- Deutscher Titel: Weltraum-Bestien
- Original-Titel: Chikyû Bôeigun
- Alternative Titel: The Mysterians |
- Regie: Ishiro Honda
- Land: Japan
- Jahr: 1957
- Darsteller:
Kenji Sahara (Joji Atsumi), Yumi Shirakawa (Etsuko Shiraishi), Momoko Koichi (Hiroko Iwamoto), Akihiko HIrata (Ryoichi Shiraishi), Takashi Shimura (Dr. Tanjiro Adachi), Susuma Fujita (Gen. Morita), Hisaya Ito (Seki), Fuyuki Murakami (Dr. Kawanami), Yoshio Koshugi (Sugimoto), Yoshio Tsuchiya (Anführer der Mysterians)
Vorwort
Irgendwo in der japanischen Provinz findet in einem kleinen Dorf ein Lichter- und Maskenfestival statt. Unter den zahlreichen Schaulustigen finden sich auch zwei mehr oder weniger innig miteinander verbundene Pärchen – Joji Atsuma (Kenji Sahara, UFOS ZERSTÖREN DIE ERDE, MATANGO, FRANKENSTEIN – ZWEIKAMPF DER GIGANTEN), ein Jungwissenschaftler mit einer majestätischen Tolle, die seine Körpergröße locker um 10 cm steigert und ihm eine Ehrenmitgliedschaft bei den Leningrad Cowboys gewiss machen würden, seine Freundin/Verlobte Etsuko (Yumi Shirakawa, DAS GRAUEN SCHLEICHT DURCH TOKIO, TODESSTRAHLEN AUS DEM WELTALL, UFOS ZERSTÖREN DIE ERDE), ihr Bruder Ryoichi (Akihiko Hirata, GODZILLA, FRANKENSTEINSMONSTER JAGEN GODZILLAS SOHN, KING KONG GEGEN GODZILLA), ebenfalls ein Mann der Wissenschaft, und dessen weibliche Begleitung Hiroko (Momoko Kochi, GODZILLA, GODZILLA GEGEN DESTOROYAH, HALF HUMAN). Hiroko und Ryoichi waren mal ein „item“, aber seit einiger Zeit hat sich Ryoichi aus der Beziehung zurückgezogen. Als Joji und Etsuko ihn auffordern, doch mit Hiroko das Tanzbein zu schwingen, macht Ryoichi sich wortlos vom Acker. Joji folgt ihm und stellt ihn zur Rede – sein Verhalten sei nicht nur gegenüber Hiroko einigermaßen besorgniserregend, sondern generell merkwürdig bis unschön, was auch beider Jungeierköpfe väterlicher Mentor Dr. Adachi quengelnd bemerkt habe. Ryoichi macht weiter einen auf Blockade und lenkt Jojis Aufmerksamkeit auf den hellen Feuerschein über einem nahen Waldgebiet. Da brennt’s!
Ein zünftiger Waldbrand ist dann auch in Jojis Augen ein wenig wichtiger als die Klärung abseitigen Verhaltens. Während Joji die Dorfbevölkerung alarmiert und damit die Festivitäten radikal beendet, stürmt Ryoichi Richtung Feuer, um sich die ganze Sache mal näher anzukucken. Auch ein Trio Jungeinwohner macht sich auf die Fahrräder, um den Brand auszukundschaften. Auf dem Weg zum Brandherd begegnen sich Ryoichi, der sie auffordert, sich dem Unglücksort nicht weiter zu nähern, das sei alles viel zu gefährlich. Bei den Radfahrern allerdings beißt er damit auf Granit, die strampeln weiter. Am Brandherd angekommen staunen die Jungs allerdings Bauklötze – das Feuer scheint *unter* der Erde zu wüten und den Wald von den Wurzeln ab aufwärts zu verbrennen. Das ist spooky, das ist weird, das ist auch nach Ansicht des Radl-Trios zu unheimlich, um sich jetzt den Kopf über mögliche Löscharbeiten zu zerbrechen. Schleuniger Abgang wird propagiert, allerdings dadurch sabotiert, dass das Feuer ihnen jegliche Fluchtmöglichkeit bereits abgeschnitten hat. Das Dorf hat drei Mäuler weniger zu füttern… (yep, we are starting rather dark here).
Zum Glück breitet sich der Waldbrand nicht weiter aus und lässt vor allem das Dorf in Ruhe, so dass neben den drei Unglückwürmern momentan nur Ryoichi auf der Verlustliste zu stehen scheint. Der ist nämlich seitdem spurlos verschwunden. Joji sucht den bewussten Dr. Adachi (Kurosawa-Stammakteur Takashi Shimura, DIE SIEBEN SAMURAI, RASHOMON, KAGEMUSHA) auf, um über Ryoichi zu sprechen. Adach ist gerade damit beschäftigt, eine umfangreiche wissenschaftliche Theorie zu überfliegen, die Ryoichi demnächst zu veröffentlichen beabsichtigte. Schon allein diese Absicht stört Adachi, denn seiner Meinung nach sollten Nachwuchswissenschaftler sich mit der Veröffentlichung obskurer Hypothesen zurückhalten (der Mann wirft die wissenschaftliche Entwicklung im Alleingang um Jahrhunderte zurück), erst recht, wenn sie den Kram, den sie vertreten, nicht beweisen können. Ryoichis Theorie bezieht sich auf den Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter – seiner bescheidenen Meinung nach handelt es sich dabei um die Überreste eines vor Urzeiten explodierten Planeten, den Ryoichi auf den Namen „Mysteroid“ getauft hat (hm, ist das wirklich für 1957 eine so spektakuläre Theorie? Bereits 1802 schlug der Astronom Heinrich Olbers, Entdecker des Zwergplaneten Pallas, vor, dass es sich bei diesem und dem kurz zuvor von Giuseppe Piazzi entdecken Ceres um Fragmente eines Ex-Planeten handele. Mittlerweile geht die Forschung davon aus, dass es sich beim Asteroidengürtel nicht um Reste eines Planeten, sondern einer ganzen Anzahl von Proto-Planeten handelt). Joji erkundigt sich nach Adachis Meinung, aber der greise Mentor verweigert die Aussage. Weitere Diskussion unterbleibt, da Joji einen Anruf erhält – das Dorf ist von einem Erdbeben völlig zerstört worden!
Natürlich eilt Joji zur Unglücksstelle. Vom Dorf ist in der Tat bis auf eine gigantische Erdspalte, die dem bereits die Sache an sich gezogen habendem Militär spanisch vorkommt, da sie wie mit dem Lineal gezogen scheint, nichts mehr übrig. Zudem sei das Terrain hochgradig radioaktiv verstrahlt (was niemanden dazu veranlasst, Schutzkleidung zu tragen oder generell seinen Aufenthalt so kurz wie möglich zu gestalten). Zumindest war es das noch neulich (auch wenn der Film da fröhlich seine eigene Timeline durcheinander bringt, fand das Erdbeben „gestern“ statt), aber heute… sind die Strahlungswerte völlig normal. Alles sehr sehr seltsam, vor allen Dingen, wenn man auch noch an den Waldbrand denkt. Die Militärs laden Joji ein, auch den Brandort zu besichtigen (man darf schon mal kurz nachfragen, warum Joji – ein sicherlich nicht speziell *wichtiger* Nachwuchswissenschaftler der dritten Liga – auf einmal dieses First-Class-Treatment mit persönlicher Eskortierung zu allen Katastrophenorten genießt. Er ist ja nicht mal auf Adachis Geheiß vor Ort, sondern ist nach dem Anruf abgedüst, ohne seinem Mentor verraten zu haben, wo er hin will. Naja, egal.
Auf dem Weg zum Wäldchen erleidet der Transport-Jeep eine kleine Panne. Genauer gesagt qualmen seine Reifen. Das würde ich normalerweise auf „Führerschein im Müsli gefunden“-Fahrstil zurückführen, aber nach einer kurzen Überprüfung der Sach- und Rechtslage stehen die Joji begleitenden Kommissköppe fest, dass die Straße verdammt HEISS ist (und nicht in einem Doom-Patrol-Denny-the-Gender-Queer-Street-artigen Sinne) und dem Jeep sprichwörtlich den Gummi vom Reifen brennt. Das liegt an der immensen radioaktiven Strahlung, die den Geigerzähler bis zum Anschlag bringt (erneut ist das für die Jeep-Besatzung kein Grund zur Veranlassung. Wir sind wohl wirklich noch in der „einmal mit Seife waschen und die Strahlung ist weg“-Phase des Verständnisses nuklearer Bedrohung). Das ist natürlich wieder reichlich mysteriös, ne, aber noch mysteriöser ist der plötzliche Bergrutsch ein paar Meter weiter, der eine Höhle freigibt. Und aus dieser Höhle kraxelt… ein RIESENMONSTER!
Gut, wir aufmerksame Zuschauer stellen natürlich sofort fest, dass das, was da aus der Höhle stapft, nicht nur extrem debil aussieht, sondern zweifellos ein Roboter mit starkem Hüftverfettungsproblem ist (und, weil die Toho-Bosse un-be-dingt ein Monster im Film haben wollten, ganz egal, ob die Geschichte jetzt eins hergibt oder nicht, Rückenzacken und einen Echsenschwanz besitzt… Feinheiten, die der ursprüngliche US-Kinocut sicherheitshalber so gut wie möglich zu verstecken versuchte), doch für unsere panischen Drei ist das Ding natürlich ein ungeheures Ungeheuer! Im Film verpasst ihm niemand einen Namen, aber in der offiziellen Toho-Monster-Lore hört es auf die Bezeichnung „Mogera“ und wurde später in der Godzilla-Reihe, in GODZILLA VS. SPACEGODZILLA als G-Force-Geheimwaffe wieder ausgebuddelt. Mogera zerstört den Jeep mit Laserstrahlen aus seinen „Augen“ und macht sich dann auf in die nächste Stadt, um dort zünftigen Monster-Havoc zu betreiben. Die Armee ist günstigerweise zwar schon vor Ort, hat aber, wie nicht anders zu erwarten, sehr schlechte Karten, da Mogera gegen Standard-Armee-Pistolen und –Gewehre total unempfindlich ist. Immerhin gelingt es den Streitkräften, die Stadtbevölkerung über die aus der City führende Eisenbahnbrücke zu evakuieren.
Mogera mag ein Super-Killerroboter sein, aber er – oder wer auch immer ihn steuert – ist auch’n bisken doof, denn als die Streitkräfte die Brücke sprengen, nachdem alle Einwohner darüber geflohen sind, schafft der Roboter es, sich irgendwie UNTER den Brückenschrott zu manöverieren und dort sein metallisches Leben auszuhauchen.
Trotzdem ist das alles natürlich höchst beunruhigend. Joji hat offensichtlich die Leitung über die komplette wissenschaftliche Auswertung des Vorfalls an sich gerissen und informiert die japanischen Regierungswürdenträger. Anhand von Trümmerstücken Mogeras haben Joji und seine Kollegen tatsächlich ermittelt, dass es sich bei dem Monster um einen Roboter handelt, und der ist zweifellos außerirdischen Ursprungs, da das Material, aus dem er bestand, eine Legierung aus diversen auf dieser unserer Erde vollkommen unbekannten Elementen ist. In Verbindung mit Ryoichis These bedeutet das zwanglos, dass die ehemaligen Bewohner des Planeten Mysteroid, die Mysterianer, hinter dem ganzen Mummenschanz stecken. Das ist zwar angesichts der vorliegenden Sach- und Faktenlage eine höchst gewagte Schlussfolgerung (schließlich könnten die Angreifer genauso gut von der Venus, vom Neptun oder aus einem anderen Sonnensystem stammen), aber, this being a Japanese monster movie, natürlich auch right on the money. Japan versammelt also seine führenden Weißkittel und führt einen Ortstermin durch.
Dabei besichtigen die Eggheads mit ihrer Militäreskorte auch einen nahe an der Stadt liegenden See, den Ryoichi in seiner These als Start- und Landebasis der außerirdischen UFOs (von denen wir zum ersten Mal hören) identifiziert hat (seine These war also schon ausgesprochen detailliert… das erklärt immerhin, dass Ryoichi sich mit der Gegend schon ausführlich beschäftigt hat und sein abweisendes Verhalten. Der Mann hatte Befürchtungen, die sich aufs Schlimmste bewahrheitet haben). In der Nähe der Erdspalte bietet sich der versammelten Intellenzbrigade ein verblüffender Anblick – eine gigantische Kuppel bohrt sich aus dem Untergrund ans Tageslicht – zweifellos das Hauptquartier der Außerirdischen!
Und die melden sich auch gleich per Freisprecheinrichtung – der Sprecher der Mysterianer weist zunächst mal ganz allgemein darauf hin, dass sie den Erdlingen technologisch meilenweit überlegen sind und es deswegen ausgesprochen doof wäre, täten die Menschen mit ihren primitiven Waffen angreifen. Abgesehen davon sind sie aber verhandlungswillig und laden fünf Wissenschaftler namentlich ein, sich auf einen kleinen Plausch unter Freunden unter die Kuppel zu begeben, darunter Adachi und Joji, dessen neu erworbener Ruf ihm augenscheinlich voraus geht. Nachdem der verantwortliche Würden- und Bedenkenträger des Militärs den Außerirdischen noch eine Garantie für Leib und Leben der Auserwählten aus dem Kreuz geleiert hat, stiefeln die Genannten dann auch brav in ihr Schicksal. In der Kuppel werden die Erdlinge instruiert, dass sie aufgrund des signifikanten Temperaturunterschieds zwischen der Erdatmosphäre und der von den Mysterianern Präferierten die bereit gestellte Schutzkleidung anlegen sollten. Wer sich jetzt irgendeinen coolen High-Tech-Gizmo-Schutzanzug vorstellt, wird bitter enttäuscht – die „Schutzkleidung“ entpuppt sich als… grau-schwärzliche Dracula-Capes mit weiten Krägen. Woah.
Die Frage ist dann allerdings, warum auch die gottverdammten ALIENS solche Capes tragen (aber vielleicht ist der „Schutz“ auch in der Farbe – die Mysterians sind nämlich hübsch farbcodiert. Der Obermotz trägt rot, die Mittelklasse gelb und das gemeine Fußvolk blau) – wobei die auch die bewussten neckischen Space-Suits (silber mit der jeweligen Kastezugehörigkeits-Farbapplikation) und Motorradhelme tragen, unter denen die grünschimmernden Gesichter auch noch einen Sonnenschutzvisor über die Augen geschoben bekommen. Trotzdem – das sind noch so ziemlich die un-albernsten Aliens, die der japanische tokusatsu- oder kaiju eiga uns bis in die 80er hinein präsentieren sollte…
Unsere heroischen Wissenschaftler werden in einen Konferenzraum dirigiert und freundlich, aber wortlos, eingeladen, Platz zu nehmen. Dann erscheint auch der große Oberkäse, Numero Uno Once, der mächtige Kürbis himself, der rotcodierte Leader der Aliens (Yoshio Tsuchiya, DIE SIEBEN SAMURAI, YOJIMBO, GODZILLA – DUELL DER MEGASAURIER, dem übrigens ursprünglich die Rolle des Joji zugedacht wurde, aber dankend zugunsten der Chefalienrolle, für die er sein Gesicht nicht vorzeigen musste, ablehnte). Der wiederholt nochmals, dass die Bekämpfung der Aliens sinnlos sei. Die außerirdischen Besucher verfügten nämlich über eine derart fortgeschrittene Technologie, dass sie es bereits vor 100.000 Jahren geschafft hätten, ihren Planeten mittels Atombomben in den Orkus zu blasen, und seitdem haben sie sich sicher nicht zurückentwickelt. Gänzlich unbescheiden meint der Alien-Anführer, dass sie „allmächtig“ seien. Da ist jemand mächtig von sich eingenommen. Aber das soll uns Erdlinge auch nicht ins Bockshorn jagen, denn die Mysterianer sind ja eigentlich auch ganz friedlich und pazifistisch unterwegs und würden sich nur zu wehren beabsichtigen, falls ihnen jemand auf den Fuß tritt (was dann allerdings auch wieder darüber nachdenken lässt, was der Terz mit Mogera vorhin sollte. Das war unprovozierte Aggression der Aliens). So friedliche Forscher im Dienste der Wissenschaft sie sind, haben die Mysterianer nur zwei äußerst maßvolle Bitten an uns Erdenkrümel. Erstens einen kleinen Flecken Land – einen Umkreis von drei Kilometern rund um die aktuelle Position ihrer Basis hätten sie gern als Stützpunkt, um von hier aus die Erforschung des Weltraums betreiben zu können (ich bin jetzt kein Astronom, aber ich glaube, das wäre vom WELTRAUM aus, den sie mit ihren Raumschiffen ja mühelos erreichen können – zudem werden sie später noch verraten, dass sie eine „Universumsstation“ in einem 42.000-km-Orbit um die Erde installiert haben -, wesentlich einfacher und zielgerichteter). Das löst jetzt zwar keine akuten Begeisterungssprünge bei den Zuhörern aus, aber auch keine spontane Pickel- und Pustelbildung, scheint also durchaus verhandelbar zu sein. Aber der Film heißt zu gut Deutsch „Weltraum-Bestien“ und nicht „Unsere freundlichen Forscherfreunde vom anderen Stern“, also muss der Haken an der zweiten Forderung hängen.
Und ja, da liegt dann auch der Hase auf der Krone, die dem Brunnen den Nagel in ins Korn wirft. Die Mysterianer haben nämlich das gleiche Problem wie die Marsianer es zehn Jahre später in einem Grützefilm von Larry Buchanan haben sollten – einen ziemlich dünnen Genpool, und den würden sie gern mit irdischer Hilfe ein wenig aufpeppen, oder anders ausgedrückt: MYSTEROID NEEDS WOMEN. Fünf holde Grazien wünschen die Mysterianer zwecks Paarungsexperimenten, und im unterstellten Einverständnis der Erdgemeinschaft haben sie sich drei davon schon geholt, und die verbleibenden zwei haben sie sich auch schon ausgesucht – Etsuko und Hiroko! Da knallt Joji dann jetzt doch ordentlich der Draht aus der Mütze! Bei einer solchen Schweinerei wird er mit Sicherheit nicht mitspielen! Der Ultimo Leader erklärt die Konferenz damit für beendet, hält aber immerhin sein Wort, was das freie Geleit der wissenschaftlichen Koniferen angeht.
Joji berichtet treudoof Etsuko und Hiroko von den außerirdischen Forderungen, die Mädels halten das erst mal für einen extrem miesen Scherz des Tollenträgers, aber der meint das natürlich todernst. Die Frauen bekommen eine spezielle Spezialbewachung von der Armee spendiert.
Ob der schauderhaften Enthüllungen tagt der Krisenstab der japanischen Regierung in Pirmasens, eh, Permanenz. Die allgemeine Überlegenheit der Mysterians in Sachen Technologie und damit mutmaßlich auch Waffen wird ohne weiteres anerkannt, und auch wenn Adachi darauf hinweist, dass sich keine Alien-Spezies auf den langen Weg zur Erde macht, um sich dann mit 10 Quadratkilometern japanischer Heimatscholle zufriedenzugeben, wäre das nicht der Dealbreaker, aber bei den Frauen, da hört der Spaß nun mal auf, erst recht, wenn die extraterrestrischen Mädchenschänder sich schon drei Grazien gewaltsam unter den Nagel gerissen haben. Das bedeutet KRIEG! Die japanischen Streitkräfte bringen also Panzer, Granatwerfer und Raketenabschussrampen in Stellung, und dann wird die Blutpolka getanzt. Naja. Das wäre zumindest die Absicht, aber der Großangriff hat kaum begonnen, da stellen die Aliens klar, dass sie, was ihre technischen Fähigkeiten angeht, nicht untertrieben haben. Egal was die Japaner auf die Kuppel jagen, es verursacht nicht mal einen Kratzer, was man von den eigenleiteten Gegenmaßnahmen der Mysterians nicht sagen kann. Die UFOs der Außerirdischen machen kurzen Prozess mit der japanischen Luftwaffe und ihren besten Kampfjets, und der Todesstrahl, der von der Spitze der Kuppel aus um sich schießt, schmilzt den schönsten japanischen Panzer in einen dekorativen, aber unförmigen Haufen Blechsalat.
Mit herkömmlicher Waffentechnik ist den Mysterianern also nicht beizukommen, und die Japaner alleine sind, wie sich zeigt, überfordert. Die Vereinten Nationen schalten sich also ein und in einer leidenschaftlichen Ansprache fordert der japanische UN-Delegierte die Völker der Welt auf, auf diese Stadt zu schauen, eh, ihre lächerlichen politischen und ideologischen Differenzen ad acta zu legen und auf die außerirdische Bedrohung als Einheit zu reagieren. Natürlich könnten sich Amis und Sowjets schon fragen, was, zum Geier, sie damit zu tun haben, dass irgendwelche außerirdische Haderlumpen fünf Japanerinnen haben wollen, doch wie das in japanischen SF-Filmen interessanterweise meistens ist (ganz im Gegensatz zu Hollywood-Filmen) setzt sich tatsächlich die Vernunft durch, und in Windeseile ist eine „World Air Force“ gegründet, und in noch windigerer Eile hat die eine neue Geheimwaffe zusammengebaut (auch das ist etwas, was in japanischen Filmen auffällt – nicht nur, dass internationale Zusammenarbeit im Krisenfall politisch funktioniert, sie zeigt auch überragend schnell die entsprechenden technischen und wissenschaftlichen Erfolge und Ergebnisse) – die BETA. Ich habe keine Ahnung, ob BETA für irgendetwas Spezielles steht (gerade in Sachen Backronymen sind die Japaner ja sonst durchaus einfallsreich), im Endeffekt handelt es sich dabei um ein Superduperraketenflugzeug von geradezu unvorstellbaren Ausmaßen; geht man nach den perspektiven Shots der Maschine, kann man da sicher bequem mehrere A380-Airbusse reinstapeln und hat noch Platz für ein paar schmucke Einfamilienhäuser (allein die Reifen des Fahrwerks haben einen Durchmesser von sicher acht Metern; zum Vergleich: der erwähnte A380 begnügt sich mit 1,40 m). Und weil es eben doch nicht NUR auf die Größe ankommt, ist die Kiste (bzw. die zwei davon, die’s gibt) mit allen erdenklichen Knallfröschen und Bordwaffen ausgerüstet, die die kollektiven Schubladen der Weltmilitärs hergeben.
Dennoch bin zumindest ich nicht sonderlich überrascht, dass der zweite Großangriff auf den Dom der Aliens ungefähr genauso super läuft wie der erste. Auch von den BETAs sind die Mysterianer nicht sonderlich beeindruckt – die Waffen der Superflugzeuge kratzen keinen Außerirdischen auch nur am Buckel, und der Todesstrahl holt die BETA-2 (glücklicherweise die, in der die ganzen unwichtigen Typen sitzen) mühelos vom Himmel. Dennoch bringt der Angriff ein paar verwertbare Erkenntnisse – der Todesstrahl der Aliens besteht überwiegend aus Gammastrahlung (do you want an army of Hulks? Because that’s how you get an army of Hulks!) und ist nur auf eine Entfernung von maximal 3.000 Metern unbedingt wirkungsvoll – danach nimmt die Kraft des Strahls und damit seine zerstörerische Wirkung proportional ab (okay, now I am actually *less* impressed by the aliens). Damit sollte man arbeiten können. Und in der Tat gibt’s da einen japanischen Militärtechniker, den wir zuvor noch nie gesehen haben, der auf den Namen Seki (Hisaya Itô, FRANKENSTEINS MONSTER IM KAMPF GEGEN GHIDORAH, FRANKENSTEIN UND DIE UNGEHEUER AUS DEM MEER, FRANKENSTEIN UND DIE MONSTER AUS DEM ALL) hört und an einem „Elektronengeschütz“ bastelt. Das, spekuliert Oberbefehlshaber Morita (Susuma Fujita, DIE VERBORGENE FESTUNG, YOJIMBO, TORA! TORA! TORA!), könnte den Trick tun, blöderweise ist die geheimste aller Geheimwaffen noch nicht mal im Ansatz einsatzbereit. Seki soll also mal hinmachen.
Hinmachen tun indes auch die Aliens, und das auf vielfältige Weise. Zum einen wenden sie sich direkt an die Weltöffentlichkeit und verkünden, dass sie trotz der unprovozierten Angriffe auf ihre Basis nicht nachtragend sind und weiterhin eine friedliche Koexistenz wünschen, sich mithin auch nur im Rahmen unmittelbarer Selbstverteidigung gewährt hätten, und die Völker der Welt doch bitteschön dahingehend auf ihre Regierungen einwirken möchten, die sinnlose Verschwendung von Rohstoffen durch die ergebnislosen Angriffe auf die Mysterianer doch bitte zukünftig zu unterlassen. Ach, aber eine Anmerkung hätten die Mysterianer dann doch schon. Wo die Menschen bislang so unvernünftig waren, und das Rumballern nicht lassen konnten, wünschen die Extraterrestrier nun anstelle der 3-km-Radius-Zone eine solche von 120 km Radius. Drei Tage Bedenkzeit räumen die Aliens uns dann freundlicherweise ein, wer bis dann das beanspruchte Gebiet nicht verlassen hat, nun, der hat halt Pech gehabt. Das ist doch nicht unvernünftig, oder? Zum anderen arbeiten die Mysterianer auch unterirdisch an der Vervollständigung ihrer Festung, die dann auch ungefähr bei Ablauf des Ultimatums voll einsatzfähig sein dürfte. Und eine Überraschung haben die Aliens dann auch noch auf Lager, die erst uns als aufmerksamen Zuschauer, und wenig später dem verblüfften Joji und seinen Freunden auf dem heimischen Fernsehschirm präsentiert wird.
Ryoichi! Der ist nämlich mitnichten und –neffen tot, sondern mit fliegenden Fahnen zum Feind übergelaufen. Und in dieser Funktion versucht er nun Joji – per unerklärlicher Zwei-Wege-Kommunikation über Jojis handelsübliche Fischkiste – anzuagitieren ,sich doch bitte auch dafür einzusetzen, dass die Menschheit den Plänen der Mysterianer nicht weiter durch die lästigen und sinnfreien Angriffe Stöcke in die Speichen steckt. Die Mysterianer, doziert Ryoichi, sind nämlich wirklich keine Bedrohung, sondern Wesen, die sich rein der Ratio und Wissenschaft verpflichtet sähen, frei von jedem ideologischen oder sonstigen Eroberungsstreben. Als man of science fühlt sich Ryoichi bei den Mysterians wie zu Hause. Ryoichi gibt zu verstehen, dass er zu jeder vollen Stunde über den Fernsehapparat zu erreichen wäre, und tatsächlich kann Joji etwas später eine Art Telekonferenz mit Adachi und anderen führenden Eierköpfen arrangieren, in der Ryoichi seine Ansichten wiederholt, bei den Vertretern der irdischen Wissenszunft aber eher keinen Eindruck schinden kann.
Nicht ganz unverständlicherweise, denn die aktualisierten Forderungen der Nicht-Invasoren würden einige wichtige japanische Industriestädte UND Tokio itself in die von den Mysterianern beanspruchte Zone fallen lassen, und die Japaner hängen aus folkloristischen Gründen irgendwie an ihrer Hauptstadt. Es wird also beschlossen, es drauf ankommen zu lassen und auf das Ultimatum nicht zu reagieren, aber zumindest eine umgehende Evakuierung der betreffenden Gebiete anzuordnen (d.h. wir haben wieder mal Zeit, eine Horde fröhlicher Japaner beim wilden Rumrennen durch Straßen und Gassen zuzusehen. Ich sagte schon mal, statistisch gesehen muss jeder Japaner mindestens zweimal als Statist für einen Monster- oder SF-Film in dieser Funktion tätig gewesen sein).
Besser spät als nie fällt den Mysterianern ein, dass sie ja eigentlich noch Etsuko und Hiroko haben wollen. Man schreitet zur Entführung. Die gestaltet sich natürlich schon deswegen einfach, weil die spezielle Spezialbewachung erwartungsgemäß inkompetent ist und weit + breit nicht zu sehen ist, als erst Hiroko und dann Etsuko auf einen kleinen Spaziergang im Garten Bock haben. Der fiese Feind nähert sich aus der Luft, per von niemandem beobachteten UFO (okay, es ist Nacht und die Aliens haben augenscheinlich die Scheinwerfer ausgeschaltet), eine ihrer blauen Fußsoldaten schwebt zu Boden und klaubt eins der Girls auf, begünstigt dadurch, dass ein anständiges japanisches Mädel beim Anblick eines in Silberfolie und Motorradhelm gehüllten Außerirdischen in Ohnmacht fällt. Die Ordnungsmacht kann dem abschwirrenden UFO nur noch doof hinterher kucken.
Der Krisenstab ringt sich nach längerer Sitzung dazu durch, einen weiteren Angriff auf die Alien-Kuppel zu starten. Seki ist zwar immer noch mit den Details der Elektronenkanone beschäftigt, aber man kann nicht länger auf ihn warten. Im Umkehrschluss bedeutet das zwar für meine Begriffe, dass auch unsere diversen Lamettaträger genau wissen, dass auch diese Attacke in einem totalen Ofenschuss enden wird, aber man hat sich offenbar lieber für blinden Aktionismus ohne Erfolgsaussicht als fürs Aussitzen und Dummschauen entschieden (zumal der von den Amerikanern – no surprise there – eingebrachte Vorschlag, es doch mal mit Atomwaffen zu probieren, von den Japanern höflich, aber bestimmt, unter Verweis auf ihre absolute Anti-Nuklear-Doktrin, abgelehnt wird). Ist zumindest ein Standpunkt. Joji steht auf dem optimistischen Standpunkt, dass die Entführung der beiden Frauen einen großen Generalangriff schlichtweg verbietet, es sich vielmehr anböte, durch einen Höhlenzugang, den er seinerzeit nach dem Erdbeben und Mogera-Angriff entdeckt hatte, eine kleine Kommandoeinheit zur Befreiung der Mädels direkt in die Höhle des Löwen zu schicken. Adachi ist fatalistisch – wenn es nicht eh schon zu spät wäre, den Angriff abzublasen, muss man’s eben auch realistisch sehen, es gibt keine Chance, die Mädchen zu retten, Schwund ist überall, anderer Leute Töchter sind doch auch ganz hübsch und generell rult eben Mr. Spocks Wohl-der-Vielen-steht-über-dem-des-Einzelnen-auch-wenn’s-zwei-sind-und-sie-schnucklig-aussehen-Mantra. Harte Zeiten, harte Maßnahmen usw. Joji ist minderbegeistert.
Indes, bei Aliensens. Der Supremo Leader rallied seine Truppen und lässt dabei auch die Maske des friedlichen Forschers fallen – Ziel der Mysterians ist nichts anderes als die Eroberung der Erde mit allen Mitteln, was nun wiederum für Ryoichi, der, dämlich wie er als Mann der Wissenschaft nun mal ist, bis dahin *wirklich* geglaubt hat, die Aliens wären in diesem lustigen Possenspiel die Guten, eine ziemliche Überraschung und einen unerwarteten Nackenschlag darstellt. Er macht sich schnurstracks auf zum Raum, in dem die Mysterians ihre weiblichen Geiseln eingesperrt haben (übrigens weit mehr als fünf, knapp ein Dutzend Weiber. Die Aliens sind also wirklich vertrauensunwürdige Lügenpolde. Schämen sollten die sich).
Die Amerikaner haben indes auch eine Geheimwaffe vorbereitet – die sogenannten „Markillanten“. Das sind gigantische Reflektoren mit der Aufgabe, die von den Aliens verschossenen Gammastrahlen aufzufangen, zu verstärken und auf ihren Ursprungsort zurückzuschleudern (persönlich stelle ich mir zwar mal wieder die Frage, ob die Mysterians nicht dafür Sorge getragen hätten, ihren Krempel gegen ihre eigene Waffe zu schützen, aber ich soll mir doch über solche Dinge keine Gedanken machen). Die Sache hat nur wie üblich wieder einen Haken – die Markillanten haben eine Reichweite von gerade mal 1500 Metern und, wie wir uns erinnern, das liegt deutlich innerhalb des Hochwirksamkeitsradius des Alienstrahlers, will sagen, es ist einigermaßen unmöglich, die Dinger an den Einsatzort zu bringen und dort zusammenzubauen, ohne dass die Mysterians den Kram zu Klump schießen, bevor er fertig ist. Die Japaner schlagen vor, die Geräte auf dem Luftweg ins Krisengebiet zu bringen, was allgemein für würdig und recht erachtet wird.
Ich hätte ja jetzt nun damit gerechnet, dass man die BETA dafür hernimmt, groß genug wär sie ja allemal, aber die wird offenkundig nur als Ablenkungsmanöver ins Feld geschickt (an der BETA-3 schraubt immer noch Seki an seinem Elektronengeschütz), dieweil die Markillanten mit (drolligst aussehenden) Raketen über ihren Einsatzort geschossen werden (und theoretisch nichts die Aliens daran hindern würde, diese Raketen mit ihrem Gammastrahler abzuschießen – dass die BETA-1 ihnen nichts tun kann, müssten sie ja mittlerweile wissen, so dass sie sich auf den unbekannten Faktor konzentrieren könnten. Meine Güte, ich plane wirklich bessere Invasionen als der durchschnittliche Außerirdische). Die zwei Markillanten werden erfolgreich in Stellung gebracht und – obwohl sich das optisch für uns nicht unbedingt zwingend niederschlägt – die Bedenkenträgeretage ist sich einig, ja, die bringen was. Nicht genug, schon allein deswegen, weil die Geräte nur für ungefähr eine Stunde Energie haben, aber sie könnten den Dom mürbe genug für Sekis Elektronenknarre machen, wenn der Meister die nun endlich mal in Gang bekommen würde.
Joji ist zwischenzeitlich zum Schluss gekommen, dass man alles selber machen muss und dringt als Ein-Mann-Brutaltrupp durch den erwähnten Höhlenzugang in die Alienfestung, die mittlerweile wirklich ein Riesending mit Verbindungstunneln, Brücken und Fahrstühlen ist, vor. Es gelingt ihm, einen Bläuling zu überwältigen und sich dessen Strahlenwaffe zu bemächtigen. Damit schleicht er sich in das, was ich für die Zentrale der Festung halte, und beginnt mit wachsender Begeisterung die diversen Röhren, Kathoden und Elektroden, die mit Sicherheit keinem sinnvollen Zweck dienen können, kaputtzuschießen. Das wird von den Mysterianern begreiflicherweise eher kritisch beäugt, so dass sich, nachdem Joji sich ein paar Minuten ausgetobt hat, eine mobile Eingreiftruppe der Aliens bemüßigt fühlt, Joji zur Rede zu stellen und ihm einen strengen Verweis zu erteilen. Da Ryoichi vom Leader unbürokratisch in die gelbe Kaste eingestuft wurde (und in der Uniform und unter dem Helm auch von einem Alien nicht zu unterscheiden ist), kann er das Kommando über den Trupp an sich reißen und die Abführung des Gefangenen zu seinem persönlichen Privileg erklären. Der nichtsahnende Joji wird aber nicht in die Arrestzelle oder in den Molekulardesintegrator geworfen, sondern von Ryoichi in eine andere Höhlenabzweigung geführt, wo er bereits die versammelte Hühnerbrigade deponiert hat und sich enttarnt. Ryoichi teilt mit, dass er sich vollumfänglich geirrt habe – die Aliens sind böse und wollen die Erde erobern. Joji soll bitteschön die Frauen in Sicherheit bringen, er selbst hat noch etwas zu erledigen (ich wusste doch, dass es mit Serizawa wieder kein gutes Ende nimmt). Joji versucht den Freund, vom Opfergang abzusehen, aber Ryoichi lässt nicht mit sich reden. Joji muss also nehmen, was er kriegt, und das ist die Verantwortung für die Schnepfen.
Ryoichi marschiert also in die Zentrale und setzt Jojis zerstörerisches Werk fort, während im Hauptquartier der Erdlinge allgemeines Nägelbeißen angesagt ist. Die Markillanten drohen nämlich mangels Power in wenigen Minuten ihren Dienst zu quittieren und die BETA-3 ist IMMER noch nicht startbereit. Bibber! Beb! Doch da! Drei Minuten bevor die Gamma-Reflektoren also die „ihr könnt mich mal“-Karte ziehen, hebt die BETA-3 mit einsatzbereiter Elektronenkanone ab! Auf geht’s, Jubel!
Die Kombination von Markillanten-in-den-letzten-Zügen, der schlagkräftigen neuen Elektronenwaffe und Ryoichis beherzter Sabotage führt zum gewünschten Erfolg – die Alien-Festung löst sich in ihre Bestandteile auf. Persönlich schlecht für Ryoichi, der feststellt, dass „Einstürzende Neubauten“ nur gut sind, wenn man die auf Platte hört, nicht aber, wenn man selbst drinsteht, und der Leader und seine Getreuen, die todesmutig die Beine in die Hand nehmen und ihre UFOs satteln, wollen ihn verständlicherweise eher nicht mitnehmen…
Eine Schwadron UFOs erhebt sich also aus dem See und wird sofort von der BETA-3 aufs Korn genommen. Die Elektronenkanone ist gegen die UFOs genauso effektiv wie gegen die Basis selbst. Weitgehend unbeobachtet versucht sich ein zweiter Mogera aus dem Erdboden zu schrauben, tut dies dummerweise aber genau unter einem der Markillanten, der einstürzt und den Roboter unter sich begräbt. Einer Handvoll UFOs gelingt die Flucht in den Weltraum, zurück zu ihrer Universums-Basis, aber beobachtet von speziell zu diesem Zweck in den Orbit geschossenen amerikanischen Satelliten. The battle’s won, but the war’s not over yet.
Das Wort zum Sonntag hält Adachi, der – es IST ein japanischer Film – dem geneigten Zuschauer noch die offizielle Anti-Atomwaffen-Message ins Hirn planiert, obwohl der Streifen, seien wir ehrlich, nicht wirklich als Warnung vor der Bombe verstanden werden kann…
Inhalt
Als GODZILLA 1954 die Leinwände der Welt eroberte, muss das für Toho eine Art spirituelles Erweckungserlebnis gewesen sein. Die japanische Filmindustrie war nach dem Zweiten Weltkrieg vielleicht gerade mal soweit zu realisieren, dass gewisse Erzeugnisse ihrerseits ein limitiertes internationales Publikum anzusprechen vermochten (primär natürlich Kurosawas Filme), aber GODZILLA hatte erwiesen, dass japanisches Kommerz-/Gebrauchskino auf dem internationalen Markt erfolgreich sein konnte – für eine Industrie, die bis 1945 nun wirklich in ziemlicher Isolation und nur für den einheimischen Kinogänger operiert hatte, eine völlig neue Situation, und eine, die Toho, wo man schnell kapierte, wo der kapitalistische Hase läuft, flugs auszunutzen gedachte. So wurde denn 1957 mit THE MYSTERIANS der erste große japanische „tokusatsu“ (Spezialeffektfilm) ohne direkten kaiju-Bezug in Auftrag gegeben, und Toho ließ sich dafür auch nicht lumpen – es wurde in Farbe UND in einem neuen, speziell für diesen Film entwickelten Breitwandformat, dem zukünftig legendären „Tohoscope“, gedreht.
Was die Geschichte angeht, ist THE MYSTERIANS selbstredend die Blaupause für all das, was an japanischer SciFi noch kommen sollte – es ist naiv, es ist BUNT (klar, Farbe, das muss ausgenutzt werden), es ist voller falsch verstandener oder komplett erfundener Wissenschaft, wird dabei aber stoisch ernsthaft erzählt, und kommt uns mit Aliens, deren Motivation nicht wirklich Sinn über „steht halt so im Drehbuch“ ergeben, und deren Fremdartigkeit sich in Grünbepinselung, fetzigen Raumanzügen und Motorradhelmen mit Antennen erschöpfen. Darüber kann man sicher erst mal beömmeln, aber für 1957 steht THE MYSTERIANS im direkten Vergleich mit zeitgenössischer US-Ware nicht schlecht da – mögen die Tropes auch im Großen und Ganzen die gleichen sein, die auch die amerikanischen Alien-Invasionsfilme bedienen, so lassen sich die Japaner an Scope und Aufwand nicht lumpen; zur Feier des neuen Formats und der Farbfotografie arrangierte Toho sogar einen Spezialtermin mit den japanischen Verteidigungskräften, um das neueste an Militärgerät aus allen möglichen Winkeln abzufilmen (weil die Militärs aber nur einen engen Zeitrahmen für die Aufnahmen zuließen, stoppte Toho die komplette Produktion und karrte alles verfügbare Kameraequipment auf eine US-Militärbasis, um so viel Material wie möglich aus so viel Perspektiven wie möglich zu schießen), und wo sich der amerikanische SF-Film längst damit zufriedengegeben hatte, Drive-in-Fodder für undiskriminierende Teenager zu spielen, gibt sich THE MYSTERIANS bewusst seriös – es ist nicht mehr ganz der semi-dokumentarische Reportage-Stil, wie in GODZILLA und RODAN pflegten, aber der human-interest-Kram ist immer noch zweitrangig – dass Joji was mit Etsuko hat und Ryoichi mal was mit Hiroko, das wird zwar etabliert, ist aber weniger ausgespieltes Liebes-Quartett denn vielmehr schlichter MacGuffin, um Ryoichi und Joji im Schlussakt was zu retten zu geben, weil sie im großen Schlusskampf ansonsten keine Rolle spielen würden. Joji ist zwar formal der Protagonist und treibt an verschiedenen Stellen die Handlung entscheidend voran, aber gerade im Schlussakt übernehmen andere Kräfte (die wir, wie Seki z.B., auch nicht wirklich kennenlernen müssen, meint der Film. Seki hat halt, irgendwie und irgendwo, seine Elektronenkanone erfunden, deswegen müssen wir lange noch nicht seine Lebensgeschichte wissen). Wer also unbedingt nachvollziehbare, mehrdimensionale Charaktere braucht, um an ihnen emotional andocken zu können, sitzt hier im falschen Film, hier gibt’s kein Gedöns. Naja, Gedöns schon, aber kein zwischenmenschliches, sondern Pressekonferenzen, Sitzungen und Krisenstäbe, die sich die kollektiven Brägen martern und die Zeit zwischen den Randalesequenzen füllen.
Wenn man den Japanern retrospektiv einen Vorwurf machen will, dann den, dass sie sich von dieser naiven Mentalität – im Gegensatz zum US-Kino, das SF in den 60ern langsam als den Platz wiederentdeckte, in dem man auch etwas zerebralere Gedankenspiele treiben konnte – nie, zumindest nicht bis in die 80er hinein, weiterentwickelt haben, vielmehr, nachdem sie realisierten, dass das Publikum nicht ins Kino rannte, um profunde und tiefschürfende Antikriegs- und -atom-Botschaften zu goutieren, sondern um Monster und Remmidemmi zu sehen (was den Toho-Chefs auch mit ihrer Dienstanweisung, auf Teufel komm raus ein „giant monster“ in den Film zu packen, ja auch irgendwo Recht gibt), einen Schritt zurück machten und NUR noch naiv + bunt + drollige grüne Männchen unter Motorradhelmen in Szene setzten, seien sie nun vom Planeten Black Hole oder der Venus. Diese Attitüde pflegten die Japaner in ihren Monster- und SF-Filmen bis hin nach 1977 und DER GROSSE KRIEG DER PLANETEN, der, wenn man genau hinsieht (und auch, wenn man nicht so genau hinsieht) wesentlich einfältiger und dümmer ist als THE MYSTERIANS.
Will sagen, die Story des Films ist, akzeptiert man seine grundlegende Naivität, durchaus schlüssig und erlaubt sich keine internen Logikbrüche. Für 1957-SF-Kintopp-Writing ist das allemal in Ordnung.
Und filmisch gibt’s eh nicht wirklich viel zu meckern. Honda und sein Kameramann Hajime Koizumi (MATANGO, DIE RÜCKKEHR DES KING KONG, U 2000 – TAUCHFAHRT DES GRAUENS) nutzen die erweiterte Spielfläche des Breitwandformats weidlich aus, Eiji Tsuburayas Modelltricks sind eindrucksvoll wie eh und je, wobei ihm auch ein paar großformatige Zerstörungssequenzen mit Mogeras Rampage und einem aus purer Gehässigkeit von den Aliens im Schlussakt gesprengten Damm, dessen Wassermassen hunderte der eigentlich schon zweimal evakuiert hätten werden müssenden (äh, ist das noch Deutsch?) Stadteinwohner hinwegströmt, gegönnt werden. Und über alldem tönt Akira Ifukubes majestätischer Score mit allen Pauken und Trompeten, die das Budget hergibt, und der nur deswegen nicht so ikonisch eworden ist wie sein Godzilla-Marsch, weil THE MYSTERIANS einfach nicht so bekannt ist. Abzüge in der B-Note gibt’s für die Visual FX – klar, mangels fortgeschrittener Effekttechnologie müssen sich die Toho-Leute für ihre zahlreichen Strahlen-Effekte mit den guten alten Methoden „auf dem Negativ rumkratzen“ und „beherzt aufs Negativ draufmalen“ behelfen. Das altert schlecht.
Großes Schauspielerkino ist der Film freilich nicht – Kenji Sahara und seine Tolle erledigen aber einen grundsoliden Job als sympathischer Protagonist, und Akihiko Hirata ist natürlich genau der Typ, der – nach seinem auch schon eher anti-sozialen Turn in GODZILLA – einen „turncoat“ spielen kann, der sich aus – aus seiner Sicht – „richtigen“ Motiven von den Aliens aufs Kreuz legen lässt. Yumi Shirakawa und Momoko Kochi haben noch weniger zu tun als ihre Geschlechtsgenossinnen in amerikanischen SF-Filmen, sie sind wirklich nur dafür da, um sich erst entführen und dann retten zu lassen. Takashi Shimura ist als Dr. Adachi zuständig für die bedeutungsschwangeren und mahnenden Reden (wobei die Anti-Nuklear-Botschaft hier schon sehr aufgesetzt wirkt und wohl hauptsächlich deswegen vorhanden ist, weil Toho davon ausging, das Publikum, speziell das einheimische in diesem Fall, erwarte sie), als internationale Gäste fungieren Harold Conway (KRIEG IM WELTENRAUM, MOTHRA BEDROHT DIE WELT, TODESSTRAHLEN AUS DEM WELTALL) und George Furness (HÖLLENFAHRT, UFOS ZERSTÖREN DIE ERDE, MEINE GEISHA) als amerikanische bzw. schwedische Weißkittel.
Die deutsche DVD aus dem Hause Shock Entertainment bietet einen sehr hübschen 2.35:1-Widescreen-Transfer (anamorph) und singulär die deutsche Synchro in Dolby Digital 2.0, wobei die Tonspur einige jump cuts zu verzeichnen hat, die teilweise ganze Sätze verschluckt. Schade. Als Extra gibt’s Trailer auf die drei DAIMAJIN-Filme und MONSTER DES GRAUENS greifen an. Den auf dem Cover angekündigten Originaltrailer für MYSTERIANS hat Shock leider vergessen.
Summa summarum ist THE MYSTERIANS ein feiner kleiner Alien-Invasionsfilm, der seine 50er-Jahre-Mentalität nicht verleugnen kann, aber womöglich der beste von Tohos reinrassigen SF-Filmen ist und seinen amerikanischen Kollegen gleichen und ähnlichen Baujahrs in Sachen Scope, Sorgfalt und Ernsthaftigkeit sogar weit überlegen ist. Daher: dicke Empfehlung!
© 2020 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 7
Review verfasst am: 03.02.2020