Die Wurmfresser

 
  • Deutscher Titel: Die Wurmfresser
  • Original-Titel: The Worm-Eaters
  •  
  • Regie: Herb Robins
  • Land: USA
  • Jahr: 1977
  • Darsteller:

    Herb Robins (Herman Umgar), Lindsay Armstrong Black, Joseph Sacket, Robert Garrison, Muriel Cooper


Vorwort

Heute geht’s wieder in die 70er Jahre – ein ziemlich gutes Jahrzehnt für den Trash-Freund, und ohnehin für den Film an sich, denn diese Dekade bietet für alle etwas. Ein Sprichwort (naja, kein Sprichwort, aber irgendein kluger Satz, den ich irgendwo mal gelesen habe) besagt, dass sie die „drei großen Ks“ besitzen: Kunst, Kommerz und Kokolores. Und heute beschäftigen wir uns (natürlich) mit letzterer Kategorie. Und da gleich mit einem Kandidaten, der nur für beinharte Trash-Enthusiasten geeignet sein dürfte und gleich zwei herrliche Arten des Films aus jenen Jahren miteinander vermischt: Das Grindhouse-Kino und den Tierhorrorfilm. Bei beiden hat man ja den Vorteil, dass man immer wieder auf absurde, vergessene „Perlen“ trifft, die man entdecken kann.

Ob es sich bei DIE WURMFRESSER nun um eine Perle handelt, muss natürlich jeder für sich selbst entscheidenden, aber schon der Titel zeigt, dass man es mit einem absoluten bekloppten-Bewegtbild zu tun bekommt. Und dann auch noch mit einem, der eher ungewöhnliche „Protagonisten“ hat – für gewöhnlich nutzt der Tierhorror ja Haie, Spinnen oder ähnliches, um die Zuschauer in Angst und Schrecken zu versetzen. Aber das wäre ja auch auf Dauer langweilig und Filme wie NIGHT OF THE LEPUS (Killerkaninchen), SLUGS (Killernacktschnecken) oder GODMONSTER OF INDIAN FLATS (Killerschafe) bieten Abwechslung. Und in diese Reihe… reiht sich auch unser heutiger Titel ein. Spontan würde mir auch nur noch SQUIRM aus dem Vorjahr einfallen, der den gemeinen Lumbricidae (also Regenwurm) in den Mittelpunkt rückt. Also dann, hinein ins Verderben…


Inhalt

Schon der Anfang zeigt, wohin’s geht: Unter den lieblichen Klängen eines Kinderliedes flimmern die Credits vorbei, während man im Hintergrund schöne Kinderzeichnungen betrachten darf, in denen auch Würmer ihren Platz haben. Die „Handlung“ beginnt anschließend in der Nacht, an einem Lagerfeuer – an diesem haben es sich drei Hillbillys von Fischern gemütlich gemacht. Der eine rülpst ununterbrochen und der andere regt sich sogleich darüber auf, dass sie bis jetzt noch nicht mal eine Kaulquappe gefangen hätten. Als Ziel hat er sich gesetzt, den „Champions-Barsch“ zu erwischen, aber das Gespräch wird sogleich von einem Geräusch im Unterholz unterbrochen. Man sieht ein paar Füße, aber nicht die Person, zu der sie gehören – und der eine Fischer glaubt, die Geräusche von Würmern erkannt zu haben („Ich kann sogar einen Bandwurm im Schwein hören“). Natürlich muss dem nachgegangen werden und der Wurm wird im Matsch festgesetzt, wo er sogleich am Angelhaken befestigt wird.
Die nächste Szene spielt wieder am Tag und wieder sieht man ein paar Füße, die über einen Steinweg bis zu einer Treppe gehen. Danach befinden wir uns auf dem Kindergeburtstag von Ursula (wie man einem aufgehängten Transparent entnehmen kann), wo die Feiernden sogleich ein Lied anstimmen (Ursulas Gesichtsausdruck sieht dabei eher minder erfreut aus). Als der Vater dem Mädchen das Messer zum Anschneiden reichen will, wird dieses ihr wohl von ihrem Bruder (?) weggeschnappt: „Ich will den Kuchen anschneiden, so wie ich deine Puppe aufgeschnitten habe“ – Ursula darauf: „Gib mir sofort das Messer zurück, sonst versohl ich dir den Arsch!“
Der Streit geht noch etwas weiter, bis der Vater dem Bub einen Schlag gibt (das nenn ich mal Erziehung). Während sich irgendeine Alte über das Verhalten der Kinder des Bürgermeisters schockiert zeigt, kann ein anderer, schnauzbärtiger nur lachen. Jedenfalls wird der Kuchen dann angeschnitten und Ursula vergräbt ihre Hände im Teig – und holt mit diesem gleich auch ein paar Würmer hervor, die sich im Kuchen befinden. Angewidert flüchten die Anwesenden (im Zeitraffer unter cartoon-artiger Musik) und fliehen… warum sie teilweise versuchen, auf Bäume zu klettern kann ich mir allerdings nicht erklären, aber egal.

Die nächste Szene, und eigentlich auch die erste „handlungsbezogene“ im Film zeigt den Bürgermeister und seinen Gehilfen in der Botanik: Ersterer klärt dann auf, dass hier am See vor sechs Monaten drei Fischer verschwunden seien, und das komme ihren Plänen auch entgegen, denn der böse Kapitalist will hier alles mit Betonklötzen zubauen, um ein paar Touristen anzulocken. Das Problem: Am See lebt auch noch Herman Umgar, ein deutscher Einsiedler (zumindest steht das in der IMDB so – wer sagt da noch, die Deutschen würden sonst immer nur die Bösewichte spielen?). Und da dessen Vater früher mit dem Bürgermeister befreundet war, gehört ihm die halbe Stadt. Irgendwann ist dieser jedoch ertrunken, als der Staudamm brach (und das scheint irgendwie die Schuld des Bürgermeisters zu sein, ergo ist dieser für den Tot von Umgars Vater verantwortlich). Das Ziel muss also sein, Umgar loszuwerden, oder ihm die Besitzurkunde für das Land abzunehmen. Derweil beschäftigt sich Umgarn mit seinen Würmern, hält ein Pläuschen mit ihnen und beschwert sich über den Gestank (woher der bloß kommt?). Danach konfrontiert der Bürgermeister den armen Eremiten und tischt ihm die Geschichte auf, ein Museum bauen zu wollen – Umgar könnte doch besondere Besitztümer (vielleicht eine Urkunde) spenden? Als er jedoch sagt, er habe keine, Platz dem Bürgermeister der Kragen, er brüllt rum und macht sich von dannen. Später beredet er sich mit seinem Gehilfen, der Umgarn am liebsten direkt das Herz aus der Brust reißen möchte, doch der Bürgermeister beruft vorher lieber den „Rat der großen Ms“ ein… wer auch immer dem angehören möge.

Besprechung:

… und damit wäre die Rollenverteilung ja eigentlich auch klar. Der arme kleine Mann gegen die mächtigen Großen, eine ganz typische Handlungsbasis, bei der ja eigentlich gar nicht so viel schiefgehen kann, schließlich dürften die Sympathien ja klar verteilt sein. Wer aber denkt, dass darauf die Story aufbaut, oder das dieses Handlungsgerüst sinnvoll genutzt wird, der irrt sich gewaltig – tatsächlich war diese kurze Zusammenfassung der ersten Viertelstunde noch das logischste, was der Film gebacken bekommt. Dass es sich um Ultra-Trash handelt, erkennt man schon am makabren Intro und spätestens dann, wenn die Partygäste im Zeitraffer das Weite suchen. Sinnloser Slapstick ist da angesagt und dieser Teil erinnerte mich sogleich an die dritte Episode der von mir besprochenen Horror-Anthologie DIE ZUNGE DES TODES – und diesen bewertete ich immerhin mit sieben Bieren, weil ich absurden Gaga-Humor mitunter mag. Oder mögen kann, wenn nicht der gesamte Film daraus besteht.
Bei DIE WURMFRESSER scheint mir das aber der Fall zu sein. Nun, er besteht nicht komplett aus Humor oder Slapstick, ist aber auch nicht ganz ernst gemeint (zumindest hoffe ich das, schließlich steht ja Komödie auf dem Plakat). Aber es ist irgendwie dennoch schwer zu erklären und ich weiß nicht, wo ich den Film verorten soll: Will er eine Komödie sein, oder dann doch zum Teil ein Tierhorrorfilm…? Am logischsten erscheint mir, dass einfach irgendwelche Leute in den Südstaaten beim Angeln die Idee hatten, einen Film zu drehen – heraus kamen 86 Minuten an bekloppten Schwachsinn, wie ich ihn selten gesehen habe, doch der Reihe nach:

Produziert wurde das Ding dann auch noch von niemand geringerem als Ted V. Mikels, der die Trash-Welt mit solchen Produktionen wie DIE LEICHENMÜHLE oder ASTRO-ZOMBIES bereicherte. Das war Grind-House Kino per Excellence und auch noch bierernst als Horrorfilm bzw. Sci-Fi konzipiert, was man hier wie gesagt nun nicht mehr behaupten kann. Der Film wurde dabei von Herb Robin in Personalunion angeführt: Er war Regisseur, Drehbuchautor und mimt auch noch den verrückten Protagonisten und Würmer-Liebhaber Herman Umgar. Die „Grundidee“ stammte dabei von einer gewissen Nancy Kapner (mich würde mal interessieren, wie diese Grundidee aussah… oder suchte man nur nach einem Grund, Würmer verspeisen zu können?)

Das Drehbuch ist jedenfalls ein Sammelsurium an absurdesten Ideen. Der Film hat praktisch keine geradlinige Story, hält sich immer wieder mit irgendwelchen sinnlosen Szenen oder Subplots auf. Das Grundgerüst „Herman gegen den Bürgermeister“ kommt praktisch nur am Anfang und am Ende vor. In der Zwischenzeit sieht man, u.a. eine Reisegruppe, die auf Hermans Grundstück campt, und nicht wirklich was mit dem „Hauptplot“ zu tun hat. Da wird sich über das Essensangebot von Umgar beschwert (die Frau will Müsli, Umgar weiß nicht, was das ist), da fotografiert der Sohn irgendeine Frau etc. Dann kommt irgendwann auch noch eine schwarze Archäologin und ein Umweltschützer hinzu. Letzteren lernt Umgar in einem Laden kennen, als er einen „Bulla-Ball“ kaufen will. Was das alles soll, wohin das führen soll? Keine Ahnung – Witze oder Humor sieht für 99% der Menschen wohl anders aus. Jedenfalls zeigt sich so der Großteil des Films: Sinnlosigkeiten, horrender Schwachsinn und Absurditäten, dass man die Hände über den Kopf zusammenschlagen möchte. Die Dialoge sind teils grenzdebil und man fragt sich, was Robinson (der sonst nur bei THE BRAIN SUCKER von 1988 Regie führte) sich dabei gedacht hat. Den „Humor“ zieht der Film eben einfach daraus, dem Zuschauer die beklopptesten Dialoge und Figuren vorzuwerfen. Es gibt zwar n bissle Slapstick, aber wirkliche Dinge, die man als „Witz“ definieren könnte, bietet der Film kaum. Das ist einfach dadaistisch, nihilistisch, andere Wörter fallen mir dabei nicht mehr ein.

Wirklich spannend ist der Film sowieso nicht, und durch zahlreiche Füllszenen (Umgar unterhält sich mit seinen Würmern oder tanzt mit einem Exemplar im Wald, etc) wird’s auch schnell stumpfsinnig. Der erste Wurm wird erst nach 42 Minuten verspeist, und folgerichtig verwandelt sich das Opfer (das den Wurm im Essen nicht sah) in einen Riesenwurm (naja, zumindest bis zur Hälfte – erinnert mich etwas an einen Schlafsack, in dem man bis zur Hüfte drinsteckt). Geistig verfällt das Opfer alsdann scheinbar in die Urzeit zurück, kann sich nicht mehr artikulieren und wird von Umgar weggesperrt. Effekttechnisch kann man dahingehend leider auch nicht viel erwarten, Body-Horror oder Splatter gibt’s bei weitem nicht. Dafür suhlt sich der Film in Nahaufnahmen von Mündern, die Mahlzeiten oder Würmer auf möglichst Widerwärtige Weise verschlingen. Ich bin eher jemand, der Spinnen, und nicht Würmer, ekelig findet, aber schön war es trotzdem nicht anzusehen. Irgendwann kommen dann aber auch die drei Fischer vom Anfang zurück und präsentieren sich als neue Superrasse, denn: Nachdem sie die Fische, die sie mit Umgars Würmern gefangen hatten, verspeisten, verwandelten sie sich und sind jetzt „Halb Mensch, halb Wurm“ – und verlangen nach Frauen, um ihre Rasse größer werden zu lassen!

Aber auch am Ende kommt der Film nicht wieder in Fahrt. Mir kommt es so vor, als ob Robin einfach „scheiß drauf!“ gesagt hätte. Nachdem der eigentliche Hauptkonflikt mit dem Bürgermeister (der in der Mitte ohnehin kaum vorkommt) schnell und unspektakulär abgefrühstückt wird, kommen nochmal unsere Supermenschenwürmer hervor. Ab da verließ es mich komplett: Mithilfe einer Angel ziehen sie Umgar aus seinem Haus und stopfen ihm Würmer in den Mund, sodass er sich selbst in einen verwandelt. Danach kriecht er durch die Botanik, bis er von einem LKW überfahren wird (diese Szene war eine der dilettantischsten im Film). Dazwischen sieht man auch eine Frau, die mit einem dieser Würmer im Bett liegt und schließlich mit ebenjenem Duschen geht… ich bin ratlos ob des schieren Schwachsinns, den man gar nicht erfassen kann: Es ist eine Kakophonie des Absurden (dieses Wort wollte ich schon lange mal benutzen).

So, soviel zum Inhalt, der definitiv 10 Bomben verdient hätte: Unzusammenhängend, langwierig, sinnlos und völlig bescheuert. Handwerklich sieht’s natürlich nicht besser aus. Attestieren muss man aber, dass der Film nicht so eingeengt und karg aussieht, wie Mikels DIE LEICHENMÜHLE, liegt aber auch daran, dass DIE WURMFRESSER nur in Umgars Haus, der Stadt und dem Umland spielt. Ersteres ist auch „ganz nett“ eingerichtet: Wurmkäfige, Wurmgefäße und eine Bodenklappe, aus der Dampf aufsteigt. Auch hängt im Zimmer ein Plakat vom Film ALL THROUGH THE NIGHT. Spezialeffekte gibt’s keine, bis auf die erwähnten „Wurmkostümierungen“, die eben recht unspektakulär daherkommen. Die Kamera ist immerhin etwas beweglicher, und bietet durch Landschaftsaufnahmen auch mal ein bisschen Abwechslung. Der Soundtrack… in den Credits wird auch der, anscheinend eigens für den Film komponierte Song namens „In the end you will eat worms“, benannt, der während einer Szene gespielt wird, in dem Umgar durch die Stadt fährt und allgemein hört man sonst fast immer Country-Songs auf der Tonspur. Und Apropos Stadt – in dieser sieht man auch an jeder Ecke irgendwelche Bekloppten, die aufeinander eindreschen, also ist Umgar nicht der einzige in der Gegend, der offensichtlich ne Schraube locker hat. Ansonsten bietet die Produktpalette aber auch etwas für die Seele, wenn in den melancholischen Szenen (Umgar trauert um einen Wurm) ernsthaft Beethovens „Für Elise“ zu hören ist. Die Soundeffekte für die menschlichen Würmer entbehren dann aber wieder jeder Beschreibung, man müsste es selbst hören (obwohl, Nein: Unterlasst es lieber).

Schauspielerisch ist das natürlich niveaulos. Viele der Laiendarsteller overacten und/oder geben eine absurde Gesichtskirmes (auch so ein schönes Wort) zum Besten. Herb Robins, der u.a auch bei Mikels DAS KOMMANDO DER FRAUEN als Akteur auftreten durfte, passt in die Rolle (ich glaube, er ist auch im echten Leben so. Wie sollte man sonst auf sowas kommen??) Die einzigen, die meines Erachtens „ernst“ spielen und nicht ins völlig absurde abdriften sind der Umweltschützer und die Archäologin, die von Claudette Wells dargestellt wird. Es war ihre erste Rolle und sie arbeitete anscheinend bis 2014, u.a fürs Fernsehen und als Synchronsprecherin. Unter dem Banner „zusätzliche Crew“ hat sie auch noch Credits für Filme wie KILL BILL oder DAWN OF THE DEAD von 2004.

Wie es der Film nach Deutschland schaffte, bleibt mir indessen völlig schleierhaft. Natürlich hat sich CMV-Laservision des Stoffes angenommen und ihm als Nr. 7 der legendären Trash-Collection in einer hübschen kleinen Hartbox aufgelegt, und da ist er auch bestens aufgehoben. Meines Wissens nach erschien er später auch noch in einer VHS-Edition.

Fazit:

Mich hat DIE WURMFRESSER entgeistert, ja hoffnungslos zurückgelassen. Tatsächlich ist er einer der absurdesten Filme, die ich je gesehen habe – bei weitem nicht der schlechteste zwar, aber leider war es auch keine positive Erfahrung. Die Längen, die Sinnlosigkeiten und der Stumpfsinn durch die kaum vorhandene Story überwiegen hier meiner Meinung nach leider. Ich habe die Scheibe wirklich aufgeschlossen und hoffnungsvoll in den Player gelegt, aber am Ende kam bloße Enttäuschung heraus. Letztendlich handelt es sich einfach nur um einen billigen, aberwitzigen, behämmerten „Film“ – nur die härtesten Trash-Fans sollten sich heranwagen.


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 3


mm
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Dyson
Dyson
21. August 2023 8:05

Mozarts „Für Elise“? I doubt it ;)…