Die Sexparty

 
  • Deutscher Titel: Strip Poker - Verdammt zum Tod
  • Original-Titel: The Big Switch
  •  
  • Regie: Pete Walker
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1968
  • Darsteller:

    Sebastian Breaks (John Carter), Virginia Wetherell (Karen), Jack Allen (Hornsby-Smith), Derek Aylward (Karl Mendez), Erika Raffael (Samantha), Douglas Blackwell (Bruno Miglio), Julie Shaw (Cathy), Jane Howard (Jane), Roy Sone (Al), Nicholas Hawtrey (Gerry), Brian Weske (Mike), Gilly Grant (Sally), Desmond Cullum-Jones (Chief Inspector)


Vorwort

Bei manchen Filmen ist man froh, dass sie eine bloße Dreingabe bei der Veröffentlichung eines besseren Titels sind. Pete Walkers früher Erotik-Krimi DIE SEXPARTY aka STRIP POKER – VERDAMMT ZUM TOD, man entschuldige, dass ich da gleich vorweggreife, ist so ein Fall. Der britische Filmemacher entführt uns hierin auf die schmierige Seite der Swinging Sixties, wo zwielichtige Typen verqualmte Nachtclubs betreiben und Herren mittleren Alters, wie unser Held John, ein Fotograf, gerne Frischfleisch begaffen. Das ist alles andere als antörnend und zeitweise recht unangenehm anzusehen. Und das dürfte z.T. schon damals, zur Zeit der Veröffentlichung des Films, so rübergekommen sein. Die wohl einzige Leistung, die man diesem Werk anrechnen kann. Aber führen wir das jetzt mal etwas weiter aus.


Inhalt

Im London der Wilden 60er gehört der Werbefotograf John Carter zu den Nightlife-Hengsten. Und so reißt er abends auch locker die hübsche Samantha in einem Nacht-Club auf, nicht ahnend, dass das sich noch rächen wird. Nach dem Schäferstündchen verlässt John sein Domizil um zu arbeiten. Doch während er bei einem Shooting schöne, halbnackte Frauen für eine Deo-Werbung fotografiert, wird Samantha in seinem Badezimmer von einem unbekannten anglo-afrikanischen Schurken erschossen. Davon bekommt John aber erst einmal nichts mit, denn als er heimkehrt, sitzen in seinem Wohnzimmer drei Gangster und eine Frau, die Strip Poker spielen. Einer davon faselt etwas über Samantha, Geld und ein Pokerspiel, weswegen ihr Boss, ein gewisser Mendez, ihn schnellstmöglich sehen möchte. Als John sich uneinsichtig zeigt, verleihen die beiden schweigsamen Kompagnons den vorigen Worten Nachdruck. Mendez residiert standesgemäß in einem Nachtclub. Er bietet John einen lukrativen Job an, und, um ihn zu motivieren, weist er ihn darauf hin, dass die Polizei wohl schon bald vor Johns Tür steht, da Samantha erschossen wurde und die Tatwaffe mit seinen Fingerabdrücken übersät sei. Also willigt John widerwillig ein und fährt am nächsten Tag mit Mendez‘ Freundin Karen nach Brighton, wo schon Gerry und Al mit zwei zugedröhnten Porno-Aktricen auf die beiden warten…

Besprechung:

Und gleich vorweg, nein, es folgt nicht das, was einige Schmutzfinken jetzt vielleicht denken. Damit habe ich vielleicht etwas die Spannung herausgenommen, aber damit ist diese Besprechung bestimmt immer noch spannender als der zugrundeliegende Film. THE BIG SWITCH, so der Originaltitel, entstand ein Jahr nach Walkers Debütfilm, dem Sexploitation-Kurzfilm FOR MEN ONLY, der hier in Deutschland, um anrüchiges Material erweitert, auf Spielfilmlänge gebracht und als DER PORNO-GRAF VON SCHWEDEN auf das Bahnhofskinopublikum losgelassen wurde, und kurz vor seiner Softsex-Komödie SCHOOL FOR SEX; aus THE BIG SWITCH wurde dann aus naheliegenden Gründen DIE SEXPARTY (der gemeine deutsche Verleiher kennt halt seine Pappenheimer), für’s Heimkino folgte dann die Umbenennung in STRIP POKER – VERDAMMT ZUM TOD (die Kassette von VMP steht sogar noch hier im Regal). Der Film kann dann eigentlich auch nur mit ein paar ansehnlichen, leicht bis gar nicht bekleideten, Damen punkten. Die Krimihandlung ist, wie man der Beschreibung entnehmen kann, nicht der Rede wert. Entpuppt sich die Story schon als doof, dann muss man den großen Twist des Ganzen gleich debilst bescheuert nennen. Wäre nicht der unfreiwillige Humor, der diesen sleazigen Billig-Krimi anhaftet, könnte man das Ding getrost in die Tonne kloppen. Denn entsprechend der depperten Handlung agieren die Schauspieler so mies, sind die Dialoge so gestelzt, dass es durchaus zwischendrin zum Kichern animiert. Gerade Protagonist John wird uns als unwiderstehlicher Weiberheld verkauft, gebiert sich aber eher überheblich, schmierig und dazu noch selten dämlich. Das ist sehr, sehr trashig, aber eine große Freude ist es trotzdem nicht, denn die 68 Minuten (in der Exportfassung sind es sogar 77 Minuten, aber die deutsche Fassung basiert auf der kürzeren Originalfassung) scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Der Film kriecht manchmal im Schneckentempo voran, das können keine Dialoge des Grauens und keine Titten, und seien sie noch so hübsch anzusehen, kaschieren.

Pete Walker gibt im Interview auch freimütig zu, dass er seinerzeit nicht viel Ahnung davon hatte, wie er eine Geschichte erzählen soll. DIE SEXPARTY war für ihn ein erster Versuch, einen halbwegs normalen Spielfilm abzuliefern. Die Mittel dafür waren sichtlich genauso begrenzt wie die Erfahrung, die Walker als Filmemacher einbrachte. Technisch gesehen gebiert sich der Film halbwegs solide, auch wenn man natürlich keine Kabinettstückchen erwarten darf. An Hauptdarsteller Sebastian Breaks ist kein Charmeur verloren gegangen. Auch die meisten anderen Darsteller agieren bestenfalls auf TV-Niveau. Einen ansatzweise bleibenden Eindruck hinterlassen nur Virginia Wetherell als Karen und Jack Allen als Hornsby-Smith, einem Mitinitiatoren des Komplotts, der in der finalen Verfolgung in einer Geisterbahn (!) nochmal voll aufdreht.

Fassungen:

Nach der deutschen Fassung auf VHS (die nach der Kino-Aufbereitung eine neue Synchro verpasst bekommen hatte) landete 2017 das Blu-ray/DVD Kombo von Walkers zweitem Krimi MAN OF VIOLENCE des British Film Institute in meinem Besitz, wo DIE SEXPARTY in beiden Fassungen als Bonus enthalten war. Bild und Ton wurden dafür erstklassig restauriert, sodass niemals das Gefühl aufkommt, der Film würde hier stiefmütterlich behandelt. Nun brachte Wicked Media im letzten Herbst eben MAN OF VIOLENCE aka MÄNNER DER GEWALT (ja, im deutschen wurde daraus ein Plural) als Nr. 6 ihrer schönen Pete Walker Collection im Mediabook heraus. Die Discs sind nahezu deckungsgleich mit der britischen Ausgabe, nur dass hier zusätzlich der deutsche Ton für beide Filme (stellenweise etwas verrauscht) zu finden ist. Wenn man sich nun DIE SEXPARTY unbedingt zu Gemüte führen will, empfehle ich die kurze, britische Version mit der doch sehr gelungenen deutschen Kinosynchro. Die Videosynchro ist zwar auch nicht schlecht, lässt aber viele Geräusche und auch in einigen Szenen Musik missen.

Fazit:

Man muss ehrlich sein, zu mehr als einer netten Dreingabe lohnt sich DIE SEXPARTY nicht. Die Plotte ist so doof, dass man zwischendurch gerne mal den Kopf auf die Tischplatte hauen möchte, und auch die 68 bzw. 77 Minuten ziehen sich stellenweise wie Kaugummi. Das Einzige, das man dem Film zugute halten könnte, ist, dass er das Swinging London von seiner düsteren, schmierigen Seite zeigt. Aber dies ist ja auch ein Gangsterfilm mit Noir-Anleihen, da muss das eben auch so sein. Kein Film für jedermann, auch nicht unbedingt für Walker-Fans, sondern eher für filmhistorisch interessierte (sofern es für sie relevant sein könnte), für hartgesottene Brit-Crime-Aficionados oder Trash-Fans beim Komasaufen. Zumindest muss man DIE SEXPARTY nicht separat erwerben, vielmehr ist sie ein netter Bonus einer lohnenswerten Veröffentlich eines besseren Films.


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 4


mm
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