Zwei schaffen alle

 
  • Deutscher Titel: Zwei schaffen alle
  • Original-Titel: La vita, a volte, è molto dura, vero Provvidenza?
  • Alternative Titel: Mausefalle für zwei schräge Vögel | Life is Tough, Eh Providence? |
  • Regie: Giulio Petroni
  • Land: Italien/Frankreich/BR Deutschland
  • Jahr: 1972
  • Darsteller:

    Tomas Milian (Providence), Gregg Palmer (Hurricane „Kid“ Smith), Janet Agren (Stella), Dieter Eppler (Sheriff Howard Pendleton), Stelio Candelli (Col. Arthur James), Gabriella Giorgelli (Sister), Hans Terofal (Horatio Timothy), Maurice Poli (Sheriff Keensburg), Horst Janson (Sheriff Villagio), Giovanni Cianfriglia (The Challenger), Paul Muller (Mr. Summitt)


Vorwort

Der leicht verschrobene Kopfgeldjäger Providenza, der in einer ehemaligen Postkutsche reist, die er mit allen möglichen Extras von Aussichtsplattform bis Bierfaß ausgestattet hat, hat den gefürchteten Kid, den Schrecklichen, geschnappt und liefert ihn gegen ein Entgelt von 4.995 Dollar (eigentlich waren’s 5.000, aber der Sheriff zieht 5 Dollar für ein zerdeppertes Whiskeyglas ab) bei den Autoritäten an. Kid sieht grummelnd dem Galgenstrick entgegen, doch Gutmensch Providenza schickt ihm noch ein Luxusmahl aus dem Hotel – mit einer eisenhaltigen Beilage, einer Feile…

Dem Strang noch einmal entkommen, latscht Kid *erneut* in Providenzas Falle, denn im nächsten Bundesstaat sind auf Kids Rübe glatte 10.000 Dollar ausgesetzt, und die will Providenza auch kassieren, und, wenn möglich, auch noch öfter. Kid findet dieses Arrangement so eher semi-optimal, überlistet Providenza und will nun den als vermeintlichen Kid beim Sheriff abliefern. Der glaubt sicherheitshalber weder dem einen noch dem anderen und bestellt Expertise in Form eines Army-Kriminalisten ein, der die Situation mit einem pop quiz löst, das Providenza souverän für sich entscheidet.

Aber wieder hilft jemand Kid aus der Patsche und der Zelle, und als er Providenza wieder aufspürt, überredet er den Kopfgeldjäger sanft, zukünftig als Partner gemeinsame Sache zu machen. Obwohl die neuen Geschäftsfreunde alle Nase lang versuchen, sich gegenseitig über’s Ohr zu hauen, ist die Partnerschaft recht erfolgreich – doch müssen Providenza und Kid herausfinden, dass ihnen irgendwo jemand einen größeren Posten Falschgeld angedreht hat. Unter all den Sheriffs muss wohl ein korrupter Lumpenhund gewesen sein, der unsere Freunde als Sündenböcke missbrauchen will. Könnten dahinter Könfederierte stecken?


Inhalt

Nachdem Bud Spencer und Terence Hill alle Kassenrekorde brachen, war es nur logisch, das gerade die auf schnelle rip-offs spezialisierte italienische Filmindustrie versuchte, einen ausnahmsweise mal von ihnen selbst gesetzten Trend gewinnbringend auszunutzen. Wir kennen ja alle die Spencer/Hill-Imitate mit Michael Coby und Paul Smith, aber das war nicht die einzige Paarung, mit der findige Produzenten das Erfolgsgeheimnis der Vier Fäuste zu kopieren versuchten.

So sah sich der spätere „Superbulle“ Tomas Milian mit dem stattlichen amerikanischen B-Westerndarsteller Gregg Palmer (der auch in „Raumschiff Enterprise“ eine kleine Rolle spielte, bezeichnenderweise in der Wildwest-Episode „Spectre of the Gun“) zusammengespannt. Erfreulicherweise beschränkt sich „Providenza“ nicht wie die Smith/Coby-Werke darauf, Spencer/Hill abzupausen, sondern versucht zumindest, seinen Figuren ein bisschen Eigenständigkeit mit auf den Weg zu geben. Sowohl Kid als auch Providenza sind keine reinen do-gooder, sie sind nie dicke Kumpels, sondern allenfalls eine Zweckgemeinschaft und jederzeit bereit, den anderen für eine Handvoll Dollar zu verraten, obwohl sie erkennen müssten, dass sie am erfolgreichsten sind, wenn sie zusammenarbeiten.

Während Palmer als Kid sich beim character building doch recht stark an Spencer orientiert (immer guten Hunger, nicht immer der Hellste, aber beim Prügeln ne Klasse für sich), ist Providenza schon ein deutlich anderer Typ als Hill/Trinity/Nobody – schon allein, weil die ganze Figur von der Optik nach Charlie Chaplins „Tramp“ modelliert ist (und Milian auch versucht, ein paar Chaplin-Mannerismen und Gestiken einzubauen), andererseits aber auch so ’ne Art Proto-James-Bond mit allerhand Gadgets in seiner Kutsche ist. An interesting take, aber auch einer, an dessen voller Entfaltung der Film nicht wirklich interessiert ist, da hätte man mehr draus machen können.

Was irgendwie auch der Leitspruch für den Film sein könnte – es ist ein Sammelsurium von Ideen, manche gut, manche… nicht so gut, recht mühselig von der zarten Andeutung eines Plots, der aber erst in den letzten 10-15 Minuten wirklich in die Spur kommt, zusammengehalten wird, und sich von jedem shiny object ablenken lässt (so zaubert der Film kurz vor Ultimo noch den ollen Jess-Franco-Kämpen Paul Muller als Tertiär-Schurken aus dem Hut). Wenn’s funktioniert, ist es richtig lustig (so z.B. der Subplot um Janet Agren als Stella, die versucht, diverse Parteien gegeneinander auszuspielen und am Ende von allen sitzen gelassen wird), wenn nicht, dann wird’s auch mal etwas zäh (eine viel zu lange Billardpartie tötet das Momentum des Films beinahe völlig). Für Action sorgen primär zwei große Prügelszenen, denen aber die Leichtigkeit, der Schwung der Spencer/Hill-Filme abgeht. Dafür allerdings erfreut sich der Film eines lässigen Morricone-Scores (jedoch auch inflationär eingesetzter Cartoon-Sound-Effekte. I get it, der Film ist lustig, aber ein fröhlicher Glockenschlag zur Maulschelle ist zwei-dreimal witzig, nicht aber zehn-fünfzehnmal).

Milian spielt den für ihn ungewöhnlichen Charakter motiviert (seine dämliche Lache wird vielleicht ein paar Mal zu oft eingesetzt), Gregg Palmer ist eher der straight man – ihm fehlt trotz gewisser Ähnlichkeit die ganze larger-than-life-Appearance von Bud (da hilft dann auch die bewährte Spencer-Synchronstimme nicht, zumal die Synchro sich auch zurückhält und nicht die totale Brandt-Schiene fährt, sondern sich auf „normale“ Comedy-Synchro beschränkt). Neben Janet Agren gibt’s mit Dieter Eppler, dem erwähnten Paul Muller, dem recht verschwendeten Horst Janson, Stelio Candelli, Ken Wood, Maurice Poli und Hans Terofal noch ein paar mehr oder minder bekannte Gesichter aus dem Euro-Genrebereich.

Der Streifen war erfolgreich genug, um eine Fortsetzung mit gleichem Star-Pairing nach sich zu ziehen (die schaffte es aber nie in den deutschen Sprachraum) – es ist ein unterhaltsamer Film, fraglos, aber auch einer der verpassten Gelegenheiten, eben mehr als nur eine routinierte Westernkomödie zu realisieren. Kann man 90 Minuten gut mit totschlagen, aber Ewigkeitsanspruch hat das nicht. Die aktuelle deutsche DVD unter dem Titel „Zwei schaffen alle“ kommt ungekürzt (bislang gekürzte Dialogpassagen wurden im O-Ton mit Untertitlen belassen) und mit schönem Print, als Extra gibt’s nur den Trailer. Dafür ist sie aber recht günstig zu haben.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


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