- Deutscher Titel: Wild Side - Doppeltes Spiel
- Original-Titel: Wild Side
- Regie: Franklin Brauner (=Donald Cammell)
- Land: USA
- Jahr: 1995
- Darsteller:
Alex Lee/Johana (Anne Heche)
Bruno Buckingham (Christopher Walken)
Virginia Chow (Joan Chen)
Tony (Steven Bauer)
Dan Rackman (Allen Garfield)
Lyle Litvak (Adam Novack)
Hiro Sakamoto (Zion)
Agent James Reed (Marcus Aurelius)
Agent Morse Jaeger (Michael Edward Rose)
Vorwort
Wieder einmal holt mich eine Vergangenheit durch eine leichthin ausgesprochen Bemerkung in einer e-mail ein. Vor einiger Zeit diskutierte ich mit meinem werten Sponsor Carsten über jugendliche Schwärmereien wie z.B. über Joan Chen einerseits und die beliebte B-Film-Action-Schmiede Nu Image andererseits und dabei entfuhr es mir, vor Jahren mal Wild Side per ausgeborgter Laserdisc gesehen zu haben und in etwas seltsamer, aber nicht gänzlich unsympathischer Erinnerung zu haben. Das nahm Freund Carsten unaufgefordert zum Anlass, mir bei nächstbester von mir gänzlich unvermuteter Gelegenheit die heute zu untersuchende Scheibe zukommen zu lassen – mir war selbstverständlich vollkommen entfallen (bis total unbekannt), dass ausgerechnet Nu Image (of all people) einen künstlerisch ambitionierten Erotikthriller wie diesen finanziert hatten… normalerweise schickt die Firma eher Jean-Claude van Damme ins Rennen oder lässt Riesenviecher schlechte Schauspieler auffuttern.
Naja, viel bis alles spricht dafür, dass Nu Image bzw. Boaz Davidson und seine Gesellen einen verhängnisvollen Fehler machten, als sie den gefürchteten Kunst-Film-Regisseur Donald Cammell anheuerten (der der Welt Werke wie Performance, die frühe Dean-Koontz-Adaption Demon Seed oder den U2-Konzertfilm The Unforgettable Fire beschert hatte). Cammell lieferte pflichtschuldigst ein dreistündiges Art-House-Drama ersten Ranges ab, was aber sichtlich nicht das war, was unsere alten Freunde von der Billigfront erwartet und bestellt hatten. Wie Produzenten es zu allen Zeiten taten, so handelte auch Nu Image und bastelte sich aus dem vom Regisseur abgelieferten Material etwas zusammen, was man bedenkenlos ins „Erotikthriller“-Regal der Videotheken stellen konnte (und nichts anderes hatte eine Klitsche wie Nu Image von Anfang an vor, möchte ich vermuten). Cammell antwortete mit dem ebenso üblichen Schritt, seinen Namen zurückzuziehen und beging wenig später Selbstmord (ob wegen Nu Images schändlicher Misshandlung seines Werks, allgemeiner Klatsche oder sehr spezieller Weltanschauungen, darüber streiten sich die Gelehrten noch). Ein paar Jahre später raffte sich Cammells Vertrauensmann und Cutter Frank Mazzola auf und stellte nach Cammells Anweisungen einen sogenannten „director´s cut“ auf die Beine.
Um den soll´s aber mangels Verfügbarkeit in unseren Breiten (nur in Engeland gibt´s das Teil zu kaufen) nicht gehen, sondern um die deutsche FSK-18-Schnittfassung, die, wenn mich mein Holzauge nicht trübt, auf der amerikanischen Unrated-Fassung des Nu-Image-Schnitts basiert (ja, ich weiss, it´s getting complicated, don´t blame me) und damit um ein paar Minuten länger ist als die R-Rated-Fassung. Nachdem jetzt, glaub ich, mit ziemlicher Sicherheit alle Klarheiten erfolgreich beseitigt sind, können wir uns ja dann doch endlich dem Film widmen und uns fragen, ob ebenjener den ganzen Wirbel überhaupt wert ist…
Inhalt
Zunächst sehen wir unsere Heldin Alex Lee, wie sie sich im Privatflugzeug den sexuellen Zudringlichkeiten des gutgelaunten und -abgefüllten Fliegereigners zu entziehen sucht, namentlich durch beherzten Biss in den rechten Horchlöffel des Möchtegernbesteigers des Mt. Heche (zu ein paar persönlichen Aspekten hinsichtlich der Hauptdarstellerin komme ich ganz ganz ganz unten noch) – ebenso lehnt sie dessen Offerte über einen Gute-Laune-Trip gen Bahamas dankend ab.
Dies findet, nach den enorm einfallslosen opening titles, die über ein paar belanglose Stock-Footage-Aerials von L.A. und Hafengegend gelegt werden, ihr Boss allerdings eher wenig begeisternd. Der Sexmaniac-in-Warteschleife war nämlich ein wichtiger Kunde der Bank, in der Alex einen mittleren Management-Posten bekleidet und hat ob der kassierten Abfuhr seine Penunzen bei einem konkurrierenden Kreditinstitut hinterlegt. Alex´ Ausrede, dass der Typ zur perversen Sorte gehöre und über Bondage und ähnlichen Schweinkram gelabert hatte, zieht bei ihrem Scheffe gar nicht. „Wenn er über Bondage reden will, reden sie über Bondage. Das Bankgeschäft besteht aus Ficken!“, erläutert Mr. Rackman seiner verblüfften Angestellten die wesentlichen Grundlagen des Bankgewerbes (ich schätze, wenn ich der hübschen Angestellten in meiner Bankfiliale mal entsprechende Vorschläge unterbreite, bin ich die längste Zeit da Kunde gewesen – andererseits erklärt dieser mir bislang unbekannte Grundsatz doch einiges, was ich in der hohen Finanzwelt bislang nicht wirklich kapiert hatte).
Alex bleibt hart: „Wenn ich schon Nutte sein soll, dann für mich selbst und nicht für die Bank!“ Gesagt getan – aus schlichten monetären Erwägungen (Alex bewohnt eine Luxus-Strandvilla in Long Beach, ohne allerdings mit der hierfür erforderlichen Barschaft gesegnet zu sein, oder anders ausgedrückt, die Hypotheken-Schulden bringen sie um) entscheidet sich Alex, trotz gegenteiligen Anratens ihres Buddy-Freunds Lyle, spontan für einen lukrativen Nebenjob als Luxus-Callgirl.
Und als solches, unter dem Kampfnamen „Johanä („mit ´h´“, wie sie nie vergisst, hinzuweisen), sehen wir sie schon bald bei der Arbeit, nämlich vor einem ältlichen Japaner und unter Langhaar-Perücke strippen. Dem Zausel aus dem Land der aufgehenden Sonne geht die Kleiderentledigung allerdings zu schnell (Trottel!): „Du bist frustriert und unbeherrscht,“ psychoanalysiert Doktol Fleud seine Königin der Nacht. Ein beiläufiger Dialog informiert uns, dass Alex ihre Doppelleben seit munteren sieben Monaten lebt, dann vermittelt ihre Callgirl-Chefin (Heidi Fleiss?) sie für den nächsten Abend an einen wichtigen Stammkunden – Bruno Buckingham, „so wie der Palast“ (als ob ich glauben sollte, der Durchschnitts-Yank wüsste, was der Buckingham Palace ist). Aufgebrezelt als 20er-Jahre-Charleston-Hüpf-Nuttchen (d.h. u.a. mit schwarzem Perückchen) läuft Alex also bei Bruno auf, kassiert ihre üblichen fuffzehnhundert Dollar Gage und schlägt, ganz kostenlos und gratis, ein paar Sexspiele vor (für was sind dann die 1500? Gesitteten Kaffeeklatsch?), z.B. erotische Psychoanalyse, die folgendermassen aussieht, dass Bruno sich auf´s Bett wirft, Alex sich auf seinem Gesicht deponiert, sich ein wenig verwöhnen lässt und dazu vollkommenen Blödsinn wie „lasse das Kind in dir raus“ (jawoll ja, ist schliesslich nix für Kinder, soll mal draussen spielen, der Bengel) absondert. Brunos Zungenfertigkeit scheint bemerkenswert zu sein, denn innerhalb von zehn Sekunden fleht Alex ihn an, sie doch um Himmels Willen nicht kommen zu lassen, sondern doch lieber über Geld zu reden (ich hab die Vermutung, Bruno hat den Mund grade voll…). „Ich verachte Geld,“ brummt Bruno von irgendwo unter ihr und ist beleidigt: „Du bist ein Kontrollfreak!“ (?) Nönö, versichert Alex treuherzig, sie sei vielmehr fast geheilte Sexsüchtige und gerade rückfällig geworden (mann, solche Formulierungen sollten mir in Reviews mal einfallen). Bruno ist besänftigt und man kann endlich zur Verrichtung schreiten…
Als Brunos Chauffeur und Bodyguard Tony zum verabredeten Zeitpunkt den Chef abholen will, findet er den ausgesprochen missgelaunt auf – kein Wunder, denn er ist verknotet wie ein DHL-Paket, geknebelt und ge-blindfolded. Was ihn zu dem sicher nicht ganz von der Hand zu weisenden Gedankengang führt, mit seinem heutigen Betthasen, der sich gerade nebenan im Badezimmer das Näschen pudert, könnte irgendwas nicht stimmen (wie er da nur wieder draufkommt??). Allerdings vermutet er in Alex/Johana keine Domina auf dem schweren Sado-Maso-Trip, sondern eine Undercover-Agentin des FBI (aha, also ist unser Bruno zwar ein Schlimmfinger, aber ganz offensichtlich kein überragender Denksportler). Deswegen soll Tony mit der Schnepfe den ultimativen Cop-oder-nicht-Cop-Test durchführen – sollte Alex für fünfhundert grüne Scheine auch mit dem Bodyguard in die Bettstatt hüpfen, wäre das für Bruno okay, falls sich weigern sollte, ist sie mit tödlicher Sicherheit eine Bullette, weil die nie mit den niederen Dienstgraden der Gegenseite rumbumsen würden (interessanter Gedankenansatz, erschliesst sich mir nicht wirklich). Tony tut auf der ihm aufgetragenen Heimkutschierung des Edelcallgirls zwar sein möglichstes, einerseits seinem weiblichen Fahrgast von seiner Liebe und Loyalität zu Bruno zu erzählen und andererseits einen kurzen Quickie in Aussicht zu stellen, aber Alex interessiert weder das eine noch das andere und lässt sich vorsichtshalber ein paar Ecken vor ihrer Bude absetzen.
Hilft ihr auch nix, denn (woher auch immer er das weiss) Tony erwartet sie schon in ihrer Residenz und erklärt ihr unverblümt, was sein Boss von ihm erwartet und lässt sich auch nicht von Alex´ Kompromissvorschlag, er solle die Kohle selber einstecken und Bruno erzählen, es sei ganz toll gewesen, beeindrucke. Vielmehr schreitet er, nachdem Alex weiter renitent bleibt und auch ein paar kleine Erpressungsversuche bezüglich ihrer von ihm bereits analysierten Bankkarriere (woher weiss er das, zum Geier???) nicht fruchten, zum beliebten Mittel der Vergewaltigung doggy-style (Ehre, wem Ehre gebührt – die Heche sieht in dieser Szene wirklich leidend aus), um ihr DANACH (!!) seine Dienstmarke unter die Nase zu halten (abgesehen davon dachte ich bislang immer, die Jungs und Mädels vom FBi haben nicht diese schicken Hundemarken, sondern hübsche Dienstausweise?) und sein verblüfftes Opfer darüber in Kenntnis zu setzen, dass ER der Undercover-Agent sei und sich geschworen habe, Bruno Buckingham, den grössten Geldwäscher des Universums (bekannt als „Mr. 13 Prozent“, spezialisiert auf alles ausser Drogengelder, mit denen hat der Gangster ein moralisches Problem) dingfest zu machen, und zwar nicht einfach so, sondern in flagranti ertappt bei der Reinigung einer schlappen Barschaft von 169 Millionen Dollar. Und Alex möge doch dabei bitte, ob sie nun will oder nicht, behülflich sein. Das steht sicher alles so im Regelbuch für gute Polizisten (ganz speziell im Absatz „Vergewaltigung von Zeuginnen/Informantinnen“).
Dementsprechend aufgebracht wendet sich Alex nach Tonys Abgang an dessen diensthabenden Vorgesetzten, um als gesetzestreue Bürgerin die sittliche Verfehlung des das Gangsterleben vielleicht ein wenig zu ernst nehmenden Undercover-Cops zu melden. Doch anstelle wohlmeinender Hilfe erzählt der dort am heissen Draht sitzende Special Agent unserer Heldin lediglich was davon, dass er ihre Personalien wegen einer eventuellen Anklage wegen Anstiftung zur Prostitution (oder so) aufnehmen müsse, worauf Alex – ich kann´s ihr nicht verübeln – den Hörer auf die Gabel schmeisst (ich käm mir da als Frau auch gelinde verarscht vor).
Aber Tony bekommt dennoch Ärger, allerdings von Bruno, der sich darüber echauffiert, dass Tony satte vier Stunden für die Flachlegung der vermeintlichen Nutte benötigt hat, aber Tony kann seinen Herrn und Gebieter mit ein paar solide ausgeflunkerten Lügen wie „sie hat nur über sie geredet, sie denkt, sie wären Superman“ besänftigen. Immerhin hat Bruno den von Tony so raffiniert ausgelegten Köder „Alex/Johanä geschluckt und beabsichtigt, ihre Zweitidentität als Bankerin gewinnbringend für seine eigenen Geschäfte einzusetzen. Und so entert, von Tony angekündigt, des Bösmanns Strohfrau Virginia Chow Alex´ Büro mit dem Wunsch, 375.000 Dollar auf ein neu zu eröffnendes Geschäftskonto für ihre chinesische Schuhmanufaktur einzahlen zu wollen. Beim Anblick der attraktiven Asiatin läuft Alex zum eigenen Erstaunen schnell der sprichwörtliche Sabber aus der Schnute und beim sofort eingefädelten Mittagstisch, wo man sich über Gott, die Welt, Liebe und Sex unterhält (eine ganz geschäftliche Beziehung, sure thing) und die beiden Damen ihre in letztgenannten Punkten eher gegenläufigen Philosophien austauschen (Virginia ist Verfechterin der „wahre-Liebe“-These, während Alex Liebe für mehr oder minder antrainiertes Verhalten hält – ebenso unterhält Virginia mit Schwänken aus ihrem Leben, wie der Tatsache, mit Bruno mal verheiratet gewesen zu sein, ehe „steuerliche Gründe“ ihn zur Scheidung genötigt hätten; ihr erster Ehemann war übrigens mexikanischer Stierkämpfer, dem ein missgelaunter Bulle in der Arena die Hoden aufgeschlitzt habe… nettes Thema für´n lecker Lunch), kommt man sich weiters näher, und in der „Toilette für leitende Angestellte“ (boah, leitender Banker muss man sein – die Dillerecke hält jeden Vergleich mit einem Fünf-Sterne-Hotel aus) kann Alex nicht mehr an sich halten – es ist ihr zwar peinlich, weil mit Mädeln hat sie´s noch nie getrieben (this being ironic and stuff, allerdings erst in der Retrospektive), aber was sein muss, muss sein, Virginia hat auch nix dagegen, zunächst ein wenig oral befriedigt zu werden und so führt der Weg Frau direkt in Alex´ kuschelige Bettstatt, wo wir in den Genuss einer ausführlichen, durchaus erotischen (und dabei wenig expliziten) lesbischen Softsexszene kommen (die so ziemlich den singulären Grund ausmachen dürfte, weswegen sich manche Menschen noch an diesen Film erinnern).
Nachdem die Chinamaid aus dem Haus ist, kommt auch schon Tony auf´n Sprung vorbei und bemächtigt sich des angefallenen banktechnischen Papierkrams der „chinesischen Schlampe“, wie er sich eloquent auszudrücken beliebt. Im übrigen habe er ein Treff mit Bruno arrangiert, dem Alex doch bitte Folge leisten möchte. Alex´ mal eben vorbeituckernden Hausfreund Lyle bezeichnet er als „richtig niedlich“. Lyle kann Alex wenigstens auch gestehen, dass sie sich zum ersten Mal so richtig verliebt hat – der Freund spekuliert richtig, dass das Liebesobjekt keins von der schwanzgesteuerten Sorte ist, aber da steht Lyle so richtig drüber: „Wir sind in Kalifornien, das Geschlecht ist irrelevant!“ Ah, good old California, where anything goes (nun gut, in einem Bundesstaat, dessen Bewohner ernsthaft einen Österreicher zum Gouvernator wählen, ist ja eh alles möglich… prophylaktische Entschuldigung an alle mitlesenden Alpenstaat-Einwohner, ich mein´s ja gar nicht so :-)).
Tony ärgert sich inzwischen mit seinem Vorgesetzten (und zwar dem dienstlich-polizeilichen) wegen seiner Spesenabrechnung und dem dort vermerkten Posten „500 Dollar für Geschlechtsverkehr mit Informantin“ (eh, moment mal, die Kohle hat dir Bruno gegeben… oder soll das Schmerzensgeld sein?). „Kriegt man denn gar keine Vergünstigungen mehr?“ brummt Tony, aber aufgrund des minimalen Rüffels, dass die betreffende Informantin den Sachverhalt geringfügig anders darstellt, muss er auf diesen Bonus wohl schweren Herzens verzichten (tjaja, man kriegt die Kerle halt doch am leichtesten über ihren Geldbeutel klein).
Bruno unterbreitet Alex beim vereinbarten Treff in einem japan-gestylten Edelpuff ein unmoralisches Angebot – eine Ausbildung und Protegierung (hm, schreibt man das so?), „die dir Alan Greenspan nicht bieten könnte“, de fakto zu seiner Nachfolgerin. Und wo man schon dabei wäre, könnte Alex ihm doch einen klitzekleinen Gefallen tun (wir tun plotmässig endlich Butter bei de Fische): Die 169 zu waschenden Milliönchen befinden sich inzwischen auf Virginias Konto und sollen von da natürlich auch wieder weg – deswegen soll Alex am nächsten Tag um 11.59 die entsprechenden Überweisungen aufführen und um 12.00 das Bankensystem durch Einspielung des „Hiroshimä-Virus tilten, so dass die Zahlungen offiziell unwiederbringlich in den Weiten des Cyberspace verschollen wären. Eine den Virus enthaltende Diskette drückt er ihr in die Hand (ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass es, auch anno 1995, gar so einfach ist, ein komplettes Netzwerk so simpel auszuknipsen, aber for pete´s sake, lassen wir´s dabei).
Alex wittert Ungemach für ihre neue Liebhaberin, die, sollte das FBI in Form von Tony zuschlagen, ihr süsses Köpfchen hinhalten müsste und will sie warnen. Leider interessiert sich Virginia weniger für die Konsequenzen amerikanischen Bundesstrafrechts, sondern eher dafür, dass Alex wahrheitsgemäss aussagt, es auch mit Bruno getrieben zu haben und der sich offensichtlich einbilde, sich in sie verliebt zu haben. „Wie kannst du es wagen, mit mir und mit meinem Mann zu schlafen?“ entrüstet sich Virginia und findet selbiges Faktum zum Kotzen. Dass es bei der Nummer mit Bruno in erster Linie um einen Akt der Berufsausübung handelte, entschuldigt nach Ansicht der Chinesin diesen Verfall an moralischen Werten nicht und legt sich daher auch erst mal auf ein „Nein“ zu Alex´ Ansinnen, gemeinschaftlich nach Mexiko zu düsen, fest.
Die Stunde X rückt näher und auch das FBI bereitet sich auf seinen Zugriff vor: „Wir schnappen sie alle“, ist das Motto der Feds. Bruno ahnt vom drohenden Verderben nix, hat aber zunächst auch andere Sorgen, nämlich eine fürchterlich hysterische Virginia, die ihn wegen seines Bratkartoffelverhältnisses mit Alex erst zur Schnecke macht und dann zu einem buntgemischten Tablettencocktail greift, um ihrem schnöde Dasein Lebewohl zu sagen. Tony findet die schöne Bescherung, die ihrerseits Bruno in formvollendete Hysterie schickt – noch ist Virginia aber nicht perdü, sondern nur bewusstlos und Tony wird verdonnert, eine Magenauspumpung zu besorgen. In völliger Unkenntnis dieser Ereignisse beginnt Alex mit ihrem Spezial-Plan und bestellt telefonisch erst Bruno, dann Tony jeweils allein zur gleichen Zeit in die gleiche Hotelsuite. Mir dünkt, das blonde Gift will die beiden Herren gegeneinander ausspielen und hofft, dass sie sich gegenseitig umnieten.
Bruno taucht auch pünktlich wie der Maurer auf und bezichtigt Alex ob Virginias vorheriger Tirade einer lesbischen Beziehung zu seinem Frauchen. „Seh ich aus wie eine Lesbe?“ raunzt Alex ihn an (was, wieder einmal, in der Rückschau einen Grinser wert ist), was Bruno natürlich verneint. Aber ihm wäre ganz recht, wenn Alex des lieben Seelenfriedens der Chinamaid mit ihr ein bisschen kuscheln würde (dem alten Sack ist nämlich ganz klar, dass Virginia zu den Frauenfreunden der Welt zählt). Alex stellt sich blöd und fragt, wie sie das denn anstellen solle und Bruno wäre gern bereit, ein paar Nachhilfestunde zu geben: „Still dir mich mit Wimpern vor!“ (Ein ehe erschreckende Vision, da hab ich den guten Chris doch lieber als Osterhasen wie in Grabgeflüster). Doch da klingelt Tony anner Tür, und being the professional law enforcement officer he is, denkt der verständlicherweise an nichts anderes, als Alex nochmal flachzulegen und, da die Dame weiterhin von solcherlei Ansinnen wenig hält, dies gern auch mit Gewalt in die Tat umzusetzen beabsichtigt (mann, ich bastel heut wieder Sätze, mit denen beeindrucke ich mich selbst). Bruno hört und sieht sich das eine Weile lang aus dem Nebenzimmer an, bis er mit gezückter Knarre und einem „du bist gefeuert“ auf den Lippen seinen Driver konfrontiert. Tony, dem natürlich der Arsch auf Grundeis geht, weil seine karriereförderliche Prestigeverhaftung auf dem Spiel steht, winselt das Blaue vom Himmel herunter, aber Bruno hat kein Einsehen (und Chris Walken overacts his heart out in this scene, you gotta see it to believe, old Bill Shatner würde eine Träne der Rührung die Wange runterkullern). „Du hast Alex vergewaltigt, du hast meine Gefühle vergewaltigt!“ dröhnt der Gangster – und darüber hinaus hat Tony auch noch Virginia nach notdürfstiger medizinischer Versorgung einfach im Auto eingesperrt! Das schreit nach Satisfaktion und daran macht sich Bruno umgehend mit dem Befehl „Hosen runter!“ Als sich Bruno auch noch eine Lümmeltüte über sein bestes Stück streifen lässt, fällt es auch Alex wie Schuppen aus den kurzen Haaren: „Du willst deinen Fahrer ficken, um zu beweisen, wie sehr du mich liebst?“ Das mag sie sich nicht ansehen, aber Bruno sitzt knarrenmässig am längeren Hebel: „Wenn du gehst, schiess ich ihm die Geschlechtsteile ab!“ (gewählte Ausdrucksweise hat der Herr Geldwäscher). Schätzungsweise wird auch Tony lieber anal vergewaltigt als zu einem Eunuchenleben verurteilt. „I´m faaar out,“ würde Bruno sich ereifern, hätten wir eine Originalsprach-Tonspur zur Verfügung und stellt gleichzeitig klar, dass es ihm hier mitnichten um sexuelle Erfüllung ginge (könnte mir auch was spassigers vorstellen, in der Hinsicht), sondern um Macht, versohlt Tony den Hintern und macht sich daran, zur Tat zu schreiten, als plötzlich Virginia durch die Tür tritt… peinlich, peinlich! „Das ist nicht so, wie es aussieht,“ versichert Bruno auch stantepete (wobei… naja… irgendwie isses ja schon genau das, wonach es aussieht…). Virginia hat für ihren Männe nur ein verachtendes „Schwein“ übrig und verzupft sich mit Alex ins Nebenzimmer, worauf Tony und Bruno auf einmal wieder die dicksten Freunde sind (die Kündigung wurde offenbar zurückgenommen) und sich erst mal ´nen Martini auf den Schreck gönnen (ich wusste ja „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“, aber „Pack fickt sich…“ war mir bislang neu).
Alex versucht nebenan Virginia zu erklären, was da gerade läuft, aber ihre Freundin mag gar nichts hören: „Wann fliegen wir nach Mexiko?“ Awww, true love. Nun können die beiden Liebhaberinnen nicht wirklich mit einem kecken Grinsen und ´nem „Wir schicken ne Karte aus Guadalajarä von dannen spazieren, deswegen braucht´s einen Plan…
„Virginia ist weg,“ kann Alex deswegen Sekunden später kreischen und Tony wird dazu verdonnert, die Verfolgung aufzunehmen. Die Chinesin flüchtet mit Alex´ Schlampenschlepper, äh, Alfa Spider. Unter vier Augen offenbart Alex dann Bruno, dass er dabei ist, in eine Polizeifalle zu tappen und gibt ihm den guten Rat, sich schleunigst weiträumig vom Acker zu machen – zur Untermauerung ihrer These wirft sie ihm Tonys vergessene Weste in den Schoss, in der der geübte Gangster von Welt schnell die eingearbeiteten Mikrofone identifiziert…
Tony, der die Verfolgung Virginias relativ schnell abgehakt hat (nur, weil die Gute ihn beinahe überfahren hat? Weichei!), macht sich zwar ein paar Sorgen ob der beiden „Nutten“, bis ihm aufgeht, dass er sein verkabeltes Kleidungsstück vergessen hat. Shit happens…
Bruno sieht die ganze Angelegenheit als Zeichen des Herrn (oder wer auch immer für die Geldwäscher der Welt zuständig ist), seinen Lebensstil zu ändern und nicht mehr „dem Geld wie einer Fotze hinterherzulaufen“ (soviel zur gewählten Ausdrucksweise). Alex lässt den räsonnierenden Bruno stehen, klaut seinen Benz und fährt nach Hause. Wo aber ein mächtig angepisster Tony wie Rambo persönlich einbricht und daran geht, Alex zu erwürgen, weil sie seine Tarnung hat auffliegen lassen (ganz sicher, Tony, DU hast damit überhaupt nichts zu tun… Depp!) – seine einzige Hoffnung auf berufliche Rehabilitation ist die Virus-Diskette in Alex´ Besitz. Kaum hat er sie sich angeeignet, übermannen den Vollidioten wieder die Hormone, denn auf ein lieb gemeintes „Fick dich ins Knie“ seitens Alex knurrt er nur ein „Nein, ich fick´ dich!“ Der Herr scheint aus Bremen zu kommen, denn die ham ja angeblich das Recht auf dreimal… Nur gut für Alex, dass Bruno doch nicht ganz so mirnix-dirnix verschwinden, sondern zuvor mit seinem superloyalen Verräter-Fahrer abrechnen will. Mit gezückter Knarre steht er plötzlich im Wohnzimmer, aber Tony ist sich sicher, dass Bruno sein Strafregister nicht auch noch um „Mord an einem Bundesbeamten“ verlängern möchte (gewagte Hypothese). Da Tony allerdings seinen eigenen Schiessprügel aus dem Hosenbund fummelt, greift Bruno zur Notwehr und ballert ihm mit den gesetzlich vorgeschriebenen Worten „du bist gefeuert“ (hatten wir auch schonmal…) drei Kugeln vor den Wanst. Zwar wird Tony dank kugelsicherer Weste damit nur aus den Latschen geworfen, aber Bruno erledigt den Rest aus kurzer Distanz. Um sich danach Alex gegenüber generös zu geben, als sein Fluchthelikopter am Strand landet, und sie einzuladen, ihn zu begleiten: „Virginia kann auch mitkommen!“ (wow, grosszügig). Alex lehnt dankend ab, Bruno mimt den Verständnisvollen und macht den Abflug, worauf Alex vom treuen Lyle auf seiner mickrigen Gelände-Möhre abgeholt und gen Flugplatz schippert, wo Virginia auf sie wartet.
Am Aeroport, genauer gesagt, noch in der Maschine bedrängt Bruno das Kabinenpersonal, doch noch zu warten, weil noch zwei Passagiere kommen könnten (Junge, du kriegst auch nix mit – du bist bei beiden Mädels abgemeldet, und bei der einen warst du noch nicht mal jemals in der Warteschleife zur Anmeldung!), aber der Steward pocht auf pünktlichen Abflug. Resigniert hockt sich Bruno auf seinen Platz, doch von der anderen Gangseite grinst ihn ein FBI-Agent schief an… (fragt sich nur, was sie dem Knaben effektiv anhängen wollen, so ohne Beweise und so).
Alex und Virginia, die beiden Schelme, sind aber gar nicht erst mit´m Flugzeug aufgebrochen, sondern heimlich, still & leise per Linienbus über die mexikanische Grenze getuckert (für die ganz Blöden plärrt uns der Soundtrack mit übelster Klischee-Mariachi-Musik zu). Während ein voice-over seitens Alex uns noch über die weiteren Pläne der Miezen informiert (man bzw. frau beabsichtigt, mit den ursprünglich eingezahlten 375.000 Dollar in China ein neues Leben zu beginnen und eine Schuhfabrik zu eröffnen… boah!), kuschelt sich Virginia an ihre Alex und nuschelt was darüber, dass sie eine Frau mit Vergangenheit sei, bevor wir etwas rätselhafterweise mit der Einstellung eines irgendwo in der mexikanischen Pampa aus dem Bus aussteigenden männlichen Unterwäsche-Model enden.
Und, ist der Streifen nun den ganzen Brimborium, den wir oben angedeutet haben wert? Kann ich nicht definitiv sagen – in dieser Schnittfassung jedenfalls nicht. Was enfant terrible Cammell möglicherweise mal als vielschichtiges, intensives Psychodrama mit erotischem Einschlag geplant hat (und nachdem, was man so über den director´s cut hört, mit allerlei inszenatorischen Mätzchen wie nonlinearem Storytelling, multiplen flashbacks und -forwards, Zwischenschnitten etc. auch umgesetzt hat – kein Wunder, dass die Nasen von Nu Image da intellektuell leicht überfordert waren), verkommt in dieser softcore-Fassung zu einem eher langweiligen Possenspiel von eher zweifelhaftem Interesse.
Wild Side ist ein wunderbares Beispiel für einen Film bzw. ein Drehbuch, das in linearer Erzählweise schlicht nicht funktioniert, weil es überhaupt keinen Spannungsbogen gibt – die Positionen werden frühzeitig bezogen, die Entwicklungen sind vorhersehbar, Überraschungsmomente gibt es nicht. Eine Geschichte wie diese kann man halt nur auf nichtlineare Weise sinnvoll, sprich kinematisch sinnvoll, erzählen, so man sie überhaupt erzählen will, denn, ohne Mr. Cammell und seiner damaligen Ehefrau China Kong zu nahe treten zu wollen, besonders dolle ist die Plotte von Haus aus nicht (wobei hier natürlich wieder angemerkt werden muss, dass Cammell die eigentliche Krimihandlung nur als Mittel zum Zweck für seine psychologisch-erotischen Feldstudien angesehen haben dürfte; die Schwäche der storytechnischen Grundidee fällt aber halt ganz bersonders auf, wenn der Film durch die radikale Kürzung und den Umschnitt in lineare Gefilde so radikal auf seinen Plot zusammengestrichen wird).
Die Idee ist einfach zu abgegriffen – über´s Doppelleben von Luxuscallgirls haben wir alle mehr Filme gesehen, als wir zählen können, die Thrillerhandlung ist schon allein aufgrund der nicht wirklich aufregenden Thematik „Geldwäsche“ nicht gerade mitreissend und wer die in dieser Schnittfassung schon fast verzweifelten Bemühungen um Twists und Turns nicht kilometerweit vorhersehen kann (nein, wie spektakulär, Alex gedenkt die Situation zu ihren eigenen Gunsten auszunutzen, wer hätte das gedacht) ist wohl mit der täglichen Lektüre des Blattes mit den vier grossen Buchstaben im Titel mental ausgelastet. Immerhin, wenn man einige Grund-Unglaubwürdigkeiten der Plotte ausser acht lässt (ausgeschrieben vor allen Dingen das komplette Verhalten des FBI-Manns Tony), die Story ist selbst in dieser Fassung einigermassen konsistent und bis zu einem gewissen Punkt logisch (der Schlussakt wirft allerdings einiges an Logik über Bord – wieso hofft Bruno selbst in letzter Sekunde noch auf die „Rückkehr“ von Virginia und Alex? Wie kann ihn das FBI – wir gehen mal davon aus, dass die entsprechende Szene im Flugzeug das andeuten soll – ihn verhaften, wenn sämtliches Beweismaterial, wenn nicht zerstört oder verloren, dann zumindest unter höchst zweifelhaften Umständen ergattert ist?).
Aber vergessen wir mal den Plot, denn den hatte Nu Image bei der von der Firma veranstalteten Schnittfassung sicher nicht im Sinn, auch wenn die Kürzungen eben dafür sorgen, dass die Geschichte stärker bzw. deutlicher im Vordergrund steht (das war wohl mehr ein Abfallprodukt) – Nu Image wollte einen Softcore-Film. Funzt Wild Side wenigstens als solcher? Nicht wirklich, denn wirklich erotisch ist das natürlich nicht, was Cammell abgeliefert hat. Es gibt nur eine einzige echte Sexszene, und das ist die mit Anne Heche und Joan Chen, sie dauert etwa drei bis vier Minuten und ist, wie schon oben im Text angedeutet, nicht von schlechten Eltern – mir geht zwar in dieser Szene die etwas wackelige Handkamera auf die Nerven, aber insgesamt ist die Szene nicht auf den Exploitation-Wert, sondern auf Sinnlichkeit und Erotik hin inszeniert und – gerade bei lesbischen Liebesszenen – das ist auch okay und gut so. Darüber hinaus legt Anne Heche auch noch einmal ihre Klamotten gänzlich ab (gut, man muss sich also nicht auf Girls in Prison beschränken, wenn man Anne ohne alles sehen will), ohne sich dabei in beischlafähnliche Aktivitäten verwickeln zu lassen.
Die sonstigen sexuellen Situationen bleiben entweder handzahm (die „Sexszene“ von Anne mit Chris Walken ist kurz und wenig explizit, auch da sie sich nicht aus ihrer Reizwäsche schält) oder das krasse Gegentum, nämlich auf Abstossung und Widerwart hin konstruiert – eine durchgezogene (und vielleicht realistischer als nötig wirkende) Vergewaltigung, eine versuchte und natürlich die angedeutete, jedoch nicht vollzogene anale Vergewaltigung von Steven Bauer durch Chris Walken (Walken behält die Hosen oben, er zeigt sich nur mit nacktem Oberkörper, Steven Bauer darf allerdings sein unbedecktes Hinterteil mehrfach vor die Kamera halten) – frankly spoken würde ich das nicht wirklich für erotisch halten wollen (Vergewaltigungen, ob nun an Männlein oder Weiblein, haben nun mal nichts erotisches an sich).
Cammells Inszenierung darf man anhand der vorliegenden Fassung sicherlich nicht beurteilen – die Szenen sind in völlig anderer Reihenfolge angeordnet als vom Regisseur gewünscht und daher verständlicherweise in ihrer Wirkung komplett anders als gedacht. Wenn wir diesen Cut von Wild Side aber, wie es sich dem hiesigen Kulturkreis, in dem der DC nie erschienen ist, ziemt, muss man konstatieren, dass das Dargebotene recht verschnarcht daher kommt – der Streifen gewinnt nie an Tempo, an Momentum, plätschert von vermeintlicher Sexszene zu vermeintlicher Sexszene, ohne dass sich jemals ein Spannungsbogen aufbauen darf und kann – wie die eigentliche Story denn ausgehen wird, dürfte selbst anspruchslosere Gemüter so ab Halbzeit kaum mehr interessieren. Auf die Dauer nervig wird zudem der elektronische Score von Jon Hassell, bei dem ich nicht endgültig eruieren konnte, ob es sich dabei um den von Cammell vorgesehenen handelt oder von Nu Image aufgepropft wurde (im Umkehrschlu0 weiss ich natürlich ebensowenig, ob der Sakamoto-Score des DC speziell für diesen eingeklimpert wurde).
Kommen wir also zu den Akteuren. Christopher Walken, topgebillt, aber mit verhältnismässig wenig screentime, liefert hier eine seiner weniger eindrucksvollen Vorstellungen ab – über weite Strecken wirkt Walken auf mich eher uninteressiert (kann natürlich auch an der unglückseligen Aneinanderreihung der Szenen und der teilweise willkürlichen Kürzung derselben liegen) – aber auch in einem Film wie diesem hat Walken seine Momente, da dreht er auf und verleiht dem Film durch overacting eine gewisse ironische Note (note wie der hartgesottene Gangster und Paranoiker Bruno aus dem Leim geht, als er den Selbstmordversuch Virginias bemerkt; die angedachte Vergewaltigung Tonys gehört von Rechts wegen auf jedes Walken-Highlight-Reel). Für Walken-Fans dürfte dieser Auftritt hier eher unter „Kuriosa“ abzubuchen sein (schon allein wegen des gruseligen Hawaii-Hemds, das Walken in einer Szene trägt).
Anne Heche… ist schon ein lecker Mädel. Und abgesehen davon auch eine ziemlich gute Schauspielerin, auch wenn das spezielle Interesse an DIESER Rolle weniger dem Film selbst geschuldet ist als dem Umstand, dass Miss Heche sich zwei Jahre nach diesem ersten encounter der gleichgeschlechtlichen Art in eine heftige Beziehung mit der ultimativen Starlesbe Ellen DeGeneres stürzte (um drei Jahre später wieder reumütig in den Schoss der Hetero-Gemeinde zurückzukehren und bodenständig mit Mann und mittlerweile Kind zu leben), was einige ihrer Dialoge und Verhaltensweisen rückwirkend betrachtet schon ziemlich lustig macht (ich weiss, das ist unfair, aber mein Gott, das Leben ist selten fair). Nun mal, Flachs beiseite, Anne, die hier ihre Paraderolle als „femme fatale“, die nicht mit allen Karten offen spielt, zelebriert (weswegen ich auch ihre Psycho-Interpretation als Highlight der Van-Sant-„Hommage ansehe), zieht sich gut aus der Affäre, was auch für Joan Chen gilt (andererseits könnte ich nun wieder zu einer eigenen Belastung anführen, dass ich sowohl Anne Heche als auch Joan Chen grundsätzlich für talentiert und extrem gutaussehend halt, so probably my opinion is flawed). Der Twin Peaks-, Wedlock-, und Jugger-Star beweist sich auch hier wieder einmal als wandlungsfähige Schauspielerin ersten Ranges (und wenn man berücksichtigt, dass Ms. Chen als Co-Produzentin auch eigene Kohle ins Projekt gebuttert hat, muss es ihr wohl auch darum gegangen sein – oder sie stand auf Anne Heche…) Wie schon mehrfach angedeutet – die gemeinsame Liebesszene der beiden Damen ist die outstanding performance des Films – ich hätte sie mir vielleicht etwas ästhetischer (d.h. weniger mit zappeliger Handkamera gefilmt) gewünscht, aber it´s okay that way.
Steven Bauer dagegen gibt einen randalierenden Schreihals (überdies, wie der gesamte Film, ziemlich miefig synchronisiert) erster Kajüte, ein unsympathischer Widerling ohne Nuancen – das ist entweder genau das, was der Regisseur gewollt hat (dann kudos an den Darsteller in zahllosen B-Movies wie Kickboxing Academy, Terminal Voyage, Red Shoe Diaries 2 oder Codename: Silencer) oder kraftmeierisches Non-Acting der „Mein-Türpfosten-spielt-besser-als-ich“-Schule. You decide!
Unter den Nebenrollen findet sich mit Marcus Aurelius immerhin noch ein guter Bekannter aus den ganzen schönen Philip-J.-Roth-Kloppern wie A.P.E.X., Boa oder Total Reality. Nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Wie schon des öfteren erwähnt (ja, ich neige heute wieder zu Wiederholungen… und?) gibt´s Wild Side hierzulande nicht in der DC-Fassung, sondern nur in einer FSK-16-Fassung (die dem R-Rated entsprechen dürfte) und der von mir gesichteten FSK-18-Fassung, wobei nur letztere auf DVD von United Video als „Special Edition“ erschienen ist. Special Edition my ass, if you pardon my french. Unter einer „Special Edition“ stelle ich mir selbst unter den in dieser Hinsicht eher laxen Bedingungen in Alemania etwas mehr vor als einen ziemlich luschigen 4:3-Vollbildtransfer (der noch dazu angeblich „digital remastered“ worden sein soll) – vielleicht hätte man dann aber die Bildstörungen, Farbverschiebungen, Flimmereffekte und die matten Farben etwas, eh, korrigieren können, die den Sehgenuss doch deutlich eintrüben -, eine einzige Tonspur (immerhin ein recht souveräner deutscher 5.1-Dolby-Mix, der allerdings unter der schlappen Synchro leidet) und eine Filmographie (noch dazu nahezu unleserlich auf einer Texttafel untergebracht) von Christopher Walken (okay, es gibt noch eine Trailershow mit 6 Vorschaufilmchen, darunter auch dem zu Wild Side. Das ist also, alles in allem, eine relativ grottige DVD-Umsetzung, die nur deswegen akzeptabel ist, weil´s die einzige Möglichkeit ist, sich den Streifen hierzulande reinzuziehen – das mit der „Special Edition“ würde ich aber am liebsten mit der Marketing-Abteilung von United mal ausdiskutieren (es existiert verfügbares Bonusmaterial wie Interviews, die finden sich nämlich auf der UK-Disc zum Director´s Cut).
Letzte Worte: Wild Side ist in der vorliegenden Form eine ziemliche Nullität vom Film – sowohl in den Punkten Erotik als auch Thrill versagt der Streifen völlig (mit Ausnahme der mittlerweile von mir schon zu Tode gerittenen Heche/Chen-Szene), was aber nicht verwundert, da Regisseur Cammell mit Sicherheit alles im Sinn hatte, nur nicht, einen Erotikthriller für die Shannon-Tweed-Regalreihe der Videothek auf die Beine zu stellen. Ich glaube zwar angesichts der prinzipiell nicht gerade aus den Schuhen werfenden Story nicht, dass der DC bzw. die dreistündige Urfassung notwendigerweise hohe Filmkunst darstellen bzw. einen erheblich höheren Unterhaltungswert haben (dazu gibt das Thema einfach nicht genug her, und auch filmische Tricksereien wie Flashbacks etc. können dem Streifen maximal über ein Viewing helfen, schätze ich), aber natürlich wäre mir von Haus aus und rein grundsätzlich die Vision des Regisseurs erheblich lieber als das, was Boaz Davidson und seine fidele Truppe in purer Eigenregie (unter dem völlig hanebüchenen Argument, dass sie den Film schliesslich bezahlt haben… tsk) daraus kampfgeschnitten haben. Wild Side rechnet sich daher nur für Hardcore-Christopher-Walken-Fans, die haben da allerdings mal ihren Leib- und Magenstar völlig anders zu sehen und natürlich Anhänger (und -innen) der hauptrollenden Damen Heche und Chen. ´nen richtig interessanten Film sollte man allerdings nicht erwarten, nur ein Sammelsurium mehr oder (meist) weniger interessanter Szenen.
(c) 2004 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 4
Review verfasst am: 01.07.2004