Witches‘ Night

 
  • Deutscher Titel: Witches' Night
  • Original-Titel: Witches' Night
  •  
  • Regie: Paul Traynor
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Gil McKinney (Jim), Jeff Christian (Bill), Wesley Walker (Rick), Jeff Alba (Ted), Betsy Baker (Marge), Lauren Ryland (Eva), Meghan Jones (June), Elisabeth Oas (Valerie), Stephanie Cantu (Gretchen), Paul Bentzen (Doyle), Matthew S. Harrison (Randy), Chris Nolte (Chet)


Vorwort

Aufbauarbeit ist gefragt – die Freunde Bill, Rick und Ted müssen den völlig demoralisierten (und darüberhinaus stockbesoffenen) Jim (nebenberuflich auch Bills kleiner Bruder) wieder auf Spur bringen, hat ihn doch die Auserwählte sprichwörtlich vor dem Altar stehenlassen. Ein Camping-Trip in the middle of nowhere, mit selbstgegrillten Steaks und der ein oder anderen Europalette Dosenbier wird für therapeutisch wertvoll gehalten. Als die Viererbande an einer Tankstelle zufällig spitzkriegt, dass die Betreiberin Marge Kanus vermietet, entscheidet Ted schnell, dass eine lustige Ruderpartie ideal wäre – ungeachtet der Tatsache, dass Marges Ehemann Doyle offensichtlich in ziemlicher Furcht vor Hexengezücht lebt (Rick klaut Doyle in einem unbeobachteten Moment sogar ein Exemplar des „Hexenhammers“), was Marge aber auch als lästigen, aber harmlosen Aberglauben, der auf einer örtlichen düsteren Legende um sieben alte Frauen, die irgendwo in den Wäldern gelebt und von den ängstlichen Dorfbewohnern ader Hexerei bezichtigt wurden, abtut. Zwei Tages-Kanureisen von den bescheidenen Resten menschlicher Zivilisation ausgesetzt, verhaften unsere Freunde erst mal mächtig viel Alkohol und stellen überrascht fest, dass keine zwei Büsche weiter ein gut gelauntes, ausgesprochen attraktives und zudem auch dem Trunk nicht abgeneigtes Quartett heißer Feger campiert, dem offensichtlich auch dringlich nach Bemännerung der Sinn steht. Jim kommt die Sache komisch vor, weswegen er sich mit Bill, der brüderlich-solidarisch agiert, zurückzieht. Ted, obwohl als einziger der Freunde glücklich verheiratet, und Rick sind weniger wählerisch…

Am nächsten Morgen offenbaren sich bei Rick und Ted Erinnerungslücken, aber das ist nicht alles – Bills Verdauungsapparat spielt verrückt, Ted schwillt das Gesicht zu, Jims Arm verfärbt sich mysteriöserweise (was er allerdings verschweigt), und bei Rick machen sich nicht nur äußerliche, sondern auch charakterliche Veränderungen bemerkbar. Nach einigen Auseinandersetzungen und eintretendem Verfolgungswahn entscheiden sich die Freunde, auf einer Insel im Fluß Refugium zu suchen und Ricks geklautes Buch zu studieren. Demnach vereinigen sich die Hexen an Halloween mit der von ihnen zuvor erwählten Personifikation des Satans, um selbige anschließend brutal abzuschlachten – und ganz besonders wichtig ist das Ritual, wenn Halloween – wie rein zufälligerweise aktuell – auf einen Vollmond fällt. Rick, mittlerweile im raving-madman-Modus, setzt sich ab, wie seine Freunde vermuten, um sich zu den Hexen durchzuschlagen. Während Ted und Bill durchaus dafür wären, Rick seinem garstigen Schicksal zu überlassen, setzt Jim sich eine Rettungsaktion in den Kopf…


Inhalt

Unter normalen Umständen kann man mich mittlerweile mit „US-Independent-Horror“ mühelos auf die nächstbeste Palme jagen – viel zu oft musste ich geplagt und genervt erleben, dass dieses Etikett auch nur dazu dient, unterbelichteten Schmodderschotter von minderbemittelten Schwachmaten auf bestenfalls halbambitioniertem Amateurniveau unter’s Volk zu bringen, und, ehrlich, Leute, da reichen mir schon die einheimischen Produkte. Da, und es ist traurig genug, das so deutlich schreiben zu müssen, ist es schon ein Lichtblick, eine mittelschwere Offenbarung, wenn sich ein so annoncierter Film tatsächlich auf halbwegs goutierbares Durchschnittsniveau wuchtet.

„Witches‘ Night“, Debütfilm von Regisseur/Autor Paul Traynor (der, das nehme ich mal zumindest an, nicht mit dem derzeit in Iserlohner Diensten stehenden und exakt gleich geschriebenen Eishockeyprofi identisch ist), entpuppt sich als völlig unspektakuläres, aber in seiner old-school-Mentalität schon wieder regelrecht erfrischend harmloses Gruselstück, das nicht über plumpe Splatter- und Goreeskapaden, sondern seine natürlich wirkende Charakterinteraktion und die leicht „Deliverance“-artige Atmosphäre zu punkten versucht. Sicherlich ist da nicht viel neues drin – das Grundkonstrukt der auf sich allein gestellten Städter auf dem Naturtrip am sprichwörtlichen Arsch der Welt, weitab vom Irgendwo, ist seit dem erwähnten Klassiker oder auch Das Ritual kein originelles Konzept, aber es ist, wenn’s einigermaßen gekonnt umgesetzt wird, immer noch effektiv, und in Verbindung mit ein wenig okkultem mumbojumbo schon wieder fast bemerkenswert, da sich derartige Reißer ja zumeist am althergebrachten backwood-inbred-Hillbilly-Modell aufhängen und für ihren Schrecken keine übernatürliche Hilfe in Anspruch nehmen. Auch der Kniff, dass es ausnahmsweise mal ein Kerl ist, der geopfert werden soll, sorgt für ein wenig Auflockerung des eigentlich althergebrachten Prozederes, ebenso wie die klare Gegenüberstellung von vier männlichen „Opfern“ und (zunächst) vier weiblichen „Schurken“.

Dennoch ist der Ablauf der Plotte nicht sonderlich aufregend und kann vom genregeübten Vielseher ohne weiteres bis zur „Überraschung“ vor dem eigentlichen Showdown vorhergesehen werden – was aber in diesem Falle nicht sonderlich störend ist, da der Film, wie gesagt, sich weniger über seine Horror-Story als über seine Charaktere definiert. Es ist ja seltsam genug, dass gerade diejenigen, die noch nicht vom Studiosystem „versaut“ wurden und noch vergleichsweise dichten Kontakt zum „echten Leben“ haben, sich zumeist ausgesprochen schwer damit tun, Charaktere zu entwerfen, deren baukastenhafte Künstlichkeit nicht zehn Meilen gegen den heftigen Ostwind stinkt. Traynor überrascht in der Hinsicht – seine Protagonisten sind keine Ausbünde der Kreativität, aber glaubhafte, nachvollziehbare Normalos, die gern mal eins über den Durst trinken, einfach gern miteinander abhängen und ’ne gute Zeit haben (dass diese Gruppendynamik tatsächlich funktioniert, ist auch ein Verdienst der für die Verhältnisse einer solchen Produktion mehr als passablen darstellerischen Leistungen) und hier in eine Situation geworfen werden, die sie völlig überfordert, ohne dass es einen greifbaren, praktikablen Ausweg gibt (der einzige Weg zurück ist der Fluss, das einzige Handy wird von den Frauen aus dem Spiel genommen, und die diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sorgen dafür, dass die Gruppe notgedrungen zusammenbleiben muss). Es sind, man muss das wirklich einmal wiederholen, weil es eben oft genug genau der Punkt ist, an dem die Autoren billigen Horrorkrams so fulminant scheitern, „normale“ Figuren wie du und ich (naja, eher wie du), die wie normale Menschen (in Extremsituationen) miteinander umgehen – und das macht es dem Zuschauer natürlich einfacher, auf ihrer Seite zu sein, anstatt sie, wie in fast allen anderen Horrorfilmen eben, nur als Kanonenfutter für den bösen Killer o.ä. zu betrachten.

Wie ich schon erwähnte, zeichnet sich „Witches‘ Night“ durch ein gesundes old-school-Feeling aus – d.h. die Erzählweise ist vergleichsweise ruhig und zieht zum Finale hin Tempo und Spannung deutlich an – da vergehen nach einer Teaser-Sequenz, die dem geneigten Zuschauer einen soliden Wissensvorsprung gegenüber den Protagonisten verleiht, schon mal 20-25 Minuten, ehe wir überhaupt zaghaft Gruselgefilde ansteuern, ohne dass sich dabei Langweile einstellt. Traynor nutzt diese Auftaktphase, um uns seine Helden ausführlich und sympathisch vorzustellen; nach der (bildtechnisch zahmen) „Orgie“ am Flussufer wird der Schrecken langsam, aber konsequent gesteigert (versinnbildlicht durch den sich stetig verschlechternden Gesundheits- bzw. Geisteszustand der Protagonisten), ohne dass dafür Blut- und Gewaltexzesse benötigt werden (ein bisschen Sex vielleicht…) – die fehlende Jugendfreigabe ist einmal mehr nur als vermeintlich verkaufsfördernde Maßnahme zu werten (was ein echter Gorebauer ist, der kauft schließlich nix mit blauem FSK-Flatschen). Das entwickelt sich alles ziemlich schlüssig und folgerichtig, nur der Showdown selbst lässt, auch weil die Mythologie der Hexen recht vage bleibt und die Zusammenhänge sich an der Stelle nicht ganz auf Anhieb erschließen, etwas zu wünschen übrig.

Ein Plus ist, wie schon angedeutet, die durch die Landschaft erzeugte Stimmung – gedreht in Wisconsin verfügt der Film nicht über die raue Wildheit tiefer, gefährlicher Wälder oder Sümpfe, wie es die zitierten „Deliverance“, „Die letzten Amerikaner“ oder „Das Ritual“ taten. Die Stimmung von „Witches‘ Night“ ist eher weniger eine der urtümlichen Gefahr, sondern der, sagen wir mal „Verlorenheit“ in einer nicht aktiv lebensfeindlichen, aber weitläufigen, abgeschiedenen und irgendwie gleichförmigen Natur – der Tod, so suggeriert die Atmosphäre des Films, lauert vielleicht nicht potentiell hinter jedem Busch (auch wenn’s der Hexen sei dank ungefähr auf das hinausläuft), und unter normalen Umständen hätte man in der Gegend keine Probleme, doch wenn eben Weihnachten auf Neujahr bzw. eben Vollmond auf Halloween fällt, kann’s ungemütlich und schmerzhaft werden. Klar, die Kameraführung von Steven Parker (der diesen Job normalerweise bei den Freunden von The Asylum erledigt und u.a. King of the Lost World, „Dragon“ und „Transmorphers“ fotografierte) könnte epischer, „weiter“ ausfallen, aber der Punkt, den Traynor vermuteterweise zu machen gedenkt, bringt’s rüber. Sowohl der Kameraarbeit als auch dem Schnitt ist gemein, dass sie weniger die Klientel der ADD-Geschädigten bedient – analog zum Screenplay und zu Traynors Strukturierung und Dramaturgie wird auch die Bildsprache erst zum Showdown hin schneller.

Effekttechnisch belässt es Traynor bei Make-ups der durchschnittlich überzeugenden Güte (Teds zuschwellende Visage könnte man sich etwas realistischer vorstellen; aber ich halte es irgendwie für einen lustig-netten Zug, dass Ricks blutige Verletzung in Form einer „666“ niemandem im Film so richtig auffällt), etwas Kunstblut und vielleicht anderthalb echte Splattereien. Abzüge gibt’s für die ziemlich miesen Alte-Schrumpel-Masken der Hexen im Originalzustand (und den entscheidenden Kill).

Die Besetzung hingegen gibt sich redlich Mühe. Gil McKinney, immerhin auch nicht der letzte Nasenbär, der vor’m Arbeitsamt Los Angeles aus der Warteschlange gefischt wurde, sondern zwei Staffeln lang Belegarzt im „E.R.“ und zuletzt in „The Grudge 3“ am Start, ist, um’s mal plakativ auszudrücken, attraktiv genug, um heutzutage als leading man durchzugehen (da muss man ja wie’n Model aussehen), wirkt aber dennoch noch down-to-earth-sympathisch genug, um seine Rolle durchaus überzeugend zu verkörpern; noch besser allerdings gefiel mit der gemütliche Brummbär Jeff Christian („The Express“, „The Erotic Traveler“) als sein älterer Filmbruder – so ’ne Art B-Version eines gut aufgelegten John Goodman. Wesley Walker („Prison Break“) bekommt den character turn vom trinkfesten Kumpel zum jähzornigen Arschloch gut hin, Jeff Alba (ja, Jessica wäre mir *auch* lieber gewesen) ist der Schwachpunkt innerhalb des Helden-Quartetts, fällt aber nicht so weit ab, um dem Film ernsthaft schaden zu können. Betsy Baker, dereinst von Sam Raimi in Evil Dead schon durch ungemütliche Wälder gejagt, und nach langer Schaffenspause nun mehr ins Biz zurückgekehrt, belegt nicht nur die Abteilung „stunt casting für Genre-Freaks“, sondern agiert auch durchaus ansprechend; ihren Film-Ehemann mimt mit Paul Bentzen ein Schundfilm-Veteran und Bill-Rebane-Regular (deswegen ist er z.B. auch in The Alpha Incidenet oder „Angriff der Riesen-Spinne“ zu sehen. Die jungen Hexen-Darstellerinnen sind ersichtlich nicht primär wegen ihrer schauspielerischen Fähigkeiten gecasted worden als vielmehr um „hotties“ für die wichtigsten zu bedienenden Geschmacksrichtungen des Publikums zur Verfügung zu haben – da sich ihre darstellerischen Aufgaben in Grenzen halten, hab ich dagegen nicht wirklich etwas einzuwenden. Lauren Ryland, Meghan Johnson, Elisabeth Oas und Stephanie Cantu sind ergo schlichtes eye candy und auch wenn sie nicht SO viel zeigen, wie’s sich der Freund weiblicher Anatomie wohl wünschen würde, erledigen sie ihren Job befriedigend.

Bildqualität: „Witches‘ Night“ ist bei Cascarde Films, dem Hauslabel des Deutschen VideoRings erschienen und daher für Nicht-Clubmitglieder nur auf dem Second-Hand-Markt zu erhalten (dann aber in einer 2-DVD-Box mit dem Kampfsportklopper „Beyond the Ring“). Die Bildqualität (anamorphes Widescreen 1.85:1) ist zufriedenstellend (sofern man nicht den Listenpreis des DVR zu latzen hat), durchschnittliche Farbtiefe, Schärfe und Kontrast, sieht auf einem 16:9-Flachbild auch bei großer Bildschirmdiagonale noch praktikabel aus, ist aber nicht mit einem High-End-Transfer zu verwechseln.

Tonqualität: Ausschließlich deutscher Ton in MPG-Quality. Die Synchronisation ist passabel (da war schlimmeres zu befürchten), die Klangqualität mittelprächtig, da nicht sonderlich dynamisch oder druckvoll, aber brauchbar.

Extras: Gibt’s keine.

Fazit: Das Traurige an diesem Schlusswort ist, dass ich mich dazu angehalten sehe, einen Film prinzipiell deshalb zu loben und (milde) weiterzuempfehlen, weil er wenigstens die basics (d.h. vernünftige Charaktere, solides Storytelling und brauchbare Atmosphäre) richtig und nichts offensiv falsch macht. So tief sind meine Ansprüche mittlerweile gesunken… vielen Dank, liebe Horrorfilmproduzenten der Gegenwart (und da nehmen sich streng genommen die „Unabhängigen“ und die „Studiohuren“ nicht viel). Sicherlich ist „Witches‘ Night“ in seiner unspekulativen (sofern man „böse Hexen“ nicht per se als „spekulativ“ bezeichnen will, aber ich bin ja kein hochbezahlter Feuilletonist, sondern ein hobbymäßiger Horrorfilmfreund, der ganz andere Sachen gesehen hat) und unspektakulären Machart gut und gerne 25 Jahre zu spät dran, um sich eine größere Fanschar zu erspielen, wer jedoch patent gemachten old-school-Grusel mag und nicht kübelweise Blut und Gedärm braucht, um einen unterhaltsamen Videoabend zu verbringen, kann erheblich schlechter fahren als mit einer Sichtung – man wird sich vielleicht zwei Wochen später nicht mehr großartig daran erinnern, aber auch nicht fluchen und wehklagen, dass man wieder mal 90 Minuten seines Leben sinnlos verschwendet hat. Und das ist ein wesentlich erfreulicheres Fazit als zu so manchem Kram, den ich mir im Projekt-300-Rahmen vorgeführt habe…

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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