Wonderland

 
  • Deutscher Titel: Wonderland
  • Original-Titel: Wonderland
  •  
  • Regie: James Cox
  • Land: USA
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Val Kilmer (John Holmes), Kate Bosworth (Dawn Schiller), Carrie Fisher (Sally Hansen), Dylan McDermott (David Lind), Eric Bogosian (Eddie Nash), Lisa Kudrow (Sharon Holmes), Christina Applegate (Susan Launius), Josh Lucas (Ron Launius)


Vorwort

Am 1. Juli 1981 erhielt die Polizei einen Notruf, da in dem Haus mit der Adresse 8763 Wonderland Avenue ein extrem bestialischer Vierfachmord geschehen ist. Den Drogendealern Ron Launius, Billy Deverell, Barbara Richardson und der Hausbesitzerin Joy Miller wurden mit Stahlrohren regelrecht die Schädel zertrümmert. Ron Launius Frau Susan überlebte den Anschlag nur zufällig und schwer verletzt. Die Ermittlungen der Polizei ergeben sehr schnell, dass offenbar die ehemalige Pornolegende John Holmes in direktem Zusammenhang mit dem Verbrechen steht. Bei der Polizei meldet sich ein Mann namens David Lind, der angibt, dass Holmes ihm und den ermordeten Leuten einen Tipp gegeben hatte, dass bei dem Drogenbaron und Nachtclubbesitzer Eddie Nash sehr viel Geld zu holen gewesen sei. Da liegt der Verdacht natürlich nahe, dass Nash sich nun an den Räubern rächen wollte. Als man Holmes jedoch in einem Hotel mit seiner 15jährigen Geliebten Dawn findet, erzählt dieser eine ganz andere Version der Geschichte. Laut ihm ist David Lind der eigentliche Hauptschuldige…


Inhalt

Die Wonderland-Morde erregten damals in Amerika jede Menge Aufmerksamkeit. Das lag natürlich daran, dass mit John Holmes ein Mann im Mittelpunkt stand, der quasi der erste Weltstar der Pornoindustrie war und der nach einer steilen Karriere in der Erotikbranche bereits einen extremen Absturz hingelegt hatte. Da nie ganz geklärt wurde, was an jenem Tag geschah, musste Regisseur James Cox mit seinem Film einen Ansatz wählen, der von dem üblicher True-Crime-Filme abweicht. Er löst dieses Dilemma sehr geschickt. Erst zeigt man uns die Vorgeschichte der Geschehnisse, dann erfährt ein uns zu diesem Zeitpunkt noch unbekannter Mann (es ist Lind) eher zufälig von dem Mord und dieser meldet sich dann auch freiwillig bei der Polizei und erzählt den Cops (und damit auch uns) seine Version der Geschichte, die besagt, dass Holmes die Idee mit dem Überfall auf Nash hatte und diesem die Namen der Räuber verraten haben muss, weil er sich mit Ron Launius wegen seinem Anteil in die Haare gekriegt hatte. Dann verfolgen wir ein wenig die Ermittlungen, bis die Cops schließlich Holmes mit seiner minderjährigen Freundin auftreiben. Dieser präsentiert uns Lind dann als den Psycho, der an allem die Schuld trägt (und der es Nash auch nur so zum Spaß steckt, dass Holmes der Mastermind hinter dem Überfall ist. Warum das meiner Meinung nach eher nicht passiert ist, werde ich euch später erklären). Die nachfolgende Szene ist auch sehr aufschlussreich, da darin die ermittelnden Beamten sämtliche Möglichkeiten durchspielen, die sich aus den beiden Varianten ergeben.

Und dann zeigt der Film uns eine dritte Version, nämlich die, die sich höchstwahrscheinlich wirklich abgespielt haben dürfte. Hier kommt dann eine Aussage von Holmes‘ Frau Sharon zum Tragen, die sie erst nach dessen Tod getätigt hatte, nämlich dass Holmes, der es Zeit seines Lebens vehement abgestritten hat, dass er zur gefragten Zeit einen Fuß in die Wonderland Avenue (findet ihr es nicht auch hochironisch, dass einer der beliebtesten Drogenumschlagplätze von L.A. Anfang der 80er Jahre ausgerechnet in der „Wonderland Avenue“ war und müsst ihr dabei nicht auch daran denken, dass „Alice in Wonderland“ in einem einzigen Drogenrausch entstanden ist?) gesetzt haben will, in der Nacht des Mordes über und über literweise mit fremdem Blut bespritzt und völlig unter Schock stehend vor ihrer Haustür aufgetaucht ist. So halte ich presönlich auch Version Nr. 3, in der gezeigt wird, dass man Holmes dazu gezwungen hat, sich anzusehen, was mit seinen Freunden passiert, für wahrscheinlicher als die ersten beiden, und zwar ganz einfach deshalb, weil Lind sich selbst in einem viel zu guten Licht präsentieren will und Holmes Version nicht stimmen kann, weil Lind zwar sicher nicht die hellste Birne im Kronleuchter ist, aber selbst er war wohl kaum so blöd, dass er den schon damals als absolut durchgedreht geltenden Nash verraten würde, wer denn überhaupt erst die Idee zu dem Überfall hatte (weil Nash ja sonst noch am selben Tag auch seinen Namen und Adresse aus Holmes rausgeprügelt hätte). James Cox überstilisiert den Film regelrecht, so stellt er die Szene nach dem Überfall auf Nash so dar, dass beim Auspacken der Beute (immerhin Schmuck, Drogen und Bares im Wert von 1.2 Mio. Dollar) auch gleich wie bei einer alten Registrierkasse der Wert addiert wird, um diesen dem Zuschauer auch gleich visuell vor Augen zu führen.

Kommen wir zu den SchauspielerInnen. Ich finde Val Kilmer ja an und für sich schon ziemlich gut, aber dass er das abgehalfterte männliche Ex-Pornostarlet so gut rüberbringt, hätte ich ihm nicht zugtraut. Hut ab! Kate Bosworth kann zwar die emotionale Abhängigkeit Dawns von Holmes gut rüberbringen, aber mit Anfang 20 kaufe ich ihr den 15jährigen Teenager einfach nicht mehr ab, sorry. Josh Lucas, der zuvor vor allem mit Liebeskomödien à la „Sweet Home Alabama“ aufgefallen ist, spielt einen großartigen vom Größenwahn heimgesuchten Ron Launius, Dylan McDermott (M.A.R.K. 13) muss man dafür Respekt zollen, dass er die gleiche Rolle mühelos einmal als einzig vernünftigen Typen der Gang und ein anderes Mal als durchgeknallten Vollidioten anlegen zu können, Lisa Kudrow holt aus ihrer begrenzten Screentime das absolute Optimum raus (was auch für Christina Applegate gilt) und Eric Bogosian ist als alles und jeden vernichtender Verbrecherboss schlicht unfassbar großartig. Und jetzt genug der Superlative. 😉

Die Doppel-DVD von Paramount ist auch nicht zu verachten. Als Extras gibt es einen Ausschnitt aus der Sendung Court-TV (unter anderem mit einem Interview mit Dawn Schiller, die hier auch als Associate Producer fungierte), einen Audiokommentar von James Cox und Autor Captain Mauzner, entfernte Szenen, den Autopsiebericht, Interviews mit den Stars und etwas, für das ich die DVD fast schon wieder hasse: Nämlich das etwa halbstündige Tatortvideo des LAPD. Vier Leichen inklusive. Leute, wenn ihr mal Hunger habt, aber zu faul seid, euch etwas zum Mittagessen zu kochen, dann habt ihr hier die perfekte Alternative. Denn spätestens wenn ihr im Wohnzimmer die erste Leiche seht, vergeht euch wohl ohnehin der Appetit. Ganz ehrlich, so etwas macht mich ziemlich wütend, wenigstens eine kleine Warnung in Form einer Texttafel, dass man hier nicht nur ein paar Kreidezeichnungen auf dem Boden sieht, wäre schon nett gewesen (ganz abgesehen davon, dass ich es nicht verstehen kann, dass etwaige noch lebende Angehörige dem wohl zugestimmt haben müssen – mich hätten wohl keine zehn Pferde zu einem „Ja!“ zu dieser Idee gebracht), denn schließlich kann sich jeder, der das hier liest, vorstellen, wie eine tote Frau so aussieht, der man mit nem Bleirohr regelrecht den Schädel gespalten hat. (Hier war ja schon der Film grenzwertig genug, der am Schluss, als die Morde uns – übrigens reichlich brutal für FSK 16, muss ich schon sagen – immer wieder für ein paar Frames eben jene Leichen zeigt, aber dass man dann in den Extras jede Leiche minutenlang in ihrer ganzen „Pracht“ betrachten darf, schlägt dem Fass den Boden aus!) Ich hab in dem Moment gar nicht mehr daran gedacht, dass ich eigentlich die Stopptaste betätigen könnte und bin einfach aufgestanden und hab das Zimmer gewechselt (bin dann aber – Die Neugier ist ein Hund! – gleich wieder retour, dann wieder weg, dann wieder retour und schließlich ganz weg). Dieses zweifelhafte Extra ist nur dazu da, die gewaltgeilen Voyeure anzusprechen. Es ist – man muss es so sagen – ein Snuff-Film und dafür, dass sie die Opfer noch nachträglich auf diese Art und Weise schänden, wünsche ich denjenigen, die das verbrochen haben, alle schmerzhaften und ekelerregenden Krankheiten dieser Welt an ihre verdammten Hälse! Auf DVD Nr. 2 befindet sich der Film „WADD: Das Leben und die Zeit des John Holmes“, dem ich hier ein eigenes Bit nächste Woche widmen möchte. Bild und Ton sind auf der DVD absolut in Ordnung, da gibt es nichts zu bemängeln.
Fazit
„Wonderland“ ist ein wirklich guter Film, den ich nur weiterempfehlen kann. James Cox ist mit ihm nichts weniger gelungen, als eine direkte Fahrt in die Abgründe der menschlichen Seele. Nur finde ich, dass das Tatortvideo nicht auf diese Weise hätte veröffentlicht werden dürfen (aus ethischen Gründen).

4/5


mm
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