Zero Gravity – Antrieb Überleben

 
  • Deutscher Titel: Zero Gravity - Antrieb Überleben
  • Original-Titel: Astronaut: The Last Push
  •  
  • Regie: Eric Hayden
  • Land: USA
  • Jahr: 2012
  • Darsteller:

    Khary Payton (Michael Forrest), Lance Henriksen (Walter Moffitt), Brian Baumgartner (Bob Jansen), James Madio (Nathan Miller), Alec Gillis (Charlie)


Vorwort

Nachdem neue fotografische Aufnahmen die Existenz von Leben auf dem Jupitermond Europa belegen (kein Wunder, das hat doch schon „2010“ postuliert), organisiert der Multimillionär Muffitt eine private Expedition, die nicht von bürokratische Hemmschuhen oder NASA-typischem Sicherheits-Redundanz-Gedöns blockiert wird (als ob die NASA und Sicherheit… pffz…). Zwei Astronauten machen sich auf den 13 Jahre langen Trip, den sie überwiegend im Tiefschlaf verbringen sollen. Michael Forrest und Nathan Miller sind guter Dinge und die Welt drückt kräftig die Daumen, doch schon auf dem Weg zur Venus, dessen Schwerkraft die Mission für einen zünftigen Slingshot-Beschleunigungseffekt nutzen will, kollidiert die Raumkapsel mit einem Mini-Meteoriten. Miller beißt ins Sternengras und sowohl Tiefschlaf- als auch Wiedereintrittskapsel sind hin, der Rest der Systeme funktioniert allerdings.
Nachdem es Forrest gelungen ist, Kontakt mit Mission Control herzustellen, wird entschieden, die Mission abzubrechen. Auch das dauert schon mal zwei Jahre, bis die „Life One“ wieder einen Erdorbit erreichen kann, und außerdem muss Forrest, der in einer nicht für den längeren Aufenthalt gedachten vollkommen annehmlichkeitsfreien und fensterlosen Kapsel sitzt, in guter alter Handarbeit die Antriebssysteme so umbauen, dass sie den geänderten Flugplan auch umsetzen können. Das allein schon ist eine Sisyphusarbeit, und die Einsamkeit, die Unmöglichkeit direkter Kommunikation mit der Erde, das Fehlen jeglicher Ablenkung und beginnende Wahnvorstellungen machen den Weg nach Hause für Forrest nicht einfacher…


Inhalt

Kleine Low-Budget-Science-Fiction-Filme, die sich bemühen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten realistische Geschichten zu erzählen, die weniger von futuristischer Technologie oder bösen Aliens handeln, sondern von den ganz greifbaren, realen Problemen langwieriger Weltraummissionen, sind in den letzten Jahren zu einem kleinen Trend geworden – man denke an „Europa Report“, „Moon“ oder den sicher NICHT low budget gedrehten Überraschungs-Blockbuster zum Thema „Gravity“ (an dessen Titel sich der deutsche Verleiher mit dem Titel „Zero Gravity“ dezent anhängt). Kaum ein Film allerdings hat das Thema so bewusst spröde mit praktisch völligem Verzicht auf echte Spannungselemente angepackt wie „Astronaut: The Last Push“.

Weitgehend ein Ein-Personen-Stück ist explizit die Langeweile das Thema des Films. Forrests „Alltag“ ist eine endlose Abfolge der Monotonie – Arbeit am renitenten Antriebssystem, Lesen des immergleichen Buches, Ping-Pong-Spielen gegen die Wand, Leibesübungen und Nahrungsaufnahme, das alles über Jahre hinweg in einem fensterlosen Raum von vielleicht sechs Quadratmeter Fläche. Jeder Strafgefangene in Isolationshaft hat ein abwechslungsreicheres Dasein. Forrest ist auf die Situation nicht vorbereitet und hat begreiflicherweise seine liebe Müh und Not, sich darauf einzustellen (zumal sein Leben nicht akut in Gefahr ist, so wie’s aussieht, kann die Raumkapsel ihn basically bis zum St. Nimmerleinstag mit recycletem Sauerstoff und Nahrung versorgen). In einer Art von Solo-Stockholm-Syndrom lehnt Forrest auch Angebote ab, seinen Alltag durch von der Erde gesandte Musik oder Grußbotschaften aufzulockern – was zunächst befremdlich erscheint, wird durchaus verständlich, wenn man sich in die Situation versetzt. Wenn ich in einer winzigen Blechbüchse durchs Sonnensystem schippere, wäre mir vermutlich auch nicht wohl damit, wenn man mir die Illusion menschlichen Kontakts vorsetzen würde…

Also begleiten wir Forrest bei seinen montonen Verrichtungen und bekommen ein Gefühl von der vor allem mentalen Ödnis, der er ausgesetzt ist – das macht kein besonderes Spannungserlebnis aus dem Film, aber es vermittelt einen guten Eindruck von den realen psychischen Belastungen, denen Astronauten auf Langzeit-Missionen ausgesetzt sind. Real life is not Star Trek, unfortunately.

Die handwerkliche Seite überzeugt – die CGI sind nicht perfekt, aber sie erfüllen ihren Zweck, die Kamera holt aus dem beengten Set-up viel heraus, und die immer wieder eingeschnittenen Botschaften für den einsamen und nicht grade lustigen Astronauten lockern zumindest für den Zuschauer das Geschehen auf. Khary Payton, hauptamtlicher Voice Actor, der aber auch für ein paar Episoden in „The Walking Dead“ zu sehen ist, trägt den Film mit natürlicher, glaubhafter Ausstrahlung. Lance Henriksen hat mal wieder einen Nachmittag Zeit gehabt, um seine zwei-drei Szenen (ein Fernsehinterview und zwei kurze Video-Unterhaltungen mit Forrest) abzudrehen. Hilft dem Marketing.

„Zero Gravity“ würde ich niemandem empfehlen, der einen adrenalingefüllten Thrillride erwartet, aber wer sich ernsthaft mit der Thematik befassen will und eine gut gemachte, realistische Studie über die Einsamkeit des Astronauten erträgt, die bewusst auf die üblichen Konventionen des SF-Kinos pfeift und die Monotonie geradezu zur Kunstform erhebt, sollte hier mal reinkucken. Ein interessanter Film allemal.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 5


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