Writing Kung Fu

 
  • Original-Titel: Wen da
  • Alternative Titel: Writing Kung Fu |
  • Regie: Bolo Yeung
  • Land: Hongkong
  • Jahr: 1979
  • Darsteller:

    John Cheung, On-On Yu, Bolo Yeung, Cheung Wah, Chiang Cheng, Han Su, Hsiao Yu Lung, Lu Chien-Feng, Shin Hsen, Wang Chang


Vorwort

In einer chinesischen Provinzsiedlung…

Unser Held, genannt „Teacher“, ist ein solcher, allerdings nicht wie üblich in solchen Filmen ein weiser Meister der Kampfkunst, sondern ein Mann des geschriebenen Wortes, des Buches und der friedliebenden Natur, ganz im Glauben, dass Gerechtigkeit durch gewissenhaftes Handeln geschaffen wird. Damit hat er im von Banditen und Gangstern geplagten Land natürlich die Lebenserwartung einer suizidär veranlagten Eintagsfliege.

So geht er z.B. auch durch seine chronisch pazifistische Art auch dem örtlichen „Boss“ ganz grundsätzlich auf den Keks. Der nämlich hält von Büchern gar nix, viel mehr allerdings von der Kraft der Fäuste, denn wer die hat, so seine unwiderlegbare Logik, kann anderen auf die Waffel hauen, und wer anderen auf die Waffel hauen kann, ist der Chef.

Und so wird unser Teacher regelmäßig Opfer von Demütigungen und Prügel seitens des Boss und seiner Schlägertypen. Schließlich laufen ihm auch die Schüler weg, da sie tagtäglich den Beweis geliefert bekommen, dass es nix bringt, die Nase in Bücher zu stecken, sondern man lieber Kung-fu lernen sollte.

Nicht mal ein unerwarteter Geldsegen, den Teacher zum Bau einer neuen Schule (die alte residiert nämlich in einer Ruine ohne Dach und Tür) verwenden will, wendet das Blatt – denn die Kohle wird gestohlen und seine einzige Freundin, Mutter der letzten verbliebenen Schülerin, ermordet – und Teacher selbst avanciert zum Hauptverdächtigen.

Indes hat der Boss Besuch vom „Repräsentanten des Nordens“, Ah Yen. Was genau der Boss von ihm will, ist mir unklar, klarer ist jedenfalls, dass Ah Yen vieles ist, jedoch nicht der vom Boss erwartete Repräsentant. Vielmehr erkennen ihn ein blinder Wahrsager und sein Gehilfe, die gerade noch dem Boss alles Elend dieser Welt an den Hals prophezeiht haben, Ah Yen als den Killer und Räuber wieder, der vor 10 Jahren eine Salzkarawane überfallen und alle Männer – bis auf den jetztigen Wahrsager und sein Faktotum – getötet hat. Die Herrschaften wollen Rache, aber Ah Yen ist ihnen über.

Teacher indes ergibt sich dem Trunk und der Depression, doch die Schwester des Boss und ein alter Bettler wecken den Kampfgeist im Pazifisten, der beginnt, sich diverse Kung-fu-Techniken anzueignen. Nachdem der Bettler in einem warm-up-Kampf (sprich: er will Ah Yen mürbe machen für Teacher) den Löffel reicht, kommt Teacher der geniale Einfall – für neue Techniken kombiniert er Bewegungen aus der Kalligraphie mit Kung-fu! Damit sollte dem Killer, der inzwischen den Boss inklusive komplettem Haushalt (samt Schwester) eines Schatzes wegen niedergemacht hat, beizukommen sein…


Inhalt

KUMITE! KUMITE! KUMITE! Ah, sorry, got carried away. Zu den grundsätzlichen Regeln des Kung-fu-Films gehört, dass ein Kung-fu-Film mit Bolo Yeung immer besser ist als ein Kung-fu-Film ohne Bolo Yeung. Jeglicher Widerspruch zu dieser These wird von mir als statistisch irrelevant betrachtet.

Was mir nicht bewusst war – Bolo Yeung hat auch selbst auf dem Regiestuhl Platz genommen und sich als sein eigener Filmemacher versucht. Das musste ich natürlich mal persönlich unter die Lupe nehmen. „Writing Kung Fu“ lässt zumindest den Schluss zu, dass Bolo auch hinter der Kamera weiß, was zu tun ist – dass der Film selbst kein historischer Weitwurf ist, liegt am niedrigen Budget, dem nicht sonderlich eindrucksvollen Cast (jenseits von Bolo) und einem konfusen Script (von wem auch immer).

„Writing Kung Fu“ ist die Sorte Script, in der zwei scheinbar unzusammenhängende Plots arglos nebeneinander her laufen und man als Zuschauer sich zunehmend fragt, wie zur Hölle die Plotlines sich mal schlüssig verknüpfen sollen. Da haben wir auf der einen Seite die Leiden des jungen Lehrers, ein Melodrama in mehreren Akten, garniert mit etwas Komedypopomedy, insgesamt aber nicht sehr erbaulich, weil der Lehrer selbst als Charakter eine ziemliche chiffre bleibt – was genau ihn ticken lässt, warum er zu dem geworden ist, der er ist und wieso er letztlich bereit ist, seine Prinzipien aufzugeben, das alles bleibt vage, unklar und unglaubwürdig. Auf der anderen Seite haben wir die Geschichte um den fiesen vietnamesischen Killer Ah Yen, der sich ins Haus des Boss einschleicht, um dort Schindluder zu treiben, und die beiden Überlebenden des Salz-Raubes, die sich wie auch immer an ihm rächen wollen. Auch diese Plotline ist nicht sonderlich überzeugend, und die spätere Einbindung des Bettlers ist komplett verwirrend (zur Ehrenrettung des Films will ich sagen, dass ich stark davon ausgehe, dass der internationale Print mal wieder ordentlich um Handlungselemente gekürzt wurde. Wie Teacher z.B. an seinen Geldgewinn kommt, und wieso sein erwachsener Dorfdepp-Schüler in der entsprechenden Szene wieder sein bester Freund ist, obwohl er zwei Szenen weiter vorne zu denen gehörte, die wegen Teachers ständigem Versagen die Schule verlassen haben, haben vielleicht die Zuschauer in Hongkong erfahren, wir dürfen’s nicht).

Die Szenen, die mir wirklich gefallen haben, taten dies dann auch weniger aus ihrer filmischen Exzellenz als durch ihre Kuriosität. Favorite Scene #1 spielt sich ab, als Teacher sich besäuft und dabei auf den Wahrsager und seinen Helfer stößt und sie eine Art Wette abschließen, wonach Wahrsager & Kumpel zu jedem Wort, das ihnen Teacher an den Kopf wirft, eine Kung-fu-Technik demonstrieren können, und die darin endet, dass die beiden Fighter sich nur noch „theoretisch“ verbal Stellungen an den Kopf werfen – das erste nur mit Worten geführte Kung-fu-Gefecht, das ich gesehen habe. Scene #2 ist ungleich dramatischer -als der Bettler nach seinem Kampf mit Ah Yen tödlich verwundet auf Teacher trifft, führt er ihm während des Abnippelns noch ein paar Kampftechniken vor…

Bolo selbst, der sich natürlich die Rolle des bösen Ah Yen zugedacht hat, hält sich zurück. Wie in den meisten seiner Filme ist er mehr „special attraction“ denn „leading actor“, und das ist vermutlich auch die richtige Herangehensweise. Optisch hat Bolo sich ein paar graue Strähnen ins Haar färben lassen und einen grauen Schnauzbart angeklebt, was schon wieder irgendwie drollig aussieht. Sein Kampfstil wird dadurch geprägt, dass er während des Fights gerne noch auf seiner Querflöte spielt.

Die Kämpfe sind nicht herausragend choreographiert und trotz Ah Yens ihm vorauseilenden Ruhms als grausamer Killer nicht sooo brutal, und, und das ist das große UND, John Cheung, der eigentliche Hauptdarsteller, später Mitglied von Jackie Chans Stamm-Truppe (und mit einer größeren Rolle in der TV-Serie „Vanishing Son“ bedacht), ist ’ne ziemliche Flachpfeife – man ist fast automatisch auf der Seite seiner Feinde, weil er so ne weinerliche Nulpe ist (okay, das ist auch die Rolle, ist mir schon klar, aber er erfüllt sie halt nicht wirklich mit richtigem Leben). Die weibliche Hauptrolle (die aber nicht sehr gehaltvoll ist) geht an On-On Yu (auch bekannt als An-An Yu, Candy Yu und Candice Yu), die bis heute aktiv ist und auch ihre wichtigsten Rollen im „Alter“ gespielt hat (so z.B. neben Jackie Chan in „Rob-B-Hood“).

Der Print auf amazon prime ist recht ramponiert, aber immerhin in Widescreen, die englische Synchro ist alles andere als lippensynchron, aber noch eine der besseren Billig-Eastern-Synchros.

Bolo macht als Regisseur nicht viel falsch, aber er bleibt stilistisch konventionell und muss sichtlich mit einem kleinen Budget zurecht kommen. Er ging dann wohl richtigerweise davon aus, dass er sich das nicht unbedingt antun muss und ließ es mit diesem, seinem zweiten Film als Regisseur nach „Fists of Justice“ auch mit dem Regie führen bewenden. Der Eastern-Freund sollte allein der Neugier halber, wie Bolo sich als Director schlägt, mal reinsehen, für Einsteiger ist „Writing Kung Fu“ trotz ein-zwei netter Ideen wohl um einiges zu meh…

2/5

(c) 2017 Dr. Acula


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