Masked Avengers

Shaw Brothers presents Masked Avengers  
  • Deutscher Titel: n/a
  • Original-Titel: Cha Shou
  •  
  • Regie: Chang Cheh
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1981
  • Darsteller:

    Philip Kwok (Kao Yao)
    Chin Siu-Ho (Chang Chung)
    Chiang Sheng (Chi San Yuan)
    Lu Feng (Ling Yung Chi)
    Wang Li (Fong Su Kwong)
    Chu Ke (Liang Yung)


Vorwort

Martial Arts meet Krimi war ein Konzept, das den Shaw Brothers Studios auch in ihren klassischen Werken der frühen 70er schon nicht fern war. Allerdings beschränkten sich diese Filme zumeist darauf, irgendwelche Ränke-Spielchen, Intrigen und Verrat damit aufzulösen, ein klassisches Whodunnit kam dabei selten bis gar nicht rum. Erst als dieses Spielfeld von den eher neumodischen und auch im Westen immens populären Eastern-Vertretern um und bei Mitte der 70er auch hin und wieder beackert wurde, griff auch Chang Cheh es für seinen später von vielen Fans als wegweisend verehrten (wohl weniger wegen dieser Verquickung, sondern wegen der dadurch neu gewonnenen Stars) FIVE DEADLY VENOMS auf, brachte eine klassische Wuxia-Geschichte im Krimiformat auf die Leinwand (der damalige Newcomer Tsui Hark tat es ihm gleich und verquickte in seinem Debüt DIE TODESGROTTEN DER SHAOLIN einen tatsächlich einigermaßen an Edgar-Wallace-Filme erinnernden Mystery-Krimi mit reichlich fantastischer Handkanten- und Schwertkampf-Action). Die Venoms wurden also die neuen Stars und Chang Cheh scheuchte sie durch mehr als ein Dutzend weiterer Filme, die zuerst aber noch eher konventionell anmuteten. 1981 waren nur noch drei der fünf Venoms im Studio verblieben, da erinnerte sich der Altmeister an seine Grundidee (es waren ja auch erst drei Jahre vergangen) und schuf mit MASKED AVENGERS einen weiteren Martial-Arts-Krimi, der mir glücklicherweise in der letzten Woche vor die Flinte gelaufen ist.


Inhalt

Die gefürchtete Band der Masked Avengers macht einen Landstrich unsicher. Die maskierten Räuber führen meisterlich einen Dreizack, rauben und morden, ohne dass ihnen jemand Einhalt gebieten könnte. Verschiedene Familien großer Kampfsportschulen entsenden ihre besten Kämpfer. Unter der Führung von Chi San Yuan (Chiang Sheng) sollen sie das Versteck der Bande ausfindig machen, den Anführer demaskieren und die Schreckensherrschaft der Masked Avengers beenden. Doch schon der etwas zu früh eintreffende Begleit-Tross der Familie Long fällt den Fieslingen in die Hände. Chi San Yuan trifft sich später mit seinen Kämpfern dann in einem Gasthaus am Rande der nächstgelegenen Stadt.
Dort arbeitet der introvertierte Kao Yao (Philip Kwok) als Koch, doch nach einigen Querelen mit den übermütigen, junge Gefolgsleuten des Bündnisses stellt sich heraus, dass er ein sehr begabter Kung-Fu Kämpfer scheint. Während Chang Chung (Chin Siu-Ho) versucht, mit ihm anzufreunden, steht ihm Liang Yung (Chu Ke) eher skeptisch gegenüber. Schon in der ersten Nacht erhalten sie mörderischen Besuch von Mitgliedern der Bande, wobei Kao Yao einigen von ihnen das Leben rettet. Einer der Verdächtigen, Ling Yung Chi (Lu Feng), scheint mit dem Angriff nichts zu tun gehabt zu haben, hielt er sich doch im gleichen Haus in seinem Zimmer auf. Aber auch der einflussreiche Fong Su Kwong (Wang Li), der in der Stadt mehrere Kämpfer um sich schart, kommt als Anführer der Bande in Frage. Als Chi San Yuan ihn in seinem Teehaus observieren lässt, wird wieder hinterrücks ein Gefolgsmann getötet.
Man entschließt sich, beide Männer, die sich vorgeblich nicht ausstehen können, zusammenzubringen, in der Hoffnung, dass sich einer von ihnen verraten werde. Doch auch Kao Yao rückt wieder in den Blickpunkt des Bündnisses, hat er doch in der Küche eine Maske und einen Dreizack versteckt…

Besprechung

Hingegen zu vielen anderen Quellen im Internet hab ich mich hier mal bemüht, nicht allzu sehr zu spoilern, auch wenn es sicherlich nicht großartig schwer ist, sich die Zusammenhänge, die der Film erst langsam verflechtet, schon in der ersten halben Stunde zu extrahieren. MASKED AVENGERS ist ein später Film von Chang Cheh, den er mit dem Venom Mob (benannt nach dem 1978 entstandenen Hit FIVE DEADLY VENOMS aka DIE UNBESIEGBAREN FÜNF) inszenierte. Von den ursprünglichen fünf (respektive sechs, wenn man Wei Pai dazuzählen mag) sind hier nur noch drei mit von der Partie. Wie der Doc schon in seinem früheren Review zu den eben genannten Ursprungsfilm erörterte, dauerte es nicht lange, bis der Streit um bessere Rollen, den ersten Platz in den Credits und Aufträgen für die Actionchoreographie diese Arbeitsgemeinschaft auseinandertrieb. Hier sind dann nur noch Philip Kwok, Chiang Sheng und Lu Feng zu sehen.

Im Zentrum der Handlung steht auch Kwok als Koch Kao Yao, und da er eigentlich der etatmäßige Held der Venoms war, wie auch die Andeutungen im Text (und auch im Film) recht deutlich in diese Richtung zeigen, werde ich wohl kaum jemanden die Überraschung nehmen, wenn ich doch noch verrate, dass sein Charakter ein ehemaliges Mitglied der fiesen Bande ist. Er steht den Kämpfern in der Herberge betont unauffällig bei, was in einigen sehr coolen Choreographien resultiert; der Mann kann was, und er sieht dabei noch ungeheuer lässig aus! Dennoch sträubt es dem Koch Partei zu ergreifen, weil er die Unternehmung eh für ein Himmelfahrtskommando hält und nach seinem Ausstieg möglichst nicht mehr die Wege seiner einstigen Mitstreiter kreuzen möchte. Man mag sich jetzt fragen, warum er denn nicht weitergezogen ist, denn so nah bei seinen ehemaligen Genossen sollte es für die doch ein leichtes sein, den Aussteiger und Mitwisser zu finden – mitnichten. Denn während der gemeinsamen Raubzüge tragen alle Bandenmitglieder ihre Masken, selbst der Anführer kennt nicht ihre Gesichter.

Wenn man MASKED AVENGERS jetzt ohne Vorwissen begegnet, ergibt sich daraus tatsächlich eine nette Grundspannung, die allerdings keine lange Halbwertszeit, da sich der geübte Venom-Fan und Eastern-Glotzer wohl schnell an fünf Fingern ausgerechnet hat, wie der Hase läuft. Zumal die Idee ja auch nicht wirklich neu ist, wenn wir unseren Blick wieder zu den FIVE DEADLY VENOMS wenden, wo das Gesicht des Oberbösewichts bis zum Finale unter einer Maske verborgen war. Die Krimi-Plotte offenbart dazu auch noch einige Logik-Lücken, was die vergangene Zeit seit Kao Yaos Ausstieg anbelangt und der Annahme Chi San Yuans, dass der Anführer der Gang immer unter seinen Leuten sein muss, wenn ein Mord geschieht. Aber solcherlei Überlegungen stellen nur Pedanten, denn zwischen den investigativen Plotpoints gibt es immer mal wieder eins auf die Mütze. Meist ist das relativ kurz, sieht aber formidabel ist und gestaltet sich teils verdammt blutig. Allerdings ist er von den Massakern, die es teils in seinen Filmen mit David Chiang und Ti Lung zu bestaunen gab, weit entfernt, was wohl auch budget-bedingte Gründe hatte – so viele Statisten, wie damals den beiden Superstars immer vor die Schwerter liefen, konnte man sich hier wohl nicht leisten (nur für Szenen in der Stadt rekrutierte man ansprechend viele Passanten und Gäste), geschweige denn von den ausschweifenden Bluteffekten und den überwältigenden Panaroma-Aufnahmen. Chang Cheh war aber ein alter Hase und wusste, wann und wie intensiv er mal wieder auf Hauen und Stechen setzen musste, um die Zuschauer bei Laune und auf niedriger Hirntätigkeit zu halten. Gerade Liebhaber der traditionellen Shaw-Filme werden verzückt feststellen, dass sich Chang Cheh hier wieder mehr dem liebgewonnenen Waffenkampf widmet, wobei der Dreizack sich in den Kämpfen richtig gut macht. Dagegen wirken die Spielszenen hin und wieder leider auch mal etwas lachs dahingewurschtelt, wie auch die Montage etwas zu oft den leichtesten Weg wählt.

MASKED AVENGERS entpuppt sich also als eher story-driven, mit durchaus einem Wohlfühl-Anteil an martialischer Action, die sich über die Laufzeit dann auch immer weiter steigert und einem wirklich furiosen Finale kulmuliert. Die drei schon genannten Venoms Philip Kwok, Chiang Sheng und Lu Feng durften sich hier mit Stunt Koordinator Chu Ke (der auch den misstrauischen Fong Su Kwong spielt) richtig austoben (gerne auch mit Trampolin). Man merkt, dass sie mit viel Spaß bei der Sache waren, was sich auch stetig auf den Zuschauer überträgt. Die Sets sind in den typischen Kulissen der Shaw Studios angelegt, was angenehm an die älteren Filme Chang Chehs erinnert; nur im Finale hauten die Kulissenbauer dann richtig auf die Kacke, das Versteck der Bande ist vollgestopft mit tödlichen Fallen (u.a. ein kreisrundes Schott, das sich mit scharfen wie spitzen Stahl-Dreiecken schließt), der Saal der Anführer im Innern ist fantasievoll ausgestattet und besitzt am Ende des Raums einen Bereich für die Anführer, der auch als Aufzug dient (wohin dieser führt, bekommen wir jedoch nicht zu sehen).

Chang Cheh befand sich, wie man so schön sagt, schon im Herbst seiner Karriere, die Fans und Experten gerne in drei Phasen einteilen – diese reichten von den Schwertkampf-Epen der späten 60er-Jahre mit Jimmy Wang Yu (DAS GOLDENE SCHWERT DES KÖNIGSTIGERS), welche von der Hochphase des Topstar-Duos Ti Lung & David Chiang, die er am liebsten in epischen historischen Schlachten (DIE 13 SÖHNE DES GELBEN DRACHEN, DIE EROBERER) oder sich im blutigen Kampf durch eine in der Zahl überwältigend überlegene Gegnerschaft schlitzen ließ (DAS SCHWERT DES GELBEN TIGERS, DIE TÖDLICHEN ZWEI), abgelöst wurde, bis zur Spätphase des hier vertretenen Venom Mobs. Nach MASKED AVENGERS folgten nur noch zwei Venom-Filme für die Shaw Studios, die thematisch sogar noch experimentierfreudiger ausfielen: in HOUSE OF TRAPS (1982) bemühte Chang Cheh sogar einen Heist-Subplot und in ODE TO GALLANTARY (1982) ein Doppelgänger-Motiv. Dass er da mit seinem Latein noch nicht am Ende war, bewies er u.a. mit FIVE ELEMENT NINJAS (1982) und THE NINE DEMONS (1984), die den Fantasy-Anteil gewaltig hochschraubten. Neben blutigen Kämpfen bot vor allem letzterer ein Effekt-Spektakel, wie es Tsui Hark mit ZU – WARRIORS FROM THE MAGIC MOUNTAINS populär gemacht hatte. Hark hielt, auch wenn nun eher Jackie Chan mit seiner Stunt-, Fight- und Slapstick-Show die großen Kinosäle füllte, zusammen mit Ching Siu-Tung (DAS TODESDUELL DER SHAOLIN, A CHINESE GHOST STORY) die Fahne des altbewährten, von vor allem Waffenkampf getragenen Wuxia-Films hoch, wenn auch in einer moderneren Ausrichtung.

Philip Kwok, der den meisten wohl noch als Anthony Wongs Henchman mit Augenklappe aus John Woos HARD BOILED bekannt sein dürfte, gibt den etwas geheimnisvollen Helden wider Willen grundsympathisch und trägt damit auch weite Teile des Films. Dagegen scheint der Charakter von Sheng Chiang etwas naiv, auch wenn Chi San Yuan ein überlegt handelnden Anführer darstellen sollen. Dass er eben im Skript daran festhält, dass der Anführer der MASKED AVENGERS bei den Angriffen auf seine Truppe seine Leute anführen muss, lässt einen doch nicht nur einmal ein wenig am Kopf kratzen. Zudem verhält sich sehr lange passiv, was nicht für seine Führungsqualitäten spricht – vorschnell handeln und gar nicht handeln sind eben zwei Seiten einer Medaille, auch wenn sein Plan im Kontext solch eines Films zumindest anfangs durchaus Sinn macht. Chin Siu-Ho gibt sich als Chang Chung vielleicht auch etwas zu fröhlich und zuversichtlich, aber seine Reibereien mit Chu Ke als Liang Yung, der dafür eben auch etwas zu grimmig auftritt, machen trotzdem Spaß. Aber auch Lu Feng und Wang Li können in ihren Rollen mit ihrer Präsenz und ihren Skills (gerade im Finale) punkten. Insgesamt ist MASKED AVENGERS mal wieder ein fast reiner Männerfilm. Es gibt nur zwei Frauen zu sehen, zum einen natürlich die Schwester eines Kämpfers, die am Anfang mit dem großen Bruder überfallen wird – unsere Helden treffen sie auf dem Weg ins Finale wieder, inzwischen wahnsinnig geworden, weil sie unter Drogen gesetzt und vergewaltigt wurde -, und zum anderen eine Braut in einer Rückblende, die von der Bande vergewaltigt und getötet wird (was Kao Yao dazu bewegt auszusteigen). Beides keine wirklich beneidenswerten Rollen.

Erhältliche Fassungen

In Deutschland kam MASKED AVENGERS weder ins Kino, noch in die Videotheken. Eine zeitlang gab es nur eine HK-DVD von IVL/Celestial sowie ein qualitativ eher zu vernachlässigenswertes Bootleg im 4:3-Format aus den USA. Doch 2018 nahm sich das englische Genrefilm-Label 88 Films der Sache an und veröffentlichte eine in Bild- und Tonqualität bestechende HD-Version des raren Films. Er enthält den englisch untertitelten O-Ton Track in Mandarin wie auch die (passable) englische Synchro. Leider ist das entsprechende Blu-ray + DVD Combo Pack schon lange vergriffen, selbst auf eBay wird man nur schwerlich (und entsprechend kostenintensiv) fündig. Selbst die HK-DVD von 2007 stellt kaum ein Schnäppchen dar, ist aber immer noch als Alternative brauchbar, solange man mit untertiteltem O-Ton vorlieb nehmen kann. Es ist nur zu hoffen, dass der Film alsbald irgendwo neu aufgelegt wirkt, gehört er doch immer noch zu den unbekannteren Shaw-Filmen und verdient eine Wiederentdeckung.

Fazit

MASKED AVENGERS zählt eindeutig zu den besten Filmen mit dem Venom Mob, was sicherlich auch darin begründet liegt, dass sich Chang Cheh hier wieder mehr dem Waffenkampf zuwendet, was ihm einfach gut liegt. Die Krimi-Plotte erweist sich dabei als mehr als nur ein solider Überbau, denn an sich funktioniert die Suche nach dem Anführer der Verbrecher recht gut. Fraglos tragen die geschickt eingestreuten Scharmützel dazu bei, immer wieder davon abzulenken, dennoch erfüllen auch sie ihren Zweck innerhalb der Handlung, da man hier allmählich die Figuren auseinander dividiert. Mit seiner blutigen, zum Ende hin spektakulären Action sei der Film Wuxia-Fans der alten Schule sowieso empfohlen. Die in den Shaw Studios erbauten Sets sind zwar nicht besonders aufwändig, aber zweckmäßig und teils recht oldschool, wogegen das Finale dann teilweise schon ins Phantastische abdriftet. Alles in allem ist das, nicht nur für Venom-Fans, allerbeste, teils sogar spannende, Unterhaltung, auch wenn Chang Cheh nicht wirklich zu alter Stärke aufschließen kann.


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 8


mm
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