Within the Woods

 
  • Original-Titel: Within the Woods
  •  
  • Regie: Sam Raimi
  • Land: USA
  • Jahr: 1978
  • Darsteller:

    Bruce (Bruce Campbell)
    Ellen (Ellen Sandweiss)
    Scotty (Scott Spiegel)
    Shelly (Mary Valenti)


Vorwort

Abt. Legendäre Pausenfüller

Was macht der Doc, wenn er seine Notizen vom letzten Wochenende nicht mehr entziffern kann und unter der Woche, Job und Fußball-WM sei dank, nicht wirklich Zeit hat, sich stundenlang mit blöden Filmen auseinanderzusetzen?

Okay, die naheliegende Antwort ist natürlich – einen der Co-Redakteure oder Gastreviewer die unbezahlte Schufterei übernehmen lassen. Aber ganz so kann ich das halt auch nicht stehen lassen. Es gibt ja auch Kurzfilme. Wie z.B. Within the Woods.

Das ist, da erzähle ich sicherlich den wenigsten, die hier öfter mal mitlesen, was grundlegend neues, das Debütwerk von Sam Raimi, dem Menschen, der uns in der Folgezeit die Evil Dead-Trilogie und die Spider-Man-Blockbuster bescheren sollte. Die Story hinter Within the Woods dürfte auch den meisten geläufig sein – anno 1978 zogen der junge Möchtegern-Filmemacher Sam Raimi und einige seiner Kumpels und Kumpelinen (darunter ein gewisser Bruce Campbell) mit einer Super8-Kamera bewaffnet in den Wald, um einen Kurzfilm zu drehen, den man potentiellen Investoren für einen abendfüllenden Horror-Spielfilm, damals noch Book of the Dead benannt (selbstredend wurde daraus Evil Dead) als skill showcase vorführen könnte (dummerweise entwickeln sich die meisten hiesigen Möchtegern-Filmemacher nie über dieses Stadium hinaus weiter). Abgesehen von ein paar wenigen Vorführungen in einem Detroiter Kino wurde der Streifen nie öffentlich aufgeführt – wie die meisten seiner Amateur-Kollegen verwendete Raimi nach eigenem Gusto allerlei Fremdmusik, was die Rechtelage ausgesprochen knifflig macht (und zuletzt auch Anchor Bay daran scheitern liess, den Film als Bonus auf die „Book of the Dead“-Special Edition zu packen).

Demzufolge sind alle derzeit kursierenden Versionen des Films böse Bootlegs; normalerweise unterstütze ich sowas ja nicht, aber was will man machen, wenn man das Ding mal sehen will und sonst nicht kann. Abgesehen davon hab ich mir die DVD ja auch nicht gekauft (Gruß an den Hausrocker und sein Archiv obskurer Filme).

Nun dürfte Stammlesern dieser Seiten auch bekannt sein, dass ich (vorsichtshalber aus dem Luftschutzkeller sendend) Evil Dead nicht gerade für den allergrößten Weitwurf der Filmgeschichte halte. Ob ich dann einer No-Budget-Variante des gleichen Themas dann unbedingt MEHR abgewinnen kann? We´ll find out…


Inhalt

Zunächst mal finde ich es sehr süss vom namenlosen Bootleg-Hersteller, dass er einen maschinengetippten Papierstreifen in die Hülle legt und sich für die schlechte Qualität der „ersten Minute“ entschuldigt. Weniger nett ist allerdings, unterrichtet mich Future Doc, dass das Versprechen, selbige werde sich im Filmverlauf merklich verbessern, eine glatte Lüge ist… das wird wohl über weite Strecken ein Ratespiel werden…

Zunächst mal beglückt uns Sam Raimi mit ein wenig Sumpf- und Waldpanorama, ehe er mit seinem später stilprägenden POV-Stil in eine heruntergekommene Hütte zoomt, ein wenig dort durch die Räume streift und schließlich ein Gebäude ins rechte Licht rückt (hm, okay, ich ging eigentlich davon aus, die Kamera bewegt sich VON der Hütte ZU dem Gebäude, aber offensichtlich soll´s in der filmischen Logik das gleiche Haus sein. Hätt´ man dann etwas geschickter schneiden können… Hm. Nach nochmaliger Durchsicht bin ich wieder verunsichert. Die Kamera fährt aus dieser leeren Hütte in Richtung des Hauses. Also wohl doch zwei getrennte Gemäuer. * shrug *). Dort sind zwei College-Kids damit beschäftigt, Würstel (nein, nicht Eingeweide in einem deutschen Amateursplatterfilm, sondern * wirklich * Würstel) und ähnliches Picknickzubehör (in extremer Nahaufnahme) einzupacken. Wir begrüßen: Bruce (Bruce Campbell) und Ellen, seine Flamme. Die beiden haben sich, wie wir uns mangels großartiger Exposition selbst zusammenreimen müssen, mit ihren Freunden Scotty (Scott Spiegel) und Shelly in dieser Location für ein gar lustiges Wochenende einquartiert. Naja, was man so lustig nennt… während Scotty und Shelly die Zeit damit totschlagen, Monopoly zu spielen (was zu zweit sicherlich eine der langweiligsten Beschäftigungen ist, die man sich vorstellen kann…), enthusiasmisiert Bruce seine Schnalle auf dem Weg zur Picknick-Wiese mit seinen fundierten Detailkenntnissen bezüglich indianischer Artefakte – er kann ihr fachgerecht den Unterschied zwischen (hier offenbar einfach so rumliegender) Pfeil- und Speerspitzen erklären, was nicht nur daran liegt, dass er es als ehemaliger Pfadfinder für seine Pflicht und Schuldigkeit hält, sondern auch daran, seine Jugend in diesem Teil der Wälder verbracht zu haben. Darum weiß er auch, dass das ganze Areal in grauer Vorzeit ein hochgradig heiliger („sacred AND holy“, wie sich Bruce auszudrücken beliebt) indianischer Begräbnisplatz war. Eher beiläufig erkundigt sich die eher mäßig interessierte Ellen, ob´s denn dann auch einen ordentlichen Fluch gibt, der auf der Gegend liegt. Wie´s der Deibel so will, jau, den gibt´s, räumt Bruce ein, aber da soll sie sich mal ihr hübsches Köpfchen nicht martern – verflucht wird nur der, der illegitimerweise die Totenruhe stört und „wir essen nur Hotdogs“ (man könnte der Ansicht nachhängen, es gäbe pietätvollere Dinge, als auf einem Grab heiße Würstchen einzupfeifen). Und abgesehen davon verspricht Bruce, Ellen vor allen indianischen Rachedämonen zu beschützen. „DU?“, gackert Ellen berechtigterweise, denn anno ´78 war Mr. Superchin wirklich noch ein wahrer Spargel vor dem Herrn (übrigens bringt Raimi hier imagery ein, die er später in Evil Dead noch gewinnbringend einsetzen sollte… eine schwingende Schaukel, die gegen die Wand scheppert, kommt uns doch bekannt vor, oder?)

Auf der Wiese angekommen und die Picknickdecke ausgebreitet (Raimi lotet obskure Kameraeinstellungen aus und filmt die Ausbreitung der Decke von unten), schickt Bruce, wie es sich für einen vollendeten Gentleman gehört, seine Holde allein zurück in den Wald, um Feuerholz zu sammeln (hättet ihr das nicht unterwegs mitnehmen können?). Ellen macht sich gehorsam auf den Weg und Bruce beginnt sofort damit, am Waldrand in der Erde zu wühlen (Hobby-Archäologe?). Seine Wühlaktivitäten fördern binnen Sekundenfrist diverse indianische Relikte ans Tageslicht, dank der extrem besch…eidenen Bildqualität des Bootlegs kann man aber nicht mal mehr raten, was genau er da ausbuddelt. Naja, wichtig ist eh nur EIN Teil und was das ist, erklärt Bruce helpfully, als Ellen mit einem Arm voll Feuerholz aufkreuzt – ein alter indianischer Ritualdolch, den man vermutlich einem in die ewigen Jagdgründe aufgefahrenen Medizinmann mit ins Grab gelegt hat, damit er sich in der nächsten Welt den ein oder anderen Büffel schlachten kann. Ooookay, soviel zu „wir essen nur Hotdogs“ und plündern keine Gräber… erstaunlicherweise kümmert Ellen das kein Stück. „Ich hab ja solche Angst“, scherzt sie – sollte sie aber eigentlich wirklich, denn das Feuer entzündet sich gerade von niemandem beachtet gar unheimlich von selbst.

In der Hütte sind Scotty und Shelly immer noch am Monopoly-Spielen – Scotty grumpft vor sich hin, hat er doch gerade eine „Geh direkt in das Gefängnis“-Karte gezogen und wird wohl auch ansonsten von seiner Flamme reichlich abgeledert. „I hate this game“, schimpft er frustriert (tja, hättste mal lieber „Twister“ eingepackt… da kommt man sich wenigstens näher).

Auf der Wiese erwacht Ellen auf der Kuscheldecke aus ihrem Schönheitsschlaf – zu ihrer gelinden Überraschung allerdings solo, von Bruce und seinem Kinn ist weit und breit nix zu sehen. Notgedrungen macht sie sich auf, um den verlorenen Freund zu suchen. Mittlerweile scheint´s etwas zugig zu werden, was der angespannten Stimmungslage der Madame nicht zuträglich ist – jedenfalls schlägt sie bei nächster sich bietender Gelegenheit lang hin; ganz praktisch, dass sie direkt vor einem dank der Bildqualität absolut undefinierbarem Etwas aufklatscht; erschreckt Ellen zumindest mächtig, scheint ´ne ziemlich übel zugerichtete Leiche zu sein und da uns eigentlich momentan nur Bruce abgeht, kann´s wohl oder übel kein anderer sein. Angemessen hysterisiert tobt Ellen kreischend durch den Wald, sie hat auch allen Grund ´zu, denn POV-Kamera verfolgt sie auf dem Fuße (zu den technischen Aspekten werde ich mich später noch auslassen). Ellen fällt ins Wasser eines Waldsees oder -bachs, wird aber auch im kühlen Nass nicht vom bösen POV-Shot in Ruhe gelassen. Sie erreicht den Hof mit Müh´ und Not, bloß dumm, dass die Tür abgeschlossen ist und Scotty, der das Klopfen und Krakeelen wohl vernimmt, es auf seiner Prioritätenliste aber eindeutig hinter „noch ein bissl gelangweilt rumsitzen“ und „dann erst mal noch´n Bier aus´m Kühlschrank holen“ anordnet, nicht gerade wie ein 100-Meter-Sprinter zur Türöffnung schreitet. Der POV-Shot kommt Ellen immer näher (tja, man müsste nur wissen, WOVOR sie wegläuft. In den wenigen Einstellungen, in der wir Ellen von vorn sehen, ist hinter ihr weit und breit nichts zu sehen) – da fällt Ellen dann doch wie Schuppen aus dem Haupthaar, dass sie entweder ´nen Schlüssel eingesteckt der ein vorausdenkender Mitmensch einen Reserveschlüssel unter der Fußmatte o.ä. deponiert hat. Nur mit der Feinmotorik haperts gewaltig – wer glaubt, er wäre mit fünf Promille Häuptling Zittrige Hand vor der Haustür, hat Ellens Versuche, mit dem Schlüssel das Schloss erfolgreich zu penetrieren, noch nicht gesehen. Immer näher kommt der POV-Shot – Suspense, ick´ hör dir trapsen – es passiert, was passieren muss. Dumpfkuh Ellen fällt der potentiell lebensrettende Schlüssel aus der Hand. Da bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich zu bücken und einem false scare seitens Scotty, der´s endlich geschafft hat, seine müden Knochen hochzuhieven und nachzukucken, weshalb die Olle da draußen so panisch kreischt. Enttäuscht zieht sich der POV-Shot ins Gehölz zurück.

Nun kann Ellen ihre grausigen Erlebnisse berichten, und das ist auch gut so, dann wissen wir arme Bootleg-Kucker auch endlich, was eigentlich Sache ist. „Er ist tot“, blökt Ellen, und dann auch noch „all cut up!“ Scotty reimt sich zusammen, dass Ellen wohl Bruce meint. Obwohl Bruce verdächtig durch körperliche Abwesenheit glänzt, versucht Shelly ihrer Geschlechtsgefährtin einzureden, sie hätte nur eine garstigen Nachtmahr geträumt. Scotty hält es, Alptraum hin, hysterische Ellen her, für angezeigt, mal persönlich nachzuschauen, wo der abgängige Bruce sich denn nun wirklich rumtreibt, was Ellen für eine ziemlich schlechte Idee hält. Scotty geht trotzdem auf die Pirsch. Ellen stellt fest, dass Shelly nicht gerade die Bilderbuch-verständnisvolle-Freundin ist und sie grad eben so nicht direkt auslacht. Scotty stiefelt durch die Botanik und entdeckt mit sorgenvollem Blick den von Ellen zurückgelassenen Picknickkorb.

Anscheinend vergeht Zeit genug bis zum völligen Einbruch der Dunkelheit und Shelly wird´s zu blöd – Bruce weg, Scotty weg und Ellen sichtlich nicht in Bestform zum Monopoly-Spielen. Also will auch sie mal kurz vor die Tür schauen, wovon ihr Ellen dringlichst abrät. Um die Verängstigte nicht völlig ausklinken zu lassen, verspricht Shelly, nur von der Türe aus mit der Taschenlampe in den Wald zu leuchten (was sicherlich wahnsinnig viel bringen wird). Kaum setzt sie einen Fuß über die Türschwelle, ist er auch schon da – Zombie-Bruce greift an (und man kann sagen, was man will – den Schockeffekt bringt Raimi glänzend. Bei routinierten Horrorglotzern wie mir funktionieren jump scares nur noch selten, aber der saß). Bruce befleißigt sich trotz seines zombifizierten Zustands noch einer klar artikulierten Sprache und verlangt „Join us!“. Und wir kennen ja alle Sekten-Hausierer, die wird man weder mit einem entschlossenen „NEIN!“ noch einem beherzten Schrei (den probiert Shelly) wieder los (obwohl ich IMMER noch nicht ausprobiert habe, ob man Zeugen Jehovas durch ein freundliches „Shalom“ zur Begrüßung in die Flucht schlagen kann). Bruce packt Shelly am Schlawittchen, reckt sie in die Höhe und rammt ihr zusätzlich noch den mitgebrachten Indianer-Dolch in den Hals, was Shelly die Möglichkeit bietet, gar lieblich-eklig aus dem Mun zu globbern. Aus der Totalen zeigt man uns, wie Bruce Shelly noch ein bissl verhackstückt und anschließend unter weiterem „Join us“-Krakeelen ein paar Posen zeigt, die ihn für eine Wrestling-Karriere prädestinieren. An dieser Stelle lässt Ellen, die dem Meucheln bis dahin großen Auges zugesehen hat, ein zaghaftes „oh“ vernehmen, verrammelt die Tür, flüchtet in die Küche und bewaffnet sich dort geistesgegenwärtig mit praktikablen Hieb- und Stichwerkzeugen.

Das ist offensichtlich auch nötig, denn jemand rüttelt vehement am Türknauf der Küchentür. In der nachvollziehbaren Annahme, es mit einem eher ungebetenen Töpflesgucker zu tun zu haben, postiert sich Ellen mit einem Fleischermesser neben der Tür – als selbige sich schließlich öffnet, rammt sie dem Eintretenden den Piekser unbürokratisch und humorlos zentral in die Plauze. Nur blöd, dass es nicht der böse Bruce, sondern der bis dahin noch quicklebendige Scotty ist, der über diesen Empfang (wie ist er eigentlich durch die verschlossene Haustür gekommen?) nicht wirklich begeistert ist, sondern vielmehr stöhnend zusammenbricht. Dies erweist sich als durchaus störend, denn jetzt ist Bruce da und möchte gerne weiterkillen. Ellen versucht krampfhaft, die Küchentür zu schließen, was aber daran scheitert, dass Scotty mittendrin liegt, wiederum aber Ellen nicht daran hindert, es couragiert zu versuchen; Scotty hat´s echt nicht leicht – erst, nachdem ihm Ellen ungefähr ein halbes Dutzend Mal die Tür ins Kreuz geschlagen hat, verfällt sie auf die nicht unintelligente Idee, den humanoiden Türstopper in die Küche zu zerren. Jetzt klappt´s auch mit dem Türschließen, auch wenn sie dem vorwitzigen Zombie-Bruce noch in die Hand stechen muss, bevor der sich für´s erste zurückzieht.

Scotty, dem das fette Messer immer noch im Wanst steckt, röchelt Ellen nicht etwa seine tiefe Verachtung und persönliche menschliche Enttäuschung zu, sondern gibt ihr einen gut gemeinten Survival-Tip – im Keller liegt ´ne Knarre, die könnte sich möglicherweise als nützlich erweisen. Da Ellen das tut, was man ihr sagt, marschiert sie brav in die finsteren unterirdischen Gewölbe, wo sie, auch dies wieder von ziemlich undechiffrierbaren Bildstörungen empfindlich getrübt, offenbar eine Art direkt in den Fels gehauenen Geheimraum entdeckt, in dem die Wumme verborgen ist. Nicht sonderlich aufregend, die ganze Sequenz.

Wieder zurück im Erdgeschoss muss Ellen feststellen, dass Scotty mittlerweile seine Lebensgeister aufgegeben hat; wenigstens ist sie nicht alleinverantwortlich für das Ableben ihres Bekannten, denn die Axt o.ä. steckte vorhin noch nicht in seinem Rücken. Das war schon eher Brucens Werke, der sie auch prompt am Kragen packt und als erstaunlich redseliger Zombie zuzutexten gedenkt: „You have violated the ancient ways“, proklamiert er und solche Verstöße gegen das Okkultrecht werden nicht mit einem Bußgeld oder zwei Stunden Sozialarbeit aufgewogen, sondern verdienen schlicht und ergreifend die Todesstrafe (und Gerechtigkeitsfanatiker sind die alten indianischen Geister auch nicht. Wenn einer die „ancient ways“ missachtet hat, war´s Bruce. Die anderen drei haben diesbezüglich weiße Westen). Bruce setzt zu einer weiteren ausschweifenden Arie an, aber die mag sich Ellen an dieser Stelle nicht anhören und schneidet ihm lieber die Hand ab, und zwar jene, die den magischen Dolch hält. D.h. sie versucht´s zumindest, aber komplett abrupfen und -beißen muss Bruce sich die Pfote schon selbst (übrigens improvisiert, weil der Effekt nicht ganz klappte. Die Hand sollte eigentlich in einem Rutsch abgeschnitten werden, tat´s aber nicht, weswegen Bruce Campbell dann rustikal nachhalf). Die Patschhand landet in hohem Bogen mitten auf dem immer noch aufgebauten Monopoly-Spielplan („Splatter-Edition“? Wär´ vielleicht ´ne Marktlücke…). Nachdem Bruce somit für einen Moment mit sich selbst beschäftigt ist, wittert Ellen eine günstige Gelegenheit, sich durch´s Fenster abzusetzen, aber dem schiebt Bruce, nur kurzzeitig durch die Impro-Amputation gehandicapt, schnell einen Riegel vor (und ganz ordentlich macht er das Fenster auch gleich zu). Die Angelegenheit entwickelt sich zu einem no-holds-barred-brawl; Ellen zieht Bruce irgendein Brett o.ä. über die Rübe, er verpasst ihr eine solide Rechte, sie revanchiert sich, indem sie ein Regal auf ihn schmeißt. Mit derart profanen Mitteln rückt man einem Dämonen natürlich nicht wirklich effektiv zu Leibe – Bruce schmeißt sich auf sie, wodurch ihre Hand allerdings glücklich direkt neben dem abgetrennten Greifwerkzeug des Besessenen landet; und die umklammert immer noch den Ritualdolch! Vielleicht funktioniert´s ja damit – rin mit dem Ding in den Zombie! Jupp, das scheint hinzuhauen, Bruce fällt wie von Tyson gefällt zu Boden.

Dies nimmt Ellen zum Anlass, sich vorsichtig Richtung Telefon zu bewegen, aber – wir wissen´s alle, natürlich ist Bruce noch nicht hinüber, sondern packt sie am Knöchel. Jetzt hat Ellen endgültig die Faxen dicke, schnappt sich eine Axt und haut ihren Ex-Macker nach allen Regeln der Beilschwingerkunst in handliche Einzelteile; das hält der stärkste Zombie nicht mehr aus…

So eine Aktion kann aber durchaus ein bis dato stabiles Psycho-Innenleben aus dem Gleichgewicht bringen, weswegen Ellen sich auch mit pendelndem Oberkörper ins Lala-Land zurückzieht und so leider nicht mitbekommt, wie der geplättete Scotty sich zombie-geifernd aufrichtet…

An dieser Stelle bietet sich ein vermutlich unangebrachter, aber von mir trotzdem gern ins Feld geführter Vergleich an – etwa zur gleichen Zeit, als Sam Raimi mit einem 1.500-Dollar-Budget und ein paar Kumpels in den Wald zog, um als Anheizer für mögliche Investoren sein Demo-Reel zu drehen, mühte sich auch eine andere zukünftige Genre-Größe, im Gegensatz zu Raimi aber wenigstens schon IM Business, in ähnlicher Manier, ein gewisser James Cameron, der sich mit dem hier besprochenen Xenogenesis ebenfalls einen showcase seiner Fähigkeiten in Szene setzte. Ich vergleiche die beiden Shorts, obwohl sie inhaltlich und stilistisch nicht weiter möglich auseinander liegen könnten, gerade deshalb, weil sie die unterschiedlichen Herangehensweisen an eine solche Aufgabe geradezu exemplarisch demonstrieren.

Während Cameron sozusagen einen effektlastigen „Auszug“ aus einem ambitionierten Epos drehte und sich darauf konzentrierte, anhand einer von der eigentlichen Story losgelösten Sequenz seine Fähigkeiten im Umgang mit Special FX zu präsentieren, bemüht sich Raimi darum, in seinen (deutlich längeren und selbstredend unter viel primitiveren Bedingungen entstandenen) Within the Woods nach Kräften, eine komplette Dramaturgie zu packen. Beide Ansätze haben ihre Berechtigun, welche schlußendlich erfolgreicher ist, können wir an dieser Stelle nicht endgültig klären – ihre Karriere hat beide damaligen Jungfilmer auf den Olymp der großen Blockbuster-Regisseure gehievt, wobei ich vom persönlichen Empfinden her aber Camerons Herangehensweise sinniger finde. Beide Shorts waren von vornherein nicht für öffentliche Aufführungen gedacht, sondern eben dafür, finanzkräftigen Förderern Penunze für einen abendfüllenden Streifen aus dem Kreuz zu leiern, und ich denke, für diesem Zweck ist Camerons Methode geeigneter, weil sie die technischen Fähigkeiten des Regisseurs stärker herausstellt (und schließlich MUSS ein Regisseur ja nicht zwangsweise sein eigener Autor sein).

Ist aber auch egal, denn Showcase hin, Cameron her, rein inhaltlich gefällt mir Within the Woods, Blasphemie voraus, deutlich besser als Evil Dead.

* Doc wartet, bis die Leser ihre Schlagringe und Baseballschläger aus´m Schrank geholt haben *

Okay, lest den Satz noch mal – ich schrob „inhaltlich“. Das liegt einfach daran, dass die Geschichte, die Raimi erzählt, eine klassische Kurzgeschichte ist. 30 Minuten ist das ideale Format; gut, man hätte sich vier-fünf Minuten mehr set-up wünschen können, damit die Charaktere wenigstens rudimentär vorgestellt werden, aber die Kondensierung der Story auf das wesentliche – eine rasch eingeführte Mythologie, ein Ereignis, das die Geschichte per se auslöst und dann das Gemetzel – tut Within the Woods dramaturgisch gut. Wo Evil Dead sich über seine zweite Hälfte förmlich quälte (wir erinnern uns – alle Darsteller außer Bruce Campbell waren nicht mehr verfügbar, weswegen sie früh im Script abserviert wurden und der Showdown Ash vs. Monster auf halbe Filmlänge ausgewalzt werden musste) und sich notgedrungen damit behelfen musste, Splattereffekt auf Splattereffekt zu setzen, bis die ganze FX-Arbeit irgendwann einfach keine Schockwirkung mehr entfaltete, bietet Within the Woods ein Szenario, bei dem nicht nur auf die Ekel-Effekte abgestellt werden muss, sondern bei dem sogar noch die Scares sitzen. Dadurch gewinnt die Geschichte natürlich an internem Drive und an Spannung. Raimi selbst hat dieses Problem ja bei seinem Sequel-Remake Evil Dead 2 erkannt und bei seiner dritten Verfilmung der gleichen Idee (ja, die Mythologie ist in den Evil Dead-Filmen anders, aber schlagt mich tot, mir gefällt die „indian burial ground“-Geschichte auch besser als die sumerischen Dämonen) diese nur für den ersten Akt wiederverwendet. Interessant ist storytechnisch der Umstand, dass Within the Woods sich in umgekehrter Rollenverteilung als Evil Dead spielt – wo letzterer, womöglich aus purer Notlage, die von den Slasherfilmen der 70er aufgebrachte Schablone des „final girl“ schon fast stilbrechend umging und Ash/Bruce Campbell als „final guy“ ins Rennen schickte, begnügt sich Within the Woods mit der konservativen Genre-Auslegung (aber da war´s ja auch noch 1978 und noch „frisch“).

Ich hab, glaub ich, mich schon öfter dahingehend geäußert – man MUSS als Amateur nicht krampfhaft einen Abendfüller drehen, ganz speziell, wenn man KEINE oder nur die Andeutung einer Story hat. Der Kurzfilm bietet sich als Alternative dann zwangsläufig an, weil man in diesem Fall die klassische Drei-Akt-Struktur einfach ignorieren kann (als ob der durchschnittliche Spläddaprolet von der schon mal gehört hätte, pöööh). Einen Short kann ich präzise auf eine Pointe oder einen Showdown hin inszenieren und muss mich nicht mit großartigen Charakterisierungen, Exposition oder Subplots aufhalten, um auf 90 Minuten zu kommen. Raimi liefert in DIESER Hinsicht eine nahezu perfekte Short-Dramaturgie ab (unnötig ist nur die Keller-Sequenz, denn da unten passiert nicht wirklich etwas und die dort gefundene Knarre wird im Filmverlauf auch nicht gebraucht) – schade, dass er dann mit Evil Dead dann doch noch in die Falle tappte.

Wo Within the Woods natürlich heftig abstinkt, ist das Technik-Department. Es lässt sich nicht verleugnen, dass sich Raimi trotz billigem Super8-Equipment um visuelle Wirkung bemüht; er setzt seine berühmten POV-Shots gewinnbringend ein, sucht interessante Einstellungen, aber die Wirkung wird durch die rumpelige Machart oft genug k.o. geschlagen. Mit einer Super8-Kamera lassen sich halt kaum rasende Kamerafahrten realisieren, das ruckelt, zuckt und wackelt dann (die überragend miese Qualität des von mir gesichteten Bootlegs tut ihr übriges), was man aber noch tolerieren könnte, wäre der Schnitt besser. Der, das tut mir leid zu sagen, tut manchmal schlicht und ergreifend weh, als wäre Raimi mit der großen Heckenschere zu Werke gegangen und hätte die Reste dann mit Tesafilm zusammengepappt. Dennoch schimmert sein Talent durch – wo fast drei Dekaden später Amateurfilmer mit ungleich besserem Equipment und teilweise erheblich höheren Budgets sich in minutenlangen statischen Einstellungen ergehen, versucht Raimi mit den primitiven technischen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, visuellen Schwung in die Bude zu bringen; er bemüht sich um kurze, dynamische Einstellungen mit Kamerabewegung und temporeich gefilmte Actionszenen (die Kamera führte mit Tim Philo übrigens der spätere Evil Dead-D.O.P.).

Schlußendlich kann aber alles Talent von Sam Raimi nicht übertünchen, dass Within the Woods nach dem aussieht, was es ist – ein Super8-Film, sicher fetziger und optisch ansprechender als die Filmrollen von Oma Trudes 85. Geburtstag 1968, aber eben Super8. Da beisst die Maus den berühmten Faden nicht ab.

Betrachten wir mal die FX, soweit wir sie aufgrund der Bootleg-Qualität überhaupt beurteilen können. Tom Sullivan, make-up-Künstler, leistet ganze Sudelarbeit, ohne dabei Abgründe der Widerlichkeit ausloten zu müssen. Die Schmodder-Szenen werden dosiert eingesetzt und sind auf alle Fälle solide, Bruce Campbells Zombie-Make-up ist bemerkenswert und die „große“ Splatterszene (Hand ab) wird achtbar durchgeführt. Nach fast dreißig Jahren lockt das natürlich den Gorehound nicht mehr unbedingt hinter´m Ofen ´vor, aber für das Mikro-Budget ist´s absolut in Ordnung.

Zu schauspielern gibt´s nicht viel – Bruce Campbell macht uns den Nerd (jemand, der indianische Pfeil- von Speerspitzen unterscheiden kann, sollte normalerweise keine Freundin aus Fleisch und Blut haben), deutet aber noch nicht unbedingt an, zu höheren Weihen berufen zu sein (ich bleibe dabei – auch Bruce fand erst in Evil Dead 2 richtig zu seiner Form), Scott Spiegel, frequent Raimi-collaborator und Regisseur von Filmen wie Intruder oder From Dusk Till Dawn 2 muss als Scotty auch keine darstellerischen Glanzleistungen vollbringen, und Mary Valenti, die als einzige des 4-Personen-Ensembles nicht unter „Realnamen“ im Film auftaucht, ist eh schnell abserviert. Bleibt Ellen Sandweiss, die Raimi später auch für Evil Dead wieder verpflichtete, die eine den Umständen entsprechend couragierte, vielleicht stellenweise zu übertriebene Performance hinlegt, aber im Amateurbereich, und in dem bewegen wir uns hier schliesslich, völlig in Ordnung geht.

Within the Woods ist, wie erwähnt, nie offiziell veröffentlicht worden, aber in vielen unterschiedlichen Bootleg-Versionen erhältlich. Das mir vorliegende DVD-Bootleg wird nicht mal von einem Fantasie-Firmennamen geziert, was aber auch ganz gut so ist, denn eine schauderhaftere Qualität habe ich selbst im Boot-Bereich selten gesehen. Was hier als Master gedient haben könnte, darüber möchte ich nicht mal spekulieren (manchmal sieht´s so aus, als wäre es von einem Fernseher abgefilmt o.ä. und damit das Bootleg eines Bootleg) – quasi alles, was man sich an gravierenden Mankos vorstellen kann, wird hier präsentiert – Verpixelungen bis zum fröhlichen Klötzchenzählen, Blockrauschen, totaler Bildausfall, durchlaufende Balken. Ugh. Das kann man wirklich zu nichts anderem verwenden als „einmal ansehen, Haken dahinter machen“. Der Ton ist * etwas * besser, aber wirklich nur geringfügig: verrauscht, meistens schwer, manchmal glatt unverständlich. Einzige „Dreingabe“ ist ein Kapitelmenü.

Summa summarum: Within the Woods ist hauptsächlich sicher filmhistorisch als Vorläuer der Evil Dead-Reihe interessant. Raimi deutet da und dort an, wo seine später zur Meisterklasse perfektionierten Fähigkeiten liegen und inszeniert den Short präzise auf den Punkt. Die teilweise aber heftigen technischen Schwächen, vor allem im Schnitt, machen den Streifen, speziell im Verbund mit der grausamen Bootleg-Qualität, nicht ganz einfach anzuschauen. Es wäre dennoch, allein eben aus den historischen Gründen, langsam an der Zeit, dass jemand die Rechtelage (es hängt wie gesagt an den Musikrechten) klärt und eine ordentlich, ansehbare Version des Streifens rausbringt (die man dann vielleicht sogar noch ein wenig technisch „glätten“ könnte). In einer solchen Fassung wäre Within the Woods dann wirklich deutlich besser als Evil Dead…

(c) 2006 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 6


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