- Deutscher Titel: Männer der Gewalt
- Original-Titel: Man of Violence
- Alternative Titel: Moon | The Sex-Racketeers |
- Regie: Pete Walker
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1970
- Darsteller:
Michael Latimer (Moon), Luan Peters (Angel), Derek Aylward (Nixon), Maurice Kaufmann (Charles Grayson), Derek Francis (Sam Bryant), Kenneth Hendel (Hunt), George Belbin (Burgess), Sydney Conabere (Alex Powell), Erika Raffael (Goose), Virginia Wetherell (Gale), Steve Emerson (Steve), Peter Thornton (Mike)
Vorwort
War DIE SEXPARTY noch der säuerliche Appetizer, gerät der als Hauptfilm dazu erschienene MÄNNER DER GEWALT als etwas fettiger, aber durchaus genießbarer Hauptgang. Der Brite Pete Walker, dem Wicked Media eine ganze Mediabook-Reihe gönnt, war zum einen für seine Erotik-Komödie, aber viel mehr noch für seine frühen Slasher bekannt, die sich häufig mit der Unterdrückung der sich nach der sexuellen Revolution emanzipierenden Jugend durch konservative Kräfte beschäftigten. Zwischen seinen ersten Nackedei-Filmchen und eben genannten Horrorfilmen versuchte sich Walker erst einmal als Regisseur von Gangsterfilmen und Thriller-Kino. Die ersten beiden waren DIE SEXPARTY und MÄNNER DER GEWALT, die auch gerne noch ein wenig im Sexploitation-Sumpf wateten, bis der mehr konservativ-kommerziell ausgerichtete DIE SCREAMING, MARIANNE (1971) mit Susan George diese Fesseln erst einmal abstreifte (freilich griff Walker die Motive der Sexploitation für spätere Filme wieder auf, denn Horror und Sex waren schon in den 70ern eine gute Mischung, um das unterhaltungssüchtige Volk in die Kinos zu locken). Aber genug der Abschweifungen, hier und jetzt geht es um den 70er-Gangster-Krimi MAN OF VIOLENCE aka MÄNNER DER GEWALT (ja, im Deutschen braucht es da mehr als einen; und eigentlich bezieht sich der deutsche Titel damit nicht mehr auf den Antihelden Moon, sondern die Männer, die er gegeneinander auszuspielen sucht, was sogar deutlich besser zum Ende der Geschichte passt).
Inhalt
Privatdetektiv Moon wird von Gangsterboss Grayson angeheuert, ihn über die Aktivitäten in den neuen Nachtclubs von Großinvestor Bryant auf dem Laufenden zu halten. Der wiederum bezahlt Moon dafür, ihm Grayson vom Hals zu halten. Und als ob das nicht reichen würde, hält der Frauenheld und Schnüffler bei deren Konkurrenten Nixon die Hand auf, damit er die beiden Gangster im Auge behält. Doch Moon kassiert nicht nur Zaster für sein doppelbödiges Spiel, sondern auch eine saftige Abreibung durch Handlanger von unbekannter Seite. Er kommt dann auch ziemlich schnell darauf, dass es um mehr geht als schnöde Immobilien. Durch die bei Grayson ausgemusterte Angel erfährt er, dass es um sehr viel Geld, bzw. Gold geht…
Besprechung:
Nachdem Walkers erster Krimi DIE SEXPARTY aka STRIP POKER – VERDAMMT ZUM TOD wenig Erfreuliches zu bieten hatte, zeigt sich bei MÄNNER DER GEWALT, dass der Brite durchaus lernfähig war. Kamera und Schnitt sind routiniert wie eh und ja, aber gerade erzählerisch hat Walker hier einen großen Sprung nach vorn gemacht. Die Geschichte strotzt nur so vor unvorhersehbaren Wendungen (vielleicht sogar die ein oder andere zu viel) und durchaus interessanten Charakteren. Der Blick in die Londoner Unterwelt und ihrer Machenschaften ist durchweg spannend, auch wenn Walker zum Ende hin dann doch ein wenig die Gäule durchgehen. Ein Trip nach Nordafrika im letzten Drittel etwa erweist sich als wenig zielführend, kann auch aus der Exotik des Schauplatzes wenig Flair ziehen und hätte wohl ohne große Umstände gestrichen werden können. Dann hätte sich die Laufzeit auch auf die gut verdauliche 100-Minuten-Marke einpendeln können, anstatt gen zwei Stunden zu streben. Im Endeffekt ist dies aber nur ein kleiner Stolperstein auf dem Weg zum fataltistischen Ende, dass der Regisseur seinem Antihelden angedacht hat.
Sowieso entpuppt sich Moon als eine Mischung aus Private Eye und kleinem Gangster mit guten Verbindungen als vielseitige, zentrale Figur. Er spielt die sinistren Gestalten um sich herum gerne gegeneinander aus, um sich die Taschen zu füllen, ergreift auch nebenher Gelegenheiten, zu Geld (oder Gold) zu kommen, wenn sie sich bieten. Allerdings scheint sein moralischer Kompass noch nicht vollkommen aus dem Lot, er ist auch kein kaltblütiger Killer. Zudem ist er sexuell flexibel, auf der einen Seite ein Weiberheld, auf der anderen Seite sich nicht zu fein, mit dem Boytoy eines alternden Gangsterbosses in die Federn zu hüpfen, um an die Infos zu kommen, nach denen er sucht. Und dies präsentiert uns Pete Walker so nebenbei und als selbstverständlich, obwohl zu dieser Zeit Homosexualität in Großbritannien noch unter Strafe stand.
Letztendlich ist Walker hier noch ein Stück weit von seiner Hochform, die er mit Filmen wie HAUS DER PEITSCHEN (1974) oder HAUS DER TODSÜNDEN (1975) erreichte (übrigens beide schon in der Pete Walker Collection von Wicked Media erschienen), entfernt. Dennoch kann man mit MÄNNER DER GEWALT durchaus seinen Spaß haben, zumal der Filmemacher wieder nicht mit Nacktheit und Gewalt geizt, wenngleich sie nicht so effektiv eingesetzt werden wie in späteren Filmen. Er entwickelte mit dem Film schon mal so etwas wie eine erkennbare Handschrift, die sich auch in seinen späteren Werken wiederfindet.
Gespielt wurde Moon von Michael Latimer, mit dem Pete Walker, nach eigenen Angaben, nach dem Dreh eine lange Freundschaft bestand. Latimer spielte zuvor u.a. die männliche Hauptrolle in DER SKLAVE DER AMAZONEN (1967) der britischen Hammer Films. Der in Indien geborene Schauspieler war in den 70ern dann zumeist im TV zuhause, trat später auch gelegentlich als Drehbuchautor und Produzent auf. Er verstarb 2011 in London. An seiner Seite als Angel ist hier Luan Peters, bürgerlich Carol Ann Hirsch, zu sehen, die darauf in Hammer Films‘ VAMPIRE KÜSSEN BLUTIG und DRACULAS HEXENJAGD (beide 1971) kleine Rollen bekleidete. Für Pete Walker stand sie nochmal in THE FLESH AND BLOOD SHOW (1972) vor der Kamera. In den 60ern versuchte Peters sich an einer Karriere als Sängerin, zuerst als Frontfrau bei Karol Keyes and the Big Sound und später als Luan Peters bei 5000 Volts. Ende der 60er wechselte sie ins Schauspielfach und war in den 70ern auch öfters auf der Bühne und im TV zu sehen. Sie verstarb Weihnachten 2017.
Fassung:
MÄNNER DER GEWALT erschien im Herbst 2022 auf Blu-ray & DVD im Mediabook als No. 6 der Pete Walker Collection von Wicked Media. Die Discs sind dabei nahezu inhaltsgleich mit der Veröffentlichung des British Film Institute von 2011. Der Print ist für einen B-Film dieses Alters wirklich ausgezeichnet, enthalten sind deutsche und englische Tonspur. Da die alte VHS von VMP um einige Minuten gestrafft (und in der Andeutung der homosexuellen Begegnung Moons wohl zensiert) war, liegen manche Dialog nur im O-Ton mit deutschen Untertiteln vor. Als Bonusfilm ist der bereits besprochene DIE SEXPARTY aka STRIP POKER – VERDAMMT ZUM TOD aka THE BIG SWITCH in allen drei bekannten Fassungen (UK-Kinofassung, Exportfassung, Deutsche Kinofassung) enthalten. Im Booklet finden sich Text von David Renske und Christoph Kellerbach.
Fazit:
Im Vergleich zum auch auf der Blu-ray enthaltenen DIE SEXPARTY ist bei Regisseur PETE WALKER ein großer Schritt nach vorn zu verzeichnen. Natürlich lässt es sich der Exploitation-Filmer auch hier nicht nehmen, in vielen Szenen Nacktheit oder Gewalt in den Vordergrund zu rücken, doch auch erzählerisch läuft es einigermaßen rund in MÄNNER DER GEWALT. Wer auf sleazige und düstere Krimikost der späten 60er/frühen 70er gut kann, wird mit dieser Ausgabe nichts verkehrt machen. Die Veröffentlichung von Wicked Media bietet mal wieder ein Rundum-Sorglos-Paket. Fans von Pete Walker kommen ehedem nicht drum herum, soweit sie nicht schon die inhaltsgleichen BFI-Scheiben ihr Eigen nennen. Alles in allem aber sehr empfehlenswert!
BOMBEN-Skala: 4
BIER-Skala: 7
Review verfasst am: 08.04.2023
Klingt nach einer vernünftigen Veröffentlichung.
Das erste Bild macht gleich Lust auf mehr