- Deutscher Titel: Wie gedruckt... / Moloch
- Original-Titel: Wie gedruckt... / Moloch
- Regie: Heiko Schulz, Michael Valentin
- Land: Deutschland
- Jahr: 2006
- Darsteller:
WIE GEDRUCKT…
Matthias Polk (Heiko Schulz)
Theodor Lange (Maik Perzl)
Firmenchefin (Petra Kotalla)
Autofahrer (Rafael Groß)
Ehefrau Polk (Elena Miller)
Nachbar (Michael Valentin)
Kommissar (Kurt Perzl)
Zeitungsdrucker (Andreas Detemple)
Bahnreisender (Werner Michels)MOLOCH
Moloch (Michael Valentin)
Opfer (Thorsten Hastenteufel)
Busfahrer (Paul Ziegler)
Vorwort
Abt. Doppelschlag zum Neujahrstag
Okayokay, das neue Jahr ist mittlerweile auch schon wieder ein paar Tage alt, aber trotzdem ist folgendes Geschreibsel das erste offizielle 2007er-Review, und deshalb lass ich datumstechnisch da mal fünfe grade sein. Doppelschlag deswegen, weil ich gleich zwei Filme auf einmal abhandele – kümmt deswegen, weil mir die Macher von Goreholio eine Promo-DVD mit ebenjenen zwei Streifen zugeschickt haben.
Womit wir dann auch schon abgeklärt hätten, dass es sich bei den heute zu würdigenden Werken um Amateurfilme handelt. Nun ist „Goreholio Filmworks“ nicht gerade der „Firmenname“, der mich vor Begeisteurng jauchzen lässt, aber da die beteiligten Personen durch Forumspräsenz ja durchaus wissen, was „Reizthemen“ für mich sind und sich trotzdem für freiwillige Übersendung entschieden haben – und außerdem nicht jeder Splatterfilmer ein Schnaas oder Walz ist -, stehe ich dem Unterfangen mal mit dezentem Optimismus gegenüber.
Wie gesagt, wir haben es mit zwei Filmen zu tun, so dass ich mir, wie im seligen „Splitter/Im Spiegel“-Review schon einmal etabliert, erlaube, quasi ein Doppelreview zu erstellen.
In Anbetracht großartiger Einfälle für weitere Ausdehnung des Vorworts (ich könnte Euch natürlich von meinem Silvestertrip nach Wien erzählen, aber * irgendwie * habe ich das Gefühl, das täte nichts wesentliches zur Sache), kommen wir daher ohne weitere Verzögerung direkt zum Main Event.
Inhalt
WIE GEDRUCKT…
Wir befinden uns in einer Druckanstalt, wo ein blaubekittelter Vorarbeiter o.ä. mit kritischem Blick die diverse Maschinerie der Zeitungspresse prüft und schließlich mit einigermaßen zufriedener Miene einen Korrekturabzug aus der Presse puhlt, die er einer eingehenden Examinierung unterzieht. Selbige fällt aber nicht zu seinem Wohlwollen aus, denn der böse Druckfehlerteufel hat zugeschlagen und einen Artikel arg verunstaltet.
Das ist natürlich, rein drucktechnisch gesehen, ein beachtlicher Exkrementhaufen, andererseits ist es für großartige Verbesserungsaktionen ersichtlich zu spät: „Ist schon draußen, die Auflage!“ (Hm, sollte man einen Korrekturabzug dann nicht prüfen, BEVOR der ganze Schmu schon am Kiosk liegt?). Daher herrscht bei unserem tapferen Prüfer die Ansicht vor, dass das zwar eine ziemlich dumme Sache, aber nicht mehr zu ändern und damit nicht sein Problem sei. Ob sein Vorgesetzter das auch so sieht?
Egalemento. Wir schalten um in Zeit und Raum, in die grüne Heide und hören einem Erzähler zu, der, wie mir Future Doc per Gedankenübertragung vermittelt, nichts anderes tut, als den besagten verfehlerten Zeitungsartikel vorzulesen. Protagonist dieser Story ist ein gewisser Matthias P., 35 Jahre alt und, so behauptet zumindest der knallhart recherchierte Artikel, „geistig verwirrt“. Das äußert sich schon daran, dass er an diesem bewussten Tage seine Arbeitsstelle nicht aufgesucht habe.
Per nicht uncoolem, farbverfremdeten backwards-shot beamen wir uns an die Haustüre des besagten mutmasslichen Psychopathen Matthias Polk, der seine Wohnstatt verlässt, ins Auto einsteigt und das Radio einschaltet. Gepolt ist der Apparat auf den Sender „Radio Goreholio“ (das wäre gern ein launiger kleiner Gag am Rande, aber mir persönlich wäre es, zwecks suspension of disbelief etc., lieber gewesen, man hätte sich einen plausiblen Fantasienamen ausgedacht) und dessen Moderator Franky beglückt seine Hörerschaft mit den üblichen superlustigen Radiomoderatorensprüchen, die meiner Wenigkeit das Radiohören erfolgreich abgewöhnt haben (okay, das und die Werbung). Matze lauscht einem halbwegs hörbaren Hip-Hop-Track, bis er – wie wir Schlauköpfe im Publikum bemerken, entgegen der durch die Narration vermittelten Information – an seiner Arbeitsstelle ankommt. Wacklige Handkamera folgt seinen Schritten (ein wiederholt eingesetztes, mir aber etwas pointless vorkommendes Stilmittel).
Im Chefinnenbüro wird dessen rechtmäßige Besitzerin von einem Kunden fernmündlich instruiert, dass aus unerfindlichen Gründen sämtliche Aufträge storniert wurden. Offensichtlich gehört der renitente Kunde zu Matzes Zuständigkeitsbereich, weswegen die Chefin ihren erfolglosen Mitarbeiter ins Büro zitiert und ihm dort nicht wirklich schweren Herzens die frohe Kunde überbringt, angesichts der schwierigen Lage der Firma zu ihrem großen Bedauern sein Anstellungsverhältnis vorzeitig zu terminieren. Matthias ist sprachlos…
Eine weitere verfremdete „Zeitraffer“-Einstellung führt uns erneut ins Büro der Chefin, wo sich ein gewisser Herr Lange anmeldet und ein paar Fragen bezüglich Herrn Polk anzubringen wünscht (jau, wir springen munter durch die Zeit). Auf entsprechende Anfrage outet sich Lange samt Presseausweis als Mitarbeiter eines „seriösen Tageblatts“ (also ist er wenigstens kein BILD-Leserreporter. Ist ja schon mal was). Lange ist zu Ohren gekommen, dass Polk gefeuert wurde und interessiert sich nun für die tieferen Beweggründe – hat er sich etwas zu schulden kommen lassen? Die Chefin blockt ab und greift zum recht unverhohlenen Mittel der Einschüchterung der freien Presse – „Sie halten meine Firma aus dem Artikel raus, ich habe Verbindungen in die lokale Politik!“ Das is ja wie drüben…
Stylischer farbverfremdeter Zeitraffershot (in der Folge sfZ) – ein Zeitungsausträger packt zu finst´rer spätnächtlicher Stund die Morgenausgabe aus dem Kofferraum seines Vehikels und verteilt selbige umgehend, wenngleich unabsichtlich, auf dem schmutzigen Asphalt. Beim Aufklauben der gefallenen Nachrichten fällt dem Verteiler der verunstaltete Artikel auf – die Neugier ist geweckt, es wird gelesen (und so langsam sollte das zentrale Gimmick des Films dem Zuschauer klar werden).
„Später, gegen 10.30 Uhr, kam es durch Verschulden von Herrn P. zu einem harmlosen Verkehrsunfall“, doziert unser Off-Screen-Artikelvorleser und fügt an, dass der Bruchpilot seinem Unfallgegner anschließend noch ordentlich die Fresse poliert hat. Was ist also geschehen?
Der zutiefst frustierte Matthias setzt sich seufzend in seine Karre (Passat Kombi) und fragt sich und die Welt rhetorisch, was er angesichts des eingetretenen Jobverlusts jetzt nur tun soll, dieweil per weiterem Handkamera-Schrittverfolgungs-Shot ein anderweitiger Typ in seinen aufgebrezelten Kadett klettert und seine Car-Stereoanlage Grunzmeddl plärren lässt. Das dürfte dann wohl der zukünftige Unfallgegner sein. Jenerwelcher befleißigt sich einer angesichts seiner Kalesche begreiflich eher sportlichen Fahrweise, fühlt sich jedoch trotzdem genötigt, an einer verkehrsregelnden Lichtzeichenanlage vorschriftsmäßig dem Rotton zu gehorchen und zu bremsen. Uns Matze, immer noch sein überschaubaren zukünftlichen Berufsmodelle durchspielend, ist in seiner Verkehrsaufmerksamkeit stark eingeschränkt und rappelt dem Kadett volle Kanne auf den Kofferraum (manch einer der Marke Opel eher skeptisch gegenüber eingestellter Verkehrsteilnehmer würde das als gutes Werk betrachten). Nachdem sich Grundzmeddlfan von seinem HWS-Trauma erholt hat, steigt er aus, um dem fiesen Auffahrer, dem das nu grade noch gefehlt hat, ordentlich die Meinung zu geigen: „Du blöder Penner, das bezahlst du!“ (Naja, die Versicherung streng genommen, aber wer wird kleinlich sein). Der Metaller packt Matze am Kragen und zerrt ihn aus dem Auto. Matze greift zur Selbstverteidigung und schlägt eine ordentliche Kelle zu. Das Meddlweichei küsst umgehend das harte Straßenpflaster. „Das hast du nun davon, selber Penner“, kommentiert Matze und begeht motorisierte Unfallflucht.
Zurück in unserer „Rahmenhandlung“ ist Mr. Grunzmetaller inzwischen dabei, sein geliebtes Gefährt liebevoll zu polieren (den Blechschaden hat er wohl schon ausbeulen lassen). El Grande Journalisto hat ihn zwecks Interview aufgetrieben. Bei der Rezitation seines metallverbiegenden Zusammenstosses lässt er strategisch aus, dass eigentlich er zuerst handgreiflich-agressiv geworden ist (wir erkennen langsam ein gewisses Muster, oder?).
Nach dem nächsten sfZ finden wir uns am örtlichen Hauptbahnhof wieder, wo ein mittelalter Knabe mit viel wenig Haupthaar, dafür aber Schnauzer und Metallkoffer langwierig aus einem Zug aussteigt, zum Bahnhofskiosk schlendert und sich dort eine Tageszeitung käuflich erwirbt. Klarer Fall, der Herr hat keinerlei weitere Handlungsrelevanz als den nächsten Leser des ominösen Artikels zu mimen.
„Gegen 11 Uhr kam P. nach Hause, um seine Ehefrau aufs Übelste zuzurichten“, berichtet der Erzähler und per sfZ sind wir sofort und auf der Stelle Zeuge dieses dramatishcen Ereignisses. Matze betritt die heimische Wohnstube und muss dort, weil bekanntlich der, der den Schaden hat, jeder Beschreibung spottet, zornesgeröteten Auges mitansehen, wie sein angeheiratetes Eheschatzi mit dem Nachbarn poussiert. Tja, ist echt nicht dein Tag, Meister. Mehr als ein wutschnaubendes „Was??“ hat er allerdings als Reaktion nicht auf Lager. Auch Weibi scheint die mangelhafte Echauffierung ihres Göttergatten ein wenig übel aufzustossen, weswegen sie ihm noch ein „ich bin froh, dass du´s rausgefunden hast“ einschenkt. Mit einem freundlichen „Miststück“ meint Matthias, einen moralischen Punktsieg landen und sich verpissen zu können, aber „so kommst du mir nicht davon“, blökt die Holde (? Ehm, DIE hat doch betrogen? Frauen…), und verpasst ihm eine zarte Ohrfeige. Angesäuert verlässt Matthias das Areal, sie stürmt ihm hinterher, er klemmt ihre Finger in der Türe ein, was bei ihr anscheinend gesteigerte Gleichgewichtsprobleme auslöst und sie eine Treppe runterfliegen lässt. Wir lernen: körperliche Misshandlung ist unserem P. nicht wirklich vorzuwerfen, es handelt sich auch hier eher um einen Unfall.
Was Frau P. nicht daran hindert, mit Halskrause im Krankenhaus unserem Freund und Reporter Lange ins digitale Diktiergerät zu, äh, diktieren, dass dieses „miese Schwein“ sie „grün und blau geschlagen“ habe und es ein echtes Glück gewesen sei, dass ihr Nachbar sie in ihrem angeschlagenen Zustand gefunden habe. Im Übrigen erweist sich entweder der Darsteller des anwesenden behandelnden Arztes (der ihr versichert, keine bleibenden Schäden davonzutragen) oder sein Synchronsprecher (oder beide) als ziemlich, eh, verbesserungswürdig.
Nächster sfZ, wir brauchen ja den nächsten Zeitungsleser. Hierbei handelt es sich um einen Maler (der renovierenden Zunft), der das Newspaper eigentlich nur als Unterlage für seinen Farbeimer verwenden will, aber durch den bewussten Druckfehler auf den Artikel aufmerksam gemacht wird (trotzdem könnt´ er ja bis zur Mittagspause warten, keine Arbeitsauffassung mehr, die Leut´).
Der Erzähler erklärt uns, dass P. aufgrund „dieser unentschuldbaren Tagen“ zur Fahndung ausgeschrieben wurde (der reinste Polizeistaat) und es in der Nacht zu „einem weiteren tragischen Höhepunkt“ kam. Bei einer versuchten Verhaftung eignete sich unser gebeutelter Loser die Dienstwaffe des ausführenden Polizeischergen an, ballerte ihn nieder und verschwand gen wer-weiß-wohin. Der Polizist, Familienvater zudem, sei an Ort und Stelle verschieden.
Und so hat es sich abgespielt: Der Cop funkt begeistert seiner Zentrale durch, das Auto, das zur Fahndung „ausgestrahlt“ (hö? Hab ich ´nen Hörfehler?) sei, gefunden zu haben. Schnell wird Matze gestoppt. Der hält das zunächst nur für eine Routinefahrzeugkontrolle, ahnt er doch nicht, welche Gerüchte mittlerweile über ihn in Umlauf sind, ist aber trotzdem nicht gerade begeistert. „Einfach nicht mein Tag heute“, stöhnt er (ich hab´s dir schon vor fünf Minuten gesagt…). Der Cop möchte zur Verhaftung schreiten, was Matthias begreiflicherweise nicht wirklich versteht. Eher versehentlich schließt der hochgradig nervöse Bulle (der ja glaubt, einen extrem gewalttätigen gefährlichen Kriminellen vor sich zu haben) ins Bein. Schmerzgepeinigt grabbelt Matthias nach der Wumme, es kommt zu einem kleinen Handgemenge, ein Schuss löst sich und erlöst den Grünuniformierten von seinen irdischen Leiden (z.B. dem Bullendasein an sich). In nackter Panik tritt Matthias, mit der Waffe auf´m Schoß, aufs Gaspedal und verschwindet in der Dunkelheit.
Das letzte Kapitel wartet auf uns – ein Penner schiebt seinen pfandflaschengefüllten Einkaufswagen durch die Gegend und durchwühlt einen Müllcontainer nach verwertbarem Plunder. Mehr als eine Zeitung (war ja klar) ist nicht aufzutreiben (und Penner sind ja nicht sooo wählerisch, was die Aktualität der Nachrichten angeht, siehe „Clever & Smart“: „Donnerwetter, jetzt haben sie den Kennedy in Dallas erschossen!“).
„Die Tragödie des Amokläufers“ findet, so bescheidet uns der Erzähler, in einem verlassenen Haus ihr Ende. Von einem Sonderkommando umstellt, nahm sich der geistesgestörte Täter das Leben. Oder auch nicht…
Also, ab per sfZ an die schicksalshafte Stelle. Ein Spurensicherungskommando (in komplettem chirurgischen Schutzanzug-Outfit) untersucht den abgestellten Passat, dieweil bis an die Zähne bewaffnete SEK-Beamte im schweren Kampfanzug böse Blicke um sich werfen. Der große Kommissar freut sich, hat man doch die „Mordwaffe“ gefunden, und das auch noch voller Fingerabdrücke. „So ein Stümper“, grinst sich der Kommissar und steckt sich einen Glimmstengel an. „Die Kanaille“ wird er schon kriegen, schließlich kann selbige noch nicht weit weg sein und die Hundestaffel wird´s schon richten.
Ein sfZ steuert uns in einen Flashback im Flashback (I love it… yikes). Matze fährt in seiner Panik blutend und verzweifelt durch Nacht und Pampa, hält schließlich an und fällt mehr aus dem Wagen, als dass er aussteigt. Zu Fuß geht die Flucht weiter.
Die Hunde, bzw. der eine einzige Köter, den die Polizei aufbieten kann (und irgendwie nach Pitbull-Mischling aussieht. Verwenden die Grünen solche Beißer?), sind ihm allerdings auf den Fersen, aber Matze hat seine Abenteuerfilme gesehen und durchquert einen Waldbach (die Musik ist dramatisch, aber ein wenig OVERDONE). In seiner Verzweiflung flüchtet Matthias sich in ein verlassenens Haus, doch das Sondereinsatzkommando war schneller und hat dort bereits das Dach und alle anderen potentiellen Schießscharten besetzt. Schon zappelt Herr P. im Fadenkreuz, doch noch bittet der Kommissar um Zurückhaltung – bis er persönlich vor Ort ist, wird gefälligst nur beobachtet.
Dieweil der Herr Kommissar anmarschiert, durchleidet Matze noch mal die Stationen seines echt verkorksten Tages (tja, das ist wie Falling Down in Pech). Kaum angekommen, greift sich der Commissario eine Quatsche und fordert Matthias zum Aufgeben auf: „Sie wissen doch, wie so was endet!“ (Genau, man kommt mit erhobenen Händen raus und wird großformatig gestanzt). Matthias proklamiert seine Unschuld, was ihm selbstredend keiner, speziell nicht der Kommandierende der Einsatzbrigade, abkaufen will. Die SEK-Fuzzis closen in, und der Kommissar ruft das Deguello aus – sobald sich die Möglichkeit ergibt, soll die Zielperson, eh, „das Schwein, das unseren Kollegen getötet hat“, sofort erschossen werden (die Bullen verstehen echt keinen Spaß mehr… abgesehen davon ist unser angeblicher Amokläufer unbewaffnet, alldieweil die Tatwaffe ja im Auto lag. Die sind echt gemein). Matze schreit, dass alles nur ein Unfall gewesen sei, aber die Scharfschützen haben ihn bereits in ihren jeweiligen Visieren. „Zugriff“, brüllt der Kommissar und schon geht´s los – Tränengasgranaten werden geworfen, ein Sniper drückt ab und nach ein wenig Gasmasken-POV findet einer seiner Kollegen den entleibten Mathias tot an der Wand lehnen: „Guter Schuss!“
Und so tippselt Lange mit sich und der Welt zufrieden das Schlusswort seines Artikels (auf ´nem Medion-Notebook, genau wie ich die Notizen für dieses Review… Zufälle gibt´s) und raucht in einem extreme close-up einen Sargnagel.
Schwer symbolisch flattert das bewusste Zeitungsblatt über einen Parkplatz und bleibt in einem Strauch hängen. Endlich erkennen wir auch den ominösen Druckfehler – eine Art baumartige Struktur aus Leerstellen hat Langes Artikel „verschönt“ und die Aufmerksamkeit der Leser auf selbigen gezogen. Zu allem Überfluss erleichtert sich dann noch ein Vogel auf den sorgfältig recherchierten Artikel…
Na, hört man in Amateurfilmerkreisen doch noch auf mich? Trotz des „Goreholio“-Labels hat Wie gedruckt… mit den Möchtegernsplatterorgien, denen sich so mancher „hoffnungsfrohe“ Jungfilmer hingibt, null bis gar nix gemein. Statt einer blutrünstigen Eingeweidemär kommt man uns aus dem Saarland hier mit einer Art filmischen Umsetzung von BILDBlog, einer kritischen Abrechnung mit dem medialen Rufmord, dem der journalistischen Qualität weniger verpflichtete Massenblattmarkt oft und gern frönt (wir wissen ja, da werden Tatverdächtige, die bis zu einer Verurteilung ja als unschuldig zu gelten haben, schon mal als Schwein tituliert).
Aber auch diese Medienkritik ist nur ein Aspekt des Films, denn Wie gedruckt… treibt das Spiel von BILD & Co. insofern auf die Spitze, als vom Reporter interviewten Charaktere willige Komplizen sind (bzw. dem armen Journalisten ja gar nichts anderes übrig bleibt, als die völlige Unwahrheit zu schreiben, weil ihm ja keiner die wenig schlagzeilenträchtige Wahrheit einschenkt); so gewinnt der Streifen über die medien- auch noch eine sozialkritische Komponente, in der Geltungssucht und Hybris unserer werten Zeitgenossen angeprangert werden – jede der Figuren, die ihren Senf zum angeblichen Amoklauf gibt, hat nichts besseres zu tun, als die Hauptfigur nach Kräften in die Pfanne zu hauen und eindeutige (und eindeutig falsche) Schuldzuweisungen zu verteilen, um eigenes Fehlverhalten zu kaschieren. Da fehlt eigentlich nur noch, dass irgendjemand im Film sagt, Matthias P. würde „Killerspiele“ spielen und „Gewaltvideos“ konsumieren.
Wie schon oben in der Inhaltszusammenfassung angedeutet, spielt sich die „Flashback“-Handlung (die in diesem Fall auch mal dramaturgisch in dieser Form notwendig ist, weil der Punkt der Geschichte, sofern man selbige auch noch etwas spannend erzählen möchte, nur in Form einer Parallelhandlung gemacht werden kann) quasi als eine Art „reverse Falling Down ab. Der bedauernswerte Protagonist wird praktisch ohne eigenes Zutun (abgesehen davon, dass er dem Grunzmetaller eine auf´s Maul haut, nachdem der ihm an die Wäsche gegangen ist, tut er nichts wirklich verwerfliches, außer vielleicht noch im Job versagt zu haben…) in die verhängnisvolle Todesspirale geworfen, aus der er aus eigener Kraft nicht ausbrechen kann (auch, weil er schlicht nicht weiß, dass er ab der Episode mit seiner betrügerischen Ische polizeilich gesucht wird).
Wenn ich der Geschichte einen Vorwurf machen kann, dann höchstens zwei: die Aussage, die gemacht werden soll, ist nach zwei „Durchläufen“ des Zyklus „Leser/übertriebene Version/Wahrheit“ klar, aber natürlich muss die Story ja auch irgendwie vorangetrieben werden, zweitens der Zyklus selbst – die Mini-Episoden um die jeweiligen Zeitungsleser erscheinen mir persönlich überflüssig (sofern durch den „Kreislauf“ Zeitungskauf-Wiederverwendung als Arbeitsutensil-Pennerunterhaltung noch ein zusätzlicher Punkt gemacht werden soll, was mir bei reiflicher Überlegung ziemlich wahrscheinlich dünkt, ist mir der nicht völlig klar. Soll das eine Aussage zur „Halbwertzeit“ von Nachrichten sein, nach dem Motto „heute noch tragisches Einzelschicksal, morgen schon vergessen?“ Klingt nicht unplausibel, ist mir dann aber etwas zu wenig deutlich herausgearbeitet. Aber okay, das wäre dann auch eher ein Thema für reine Autorenfilmer (auch wenn ich, um das noch mal zu sagen, sehr positiv beeindruckt bin, dass Amateur-Genrefilmer sich an ein Thema wagen, dass normalerweise eben eher das Terrain der Fassbinders und Schlöndorffs [Die verlorene Ehre der Katharina Blum] ist).
Formal ist der Streifen aller Ehren wert – die Kameraführung müht sich um optische Abwechslung (wenngleich ich, wie auch schon oben angesproche, Sinn oder Unsinn der Handkamera-wir-folgen-den-Schritten-der-Charaktere-Einstellungen nicht ganz nachzuvollziehen vermag), selbstverständlich keine Blockbuster-Dynamik, aber da ist durchaus Bewegung drin, es wird mit einer Vielzahl unterschiedlicher Einstellungen und Perspektiven gearbeitet, lange, statische Einstellungen sucht man vergebens. Der Schnitt ist professionell, die wenigen Bluteffekte (gibt eigentlich nur zwei) sind technisch gut gewerkelt. Da kann man nicht meckern. Das Stilmittel der farbverfremdeten Vorwärts-/Rückwärts-Zeitraffershots für die Wechsel zwischen den Handlungssträngen ist kompetent umgesetzt, vielleicht etwas sehr oft eingesetzt, aber es muss nunmal auch durchgehalten werden, wenn es schon so eingeführt wird. Leider zieht sich der Streifen bei 41 Minuten Laufzeit doch etwas, da der Ablauf, wie bereits geschildert, etwas repetetiv ist und vor allem die Leser-Episoden nichts zum eigentlichen Storyfortgang beitragen und daher das Geschehen eher aufhalten und behindern. Vom Tempo ist daher die letzte Sequenz um die Belagerung des Hauses, in dem P. sich verschanzt hat, die überzeugendste, nicht nur, weil da sozusagen „am meisten passiert“, sondern auch, weil die Story sich da mal über einige Minuten „ungestört“ entwickeln kann.
Die Filmmusik genügt absolut professionellen Ansprüchen, ist aber manchmal etwas zu dick aufgetragen für die gezeigten Ereignisse (aber da sie, wie ich das sehe, nicht speziell für den Film komponiert wurde, sondern existierende Stücke des Komponisten stimmungspassend lizenziert wurden, will ich da jetzt auch nicht den Kritikerpapst raushängen lassen).
Die schauspielerischen Leistungen sind ansprechend, wobei man bei Goreholio den „komplizierten Weg“ gegangen ist und den Streifen eine Nachsynchronisation unterzogen hat, was zumindest schon mal das alte Amateurfilmerleiden des unverständlichen Dialogtons ausschaltet. Sowohl die Akteure als auch die Sprecher (nicht immer personalidentisch) erledigen größtenteils einen guten Job, ein echter Ausfall ist m.E. nur der Krankenhausarzt (wobei mir da der Sprecher das größere Problem zu sein scheint. Ich weiß jetzt spontan nicht, ob das one and the same ist). Regisseur/Drehbuchautor Heiko Schulz als Matthias P. trägt den Film in der Hauptrolle durchaus – das ist freilich keine Performance, die in absehbarer Zeit Bundesfilmpreise anziehen wird wie ein Magnet, aber er zieht sich als zunehmend in Verzweiflung und nackte Panik abgleitendes Opfer der Umstände (unnötige Webcomic-Referenz) achtbar aus der Affäre. Recht gut gefällt mir auch Kurt Perzl als fieser Kommissar, die weiteren Darsteller haben wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen (oder zu blamieren).
Zur Präsentation auf Disc kann ich mich nicht endgültig auslassen, da mir eine Promo-Mini-DVD zur Rezension vorliegt, von der ich nicht weiß, ob sie allgemein erhältlich ist (die Abspänne beider Filme lassen jedenfalls darauf schließen, dass Making-ofs gedreht wurden, die auf der Promoscheibe nicht enthalten sind). Die Bildqualität (ca. 1.85:1 anamorph) ist für Indie-Verhältnisse sehr gut, vielleicht, dem Ausgangsmaterial geschuldet, etwas grobkörnig, akustisch gibt´s dank der Nachvertonung auch keine Probleme.
Summa summarum ist Wie gedruckt… ein sehr interessanter Amateurfilm, vielleicht dramaturgisch nicht hundertprozentig geglückt (aufgrund des repetetiven Ablaufs), aber auf alle Fälle wegen seiner Beschäftigung mit einem im Indie-Bereich doch eher unerwartet ernsthaften Thema bemerkenswert. Immer wieder schön, wenn ein Amateurfilm mehr in der Birne hat als nur infantile Splattereien. Im Indie-Rahmen gut gespielt, handwerklich sehr gut gemacht, allerdings – darüber muss der geneigte Konsument sich klar sein – mehr „Autorenfilm“ denn spannender Genrebeitrag. Ich drehe den Daumen aber schon aus purem Prinzip nach oben…
MOLOCH
Obacht, Spoiler-Warnung (ja, ich spoliere immer, aber hier ist es „schlimmer“ als sonst, weil ich den Film nicht ernstlich bewerten kann, ohne die Schlusspointe zu verraten).
Moloch begrüsst uns in künstlerischem schwarz-weiß mit einem bärtigen Typen, der vollständig bekleidet in seinem Bettchen liegt und mit einem Gesichtsausdruck wie Filmriss nach heftig durchzechter Nacht erwacht. Nun, möglicherweise hat er vorher ein bissl was hinter die Binde gekippt, aber dann wohl nur erfolglos, um schlechte Träume zu verhindern. „Ich habe schon wieder von dir geträumt, in jeder Nacht, seit du tot bist“, intern-voiceovert der Bärtige und starrt traurig auf ein gerahmtes Kinderfoto auf seinem Nachttisch.
Das abgebildete Subjekt der Nachtmahre ist offensichtlich gewaltsam zu Tode gekommen und nun plagen unseren Bartmann finstere Rachegelüste hinsichtlich des Täters. Weswegen er sich auch prompt auf die Selbstgestrickten macht und durch heruntergekommene urbane Gegenden gen downtown marschiert, vorbei an Dönerständen und Bushaltestellen und murmelt, dass heute der große Tag ist, an dem der böse Mördersmann sein verdientes Schicksal ereilen wird. „Und sein Vater, dieses Bullenschwein, das ihn rausgeholt hat, ist der nächste“, prophezeiht der Bärtige (hm, ´ne hohe Meinung von unseren Gesetzeshütern haben die Goreholios nicht…). Zunächst aber mal gilt es in schwerer Trauer ein Grabkreuz auf dem Friedhof anzustieren.
Den Rückweg gedenkt unser Hero anscheinend per Bus zu bewerkstelligen, doch wer steigt da (zufällig?) in das selbe öffentliche Verkehrsmittel ein? Niemand anderes als der mutmaßliche Täter! Der Bartmann beißt jedenfalls schon mal auf die Zähne und ballt die Fäuste. Noch allerdings siegt die Selbstbeherrschung knapp nach Punkten. Als der Täter ein paar Stationen später aussteigt, folgt unser freundlicher Möchtegernlyncher finsteren Blickes und zieht ein Messer aus der Tasche. Sein zukünftiges Opfer ahnt nichst böses und latscht, Erleichterung der gefüllten Blase im Sinn, in eine unterirdische öffentliche Dillerbude. Netterweise lässt Barty seine Zielperson erst mal pinkel und – Hygiene muss sein – sich die Hände waschen, bevor er ihn von hinten attackiert und ihm die Gurgel durchschneidet.
Von seiner eigenen Mordaktion angemessen emotional beeindruckt, sinkt Bartmann erst mal selbst zu Boden, während sein Opfer ihn verständnislos-anklagend-verröchelnd anstarrt. Endlich rappelt Bartmann sich auf und erklimmt die Treppe gen Tageslicht, während malerisch der vergossene Lebenssaft des Opfers in den Abfluss rinnt.
Bartmann, blutverschmiert und daher nicht gerade mainstreamkompatibel aussehend, stapft durch die Stadt, schubst Passanten aus dem Weg und hinterlässt einen blutigen Handabdruck auf dem Schaufenster eines Fotogeschäfts… wo ein ganzes Batallion Fotorahmen mit dem fabrikseitigen Einleger eines gewissen Kinderfotos ausgestellt sind…
Moloch wird von den Machern als „Experimentalfilm“ angekündigt. Nun, das mag vielleicht etwas übertrieben sein, andererseits – wer freiwillig in s/w und ohne Dialoge filmt, darf sich in Indiekreisen sicher mit Fug und Recht „experimentiell“ nennen. Auch in diesem, mit 10 Minuten Laufzeit auf seine Pointe hin konstruierten Kurzfilm, entfernen sich die Goreholios kilometerweit von den ausgetretenen Pfaden ihrer Amateurkollegen und packen ein aktuelles Thema an. Der vermeintlich zu lasche Umgang mit Kinderschändern ist ja speziell, Film-Quervergleich-anstreng, ja gerade den in Wie gedruckt… angeprangerten Massenmedien ein steter Dorn im Auge (und ja auch nicht völlig zu Unrecht).
Insofern packt der Film den geneigten Konsumenten also durchaus an einem kritischen, da wunden Punkt, weckt die „notwendigen“ Rachegelüste auch beim Zuschauer, der durch den Voiceover-Monolog ja zwangsläufig glauben muss, die Gefühle des Protagonisten wären gerechtfertigt, nur, um ihn durch die Schlusseinstellung des Schaufensters genüsslich niederzuknüppeln. Hier wird sehr geschickt die Erwartungshaltung des Zuschauers geweckt, in eine bestimmte Richtung geleitet und dann ad absurdum geführt – nicht auf derart kontroverse Art, wie es Haneke in seinem (dazu stehe ich nach wie vor) umstrittenen, aber bemerkenswerten Funny Games getan hat (der aber auch andere Intentionen hatte), aber durchaus wirkungsvoll – eine kleine, böse, und wenn man wie ich durchaus ein „unnormales“ Lustigkeitsempfinden hat, in gewisser Weise schwarzhumorige Geschichte, die im Kurzfilmformat ihre optimale Wirkung entfalten kann.
Neulich, auf’m Bahnhofsklo.
Der Verzicht auf Dialoge erweist sich filmtechnisch ebenfalls als sinnvoll und gewinnbringend, verstärkt die stärkere Gewichtung auf das Psychogramm eines „Gestörten“ anstelle vordergründiger Rachethrillerelemente, wobei natürlich die „geistige Störung“ des Protagonisten erst durch die Schlusspointe klar wird.
Nicht von Nachteil ist dabei auch die stimmungsvolle s/w-Fotografie, die einmal mehr beweist, welch eindrucksvolle Bilder mit diesem Medium auch mit einfachen Mitteln geschaffen werden können. Auch wenn die Geschichte an sich wohl auch als Farbfilm funktionieren würde, verbreitet der Streifen durch die s/w-Kamera eine bedrückendere Atmosphäre, zumal sie so relativ problemlos auf aufgesetzte Schauwerte (sprich: Blut) nicht verzichten muss, aber sie weniger plakativ einzusetzen hat. Kurz gesagt: die Kameraarbeit verdient höchstes Lob, der Schnitt ist wieder effektiv und professionell, dito die musikalische Untermalung.
Michael Valentin, der Regisseur selbst, liefert als Hauptdarsteller eine gute Leistung ab – mangels echter Dialoge arbeitet er beinahe ausschließlich mit knapper Mimik und den sparsam eingesetzten Voiceovers. Als Opfer feiern wir badmovies-Veteranen ein Wiedersehen mit Thorsten Hastenteufel, den wir aus dem (leider ziemlich misslungenen) Tramping kennen.
Moloch hat mir summa summarum noch einen Tacken besser gefallen als Wie gedruckt…. Durch die kurze Laufzeit von 10 Minuten kann der Film hier auf eine klare Pointe hin zugeschneidert werden, wohingegen Wie gedruckt…, wie geschildert, eben ein bisschen zu lang for its own good war. Technisch ausgezeichnet, eindrucksvoll in s/w fotografiert, ein heikles Thema angepackt und daran absolut nicht gescheitert. Beide Filme sind ohne Frage Amateurfilme, wie ich sie mir gerne ansehe – weiter so, Goreholios! Aufgeschlossenen Indie-Fans, die wie ich vom ewigen Blut- und Eingeweideeinerlei die Nase voll haben, sollten sich also dringlich an die unten stehende Kontaktadresse wenden und erfragen, wie sie dieser Filme habhaft werden können.
(c) 2007 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 7
BIER-Skala: 3
Review verfasst am: 15.05.2007