Wundervolles Weihnachten

 
  • Deutscher Titel: Wundervolles Weihnachten
  • Original-Titel: Beyond Tomorrow
  • Alternative Titel: Beyond Christmas |
  • Regie: A. Edward Sutherland
  • Land: USA
  • Jahr: 1940
  • Darsteller:

    Harry Carey (George Melton), C. Aubrey Smith (Allan Chadwick), Charles Winninger (Michael O’Brien), Alex Melesh (Josef), Maria Ouspenskaya (Madam Tanya), Helen Vinson (Arlene Terry), Rod LaRocque (Phil Hubert), Richard Carlson (James Houston), Jean Parker (Jean Lawrence)


Vorwort

O’Brien, Chadwick und Melton sind Partner einer erfolgreichen und innovativen Ingenieursfirma, aber über die Jahre hinweg haben sie, die die Arbeit immer vor alles andere gestellt haben, praktisch alle Freunde verloren. Nur die russische Exil-Gräfin Madame Tanya und ihr Butler sind ihnen geblieben. An einem schönen Weihnachtsfest fällt den mittlerweile alten Herren auf, dass sie unfreiwillig zu Einsiedlern geworden sind. O’Brien macht den Vorschlag, ihre Brieftaschen mit zehn Dollar und jeweils einer Visitenkarte auf die Straße zu werfen und die ehrlichen Finder, so es solche gibt, zum Weihnachtsessen einzuladen. Die Erfolgsquote beträgt 66,666 % (eigentlich eher unchristlich). Es tauchen auf: der texanische Rodeoreiter Jimmy, der nach einer Show im Madison Square Garden irgendwie im Big Apple hängen geblieben ist, und die Kindergartenlehrerin Jean.

Man verlebt einen gemütlichen Abend zusammen und ehe man sich’s versieht, sind die Fünf mehr oder minder unzertrennliche Freunde, die, soweit es die drei alten Knaben angeht, auch recht unverhohlen daran arbeiten, die Jungen zu verkuppeln und das auch mit Erfolg. Doch dann – tragedy strikes! Auf dem Weg zum Test eines neuen Baumaterials verunglücken die alten Herren tödlich mit dem Flugzeug, doch bevor sie die Reise ins Jenseits antreten, dürfen sie noch ein wenig in ihren alten Jagdgründen herumgeistern.

Zunächst sieht’s aus, als würde sich alles zum Guten wenden – Jimmy und Jean heiraten und Jimmy, der mit seinem Gesangstalent am Weihnachtsabend überraschte, wird nach einem ohne große Hoffnungen absolvierten Vorsingen für eine Radioshow stantepete für eine große Broadway-Show verpflichtet und in Windeseile zum nationalen Star.

Doch damit beginnt das Elend – der Erfolg bringt’s mit sich, dass Jimmy immer weniger Zeit für Jean aufbringen kann, und Broadway-Impresaria Arlen Terry macht sich umgehend daran, sich an Jimmy ranzuschmeißen und der ist leider ziemlich a) naiv und b) willensschwach. O’Brien und seine Geisterfreunde suchen nach Mitteln und Wegen, um Jimmy wieder auf den rechten Weg zurückzuführen, doch Chadwick und Mantel werden in ihre jeweiligen Afterlifes abberufen und O’Briens Möglichkeiten zur Einflussnahme sind arg begrenzt – zumal sich nun auch noch Terrys trunksüchtiger Loser-Ex-Ehemann anschickt, sie wieder zurückzugewinnen, ob sie nun will oder nicht…


Inhalt

Was man nicht alles mal für 2 Euro mitnimmt, weil man aufgrund des Titels glaubt, ein Film hätte ein phantastisches Thema. Nun, hat er ja auch, aber es geht doch in eine ganz andere Richtung als die Sorte Film, mit der ich normalerweise meine Zeit verbringe. „Beyond Tomorrow“, auch als „Beyond Christmas“ oder im hiesigen Sprachraum als „Wunderbare Weihnachten“ bekannt (obschon der Weihnachts-Aspekt nach einer guten halben Stunde keine Rolle mehr spielt), ist ein Vertreter des sentimentalen Tearjerker-Dramas, dessen berühmtester (Weihnachts-)Vertreter Capras unsterblicher „It’s a Wonderful Life!“ sein dürfte (der, wie man wieder mal erinnern darf, nur deswegen unsterblich geworden ist, weil jemand vergaß, das Copyright eines praktisch vergessenen Films zu verlängern und plötzlich die nach Holiday-Material hungernden TV-Sender etwas Kostenloses zum Senden hatten. So entstehen Klassiker).

Regisseur A. Edward Sutherland begann seine Hollywoodkarriere als einer der originalen Keystone Kops, wechselte in den 20ern auf den Regiestuhl und dirigierte u.a. Laurel und Hardy in ihrem „Fremdenlegion“-Abenteuer. Kurz nach „Beyond Tomorrow“ inszenierte er „The Invisible Woman“, einen milden Genre-Spoof, der obwohl er nicht direkt mit der Serie verbunden ist, meistens zur „Invisible Man“-Reihe Universals gerechnet wird (so z.B. auch in den Fernsehausstrahlungen in den frühen 80ern). Auch das Horror-Genre wurde von Sutherland besucht, „Murder in the Zoo“ geht auf sein Kerbholz.

In „Beyond Tomorrow“ gibt’s im Gegensatz zu Sutherlands hauptsächlichem Ouevre nichts zu lachen, hier sollen Taschentücher vollgeheult werden. Wie gesagt, nicht gerade mein Genre, aber meistens erkenne ich trotzdem, ob ein Film für das, was er sein will, okay ist, und „Beyond Tomorrow“ erfüllt seine Aufgaben ziemlich gut. Die erste halbe Stunde ist vergleichsweise leichtgewichtig und zeichnet die drei Ingenieure als unfreiwillige Scrooges, die sich für ihren beruflichen Erfolg aufgearbeitet haben und nun ohne Familien und Freunde darstehen. O’Brien, der joviale kleine Ire, ist es, der seine zwei eher resignierten Freunde zu der Wette um die Brieftaschen bringt. Mit Jean und Jimmy kehrt die Lebensfreude an sich zurück in das Leben der alten Männer, die sich quasi als „Ersatzväter“ für die Twens sehen. Aber in Hollywood ist es halt fast wie im richtigen Leben – you can’t have nice things, und so folgt der Flugzeugabsturz. O’Brien ist es wiederum, der an der weltlichen Ebene „klebt“ und nicht zulassen will, dass Jimmy (hauptsächlich) und Jean ihr Glück versaubeuteln und ist willens, sogar sein eigenes „Afterlife“ dafür aufs Spiel zu setzen, während Jimmy in die Fänge der männerfressenden femme fatale gerät und als texanisches Landei und vom unerwarteten Ruhm geblendet zu dämlich ist, dass Arlen ihn nicht liebt, sondern nur als Mittel zum geschäftlichen Zweck betrachtet.

„Beyond Tomorrow“ reißt eine ganze Menge sentimentaler Themen an und obschon dem Film bei seinen 84 Minuten Laufzeit die Möglichkeit fehlt, sie alle wirklich tiefsinnig zu ergründen, so ist er zweifellos lieb gemeint und trägt sein Herz offen zur Schau – die Moral ist eine simple, aber eigentlich richtige: wer sich rechtschaffen verhält, der wird vom Leben belohnt werden. Schade, dass das im „real life“ eher selten als öfter so funktioniert, aber „Beyond Tomorrow“ ist mit so viel Herzensgüte vorgetragen, dass es selbst einem kaltherzigen alten Knochen wie mir warm um den Eisklumpen in der Brust wird (vielleicht hat mich „Hunt for the Wilderpeople“ schon etwas verweichlicht).

Der „Erfolg“ von „Beyond Tomorrow“ hängt allerdings zu einem großen Teil an Charles Winninger als Michael O’Brien. Winninger feierte bereits am Broadway Erfolge (er gehörte zur Originalbesetzung von „Showboat“ und spielte dann auch in der 36er-Filmadaption des legendären Musicals) und etablierte sich in den 30ern und 40ern als character actor in Filmen unterschiedlichsten Kalibers. Sein O’Brien ist zwar fast schon aufdringlich good-natured, aber Winniger legt wirklich all sein Herz, all seine Leidenschaft in die Rolle, dass man es sogar glauben kann, wenn er (impliziert) Gott selbst durch seine Sturköpfigkeit zum Einlenken bewegt. Niemand im Cast hat ähnliche Wirkung, sei es Harry Carey („Mr. Smith geht nach Washington“) als Melton, C. Aubrey Smith („Tarzan, der Affenmensch“, „Rebecca“) als Chadwick – obwohl beide nicht schlecht sind -, und ganz besonders nicht die in einer zielmichen Nullitätenrolle verschwendete Maria Oupsenskaya („Der Wolfsmensch“) als Madame Tanya.

Als James begrüßen wir den zukünftigen SF- und Horrorspezialisten Richard Carlson („Creature from the Black Lagoon“, „It Came From Outer Space“, „The Magnetic Monster“, „Gwangi“, „Der Turm der schreienden Frauen“). Carlson ist hier noch ein bisschen steif (es ist seine erste dramatische Hauptrolle und ja, ich gehe davon aus, dass Carlson, der in seiner Anfangszeit auch in Musicals spielte, seine Songs selbst singt – es erklingen zwei angespielte Weihnachtslieder und zwei Broadway-Tunes), aber er ist nicht uncharmant.

Jean Parker („One Body Too Many“, „Lady in the Death House“) als Jean bleibt recht unterbeschäftigt, Helen Vinson („The Thin Man Goes Home“) ist eine angemessene femme-fatale-light.

Filmisch ist das überwiegend konservativ, mit eher statischen Szenen-set-ups und einer „theatertauglichen“ Inszenierung (immerhin: es gibt eine nette pre-„Citizen Kane“-Montagesequenz. Orson Welles hat nicht *alles* erfunden), aber die 84 Minuten gestalten sich überraschend kurzweilig. Die „Geister-FX“ sind simpel, aber erfüllen ihren Zweck.

Die 2-Euro-DVD von Elstree Hill bringt den Film in nicht überragender, aber vernünftiger Bild- und Tonqualität.

Wer’s ein bisschen sentimentaler mag, sein Herz noch nicht der Altkleidersammlung übergeben hat, und vielleicht nächstes Weihnachten nicht schon wieder Jimmy Stewart sehen will, macht bei „Beyond Tomorrow“ nicht viel verkehrt – es ist ein hübscher kleiner altmodischer tearjerker.

3/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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