Wolfhound

 
  • Original-Titel: Wolfhound
  •  
  • Regie: Donovan Kelly, Jim Wynorski (unkreditiert)
  • Land: USA
  • Jahr: 2002
  • Darsteller:

    Allen Scotti (Colum Kennedy), Jennifer Courtney (Stella Kennedy), Julie Cialini (Siobahn), Brian Monaghan (Sheamus Macroth), Samantha Keveney (Sally Kennedy), Jack Dunne (Michael Kennedy), Fiona Kelly (Moira), Conor Molan (Fergal), Maria Tecce (Clare), Little John Nee (Bob), David Flynn (Finn)


Vorwort

Colum Kennedy (Allen Scotti, BLACK SCORPION, VIRTOUSITY) ist auf dem Selbstfindungstrip. Deshalb hat der gebürtige Ire seine amerikanische Familie – Ehefrau Stella (Jennifer Courtney, JANEANE FROM DES MOINES) und die entzückenden Blagen Sally und Michael – eingepackt und ist mit ihnen in sein irisches Heimatdorf „Wolfshead“, ein Kaff tief in der tiefsten Provinz von County Galway, gereist. Der Plan ist, im alten Familienwohnsitz Verbindung mit der Vergangenheit – speziell seinen Eltern, an die Colum nicht wirklich greifbare Erinnerungen hat hat – aufzunehmen, und über diesen Prozess ein Buch zu schreiben. Everyone’s a writer, nowadays.

Wolfshead ist wirklich am Ende der Welt, und es ist schon so ziemlich das größte Zugeständnis an die moderne Zivilisation, dass die Eingeborenen tatsächlich Englisch sprechen und nicht das gaelische Idiom pflegen (im echten Leben ist Galway-County übrigens eine Hochburg der ursprünglichen irischen Sprache, also wäre das gar nicht so weit neben der Wahrheit). Der Kennedy-Familienstammsitz ist nicht gerade ein Fünf-Sterne-Hotel. Klar, denn seit zwanzig oder dreißig Jahren hat da drin niemand mehr gewohnt, und selbst damals ™ war die Hütte sicher nicht auf dem respektiven aktuellen Stand der Technik. Gut, Stella und die Kids, deren Begeisterung über das ganze Unternehmen einigermaßen überschaubar ist, reden sich zumindest ein, dass dieser ganze Ausflug ja hoffentlich schnell vorbei ist. Die erste Begrüßung bekommen die Kennedys allerdings von den zwei riesigen Irischen Wolfshunden, einer weiß, einer braun, die sich widerrechtlich im Kennedy-Heim aufhalten und die Zähne fletschen. Immerhin – die Biester haben Besitzer, da sie Halsbänder tragen, und mit ein-zwei couragierten „shoos“ hat Colum die caninen Hausbesetzer auch vertrieben.

Man macht’s sich also so gemütlich, wie’s in einem ungefähr fünftausend Jahre alten Haus mit entsprechender Möbilierung eben so geht. Stella geht mit den Kindern einkaufen. Selbst das gestaltet sich eher abenteuerlich, denn der Krämerladen mit Postfiliale, der die singuläre Bastion des Kapitalismus darstellt und unter der Fuchtel von Moira (Fiona Kelly) steht, entspricht nicht wirklich den Vorstellungen einer verwöhnten New Yorkerin. Besonders die Frage nach der aktuellen Ausgabe der New York Times ist vermutlich der beste Witz, den Moira seit der letzten irischen Hungersnot gehört hat – es gibt den Galway’schen Dorfboten, wenn Informationsbedürfnis besteht, und da drin stehen sogar die Spielzeiten des Multiplexkinos. Das, allerdings, liegt 40 Meilen weit weg an der rocky road to Dublin, wie auch der nächste Supermarkt. Stella verzichtet dankend auf einen Einkauf.

Das Erbgut, das Stella und Colum ihrem Nachwuchs mitgegeben haben, ist ersichtlich nicht überwältigend. Auch mit ihren fünf oder sechs Jahren sollte Sally es besser wissen, als auf die Mauer eines Brunnens zu klettern und sich anzuschicken, sich dort drin selbst zu versenken. Zur Lebensrettung schreitet niemand anderes als der Halter des weißen Wolfshunds, Sheamus Macroth (Brian Monaghan, SPACEJACKED), ein eher grober Kerl, der zuvor schon prüfende Adleraugen auf Stellas durchaus nicht zu verachtenden Hintern geworfen hat. Stella bedankt sich artig für die Rettung, aber Sheamus ist ihr nicht so wirklich geheuer, also hasselt sie ihre Kinder ins Auto und verzupft sich.

Colum recherchiert dieweil nach seiner Familie. Die örtlichen Aufzeichnungen liegen, wie sich das in einem katholischen Land gehört, in der Kirche, und werden von einem attraktiven dunkelhaarigen und ziemlich goth angehauchten Gerät namens Clare (Maria Tecce, THE HONEYMOONERS, BAD KARMA, FLITTERWOCHEN IN DEN TOD) überwacht. Zu Colums Überraschung existieren in den Kirchenbüchern keine Angaben über seine Eltern. Aber das ist, erklärt Clare, jetzt auch nicht gerade speziell ungewöhnlich – das heißt nicht mehr, als dass die Kennedys nicht vor Ort geboren wurden. Ich bin mir nicht wirklich sicher, welchen Subplot WOLFHOUND hier aufnehmen möchte, der Film kommt jedenfalls nicht wieder darauf zurück. Vergesst diesen Absatz also. Obwohl… Clare brauchen wir später noch mal.

Colum fühlt sich bei der Arbeit an seinem Buch von dem weißen Wolfshund speziell beobachtet. Aber nicht jeder Einwohner von Wolfshead ist offensichtlich der beste Freund des Hundes. Der Irre z.B., der seinen Mantel mit allerhand abgetrennten Fuchsschwänzen dekoriert hat und mit seiner antiken Flinte auf den braunen Wolfshund ballert, als der am Kennedy-Haus vorbeischarwenzelt, und dabei fast durchs offene Fenster schießt, hat’s wohl weniger mit den Flohtüten. Colum macht den Schützen ordnungsgemäß mit dem immer beliebten Argument „hier sind KINDER!!!“ zur Minna, Fergal (Conor Nolan, BLOODFIST VIII: TRAINED TO KILL, STAR PORTAL) bleibt einigermaßen unbeeindruckt, aber freut sich ein bis zwei Beine ab, als er Colum als einen leibhaftigen Kennedy erkennt. Zumindest für Fergal ist hier ein verlorener Sohn heimgekehrt, und da fällt ihm ein, er hat etwas für Colum, quasi ein Erbe. Fergal führt Colum in seine abgelegene Hütte, gegen die die Kennedy-Bruchbude Club Med ist, rhabarbert darüber, was für gute Menschen Colums Eltern gewesen seien und dass sie ihr garstiges Schicksal nicht verdient hätten, und drückt Colum dann zu dessen gelinder Verblüffung einen Armvoll Ketten in die Hand. Weder schmucke Halskettchen zur Dekoration des Astralkörpers, noch solche, mit denen man Ladung festzurren kann, sondern solche mit schicken Arm- und Fußfesseln, mithin also erstklassige Bondage-Ware. Huihi, war die vorangegangene Kennedy-Generation etwa… kinky?

Colum ist einigermaßen verdutzt, nimmt das Geschenk aber trotzdem an. Man weiß ja auch nie, wofür man’s brauchen kann. Mit zwei Kindern an der Backe ist das Sexleben der Kennedys vermutlich eh eingeschlafen, vielleicht ist das Gear genau das, was der Onkel Doktor verschrieben hat… Es passt sowieso zu einer Entdeckung, die Stella kurz darauf macht. Zum Anwesen gehört nämlich auch noch ein Schuppen, und für den hat Stella die Schlüssel gefunden. Was sie im Schuppen vorfand, bindet sie umgehend ihrem Göttergatten auf die Nase, und der macht sich mutmaßlich einige Gedanken – der Schuppen ist ein amtlicher BDSM-Dungeon, zwar recht rustikal, aber dennoch würde sich wohl jede Domina dort wohl fühlen. Abgründe tun sich auf, Abgründe…

Colum jedenfalls fühlt sich davon durchaus angezogen. Bei einem nächtlichen Ausflug in den Bondage-Schuppen bemerkt er, dass er aus der Ferne vom weißen Wolfshund beobachtet wird und nach einem kleinen Augenreiber hat sich der Wuff in ein ausgesprochen attraktives Frauenzimmer (Playboy-Playmate Julie Cialini, HIGH TIDE – EIN COOLES DUO, WATCHFUL EYE, SOUTH BEACH ACADEMY) mit einer erfreulichen Aversion gegen Bekleidung auch in menschlicher Form transformiert. Und noch ehe es sich Colum versieht, hat sich der steile Zahn (der den Credits nach auf den Namen Siobahn höhrt, der aber im Film kein einziges Mal ausgesprochen wird) auch schon in den Schuppen gebeamt. Und noch einen kurzen Moment später ist Colum schon nackt ans Bett gekettet und wird von Siobahn amtlich durchgeföckelt. Whoop-di-doo.

Das tut dem familiären Seelenfrieden insgesamt auch alles nicht gut. Die Zeitabläufe des Films sind etwas vage, aber es vergehen offenbar ein paar Wochen, und in der Zeit ist Stella beunruhigt genug, um beinahe täglich zu entscheiden, mit den Kindern nach Amerika zurückzukehren. Doch nach dem Kofferpacken und Ins-Auto-Schleppen derselben überlegt sie es sich regelmäßig anders – die Kinder sehen das schon als amüsantes Ritual. Der Grund für Stellas Fluchtgedanken ist weniger simples Heimweh als die Befürchtung, dass Colum full Jack Torrance geht – er ist in der Tat ein wenig seltsam und abweisend geworden, was natürlich, seiner Aussage nach, auf seine harte Buch-Arbeit zurückzuführen ist. Moira, so etwas wie die offizielle Repräsentantin der Dorf-Community, versucht, die Kennedys und speziell Stella in die Gemeinschaft zu integrieren und schlägt einen abendlichen Pub-Besuch vor, denn es fehlt Stella augenscheinlich an sozialer Ansprache. Die Einladung richtet sich zwar nach meiner Interpretation primär an Stella, aber am Abend gesellt sich auch Colum dazu. Die Schänke ist zwar drittklassig, aber trotzdem mangels Alternativen der soziale Mittelpunkt des Dorfs, und die Stimmung ist ordentlich ausgelassen und Guinness-getränkt. Und die Dörfler geben sich auch alle Mühe, die Neuankömmlinge freundlich aufzunehmen. D.h. bis auf Bob, der aus Gründen allemeiner Fiesheit herumstichelt – passenderweise solange, bis Sheamus mit seiner hündischen Begleitung auftaucht und klar wird, dass er und Colum sich auf den ersten Blick so ungeheuer sympathisch sind, dass sie sich am liebsten gegenseitig die Fressen polieren möchten. Colum mimt den generell Angepissten und geht mal zum Fresh-Air-Snapping vor die Tür, wo er schon von Sheamus‘ Töle erwartet wird, die sich einmal mehr in Siobahn verwandelt und Colum umgehend an die Wand drückt, um eine schnelle Nummer zu schieben. Der Coitus wird zwar einer von der interruptus-Sorte, aber dass die Hundefrau ganz heiß auf Colum ist, lässt sich nicht verleugnen. Back in the pub ist aus Sheamus‘ Sicht die geeignete Provokation, um Colum ordentlich auf die Eier zu gehen, dann auch schnell gefunden (wenig überraschend Sheamus‘ unverhohlenes Interesse an Stella), und es gibt Keile. Moira empfiehlt, ganz auf dem boys-will-be-boys-Trip, dass Stella sich aus der Schlägerei tunlichst raushalten soll, das werden die Sackträger schon untereinander klären. Zwar zieht Sheamus ohne Weiteres den Längeren, aber alleine schon Colums erklärter Willen, sich vom Dorfproleten nicht rumschubsen zu lassen, sondern sich zur Wehr zu setzen, gewinnt den Respekt der Anwesenden und auch Moira findet, dass das durchaus ein positiver Ausgang der Konfrontation war.

Als Babysitterin fungiert dieweil Clare, und die unterhält ihre Schützlinge mit meines Erachtens nicht ganz jugendfreien irischen Mythen und Sagen um blutrünstige Gestaltwandler. Michael ratzt sofort weg, Sally ist aufmerksamer. Nach Rückkehr der Eltern verabschiedet sich Clare und lehnt das Angebot auf eine motorisierte Heimkutschierung dankend ab – sie wohnt so nah, das Stückchen kann sie auch fliegen… Und als Sally nochmal aus dem Fenster kuckt, sitzt auf dem Fensterbrett eine pechschwarze Krähe. Get it? GET IT??

So nimmt das Schicksal seinen Lauf. Zumindest bis zu dem schönen Tag, an dem sich Colum wieder einmal mit Siobahn in der Bondage-Hütte vergnügt (und Siobahn zwei andere Girls als Verstärkung mitgebracht hat. Lucky, lucky bastard) und Stella mal einen Blick auf die umfangreichen Mappen und Blöcke wirft, die vorgeblich Colums stolzes Werk beinhalten. Tja, Colum hat offenbar den Fokus seiner Arbeit gelinde in Richtung „graphic novel“ verschoben, denn die vermeintlichen Roman-Fragmente entpuppen sich als (nicht besonders dolle, ein großer Zeichner ist er wohl nicht) ausschließlich als Bildmaterial, und das überwiegend von einer nackten Frau, die manchmal einen Hundekopf trägt. Die Schlussfolgerung für Stella liegt auf der Hand – ihr Angetrauter betrügt sie offenbar nicht nur, sondern hat auch noch ersichtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Da hilft nur noch eins – Koffer und Kinder packen, und ab zum nächsten Flughafen, one-way-ticket back to the states. Fairerweise allerdings will sie sich von Moira verabschiedern, und das ist, meine Güte, irgendwie müssen wir ja noch eine dramatisches Ende hinpfriemeln, so richtig viele Höhepunkte non-sexueller Art hatte der Streifen bislang ja nicht, nicht die beste Idee, die sie heute hatte.

Moira nämlich steht auf dem „nix-wird-so-heiß-runtergewürgt-wie-gekocht“-Standpunkt und hasselt erst mal die Kinder nach oben, damit die Erwachsenen bei einer Tasse Tee oder drei vernünftig über die ganze Angelegenheit konversieren können. Der Film lässt offen, ob es reiner Zufall ist oder Moira hier heimtückisch konspiriert, aber jedenfalls drängt sich Sheamus in Moiras Wohnstube, und der ist nicht gewillt, Stella einfach so gehen zu lassen…

Die Zudringlichkeiten, denen sich Stella ausgesetzt sieht, bekommt Colum als erschreckende Vision direkt ins Hirn serviert, und, mei, er poppt gerne mal angekettet mit der heißen Siobahn, man könnte also meinen, was seiner gesetzlich legitimierten Partnerin so zustößt, könnte ihm gepflegt rektal vorbeigehen, aber nööö, jetzt, wo’s ans Eingemachte geht, wird auch ihm bewusst, auf welcher Seite sein Brötchen gebuttert wird. Siobahn ist überraschenderweise kooperativ – allerdings weiß die Werhündin auch, dass Colum – wie uns auch die Erfahrungswerte gezeigt haben – in seiner aktuellen Verfassung gegen Sheamus keine Schnitte sehen wird. Er muss seine animalische Seite voll aktivieren, um eine Chance zu haben, mithin also sein nicht-materielles Erbe akzeptieren. Siobahn kann dabei behilflich sein, und die Methode ist bewährt – heißer, animalischer Bondage-Sex. Gut, ich kann mich jetzt aus Bio nicht unbedingt erinnern, dass auch unsere vierbeinigen Freunde ihr Geschlechtsleben mit Fesselsex aufpeppen, aber gestehen wir Siobahn zu, dass sie in dieser Hinsicht mehr Expertise hat. Allerdings ist dafür ein Rollentausch erforderlich – damit Colum das Tier in sich wecken kann, muss er nun Siobahn anketten und sie begatten. Das lässt sich einrichten.

Einen Orgasmus später ist Colum bereit für den Entscheidungskampf gegen Sheamus. Der ist gerade dabei, Stella aus Moiras Haus zu schleppen, um, um… ich hab keine Ahnung, was er will. Wird, wie ich die Blase kenne, wahrscheinlich mit Ketten und Ficken zu tun haben. Die ganze Dorfgemeinschaft spielt Zuschauer, als Colum auftaucht und Sheamus herausfordert. Der Kampf beginnt – Sheamus und Colum transformieren sich in ihre tierischen Selbste, bestreiten aber den wirklich handgreiflichen Part ihres Fights in menschlicher Form (ich bin mir auch nicht sicher, ob der Film wirklich aussagen will, dass die Kämpen zwischen ihren jeweiligen Formen wild hin- und herspringen oder die Einstellungen ihrer Hundeformen nur symbolisch den Einsatz ihrer animalischen Seiten zum Ausdruck bringen sollen). Es ist ein harter Kampf auf Augenhöhe, aber schlussendlich gelingt es Colum, seinen Rivalen in den schon erwähnten Brunnen zu schubsen. Platsch. Das wird von der Dorfcommunity überraschend positiv aufgenommen – Conor bejubelt Colums Sieg mit einem „endlich FREI!“, was darauf hindeutet, dass die Wolfshead-Belegschaft von der Führung ihres bisherigen Alphamales Sheamus eher so mittel begeistert war. Gemäß den Gesetzen des Dschungels wäre Colum damit der neue Alphamale, aber noch bevor er sich mit den weiteren Implikationen seines Siegs näher befassen kann, kraucht aus dem Brunnen der mitnichten und –neffen besiegte Sheamus!

Colum hat auf eine zweite Runde keinen Bock, packt Weib und Kind ins Auto, sich selbst hinterher und tritt aufs Gas. Sheamus und die versammelte Dorfbrigade verwandeln sich in ihre Hundeformen (mit Ausnahme von Clare, die das Treiben in ihrer Krähenform verfolgt) und hecheln den Kennedys hinterher, aber selbst auf irischen Feldwegen ist ein Automobil am Ende etwas flotter unterwegs als ein Köter…


Inhalt

WOLFHOUND ist mal wieder ein Film, der eher „interessant“ ist als er „gut“ wäre…

Aber von Anfang an. Kurz vor der Jahrtausendwende legte die irische Regierung ein Förderprogramm zum Aufbau einer eigenen Filmindustrie auf und versuchte, speziell amerikanische Produktionsfirmen mit Steuervergünstigungen etc. dazu zu bewegen, auf der grünen Insel zu produzieren. Meiner oberflächlichen Recherche nach war der einzige Produzent von gewissem Rang, der auf dieses Angebot mit offenen Armen einging, der alte Fuchs Roger Corman, überall da zu finden, wo man zwei oder drei Groschen sparen konnte. Corman ließ für ein paar Jahre gern in Irland produzieren (u.a. den Spukhausfilm ESCAPE TO NOWHERE oder das SF-Drama STAR PATROL). Auch Donovan Kellys WOLFHOUND verdankt seine Existenz diesem Förderprogramm – basierend auf einem Drehbuch von Scott Bradfield (LUMINOUS NATION) und verantwortet von der einigermaßen irrführend betitelten Produktioncompany „Transpacific Corp.“, die auch den gerade erwähnten ESCAPE TO NOWHERE offiziell herstellte (den Vertrieb übernahm in beiden Fällen Cormans Concorde-New Horizons).

Während hinter der Kamera eine Vielzahl irischer Crewmitglieder werkelte und auch die meisten Nebenrollen mit einheimischen Akteuren besetzt wurden, finden sich in den wesentlichen Rollen einige Corman-Alumni (teilweise aber auch irische Darsteller, die auch in anderen auf der Insel gedrehten Corman-Produktionen eingesetzt wurden). Die augenfälligste Corman-Connection bleibt allerdings die von der IMDb vermeldete Beteiligung von Jim Wynorski, der unkreditiert einige Szenen beaufsichtigt haben soll. Da Wynorski sich zu dieser Zeit nicht in Irland umtrieb, gehe ich davon aus, dass er, wenn diese Angabe der Wahrheit entspricht, vermutlich die Bondage-Sexszenen von Sciotti und Julie Cialini drehte, und die wahrscheinlich back in good old USA – es sähe dem alten Schwerenöter ähnlich, sich die Softcore-Einlagen vorzubehalten, zumal die sowohl tonal gegenüber dem Restfilm deutlich aus dem Rahmen fallen und auch rein faktisch – mit nur zwei Darstellern und in vergleichsweise leicht zu reproduzierendem Set – problemlos an anderem Ort gedreht und dann in Kellys Material reingeschnitten werden konnten.

Ja, und auch deswegen, weil WOLFHOUND ansonsten eine ausgesprochen untypische Corman-Produktion ist, alldieweil Kelly hier einen ziemlich zurückhaltend inszenierten, wenig auf plakative Schauwerte denn vielmehr auf eimerweise Atmosphäre setzenden Film abliefert. Da wäre ansonsten kaum leicht zu vermarktende „Exploitation“ drin, und wenn wir etwas wissen, dann, dass Corman Filme nicht der Kunst, sondern des Geldverdienens wegen macht und die kommerzielle Verwertbarkeit des Ergebnisses das A und O ist. WOLFHOUND ist ein slow-burner, der ohne jede graphische Gewalt, ohne jeden Splattereffekt, ja, sogar völlig ohne bodycount auskommt. Ich würde mich in der Tat schwer tun, WOLFHOUND guten Gewissens als Horrorfilm zu bezeichnen, das ist eher sanfter Grusel oder Dark Fantasy denn echter Fangzahn-Horror.

Und doch funktioniert WOLFHOUND gar nicht mal so schlecht, denn der Streifen punktet schon allein mit seinem Setting in der finstersten irischen Provinz. So ein touristisch völlig unerschlossenes Hinterwald-Dorf in Irland ist per se unheimlich – die Gebäude, die Feldeinfriedungen, die Landschaft, das alles ist zwar auf seine rustikale Weise bildschön, aber, wenn richtig in Szene gesetzt, grad bei Nacht ordentlich creepy – der deutsche Kameramann Georg Fick (HAPPY WEEKEND) ist jetzt sicher nicht gerade Michael Ballhaus, aber er versteht mit dem, was er vor sich hat, umzugehen und aus der Location atmosphärische Bilder herauszuholen.

Der Plot ist ziemlich dünn – zumal, wie Ihr sicher bemerkt hat, es nicht wirklich irgendwelche bemerkenswerten set pieces oder Höhepunkte der nicht erotischen Art, gibt. Man muss sich da an kleineren Events wie Sallys Beinahe-Absturz in den Brunnen, die Kneipenschlägerei von Colum und Sheamus und ihren finalen Hundekampf, halten, wären da eben nicht die Softcore-Einlagen, die WOLFHOUNDs Zuschauer in Abwesenheit echten Horrors bei der Stange (hähä) halten sollen. Ein sicherlich auf den Brustwarzen daherrobbender Vergleich wären wohl noch am ehesten Charlie Bands Surrender-Filme, in denen eine konventionelle SF- oder Horror-Handlung nicht auf Action- oder Splatterszenen,, sondern ausufernde Softsexszenen hininszeniert wird, wobei WOLFHOUND mit drei (einhalb, wenn man den Quickie an der Pubmauer mitzählen will) Softcore-Segmenten da numerisch deutlich unter der von Surrender gelegten Meßlatte (Latte, hähä… bin ich wieder lustig heut‘) bleibt.

Natürlich hätte man mit etwas mehr Zeit und Sorgfalt auch aus der simplen Geschichte mehr herausholen können, mehr Zeit auf den schleichenden Persönlichkeitswechsel bei Colum verwenden (und dadurch auch etwas mehr „strain“ – nicht Julie, ähm – in seine Beziehung mit Stella streuen können), auch seinen familiären Background näher beleuchten (was genau nun seinen Eltern widerfahren ist, dass man sich heute noch in Wolfshead dran erinnert und Colum es aus seinem Gedächtnis gelöscht hat, bleibt nämlich auch unausgesprochen), man hätte auch klären können, warum Clare als einzige Dorfbewohnerin kein Werwolf, sondern eine Werkrähe ist, und generell die Mythologie hinter den Lykanthropen aufdröseln können – z.B. warum manche als Menschen rumlaufen und ihre Artgenossen in Hundeform halten (in der Hinsicht bietet WOLFHOUND uns exakt gar nichts, was schon deswegen ein bisschen doof ist, weil Werwölfe/Shapeshifting nun nicht gerade ein elemanterer Bestandteil bekannter irisch-keltischer Sagen- und Legendenmotive sind, im Vergleich zu Leprechauns, Feen und Elfen und ähnlichem, durchaus zu allgemein geläufiger Folklore gewordenem Gedöns). Gut, es ist auch für unsereins nicht nachzuvollziehen, ob das nicht alles vielleicht in Bradfields Drehbuch drinstand, aber zugunsten von T&A rausgeschmissen wurde, weil Charakter- und Mythos-Background im Gegensatz zu Titten keine Einheit mehr verkauft… (ich muss zugeben, ich hab WOLFHOUND auch nur über die Wynorski-Verbindung und das, eh, anregende Cover gefunden. Also macht Corman wohl doch einiges richtig…).

Inhaltlich/formal ist mein größtes Problem, dass WOLFHOUND eigentlich kein Werwolf-Film, sondern ein Werhund-Film ist. Und irische Wolfshunde sind zwar GROSSE Hunde, aber vom Temperament her eher Knuddelbären als Kehlenausreißer. Bradfield ist da wohl einem kleinen, aber feinen Missverständnis aufgesessen. Man könnte natürlich schon meinen, der irische Wolfshund – eine Hunderasse mit großer Tradition, die allerdings durch diverse externe Faktoren manchmal nah am Aussterben war, weil die Iren, generell vom Schicksal ja eher nicht begünstigt, meist andere Prioritäten hatten, als sich um das Überleben einer endemischen Hunderasse zu kümmern (kurioserweise verdankt der irische Wolfshund sein Überleben auch dem alten Puritanerhäuptling Oliver Cromwell, der zum Schutz des minimalen Bestands während seiner Herrschaftszeit ein Ausfuhrverbot über die Rasse verhängte), und eigentlich erst seit Ende des letzten Jahrhunderts wieder gezielt gezüchtet wird – hätte, dem Namen wegen, eine gute Spur Wolf in sich, aber wie schon der englische Name der Rasse, Wolfhound, eigentlich naheliegt, ist der Wolfshund ein Jagdhund, der zur Jagd AUF Wölfe eingesetzt wurde (ja, klar, natürlich hat jeder Hund irgendwo ein bisschen Wolf in sich, und ja, es gibt natürlich auch Hunde mit einer deutlichen Wolf-Heritage, die nennt der Engländer aber nicht „wolfhound“, sondern „wolfshound“. Der Teufel sitzt im Detail). Will sagen, die Wer-„Wölfe“ sind nicht sonderlich bedrohlich, so sehr Kelly und Fick auch auf die fletschenden Zähne halten. Hat dann wohl auch seinen Grund, warum der Film auch nicht wirklich versucht, auf den Werwolfs-Aspekt großartig abzustellen und aus dem Konflikt von Sheamus und Colum mehr einen allgemeinen Alphamännchen-Disput macht, wie er auch unter nicht-lykanthropen XY-Chromosomenträger gerne mal vom Zaun gebrochen wird (was auch dafür spräche, dass im Showdown die Hundeformen der Streithähne mehr symbolisch als faktisch gemeint sind).

Effekttechnisch löst WOLFHOUND, wie es um die Jahrtausendwende der Väter und speziell der Low-Budget-Produzenten Sitte war, mit schlichtem Morphing (was auch mal wieder nicht erklärt, warum sich Siobahn manchmal aus ihrer Hundeform nackt in einen Menschen verwandelt, manchmal aber auch einen Hauch von weißem Kleid trägt. Das Halsband ist das sicher nicht…). Das haut heutzutage keinen mehr vom Stengel (aber so um 2000 rum war das halt noch the shit), aber es erfüllt seinen Zweck.

WOLFHOUND ist aber, trotz allem, ein durchaus erwähnenswertes Beispiel für einen Film, der eigentlich nicht funktionieren sollte, es aber trotzdem – in begrenztem Rahmen – tut. Der Streifen hat, wie erwähnt, Atmosphäre to spare, ganz besonders, wenn man ein gewisses Faible für die grüne Insel, ihren Menschenschlag und seine ruralen Gegenden hat, und wenn er auch nicht mit Blut und Eingeweiden um sich wirft, so hält er doch durch seine Softcore-Szenen, die das Attribut „steamy“ mal durchaus verdienen, zumindest den männlichen Zuschauer bei der Stange (hey, vielleicht ja auch die weiblichen, ist doch Colum zumindest bei zweien der Szenen der Sub-Part…).

Schauspielerisch ist das einigermaßen okay auf B-Minus-Niveau. Scotti hat durchaus den Look für einen Charakter, der womöglich von der „guten“ auf die „böse“ Seite der Macht wechselt, aber nicht das richtige leading-man-Charisma, Jennifer Courtney ist als Stella durchaus in Ordnung. Monaghan, Nolan und Kelly sind recht glaubwürdig als die mehr oder weniger zwielichtigen Dorfbewohner, und Julie Cialini muss nicht schauspielern, sondern nur ihren Körper in die Waagschale werfen. Da hab ich nix `gegen…

In Deutschland scheint WOLFHOUND nie erschienen zu sein. Der Interessent hält sich also an die britische DVD von …, die den Film in okayem 4:3-Vollbild (intendiertes Format) mit brauchbarem O-Ton präsentiert. Als Goodie gibt’s immerhin den Trailer.

WOLFHOUND ist im breiten Feld der Werwolf-Filme sicher nicht mehr als eine kleine kuriose Fußnote – seine Geschichte ist nicht ausgearbeitet genug, um wirklich einen interessanten frischen Ansatz zum Thema bringen zu können und als „Horrorfilm“ versagt der Streifen schon ob seiner völligen Verweigerung, wirkliche Scares oder zumindest Ruppigkeiten zu bringen, aber die Atmosphäre des irischen Hinterlands ist gut getroffen und die Sexszenen sind als Ersatz-Highlights für die fehlenden Horror-Aspekte nicht von schlechten Eltern. Das reicht mir am Ende für einen gnädigen Querdaumen.

© 2020 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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