Xenogenesis

 
  • Original-Titel: Xenogenesis
  •  
  • Regie: James Cameron
  • Land: USA
  • Jahr: 1978
  • Darsteller:

    Raj (William Wisher jr.)
    Laurie (Margaret Undiel)


Vorwort

Nein, die Laufzeitangabe oben ist kein Tippfehler (manchmal weiß ich, was ich schreibe, aber nicht immer…). Mehr als zwölf Minuten läuft Xenogenesis nicht, aber wenn ich Staplerfahrer_Klaus und Olli Krekels Project_Genesis mit „offiziellen“ Reviews würdigen kann, dann hat das James Cameron wohl auch verdient. Und ja, das ist wirklich DER James Cameron, der der Welt später Terminator, Aliens und Titanic bescherte. Jeder hat mal klein (bzw. kurz) angefangen – Xenogenesis stellt die erste direktoriale Fingerübung des späteren Gigantomanen dar, entstanden als Cameron gerade bei Roger Corman rumturnte und u.a. Special FX für Battle Beyond the Stars zusammenbastelte.

Auf den üblichen verschlungenen Wegen stellte sich mir nun ein Exemplar dieses sprichwörtlich unauftreibbaren Kurzfilms vor, und weil ich ein mitteilsamer Mensch bin, will ich mal nicht so sein und ein paar Takte dazu verlieren.


Inhalt

Der Fairness halber sollte man es voranstellen: Xenogenesis ist mit seinen knapp zwölf Minuten Laufzeit natürlich kein abgeschlossener Film, sondern eine Art Special-FX-Showreel – nichtsdestotrotz scheint Meister Cameron vielleicht nicht das Script für einen abendfüllenden Film, aber zumindest ein Konzept gehabt zu haben… und das bedeutet, dass wir tatsächlich eine Art Hintergrundgeschichte serviert bekommen. Diese vermittelt uns ein Erzähler über ein paar hübsche SF-Gemälde, die jedem klassischen Pulpmagazin zur Ehre gereichen würde (ein paar davon kommen mir ziemlich bekannt vor) – Raj, der Held unserer Story, ist „eine Maschine“ (vermutlich also ein Cyborg) – passend dazu zeigt man uns das Bild eines Typen mit einem mechanisierten Arm Terminator, ick hör dir trapsen, konstruiert zu dem Zweck, „the final cataclysm“ der Menschheit zu verhindern. Dafür hat man ihm auch ein Super-Duper-Raumschiff mit „eigenem Bewußtsein“ gebaut. Laurie, sein Sidekick, wurde „von Maschinen aufgezogen“, kennt aber durchaus die „Macht der Liebe“ (urrggh, da kräuseln sich aber schon ein wenig die Fußnägel auf). Zusammen durchstreifen sie die Galaxien, um einen Planeten zu finden, auf dem der „Kreislauf der Schöpfung“ neu angestoßen werden könnte. Soweit, so nicht unbedingt originell – summa summarum „Xenogenesis – mans ultimate adventure“.

Können wir aber eigentlich umgehend wieder vergessen, denn gesteigerte Bedeutung für die sich anschließenden bewegten Bilder hat davon nichts. Statt dessen sehen wir Raj in einem gelben Overall, der selbst auf der Mondbasis Alpha 1 wegen akuter Geschmacksverirrung mindestens einen Monat Eagle-Schrubben mit der Zahnbürste einbringen würde, plus einem Tornister auf dem Rücken, der maximal in einem italienischen SF-Heuler als „realistisch“ durchgehen würde (jaja, ich weiß, Kurzfilm, Regie-/FX-Showcase, da kann man jetzt keine ultraausgefeilten Gadgets erwarten, sieht aber trotzdem insgesamt eher putzig aus) durch eine gigantische Halle stiefeln. Raj wundert sich mächtig, denn dafür, dass die ausgemachten Urheber der Anlage seit schlappen 50.000 Jahren tot sind (glauben wir ihm einfach mal), ist der Laden ziemlich gut in Schuss. Wie kömmt´s?

Wer dumme Fragen stellt, bekommt meistens dumme Antworten, so ist es nun mal im Leben. Und so öffnet sich ein Schott und ein ziemlich beeindruckender (Stop Motion-) Roboter rollt auf seinen Panzerketten herein (der Grundgedanke dieser Konstruktion rettete sich später auch in den Terminator-Kanon) und beginnt couragiert staubzuwischen und allgemein aufzuräumen. Zu diesem Zweck hat er erstens eine Greifklaue, mit der er als Unrat zu identifizierendes Gerümpel in seine eingebaute Müllverbrennungsanlage stopfen kann und zweitens eine Höhensonne, will sagen, ein hell leuchtendes Rechteck, mit dem sich allerhand neckischer Schabernack treiben läßt. Wie raj schnell feststellt, als er mit großen Augen staunend dem mechanischen Putzteufel zusieht und es nicht mal für eine besonders gute Idee hält, dabei in Deckung o.ä. zu gehen. Es kommt, wie´s kommen muss und unserer tapferer Held eigentlich auch nicht besser verdient hat. Meister Roboter wird auf den ins einem gelben Kittel auch nicht wirklich unauffällig wirkenden Raj aufmerksam und klassifiziert den unbefugten Eindringling als zu entsorgenden Abfall. Deswegen bestrahlt er ihn mit der Höhensonne, was Raj ziemlich zu Boden drückt (scheint also weniger ein Tiefenbräuner als ein Garkocher zu sein).

Raj rappelt sich auf und versucht zu fliehen, aber der Robbie scheint nicht auf dem Doc-geprüften Standpunkt „was ich nicht sehe, ist nicht vorhanden“ zu stehen, erweist sich als hartnäckig-penetrant und beschießt Raj mit Laserstrahlen. Raj läßt sich nicht lumpen und schießt zurück, wird aber trotzdem getroffen und stürzt vom Laufsteg (jetzt weiß ich auch, warum die Rasse der Roboterbauer ausgestorben ist – sie haben nie die Erfindung des Geländers gemacht und sin din ihrer eigenen Riesenhalle zu Tode gestürzt). Es droht der Sturz in den unergründlich tiefen Abyss (ich weiß, das war jetzt ein äußerst lahmer Gag, aber ich MUSSTE ihn bringen), aber es gelingt Raj, sich mit letzter Kraft an der Kante festzukrallen. Der Roboter ist zunächst der Ansicht, das Ungezieferproblem erledigt zu haben, doch dann fällt der elektronische Blick des überdimensionierten Staubsaugers auf Rajs Fingerchen…

Sähe schlecht aus für unseren Cyborg (hm, sollte er als solcher nicht per Definition übermenschliche Kräfte haben und sich daher relativ unproblematisch aus einem solchen Durchhänger retten können?), aber Laurie eilt zur Hilfe (obwohl Raj, ersichtlich Chauvi-Macho und darauf bedacht, sich nicht von einem Mädchen retten zu lassen, ihr strengstens aufgetragen hat, im Schiff zu bleiben) – mit ihrem eigenen Riesenroboter (einem von der vierfüßigen Sorte) bricht sie ein Schott auf und fordert den Putzroboter zum Duell (James-Cameron-Fans machen gleich mehrere Motive aus, die sich in späteren großen Werken wiederfinden werden – zum einen bedient Laurie den Roboter durch ein ähnliches System wie später Ripley im Duell mit der Alien-Königin in Aliens und zum anderen übt der Meister, durchaus erfolgreich, schon das Einblenden von Real- in Trickaufnahmen, indem er das Cockpit mit Laurie in den Stop-Motion-Roboter blendet, wie er es später im Unterwasserabenteuer The Abyss zur Perfektion bringen sollte).

Die mobile Putzkolonne erkennt in der Vierbein-Spinne korrekterweise das größere Problem und läßt den Laser züngeln. Laurie kontert mit ihrem eigenen Laser, der aber nicht als Offensivbewaffnung, sondern als Schweißbrenner gedacht ist, was insofern fatal ist, als sich das Ding nach drei-vier Schüssen erst mal langwierig wieder aufladen muss (hätt´ sie den Kasten doch mal etwas länger an der Steckdose gelassen). Während Raj versucht, sich wieder auf den Laufsteg zu wuchten, aber von einem Laserquerschläger wieder heruntergeschubst wird, bemüht sich der böse Roboter (der ja eigentlich nur seine Pflicht tut), aus dem taktischen Vorteil, dass Laurie nicht mehr lasern kann, Kapital zu schlagen und gewinnbringend sein Ultra-Solarium einzusetzen. Eine Dosis bekommt Laurie im Cockpit ab, dann gelingt es ihr, ein Roboterbein hochzureißen und damit des Kontrahenten fiese Waffe zu zerschmettern.

Raj hängt immer noch rum und versucht mühselig, wieder aufs normale „Straßenniveau“ zurückzukehren (für einen Maschinenmenschen ´ne äußerst schlappe Vorstellung, muss ich schon mal sagen). Die Weltraumputze stellt Lauries Roboter ein Bein (deswegen sind Riesenroboter mit vielgelenkigen Extremitäten doch eher unpraktisch) und beginnt entschlossen damit, Lauries Kiste in den Abgrund zu schieben. Laurie stemmt sich mit aller Macht dagegen, stellt das nicht „gebrochene“ Bein ihres Roboters gegen die „Brust“ des anderen Blechkastens und schiebt zurück. Etwas irrationalerweise erweist sich die „Muskelpower“ des Vierbeiners der des panzerkettengetriebenen Roboters überlegen – Laurie schiebt zurück, aber blöderweise bewegt sich der Putzroboter ausgerechnet auf die Stelle zu, an der immer noch Raj zappelt… Wird der Roboter abstürzen und Raj mit sich in die Tiefe reißen??

Natürlich nicht, denn im klassischen Stil der Auflösung eines Cliffhangers (naja, und nichts anderes als an einem Kliff hängen tut Raj ja schließlich) bleibt der unseren Helden mißgestimmte Roboter im Letzten Moment TM stehen und ist besiegt…

Der schon gewohnte Disclaimer bei der Bewertung von Kurzfilmen erfolgt natürlich auch hier – ernsthaft mit einem abendfüllenden Film vergleichen kann und darf man auch Xenogenesis nicht – Camerons Debüt kann aufgrund des schlichten Demo-Charakters natürlich nie eine echte Dramaturgie aufbauen – vielmehr sind die gut zehn Minuten (Vorspann und Erzähler-Intro bereits abgerechnet) quasi ein „Auszug“ aus einem „ganzen“ Film, sozusagen eine exemplarische Actionszene. Demzufolge braucht der geneigte Zuschauer nichts zu erwarten, das auch nur in Ansätzen in die Richtung Charakterisierung, intelligente Dialoge oder richtige Spannungserzeugung geht (schließlich kennen wir die beiden Hauptfiguren nicht – man sagt uns mehr oder weniger zu Beginn „das sind die Helden und mehr müsst ihr nicht wissen“).

Da drehe ich dem Filmchen aber auch mit Sicherheit keinen Strick draus – was Xenogenesis sein will, ist ein Showcase der Fähigkeiten seines Machers und der, James Cameron eben, deutet in mehr als nur einer Szene an, dass man von ihm wirklich noch Großtaten erwarten konnte. Im „Look“ des Films (sprich, seinen Kulissen und den Lasereffekten) scheint der kurz zuvor entstandene Star Wars Cameron doch eine gewisse Inspiration gewesen zu sein, wenngleich natürlich gerade die Sets (eh, das eine Set :-)) nicht gerade vor Detailfreude triefen – und die räumliche Tiefe des „Abgrunds“ ist auch eher symbolisch denn wirklich überzeugend. Cameron kombiniert aber schon relativ geschickt seine (vermutlich Rückprojektions-) Effektshots mit den Darstelleraufnahmen. Die „Raumanzüge“ und „Tornister“ der Akteure atmen einerseits den Geist der 70er, wirken andererseits aber auch unter nostalgischen Gesichtspunkten eher erheiternd, aber dann erinnern wir uns an Krekels Project Genesis und sind schon mal dankbar, dass nicht Laubsauger von Kärcher herhalten mußten…

Wie schon im obigen Fließtext angekündigt, schimmern einige Motive und Einstellungen durch, die sich später in Camerons großen Werken wiederfinden sollten – das Motiv des „Maschinenmenschen“, das er zu Terminator ausschlachtete (auch wenn in Xenogenesis der Punkt „Cyborg“ eigentlich nur ein nicht wirklich von Belang ist – es gibt einen flotten Spruch für die Einleitung her, aber der Charakter selbst könnte genauso gut Wesley Crusher oder Will Robinson sein, von irgendwelchen zusätzlichen Fähigkeiten, wie sie einen Cyborg gemeinhin auszeichnen, ist nichts zu sehen), dito das bei Meister Cameron immer wieder gern gesehene Motiv der „starken Frau“, die letztendlich den Tag rettet (und Lauries Roboter-Steuerung MUSS einfach das direkte Vorbild der Showdown-Sequenz in Aliens gewesen sein), das Design des Putzroboters weckt Erinnerungen an die Ausblicke auf die Schlachtfelder der Zukunft in Terminator und das Stilmittel der transparenten Cockpits, durch die man auch in Effektshots die Darsteller beobachten kann, war eines der prägnanten Elemente von The Abyss.

Das macht Xenogenesis für den Cameron- (und SF-) Fan schon allein aus diesem Grund zu einem sehenswerten Snack, doch das eigentliche Highlight des Streifens ist die Qualität der Spezialeffekte und die Inszenierung derselben. Der Film tritt eindrucksvoll den Beweis dafür an, dass gute alte Stop Motion doch immer noch das beste Mittel ist, um mit geringem Budget (aber halt dafür um so höherem Zeitaufwand, das lasse ich durchaus gelten) ansehnliche Resultate zu erzielen. Die Roboter-Animationen sind vielleicht nicht durchgängig hundretprozentig flüssig, aber auf alle Fälle gut genug, um sich einem Vergleich mit den Full-Moon-FX-Künstlern, die Robot Wars realisierten, zu stellen und dabei gar nicht schlecht abzuschneiden – wo das Cameron-Frühwerk die Charles-Band-Profi-Produktion aber klar nach Punkten schlägt, ist die Dynamik und Versatilität der Robotereffekte – praktisch alles an den Robotern dreht und bewegt sich, das Roboterduell kann man schon fast choreographiert nennen (Mech-Fu?) und vor allen Dingen beinhalten zwölf Minuten Xenogenesis mehr Giant-Robo-Action als ein ganzer Full-Moon-Abendfüller. Wer – wie ich und wie jeder, der mal zwölf gewesen ist – ein Faible für riesige Kampfroboter hat, die sich gegenseitig die metallenen Schädel einschlagen, sollte auf Xenogenesis allein deswegen abfahren wie ein Junkie auf eine sterilisierte Gratisnadel Heroin (auch, da der Streifen auch was Interaktion von Trick- und Realshots schon fast einen professionelleren Eindruck macht als Robot Wars mit seiner stellenweise arg dürftigen Greenscreen-Arbeit).

Die verdammt aufwendig klingende Filmmusik stammt von Altmeister Bernard Herrmann (Psycho), dürfte aber vermutlich nicht wirklich originär für Xenogenesis entstanden sein.

Darstellerische Großtaten dürfen und müssen (aus den einige Absätze weiter oben geschilderten Gründen) nicht erwartet werden – es mußten halt zwei menschliche Wesen in bzw. zwischen den Robotern umherhüpfen, richtig was zu tun haben die beiden Akteure aber nicht. William Wisher, der später Terminator, Terminator 2 und The 13th Warrior co-scriptete, die Story zu Judge Dredd anfertigte und zuletzt am Script für das Exorcist-Prequel feilte, bewältigt einen Großteil der Filmlaufzeit damit, mit leidender Miene so zu tun, als würde er vor dem unendlich tiefen Abgrund hängen und für Margaret Undiel bleiben eigentlich nur ein paar Aerobic-Übungen im Roboter-Cockpit.

Jetzt würde ich Euch, soweit Ihr filmhistorisch interessierte SF-Gucker oder einfach Hardcore-Cameron-Fans sein, herzlich gerne empfehlen, Euch Xenogenesis umgehend zuzulegen, nur ist das halt nicht wirklich einfach. Der Streifen erlebte nie eine offizielle Veröffentlichung (wozu er auch nie gedacht war) und dem Vernehmen nach hat James Cameron selbst auch keinerlei Interesse daran, seine Fanschar durch das Draufpacken auf eine DVD als Extra o.ä. zu beglücken. Die Kopien, die as irgendwelchen allerhöchstens halblegalen Quellen kursieren, sind daher qualitativ nicht gerade überragend (für manchen Namen in den Credits übernehme ich aufgrund schierer Unleserlichkeit keine Gewähr) (typisches third-generation-video-copy-Bild, also ungefähr auf einem Level mit der Qualität, in der wir uns in den 80ern Dawn of the Dead u.ä. reinzuziehen pflegten) und weisen einen mitlaufenden Timecode auf. Am ehesten fündig wird man vermutlich bei in rechtlichen Grenzbereichen operierenden US-Händlern oder -Börsen. Wem der Streifen allerdings bei solcher Gelegenheit über den Weg laufen sollte, braucht sich, so er nicht gerade dreistellige Dollarbeträge ausgibt, über die Investition nicht grämen – es ist ein interessantes Frühwerk eines Regisseurs, der mit Terminator und Aliens beinahe singlehandedly das SF-Genre revolutionierte und man kann sein Talent durchaus erahnen. Nach Qualitätsware dürstende Mech-Fans kommen an Xenogenesis fast nicht vorbei…

(c) 2005 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 6


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