Zyzzyx Road

 
  • Original-Titel: Zyzzyx Rd.
  •  
  • Regie: John Penney
  • Land: USA
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Leo Grillo (Grant)
    Katherine Heigl (Marissa)
    Tom Sizemore (Joey)


Vorwort

Midnight Movies mit Jorge #008/Legenden der Kinogeschichte

Auf diesen Film wurde ich Anfang letzter Woche durch „Neon Zombie“ Markus Haage aufmerksam. Was so bemerkenswert an dem Film ist, dass der ihm einen Facebook-Post widmete, dazu später mehr. ZYZZYX ROAD ist eben ein kostengünstig und schnell abgedrehter Mystery-Thriller mit bekannten Namen als Zugpferde, der vor allem für die DVD-Grabbeltische und TV-Auswertungen produziert wurde. Also gutes Futter für Jorge und mich als Midnight Movie…


Inhalt

Grant und Marissa fahren des Nachts durch die Mojave auf der Zyzzyx Road, im Kofferraum liegt die Leiche von Joey, die es zu entsorgen gilt. Der verheiratete Buchhalter Grand hat die hübsche Marissa in Las Vegas kennengelernt, wo man nach durchfeierter Nacht im Bett eines Motels landete. Doch die traute Zweisamkeit wurde je unterbrochen, als Joey, seines Zeichens Marissas psychopathischer Ex-Freund, auftauchte und bei einem Handgemenge mit Grant zu Tode kam. Irgendwo in den Weiten der Wüste machen sie Halt, hier soll es sein. Die letzte Ruhestätte für den toten Ex, den der biedere Grant in einem Loch verscharren will. Als die Grube fertig ist und den Leichnam erwartet, offenbart sich beim Blick in den Kofferraum ein Problem – Joey ist weg. Panisch sucht der unfreiwillige Totengräber die nächtliche Einöde ab, während Marissa im Auto wartend langsam, aber sicher der Panik verfällt. In einer stillgelegten Mine kommt es zu einer folgenreichen Begegnung, die in einer wahnwitzigen Vermutung mündet – Ist vielleicht Marissa die Böse in diesem Spiel und will auch Grant totsehen?

What’s the Deal?

Leo Grillo, der hier nicht nur die Hauptrolle übernahm, sondern ZYZZYX ROAD auch produzierte, hatte sicherlich keine große Mühe, Tom Sizemore zu verpflichten. Denn der steckte bekanntlich zu der Zeit im Drogensumpf aus Opiaten und verschreibungspflichtigen Medikamenten, entspannte nebenher auch gerne mit dem einen oder anderen Joint. Es ist daher auch kaum verwunderlich, dass er während der 18-tägigen Dreharbeiten in der Mojave-Wüste wegen eines positiven Drogentests verhaftet wurde. 2007 kam es dann ja auch zu einer Verurteilung wegen Drogenbesitzes, 2010 war er in der Reality-Show CELEBRATY REHAB WITH DR. DREW zu sehen. Im Sommer 2005 jedenfalls wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt, während sein Kumpel und Assistent Peter Walton hinter Gittern blieb und im Anschluss für den Handel mit Kinderpornographie verurteilt wurde. Zu sagen, dass der wohl kein guter Umgang war, wäre jetzt nun maßlos untertrieben. Aber soweit zu Sizemore, der den Film ja beenden konnte. Ein Rätsel bleibt mir, wie Grillo auch Katherine Heigl, zu der Zeit gerade mit GREY’S ANATOMY zu Fame gekommen, verpflichten konnte. Das spricht nicht gerade für ihren damaligen Agenten, denn der gute Leo war sicherlich niemand, zu dem man seinen aufgehenden Stern zwecks Erhöhung des Marktwerts lotsen würde. Aber vielleicht war ja die Gage für die paar Tage Arbeit ansprechend hoch genug. Ihrer Karriere hat’s nicht geschadet, sie gab danach in mehr als einem halben Dutzend mehr oder weniger erfolgreicher Komödien den „Romantic Female Lead“. Und das Publikum für diesen Ausrutscher hier wird auch zu der Zeit sehr überschaubar gewesen sein. Womit wir dann auch zur Legende um den Film kommen. Denn ZYZZYX ROAD galt eine Zeitlang als erfolglosester Start in der Geschichte des us-amerikanischen Kinos. Nur sechs Tickets wurden für diesen Film gelöst, was einem Erlös von 30 Dollar entsprach. Dabei hatte Grillo sogar seiner Maskenbildnerin zwei Karten geschenkt, weswegen es eigentlich sogar nur 20 Dollar waren. Das mag nun alles stimmen, ist aber eigentlich nicht wirklich von Belang, da der Film eigentlich nicht für die US-Kinos produziert worden ist, sich Grillo aber wohl trotzdem die Filmförderung für Kinoproduktionen sichern wollte. Dies setzte voraus, dass der Film für mindestens eine Woche in den Kinos gezeigt wurde. Dazu mietete Grillo eigens ein Kino für kolportierte 1.000 Dollar an, hier wirklich Einnahmen und Gewinn zu erzielen stand wohl in keinem Fall zur Debatte. Davon ab soll die Produktion durch Heimkino- und TV-Lizenzen sowie Verkäufe ins Ausland immerhin mehr als 300.000 Dollar Gewinn eingefahren haben. Er wurde übrigens 2011 schon wieder abgelöst, als THE WORST MOVIE EVER! nur eine Kinokarte absetzen konnte. Allerdings waren auch hier wieder die Umstände andere, denn der Film musste aus gewerkschaftlichen Gründen im Kino laufen, um seine Nachsynchronisation zu rechtfertigen (warum das sein musste, ließ sich jetzt nicht eruieren; amerikanische Gewerkschaftsregeln sind mir ein Buch mit sieben Siegeln).

Besonders lustig

– Marissa lutscht im Auto die ganze Zeit an einem Lolli in Schnullerform.

– Deswegen kommt wohl auch Grant auf die Idee, dass sie wahrscheinlich allerhöchstens 18 Jahre alt ist (also eigentlich auch nicht alt genug für den gezechten Alkohol, von illegalen Drogen mal ganz zu schweigen) – das wird dadurch unterminiert, dass die Heigl damals schon 28 war und kaum mehr Teenager-like aussah; die Implikation wird noch unangenehmer, bedenken wir, dass One-Night-Stand Leo Grillo schon Mitte 50 und auch Ex-Freund Tom Sizemore Mitte 40 war.

– Grant scheint wie auf Acid, als sie über den nächtlichen Wüsten-Highway fahren; eine Mischung aus Panik, Paranoia und unkontrolliertem Rumgefuchtel.

– Bei der Szene im Motel, als Joey die beiden Turteltäubchen in der trauten Zweisamkeit stört, sieht Sizemore derbe zugedopt aus.

– Im weiteren Verlauf des Films nistet sich Joey als böse Stimme in Grants Kopf ein – doch sie flüstert ihm nichts ein, sie schreit ihn andauernd förmlich an.

– Die Wendung, als Joey und Grant ein zweites Mal aufeinandertreffen, ist so hirnrissig, dass wir losprusten mussten vor Lachen.

– Alles ist von da an ein Selbstläufer; in dem Sinne, dass wir wussten, was jetzt alles passieren wird und wie die Chose enden musste.

Was gibt’s sonst noch zu sagen?

Die Legende vom erfolglosesten Kinofilm der US-Geschichte wurde von Grillo und Penney sicherlich gerne weiterverbreitet. Dadurch kommt der Film ins Gespräch, das ist kostenlose Werbung, die sich diese 1,2 Millionen Dollar teure Produktion ansonsten wohl kaum hätte leisten können. Wir wissen ja, jede Werbung ist gute Werbung, gerade im Low-Budget-Bereich. Wie lange diese Legende zurückreicht, konnte ich nicht auf die Schnelle eruieren. Zumindest dürfte sie dem Film zum 25ten Jubiläum seine 4k-Auswertung auf dem US-Markt gesichert haben. Auch wenn die Geschichten rund um ZYZZYX RD. nun allesamt nicht auf Ruhmesblättern zu finden sind, Geld stinkt ja bekanntlich nicht. Auch seine Stars werden sich sicherlich nicht beschweren. Zum einen wäre da Katherine Heigl, deren Karriere ein wenig abgeebbt ist. Nach ihrem Ausstieg bei GREY’S ANATOMY – die Serie läuft noch immer, inzwischen in der 21. Staffel – im Jahre 2010 blieb dann auch der Erfolg auf der großen Leinwand aus. Die Thriller-Serie STATE OF AFFAIRS (2014/15) kam nur auf eine Staffel mit 13 Folgen, genauso die anschließende Anwaltsserie DOUBT (2017). Über deren Qualität kann ich nichts sagen, ich habe beide nicht gesehen. Danach stieß sie in den letzten beiden Staffeln der erfolgreichen Anwaltsserie SUITS zum Hauptcast. Tom Sizemore ist ja leider 2023 verstorben, seine Karriere in den letzten Jahren eine Aneinanderreihung von Billig-Produktionen, die von seinem Namen auf dem Cover profitieren wollten. Wir haben vor ein paar Monaten einen seiner letzten Filme gesehen – BERMUDA ISLAND, wo sein Charakter schon nach dem ersten Drittel den Löffel abgibt – und, oh boy, ich sag das wirklich nicht gerne und es ist nicht böse oder respektlos gemeint, schon dort sah er mehr tot als lebendig aus. Das war kein schöner Anblick.

Wo oder wie kann ich mit dem Dreck mein Aug‘ beschmutzen?

Nach Deutschland hat es ZYZZYX RD. nie geschafft, aber DVDs des Films finden sich u.a. auf eBay wie Sand am Meer (oder man bemüht mal wieder Google; so sind auch wir in den Genuss des Films gekommen). Es gibt, wie schon erwähnt, auch eine 25th Anniversary Edition als UHD+BD Combo. Und ob einem das der Film wert wäre, ist in diesem Fall wohl nicht die Frage, denn passend zum Jubiläum produzierte man die Doku LEGACY OF ZYZZYX ROAD, in der sich Regisseur John Penney, Produzent Grillo und Casting-Direktorin Valerie McCaffrey zu Wort melden. Das könnte interessant, amüsant und auch ein bisschen weird werden. Ich denke noch über eine Anschaffung nach.

Was vom Tage übrig bleibt

An und für sich will ich John Penney und Leo Grillo nicht die Ambitionen absprechen, mit ZYZZYX RD. einen halbwegs anständigen Film abliefern zu wollen. Schaut man sich die Geschichte und Produktionsumstände an, wird aber schnell klar, dass es sich doch um ein eher kalkuliertes Produkt handelt, das mit wenig Aufwand auf die entsprechenden Märkte losgelassen werden sollte. Der Film kommt mit kargen vier Sets (Motel, Auto, Wüste, Mine) aus, mit einem Minimum an Handlung und sich ständig wiederholenden Dialogzeilen daher und zaubert Wendungen und Twists aus dem Hut, die wir nicht mal ansatzweise ernst nehmen konnten. Heigl und Grillo tapsen durch die Wüsten-Nacht, Grillo und Sizemore kloppen sich oder schreien sich an, Heigl und Grillo schreien sich an. Das war’s dann auch schon, die leichten Horror-Anklänge im letzten Drittel tun eigentlich nichts mehr zur Sache. An John Penney (er schrieb übrigens das Drehbuch zu RETURN OF THE LIVING DEAD III) ist kein Meister-Regisseur und Thriller-Experte verloren gegangen, soviel ist klar. Die Heigl fragt sich scheinbar die ganze Zeit über, wie sie bloß da reingeraten konnte und unternimmt keine ernstgemeinten Anstrengungen, ihre Rolle überzeugend auszugestalten. Tom Sizemore agiert sowieso jenseits von Gut und Böse. Nur Leo Grillo scheint in Maßen engagiert. Die meiste Zeit über regiert trotzdem die Langeweile, weil einfach nichts Interessantes passieren will. Und wenn etwas passiert, meist weil Sizemore wieder in die Handlung tritt, wird es auch schnell nervig. ZYZZYX RD. ist Low-Budget-„Kino“ der unerquicklichen Sorte, den ich auch nur schwerlich aus Kuriositätenwert empfehlen möchte. Wer durch die Geschichte dahinter angefixt ist, soll sich eben die Ausgabe mit Doku holen – ohne die sehe ich einfach keinen Sinn darin, sich das Ding vorsätzlich vor die Linse zu klatschen.


BOMBEN-Skala: 9

BIER-Skala: 2


mm
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