essen ab ins Bett der Krankenstation. Äußerlich sieht sie nun zwar aus wie ein weichgeklopftes Steak, innerlich lächelt Nami, denn ihr Ausflug, bei dem sie ihrem ehemaligen Klinikvorgesetzten einen Besuch abgestattet und ihn in den vorzeitigen Ruhestand versetzt hat, wird auf ewig eine wohlige Erinnerung für sie parat halten. Auch ihre Mitgefanginnen haben Nami, die sie liebevoll Sasori nennen, nicht vergessen. Doch der Stein, der zur Begrüßung durch das Fenster der Krankenstation fliegt, trifft den arglosen Dr. Katô, der nun selbst von seiner Assistentin behandelt werden muss.

Seit der Rückkehr von Sasori kochen die Gefühle im Haifischbecken Frauenknast über, als Ventil dient den verurteilten Verbrecherinnen eine kurzhaarige Leidensgenossin, die erst seit kurzer Zeit hinter den heilenden Mauern der Züchtigungs- und Wiedereingliederungsanstalt verweilt. Sie entpuppt sich, wie es der Zufall gerade will, als ehemalige Patientin des Krankenhauses, in dem Nami und ihr Angebeteter, Doktorant Nishida, tatsächlich einmal das Leben gerettet hatten. Also erträgt sie die Repressalien stoisch und freut sich, ihre Lebensretterin an diesem so dunklen Ort wiederzutreffen. Das Schicksal von Nami offenbart sich als ein sehr tragisches. In den guten Zeiten als gute Fee der Heilstätte bestanden die Tage nur aus Leben retten, Kranke pflegen und Liebe machen. Doch dann verschwor sich die Klinikleitung gegen Nami und Nishida, was ihn das Leben kostete und sie einer Vielzahl an geifernden Pflegern in die Hände fiel, die sie vor den Augen der Ärzteschaft vergewaltigten. Als sich dann ihr Zorn Bahn brach und die Halbgötter in Weiß mit Blut befleckte, geriet sie in die Mühlen der Justiz und hinter schwedischen Gardinen.

Kajiki, der wegen des Ausbruchs beim Direktor in Ungnade gefallen ist, sucht nach einem Weg, es der Skorpionin heimzuzahlen. Das ist natürlich nicht allzu schwer, da ja auch nahezu jede Inhaftierte ihr an den Kragen will. Da Eins und Eins bekanntlich Zwei ergeben, besticht er zwei Gefangene mit Zigaretten, dafür zu sorgen, dass Nami die Rückkehr vom Krankenlager in den normalen Vollzug mit allerlei Schikanen verschönert wird. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass ihm der Direktor mit seiner neuen rechten Hand Tamura, einem ehemaligen Militärpolizisten und begnadigten Killer, gleich mal seinen Nachfolger vor die Nase setzt. Der verschafft sich mit militärischer Strenge und drakonischen Strafen gleich mal Respekt und setzt alles daran, Kajiki zu isolieren und so endgültig ins Abseits zu manövrieren. Doch der geschasste Aufseher sieht seine Chance gekommen, als sich der Justizminister zur Inspektion des heimeligen Ortes ankündigt, weswegen Tamura gleich mal provisorisch mehrere Gefangene in den überfluteten Keller sperrt. Er befreit die armen Seelen von ihren Ketten und führt sie ans Licht. Es kommt auch zum Eklat, jedoch nicht wie der Gute es sich erhofft hatte. Denn der Minister, der zwar eine Verletzung davonträgt, aber dennoch hinter den Mauern des Schweigens verweilt, gehört einem eingeschworenen Männerverein, genannt Regierungspartei an, in den er auch den Direktor befördern möchte. Um ein Exempel zu statuieren, stellt er nun Kajiki zusammen mit Nami auf dem Gefängnishof an den Pranger, auf das sich an ihnen der Frust der gefallenen Engel entlädt. Doch er ahnt nicht, dass nun aus den erbitterten Feinden nun Partners in Crime werden…

Besprechung:

Da haben wir also mit Yôko Natsuki, nach Meiko Kaji und Yumi Takigawa, nicht nur die dritte Darstellerin der Nami Matsushima, auch bekannt als Sasori, sondern gleich mal auch ihre dritte Inkarnation, was ja durchaus Sinn ergibt. Erstaunlich ist es nur deshalb, weil das erste Reboot der Reihe gerade mal ein Jahr jung war. Wieder einmal gibt es eine neue Vorgeschichte für unsere junge Antiheldin, vom Prozedere her ändert sich aber eigentlich nichts. Hatte ich beim vorangegangenen NEW FEMALE PRISONER SCORPION: #701 noch moniert, dass die chronologisch vorgetragene Hintergrundgeschichte dem Sasori-Part des Films etwas viel Zeit geklaut hätte, beherzigt NEW FEMALE PRISONER SCORPION: SPECIAL CELLBLOCK X das Prinzip der vagen, surreal gehaltenen Rückblenden. Was sich dabei genau wie abgespielt hat, bleibt großteils im Dunkeln. Es ist nur wichtig, dass ihr Geliebter ermordet und sie vergewaltigt wird, worauf sie ausrastet und hinter Gitter gesteckt wird. Als Sahnehäubchen begegnet sie hinter den schwedischen Gardinen dann noch eine zerbrechlich wirkende junge Frau, der sie einst als weißer Engel das Leben rettete. Die eigentlich Sasori-Werdung beschränkt sich, wie im ersten Film, auf das abrupte Abgleiten in den Wahnsinn, nachdem ihr so übel mitgespielt wurde. Aber passend zu ihrer Vergangenheit als Krankenschwester darf sie später unter dem schwarzen Mantel ein blütenweißes Outfit spazieren tragen, wenn sie ihre Rache vollendet.

Während alles andere also wieder auf ein Hintergrundrauschen reduziert wurde, geht SPECIAL CELLBLOCK X, ganz passend zum Titel, in Sachen Women-in-Prison nun all-in. Alle gehen auf Nami und ihre Freundin los, ob Wachpersonal oder Mitgefangene. Es wird geschlagen, getreten, gekratzt und auch mal unfreiwillig auf Tauchstation gegangen. Der Direktor und Oberaufseher Kajiki sind brutale Schläger, Tamura offenbart eine Vorliebe für Bondage, Hiebe und auch sein Gewehr, dass er nur zu gerne einsetzt, um auch die eigenen Untergebenen einzuschüchtern. Das Patriarchat ist gut vernetzt, auch Kajikis Plan, den Direktor vor dem Minister bloßzustellen, geht gehörig nach hinten los. Denn eine Krähe hackt der anderen eben kein Auge aus. Die gehören zum gleichen Club und halten die schützende Hand übereinander. Nach dem Vorfall bei der Inspektion stellt der Direktor seinem Freund eine gefesselte Gefangene für Liebesspiele zur Verfügung. War er schon nach dem kurzzeitigen Aufstand hinter Gittern etwas lädiert, ist er nach dem folgenden, komplett aus dem Ruder gelaufenen Schäferstündchen fast komplett in Mullbinden unterwegs. Ja, die Herren der Schöpfung müssen hier für ihre Missetaten büßen. Das gehört in Sasori-Filmen nunmal dazu.

Dabei schert sich NEW FEMALE PRISONER SCORPION: SPECIAL CELLBLOCK X auch um keinerlei interne Logik, sondern bemüht eben Gevatter Zufall. Die Figuren werden allesamt nur grob umrissen, ihre Beziehungen zueinander funktionell dargelegt. Ganz unten in der Hierarchie stehen das eingekerkerte Weibsvolk, nur knapp darüber die einfache Wachmannschaft, die hier und da dann auch mal Bedenken zum Umgang mit ihren Schutzbefohlenen äußern, aber sich eben auch nicht erheben, sondern kuschen, wenn es verlangt wird. Deren Vorgesetzte erweisen sich als Günstlinge des Systems, die alles dafür tun würden, um aufzusteigen. Und je höher man schaut, desto miefiger wird der Sumpf aus Machtgier und Korruption. Es ist kein Film für irgendwelche Zwischentöne; ausgenommen sei hier der Arzt, der nett und hilfsbereit ist und dann einen Stein an den Kopf bekommt. Die Welt ist eben böse, nicht nur das Patriarchat, sondern auch die rachsüchtigen Weiber, mit denen sich Nami und ihre Freundin rumschlagen müssen. Die Misshandlungen durch die Wachen haben die freilich auch nicht verdient, so gibt es wenigstens ein paar Abstufungen in der Hassenswert-Skala. Aber es ist eben auch egal, in welche Richtung die Skorpionin austritt, sie trifft immer ins Schwarze.

Der Clou an der Story ist dieses Mal natürlich die unfreiwillige Paarung von Aufseher Kajiki und seiner Nemesis Sasori, die schließlich, ich spoilere hier mal, aneinandergekettet Reißaus nehmen. Leider handelt das Skript die Fehde der beiden einfach viel zu schnell ab. Kaum ist Nami wieder hinter Gittern, verliert Keijiki auch schon seine Stellung als rechte Hand des Direktors. Die Bestechung der Gefangenen mittels Zigaretten hat darauf keine direkten Auswirkungen. Erst als Tamura übernommen hat, werden eben diese Zigaretten bei einer spontanen Durchsuchung der Zellen entdeckt, was die beiden Damen in Teufels Küche, sprich in das Bondage-Zimmer des Sadisten bringt. Tamura bemüht eigentlich den gleichen Plan wie sein Vorgänger, indem er Nami durch das harsche Vorgehen gegen ihre Mitgefangenen weiter zu isolieren sucht. Das Problem dabei ist freilich nur, dass er sie gar nicht weiter ihren Mitgefangenen entfremden kann/braucht, da sie schon eine Aussätzige ist. Es ergibt alles irgendwie keinen wirklichen Sinn, sondern dient nur dazu, die gezeigten Grausamkeiten storymäßig zu begründen. Als angenehmer Nebeneffekt bringt dieses Vorgehen dafür auch erhebliches Tempo in die Sache. Angesichts dessen, dass SPECIAL CELLBLOCK X eben auch nichts Neues innerhalb der Reihe bietet, kommt er erstaunlich kurzweilig daher.

Ich empfand Yôko Natsuki in der Rolle des gefallenen Racheengels ihrer direkten Vorgängerin Yumi Takigawa überlegen. Sie bringt wieder diese gewisse Unberechenbarkeit, diesen niedlichen Wahnsinn, der Sasori eben auch auszeichnet, gut rüber. Sie erträgt stoisch ihr Schicksal, verfolgt mit berechnendem Blick ihre Ziele und kann auch in den erst unbeschwerten und dann unangenehmen Rückblenden, so kurz sie auch sein mögen, überzeugen. Sie war im gleichen Jahr noch neben Sonny Chiba in KARATE FOR LIFE und im folgenden neben Hisoa Maki in KARATE WARS zu sehen. Von hier aus lässt sich auch schön eine Brücke zum Herbst ihrer Karriere schlagen, wo sie in einigen Filmen von Makis Kumpel Takashi Miike (FAMILY, KIKOKU) auftrat. In Takeo Chii – er drehte in den 70ern dreimal mit Meiko Kaji, zwei STRAIGHT CAT ROCK-Filme wie auch LADY SNOWBLOOD – als Kajiki hat die Skorpionin hier einen durchaus passenden Gegenpart, der seinem Fiesling auch in seiner Wiederwärtigkeit verschiedene Facetten abzuringen vermag. Hiroshi Tachi als Tamura ist dann einfach noch eine fiesere Version von Kajiki, der als beherrschender Konkurrent dann die eigentlichen Kontrahenten am Ende zusammenbringt.

Auf dem Regiestuhl nahm, wie schon beim Vorgänger, Yutaka Kohira Platz. Er liefert eine solide Variation des Themas ab, auch wenn sich inzwischen einige Abnutzungserscheinungen bemerkbar machen. Zudem hat Toei für diesen inzwischen sechsten Film erkennbar weniger Geld springen lassen als noch zuvor. Vielleicht spart sich Kohira auch deswegen irgendwelche arthousigen Spirenzien während der zwar immer noch surreal, aber weniger phantasievoll gestalteten größtenteils aus. Ein wenig traumhaft wirkt es mal, nebulös verrauscht oder durch ein Kaleidoskop vervielfacht. Kohira fängt das Geschehen in den auch mehr beengten Sets trotzdem gut ein, was dem Ganzen, passend zur Konzentration auf den WIP-Anteil, eine etwas intimere Atmosphäre verleiht. Spannung mag da freilich nicht groß aufkommen, aber zumindest ist immer etwas los. Weitere Einschränkungen sind auch bei den Action-Szenen zum Ende hin bemerkbar, die dann eben ein wenig underwhelming und vor allem gehetzt ausfallen. Das Finale ist dann business as usual, da, so deucht mir, wollte man den Fans nun keine Innovationen zumuten. Das ist aber auch okay so.

Fassung:

Mir ist mal wieder keine DVD oder Blu-ray des Films bekannt. An meiner Kopie von NEW FEMALE PRISONER SCORPION: SPECIAL CELLBLOCK X ist allerdings in der unteren Ecke ein Toei-Wasserzeichen zu finden, was mich vermuten lässt, dass der Film wohl auf dem Toei Channel an Amazon Prime Japan zu finden ist/war. Eine offizielle Heimkino-Veröffentlichung, am besten natürlich in HD, würde ich mir auf jeden Fall für die Sammlung wünschen.

Fazit:

SPECIAL CELLBLOCK X revolutioniert nun das Prinzip des stoisch dreinblickenden, weiblichen Racheengels in keinster Weise. Dennoch kann sich dieser Teil mit der starken Konzentration auf den Prison-Part ein Stück weit von den Vorgängern absetzen. Das ist sicherlich auch dem schwindenden Budget geschuldet, aber schön, dass Kohira hier die Not in eine Tugend zu verwandeln wusste. NEW FEMALE PRISONER SCORPION: SPECIAL CELLBLOCK X mag vielleicht der schwächste Film der Reihe sein, Fans von Sasori oder Frauenknastfilmen im Allgemeinen werden aber auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen.


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 7


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