
- Original-Titel: Shin joshû sasori: 701-gô
- Regie: Yutaka Kohira
- Land: Japan
- Jahr: 1976
- Darsteller:
Yumi Takigawa (Nami Matsushima)
Yûsuke Natsu (Toshihiko Kosaka)
Yoko Konno (Natsuko Kosaka)
Ichirô Nakatani (Dietman Miura)
Vorwort
Abt. Neue Waffeln schmecken auch gut, oder so
Ich hatte es ja schon angedroht, das hier bis zum bitteren Ende (in nomine SASORI – BESESSEN VON RACHE, dem bisher letztem Remake des Stoffes aus dem Jahre 2008) durchzuziehen. Insgesamt drei Jahre dauerte es, bis Toei nach dem Abgang von Meiko Kaji in (einer) ihrer Paraderolle(n) die SASORI-Reihe fortsetzte. Allerdings hatte ich eher mit einer an den Haaren herbeigezogenen (passt so schön zum Thema Frauenknastfilm) Fortsetzung gerechnet und nicht, dass es sich bei NEW FEMALE PRISONER SCORPION: #701 um ein waschechtes Remake des Erstlings handelt. Doch die Japaner waren ja nie Kinder der Traurigkeit, wenn es darum ging, ein populäres Thema varientenreich und auch gerne zeitnah zu beackern; Filmreihen, die in einem halben Jahrzehnt auf teils sechs Fortsetzungen und mehr kamen, sind gerade im japanischen Kino der 70er keine Seltenheit gewesen. Ich schicke schon einmal voraus, dass dieses Review wohl kaum ausufernd lang ausfallen wird, da sich die Neuerungen, mit denen der Film auffährt, in Grenzen halten und auch, weil ich Darsteller und Rollennamen, abgesehen von Yumi Takigawa als neue Sasori natürlich, nicht wirklich eindeutig zuordnen kann. Man möge mir vergeben. Es soll hier darum gehen, wie sich NEW FEMALE PRISONER SCORPION: #701 auf eigenen Füßen macht, aber auch wie er im Vergleich zu den bekannten und beliebten Meiko-Kaji-Features ausfällt.
Inhalt
Die junge Nami Matsushima begibt sich mit ihrem Verlobten auf die Suche nach ihrer Schwester, einer Reporterin (okay, das mit „Reporterin“ möchte ich nicht beschwören, aber sie wird schon einen Grund gehabt haben zu investigieren), die vorgeblich fiese Machenschaften einiger Kabinettmitglieder auf die Spur gekommen ist, was einen riesigen Skandal und eine handfeste Regierungskrise nach sich ziehen könnte. Sie werden dazu auch beim schmierigen Justizminister vorstellig, der ihr zu verstehen gibt, dass ihre ältere Schwester gerade gefickt wird. Kein Witz. Um ihr zu zeigen, dass diese noch lebt, bemüht er per Kamera eine Live-Schaltung in das Schlafzimmer eines hochstehenden Politikers, der sich just in diesem Moment über die sichtlich angewiderte Frau hermacht (wieso hat er dort eine Videoka… ach, ich will es gar nicht wissen). Auf diese Weise versicherte diese sich die Unversehrtheit der jüngeren Nami und hätte ihr damit auch ihr Studium finanziert (verdammt, die muss ja schon für einige Zeit auf die dunkle Seite der unfreiwilligen Breitbeinigkeit gewechselt sein). Da man die kleine Nervensäge aber mit diesem Wissen, ohne Frage, nicht frei rumlaufen lassen kann, schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: die Häscher des Ministers töten die große Schwester und stellen, mit Hilfe des Verlobten, die jüngere als Täterin dar. Flugs ist Nami der Prozess gemacht und sie landet in einem berüchtigten Frauenknast. Der Umgangston hier ist rau, der Lieblingssport der Insassinnen ist das Hacken aus dem schönen Wort „Hackordnung“, auch sexuelle Nötigung steht auf dem Plan der Wochenaktivitäten ganz weit oben. Zudem beschließen die Hintermänner der Verschwörung, lieber doch den Deckel draufzumachen, sprich Nami von einer eingeschleusten Killerin beseitigen zu lassen. Doch die junge Studentin hat sich vom (eigentlich nicht) hässlichen Entlein der naiven Wehrlosigkeit in eine gewievte Furie unendlichen Rachedursts gewandelt. Leichte Beute sieht wahrlich anders aus, diese bittere Pille müssen ihre Mitgefangeninnen hier mal schlucken. Dazu hat Nami, nun ganz Sasori, einen fiesen Plan ersonnen, sich des Strafvollzugs zu entziehen, um die Männer, die ihr so übel mitgespielt haben, ihrer gerechten Strafe zuzuführen…
Besprechung:
Über Sinn oder Unsinn der neuen Hintergrundgeschichte möchte ich mich an dieser Stelle gar nicht auslassen, die ist bei solchen Filmen ehedem eher zweitrangig (auch wenn ich persönlich solch hirnverbrannte Räuberpistolen in Pinky Violence Filmen durchaus begrüße). Ich kenne ja auch den zugrundeliegenden Manga nicht. Festzuhalten wäre allerdings, dass das Original mit Meiko Kaji sich doch einen Gefallen damit getan hatte, die eigene Hintergrundgeschichte auf das Nötigste reduziert zu halten und in kurzen, albtraumartigen Rückblenden vorzutragen. NEW FEMALE PRISONER SCORPION beschäftigt sich einfach anfangs viel zu sehr mit seiner Protagonistin zu einem Zeitpunkt, als sie noch ein unschuldiges und wehrloses Ding scheint, was ihre Wandlung im Fortlauf der Geschichte einfach nur unglaubwürdiger erscheinen lässt. Das Prozedere an sich bleibt sich dabei natürlich gleich – Nami wird (von Männern) verraten und abgeurteilt, ins Gefängnis gesteckt; sie wird dort misshandelt, lässt sich jedoch nicht brechen und entkommt einem Mordversuch; am Ende schafft sie es, auszubrechen und es ihren Peinigern heimzuzahlen.
Die Figur der Nami Matsushima und wie sie zur Sasori wird, ist hier deutlich anders angelegt. Sie wird als unschuldige, junge Frau beschrieben, ist aber aktiv auf der Suche anch ihrer Schwester. Und, was am meisten auffällt, sie ist hier wirklich sehr talky; ganz im Gegensatz zur wortkargen, ja eigentlich stoisch stillschweigenden Sasori der ersten Filmreihe. Auch die Konstellation der Männer um sie herum setzt sich ein wenig anders zusammen. Ihr Verlobter scheint ein Fähnlein im Wind, der von den eigentlichen Drahtziehern gekauft wird, um ihr in den Rücken zu fallen. Im ersten Film war Nami Matsushima schon Sasori, als sie ins Gefängnis kam. Sie wurde ja verurteilt, weil sie ihren ehemaligen Freund, der sie nur für seine Beförderung ausnutzte und dabei ihre Vergewaltigung in Kauf nahm, umbringen wollte, direkt vor dem Polizeirevier. Mit ihrem bürgerlichem Leben hatte sie da schon abgeschlossen. An diesen Punkt muss die Nami im Reboot erst gebracht werden. Der erste Schlüsselmoment auf diesem Weg ist ihre Verurteilung, der sie nichts entgegenzusetzen imstande ist, weil sich die Männer um sie herum gegen sie verschworen haben. Der zweite und entscheidende dann, als der Mordanschlag auf sie verübt wird, bzw. ihre Erkenntnis darüber, dass es den Hintermännern und dem System nicht reicht, sie zu brechen und wegzusperren, sondern ihre ganze Person aus der Welt zu tilgen, wie sie es schon mit ihrer großen Schwester getan haben. An diesem Punkt kippt in ihr der Schalter und sie hat nur noch die Rache im Sinn.
Die typischen Ingredenzien für einen zünftigen Pinky Violence bietet natürlich auch NEW FEMALE PRISONER SCORPION auf – Vergewaltigung, Folter und Mord bestimmen das Tagesgeschäft der Handlung. Ob nun Szenen, in denen anfangs Namis Schwester vom Politiker missbraucht wird, sie von ihren Mitgefanginnen erniedrigt und auch mal oral vergewaltigt wird, bis hin zu blutigen Messerattacken am Ende des Films, das ist immer noch kein Film für zarte Gemüter. Allerdings unterscheidet er sich in der Darstellungsweise doch entscheidend von seinen Vorgängern. Regisseur Yutaka Kohira hält lange nicht so lange mit der Kamera drauf, wenn es zur Sache geht, wie es bei etwa Shun’ya Itô der Fall gewesen ist. Sowieso geht ihm die stilisierte, teils sehr surreale Optik der vorigen Filme so ziemlich ab, wie auch die ikonische Überhöhung seiner Antiheldin. Nur in seinen beiden Schlüsselmomente driftet die Inszenierung in ähnliche Gefilde, eben bei der Hilflosigkeit Namis vor Gericht und in der einen Nacht, wo es bei ihr Klick macht und sie zu Sasori wird. Ich muss zugeben, das funktioniert an sich auch ganz gut, fühlt sich dennoch ein wenig wie Sasori light an. Es wirkt ein wenig billiger, wenn auch nicht wirklich billig, lässt aber zu großen Teilen die Extravaganz derer gänzlich missen.
Yumi Takigawa war eines von Toeis frischen Gesichtern von Mitte der 70er. Sie macht eine ordentliche Figur in der Titelrolle, gerade wenn man bedenkt, welch schweres Erbe sie antrat. Sie wirkt schon sehr zerbrechlich, macht aber auch am Ende im berühmten schwarzen Sasori-Outfit, mit dem Messer in der Hand, eine gute Figur. Die Aura des übernatürlichen Rachegeistes, der sich ja um Meiko Kaji in dieser Rolle legte, hätte wohl auch gar nicht zu ihr gepasst. Sie hatte sich mit der Hauptrolle in Norubumi Suzukis SCHOOL OF THE HOLY BEAST als neue Sasori empfohlen, war dazwischen auch in Fukasakus GRAVEYARD OF HONOR und neben Sonny Chiba in KARATE BEARFIGHTER und KARATE BULLFIGHTER (verdammt, die muss ich auch endlich mal sehen) aufgetreten. Nach NEW FEMALE PRISONER SCORPION ging es für sie erst einmal ins Fernsehen. Sie setzte ihre Kinokarrie aber in den 90ern und 2000ern fort. Die Filmographie von Regisseur Kohira ist sehr übersichtlich. Er hatte schon Sonny Chiba und seinen Schützling Etsuko Shihomi zuvor in DRAGON PRINCESS in Szene gesetzt, wie auch, zusammen mit Yasuaku Kurata, in KURATA – SEINE FAUST IST DER TOD. Im Anschluss drehte er noch die zweite Sasori-Neuverfilmung, ohne Yumi Takigawa. Aber über die werden wir dann demnächst hier Gericht halten. Ein weiterer bekannter Kohira-Film wäre noch der Bikesploiter ANGEL LOSERS – DIE BULLDOZER VON HONGKONG.
Fassung:
Puh, hier sieht es nicht gerade rosig aus. Über eine offizielle DVD, ob nun aus Japan oder den USA, ist mir soweit nichts bekannt. Man findet eine Version zum Streamen, die wegen ihres beschnittenen Bildformates nicht wirklich zu empfehlen ist. Und es gibt natürlich noch die bekannten Bootleg-Klitschen, die NEW FEMALE PRISONER SCORPION in guter Bild- und Tonqualität sowie in Englisch untertitelt feilbieten. Es ist zu hoffen, dass sich Toei in Zukunft mal erbarmt, vielleicht doch eine Blu-ray auf den Markt zu werfen.
Fazit:
Tja, was soll man am Ende dazu sagen? Der große Sasori- & Kaji-Fan der früheren könnte dieses Remake als nett, aber überflüssig abtun. So leicht möchte ich es mir nun nicht machen, denn eigentlich macht NEW FEMALE PRISONER SCORPION mehr richtig als falsch, bietet schneidige Pinky Violence von gewohnter Toei-Qualität. Das sieht gut aus, ist okay gespielt, und sollte dem Fan damit auch Genüge tun. Es kommt an die Originale nun mal nicht ran, ohne wenn und aber. Denn die sind schon ziemliche Unikate, und das ist auch gut so. Wer aber dem Stoff und dem japanischen Erwachsenenkino der 70er nicht abgeneigt ist, bekommt hier gutes Futter. Das allein sollte also schon eine kleine Empfehlung meinerseits wert sein.
BOMBEN-Skala: 4
BIER-Skala: 6
Review verfasst am: 25.03.2025