Burning Paradise

 
  • Deutscher Titel: Burning Paradise
  • Original-Titel: Foh Siu Hung Lin Ji
  • Alternative Titel: Burning Paradise in Hell | The Rape of the Red Temple | Le Temple du lotus rouge |
  • Regie: Ringo Lam
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1994
  • Darsteller:

    Willie Chi (Fong Sai Yuk), Domingo Yansom (Hong Hai-Kun), Carman Lee (Dau-Dau), Wong Kam-Kong (Elder Kung), Lam Chun (Tsui Ho), Li Kuei (Mönch Chi-Shan), John Ching (Crimson)


Vorwort

Abt. Mal kurz zwischendurch

Ich trage mich schon seit Längerem damit rum, die guten, alten Bits (damals ja als Kino- oder DVD-Bits, heute wären es wohl hauptsächlich Blu-ray- und Streaming-Bits), die der Doc auch hier und da mal nachzukommen pflegte, wieder aufleben zu lassen. Also Kurz-Reviews, mit der Betonung auf „Kurz-„, mit einer gewissen Höchstzahl an Wörtern (ich dachte da an um und bei 1.000). Doch immer, wenn ich mich daran setze, ein Bit zu schreiben, artet das irgendwie dann doch ein wenig aus. Darüber wird sich wohl kaum einer beschweren, und gut, solange ich Spaß daran und Zeit dafür habe, ist mir das im Endeffekt auch egal. Dafür stehen zwar andere Dinge wieder hinten an, aber das ist ja in der Hauptsache mein Problem, bzw. meine Entscheidung. Da das englische Label Eureka! Entertainment Ringo Lams späten Wuxia-Actioner BURNING PARADISE auf Blu-ray veröffentlicht hat, kam mir das gelegen, da knackige Martial-Arts-Action natürlich auf Badmovies gerne willkommen ist. Dazu habe ich den auch schon eine Zeitlang nicht mehr gesehen, so dass ich viel Spaß daran hatte und mir dann doch einiges dazu eingefallen ist. Also ohne weitere Umschweife zum Film…


Inhalt

Der Shaolin-Schüler Fong Sai Yuk flieht mit seinem Meister, Mönch Chi-Nun, vor der Armee der Manchu unter General Crimson durch die Wüste. Nach einer blutigen Konfrontation gelingt es ihnen, ihre Häscher mit erbeuteten Pferden abzuhängen. In einer abgelegenen Hütte treffen sie die Hure Dau-Dau, die sich ihnen anschließen will. Doch schon am nächsten Morgen werden sie von ihren Verfolgern belagert. Chi-Nun stirbt beim Angriff auf die Hütte, Fong Sai Yuk und Dau-Dau werden gefangen genommen. Crimson überstellt sie in den Tempel des Roten Lotus, wo der Elder Kung sich als Herr über Leben und Tod aufspielt. Die gefangenen Shaolin müssen unter Tage Zwangsarbeit verrichten, die besten Kämpfer jedoch will Kung brechen und unterwerfen. Das aufbrausende Temperament von Fong Sai Yuk imponiert ihm, weswegen er ihm bei seiner Einführung im Thronsaal die Gelegenheit gibt, ihn anzugreifen. Sofern er es an seinen Leibwächtern, der resoluten Tsui Ho und dem ehemaligen Shaolin Hong Hei-Kun, einem Jugendfreund Fongs, vorbeikommt. Der junge Kämpfer scheitert und landet in einer Leichengrube, wo er auf den Shaolin-Meister Chi-Sin trifft, der sich hier versteckt. Da Kung ein Faible für Dau-Dau offenbart, kommt Fong auf ihren Wunsch wieder frei. Tsui Ho hat ihrerseits auch ein Auge auf ihn geworfen. Ihre Loyalität zu Elder Kung jedoch besteht ungebrochen, während die Mauer der Unterwerfung in Hong Hei-Kun allmählich bröckeln. Allerdings scheint eine Flucht aus dem düsteren Tempel aussichtslos, denn an jeder Ecke lauert hier der Tod…

Besprechung:

Filme über den Tempel des Roten Lotus mit seinen tödlichen Fallen erfreuten sich im Hongkong-Kino seither großer Beliebtheit. Schon in der Stummfilmzeit wurde die Geschichte, basierend auf einem Fortsetzungsroman in einer Tageszeitung, verfilmt. Zwischen 1928-30 entstand die 16-teilige Reihe THE BURNING OF THE RED LOTUS TEMPLE unter Regisseur und Autor Zhang Shi-Chuan, dessen Teile zusammen einen epischen 27-stündigen Film (und damit lange Zeit den längsten jemals gedrehten) ergeben. Sie gilt allerdings leider schon seit langem als verschollen, nachdem die Nationalistische Partei Chinas Anfang der 1930er-Jahre das als volkszersetzend angesehene Wuxia-Genre mit seinen idealisierten Helden, und somit auch diese Filme, verboten hatte. Aber auch nach dem 2. Weltkrieg in den 50er- und 60er-Jahren wurde dieses Feld weiter beackert. So verwundert es kaum, dass die Shaw Brothers, als sie an sich sehr spät in das Genre des Wuxia vorstießen (sie drehten davor vornehmlich Musicals, Kostümfilme und Komödien), sich genau dieses Stoffes annahmen. Kein geringerer als Jimmy Wang-Yu muss mit seiner Verlobten ihre Familie aus den Krallen des Clans des Roten Lotus befreien. DER TEMPEL DES ROTEN LOTUS (1965) war der Start zu einer dreiteiligen Reihe, es folgten THE TWIN SWORDS (1965) und THE SWORD AND THE LUTE (1967). BURNING PARADISE gehört immer noch zu den jüngsten Bearbeitungen genau dieses Stoffes. Allerdings steht der Rote Lotus an sich immer gerne für eine Bedrohung des historischen chinesischen Reiches durch böse Mächte von außerhalb, in seltenen Fällen jedoch auch für eine moralisch überlegene Widerstandsgruppe.

Böse Manchus verfolgen gute Shaolin. Das ist ein Motiv, dass es schon seit Anbeginn der Wuxia-Filme gibt und dient auch in BURNING PARADISE als Grundlage für ein mit furioser Action, blutigen Horroranklängen, humorigen Einlagen und leicht knisternder Erotik picke-packe vollgepacktes Abenteuer. Und das ist hier vor allem optisch auch herausragend umgesetzt. Die Anfangssequenz in der Wüste lässt mit Blick auf die unendlichen Weiten der unwirtlichen Gegend schnell auf die Unmöglichkeit des Unterfangens der Flucht schließen. Ringo Lam legt hier gleich ein hohes Tempo vor, unser Held stürzt sich allein dem übermächtigen Feind entgegen, was in einer tollen Kampfsequenz mit hohem Blutzoll mündet. Doch dies bildet nur den Auftakt für ein düsteres Abenteuer, denn die Hauptattraktion des Films ist ohne Zweifel der Tempel des Roten Lotus. Über seinem Eingang hängt ein Schild mit der Aufschrift „Himmel auf Erden“, während der Weg dorthin gesäumt ist mit Gräbern, aus denen die Gebeine ragen. Das ist dermaßen in your face, da darf man schon schmunzeln. Tatsächlich besteht der Tempel aus einem weitläufigen Höhlensystem, das einer Vorhölle gleicht. Der sadistische Elder Kung residiert in einem Thronsaal, der von einer riesigen Grube dominiert wird. Der schmale Gang drum herum ist gesäumt mit Wachen und Dienern, sodass jeder, der ihm vorgeführt wird, sich nur über eine schmale Holzbrücke nähern kann, während unter ihm in der Grube ein Feuer züngelt. Hier begegnet Fong nicht nur dem bösen Meister, sondern auch den anderen beiden, für den Fortgang der Geschichte wichtigen Personen. Der eine ist ein Jugendfreund, ein ehemaliger Shaolin-Schüler, der sich nun dem Bösen unterworfen hat. Die andere wird sich in unseren schmucken Helden verlieben, auch wenn sie ihrer Aufgabe unter den Manchu treu bleibt.

Nachdem die Figurenkonstellation etabliert ist und die drei sich spielerisch, sprich in einer großartig choreographierten und recht langen Action-Sequenz, beschnuppern konnten, stellt am Ende dieser Elder Kung noch einmal kurz und prägnant unter Beweis, dass er der mächtigste Krieger im Tempel ist. Sowieso bedient der Kerkermeister der Manchu alle Klischees eines dämonischen Überschurkens – er regiert mit Zuckerbrot und Peitsche, malt mit Blut und reißt Weibern, die ihm als Bettgespielinnen nicht genehm sind, auch schon mal den Kopf ab. Gegen so jemanden kann Fong eben nicht ohne Hilfe bestehen. Doch sein Domizil, sein Reich stiehlt ihm so manches Mal die Show. Der Tempel scheint ein Labyrinth aus Geheimgängen und tödlichen Fallen. Wer hierher verschleppt wird, landet entweder in der Leichengrube, dem Kerker oder, im Falle des weiblichen Geschlechts, im Harem des Hausherrn. Der pflegt zudem noch einen etwas makabren Trophäenraum (ich will hier jetzt nicht zu viel verraten, aber da kann einem schon die Kinnlade runterklappen). Gute Kämpfer allerdings bricht der böse Kung und nimmt sie in seinen Reihen auf. Er erniedrigt sie, verspottet ihren Glauben. Der Tempel besitzt sogar einen Raum mit einer riesigen Buddhastatue, die mit blasphemischen Pamphleten behängt ist und vor einer Selbstschussanlage platziert wurde. Und auch darin, also nicht nur in der Blasphemie, offenbart sich das plumpe Bild der guten Shaolin und der bösen Manchu – während die ersteren sich als Traditionalisten verstehen, nutzen die Feinde das Schwarzpulver, den Fortschritt, um diese heimtückisch zu meucheln. Auch bei den seltsamen Ritualen, unterlegt mit monotonen Trommeln und flüsternden Geisterstimmen, gleichen die Manchus in ihren schwarz-roten, uniformen Gewändern einer gesichtslosen Masse, einer willenlosen Armee des Bösen. Lam müht sich auch nicht sonderlich, dieses Klischee aufzubrechen. Nur am Ende, wenn Hong Hei-Kun heimlich unter seinem Gewand seine Maske streichelt, die ihn als Bodyguard des Kerkermeisters kennzeichnete, lässt er durchblicken, dass in jedem Menschen, ob Chinese oder Manchu, die Veranlagung zum Bösen schlummert. Ansonsten läuft der Film so ziemlich nach Schema F ab, worüber man sich angesichts des hohen Unterhaltungswerts gar nicht mal beschweren möchte. Strukturell ist BURNING PARADISE ein simpler Drei-Akter aus Flucht/Gefangennahme, Erkundung des Tempels und seiner Bewohner und der erneuten Flucht und finalen Konfrontation mit der eigenen Furcht und dem teuflischen Widersacher. Das ist erprobt, das funktioniert.

Regisseur Ringo Lam hat die ganze Chose immer gut im Griff. Der Film leistet sich keine Auszeiten oder überflüssigen Ballast. Die Geschichte wird auch im kampfärmeren Mittelteil recht flott vorangetrieben. Und wenn es dann wieder ans Eingemachte geht, Heidewitzka! Das Wire-Fu ist exzellent umgesetzt, die Choreographien sehen sehr flüssig, sehr natürlich aus. BURNING PARADISE zählt dabei zu den 90s-Wuxia der härteren Gangart, da spritzt das Blut, fliegen schon mal Köpfe und ein berittener Soldat wird in der Hälfte geteilt. Das ist zwar keine Splatter-Show, aber definitiv nichts für Zartbesaitete. Auch das Ambiente ist in sich stimmig. Die nur recht spärlich ausgeleuchteten Katakomben verströmen eine wohlig infernalische Atmosphäre. Den schön gestalteten Sets wirken sehr organisch, ihnen geht der biedere und in seiner offensichtlichen Künstlichkeit teils irritierende Studio-Look anderer Hongkong-Produktionen der 90er-Jahre, wie etwa HEROIC TRIO (1993) und BLACK MASK (1996), nahezu vollkommen ab. Da wusste jemand, was er wollte, und hatte auch das Personal, es entsprechend umzusetzen. Es ist mir wirklich unverständlich, dass BURNING PARADISE seinerzeit im Kino derart gefloppt ist. Lam hatte ja Ende der 80er (SCHOOL ON FIRE, PRISON ON FIRE, CITY ON FIRE – brandheiß, der Junge) und Anfang der 90er (FULL CONTACT) einige Hits zu verzeichnen, folgte seinem Mentor Tsui Hark (der ihn auch hier als Regisseur vorschlug, da er selbst verhindert war) später nach Hollywood, um bevorzugt mit den Muscles from Brussle, Jean-Claude Van Damme, zu drehen. Dabei kamen dann mit MAXIMUM RISK, REPLICANT und IN HELL: RAGE UNLEASHED keine wirklich bemerkenswerten Filme herum. Er ließ aber schon früh in seinen Filmen, ähnlich wie John Woo, seine Vorliebe für das amerikanische Kino durchschimmern; ob nun das ausgiebig genutzte Saxophon und die Neo-Noir-Story in FULL CONTACT oder die Verlagerung des Handlungsortes in eben die USA bei COVER HARD III. Am Ende ging es wieder zurück in die Heimat, wo Lam noch einige Filme drehte, bevor er Ende 2018 im Alter von 64 Jahren verstarb.

Wie auch die Story an sich, sind genauso die Figuren vom Drehbuch eher reißbrettartig gezeichnet. Über den Antagonisten Elder Kung habe ich mich ja schon genug ausgelassen, sein Gegenpart ist mit Fong Sai Yuk ein junger, schlagfertiger und integerer Shaolin-Schüler. Er trifft im Tempel dazu noch auf einen alten Freund, den es auf die Seite des Guten zurückzuholen gilt. Außerdem steckt er noch in einem Love Triangle zwischen der pflichtbewussten Tsui Ho und seinem eigentlichen Love Interest Dau-Dau. Gegensätze ziehen sich an, das wissen wir, also auch die Hure und der fromme Mönch. Darstellerisch gibt es eigentlich nichts zu bekritteln. Wong Kam-Kong (TIGER CAGE, PHANTOM SEVEN) sticht in seiner dankbaren Rolle als Bösewicht Kung natürlich klar hervor. Hauptdarsteller Willie Chi gab mit diesem Film sein Debüt und durfte danach sogar unter Regisseur Liu Chia-Liang neben Andy Lau und Gordon Liu die Kung-Fu-Legende Wong Sei-Huk spielen. Seine Filmographie ist der IMDb nach mit 4 Filmen aber mehr als überschaubar. Für Carman Lee als Dau-Dau (KILLER’S ROMANCE, MUTANT CITY) war es zwar nicht das erste Mal, allerdings wird sie in ihrer Rolle ein wenig so behandelt. Am Anfang scheint sie ein weitgehend eigenständiger Charakter zu sein, versauert dann aber ein wenig als damsel in distress und ist höchstens Mal für ein wenig Humor zuständig. Dominic Yeung-Sing (aka Domingo Yamson) als Hong Hei-Kun und Chun Lam (deren IMDb-Eintrag nur diesen einen Film listet, aber der HKMDb nach auch u.a. noch in CHINA STRIKE FORCE und FUN AND FURY zu sehen war, auf jeden Fall keine große Filmkarriere) als Tsui Ho runden den Hauptcast ab. John Ching (HARD KILLERS, COVER HARD III) ist noch als General Crimson zu sehen, was allerdings nur eine kleine, wenig aussagekräftige Rolle bleibt. Alles andere sind im besten Fall Stichwortgeber, Stuntmen oder bessere Komparsen.

Fassung:

In Deutschland erschien BURNING PARADISE bereits 2002 auf DVD und Video. Die Veröffentlichung war bei einer Spio/JK-Freigabe ungeschnitten, technisch aber leider eher lamentabel. Nun hat sich ja Eureka! Entertainment (und in den USA Vinegar Syndrome) des Streifens angenommen und ihn in astreiner Bild- und Tonqualität auf Blu-ray veröffentlicht. Das knackig scharfe Bild unterstreicht noch einmal die gute Arbeit der Set Designer und Requisiteure, das sieht, bis auf winzige Ausnahmen, alles immer noch super aus. Selbst ein Computer-Effekt zu Beginn des Films (ein Manchu-Soldat wird im ersten Gefecht zweigeteilt) fällt da kaum ins Auge. Enthalten ist nur der kantonesische Ton (auch wenn die Eureka! Website was anderes behauptet), dieser aber ist in den Dialogen gut verständlich und auch in Musik und Effekten anständig abgemischt. Als Extras befinden sich ein Audiokommentar von Frank Djeng, der Trailer und ein kurzes, aber dennoch informatives Interview mit Tsui Hark enthalten. Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, im 20-seitigen Booklet zu blättern, welches der Erstauflage (wie immer im schicken O-Card Schuber) beiliegt. Der Import aus dem UK ist heutzutage leider nicht mehr ganz billig, aber die ca. 26 € sind gut investiertes Geld.

Fazit:

Ich für meinen Teil hatte mit BURNING PARADISE wieder eine Menge Spaß. Das ist ein flottes, blutiges und dank des tollen Set Designs sehr düsteres Wuxia-Abenteuer, das auch hin und wieder mit etwas Humor aufgelockert wird. Der heimliche Star des Films ist sowieso der Tempel des Roten Lotus an sich, seine dunklen Gänge, die Fallen und Geheimgänge und vor allem der Thronsaal mit seiner riesigen Grube hinterlassen eben Eindruck. Die gut 100 Minuten vergehen wie im Flug, auch wenn man keine tieferen Eindrücke in den Mythos erwarten darf. Doch es erfüllt seinen Zweck mehr als formidabel. Wer also auf deftige Martial-Arts-Action der alten Schule steht, die hier nahe der Perfektion dargeboten wird, sollte sich die Blu-ray unbedingt besorgen! Das ist echt ein geiles Ding!


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 8


mm
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