- Deutscher Titel: Wasser - Der Film
- Original-Titel: Water
- Regie: Dick Clement
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1985
- Darsteller:
Michael Caine (Baxter Thwaites), Billy Connolly (Delgado Fitzhugh), Valerie Perrine (Pamela Weintraub), Brenda Vaccaro (Dolores Thwaites), Leonard Rossiter (Sir Malcolm), Fred Gwynne (Spender), Dennis Dugan (Rob), Fulton Mackay (Eric), Jimmie Walker (JayJay), Chris Tummings (Garfield Cooper)
Vorwort
Cascara – eine kleine Karibikinsel, formeller Bestandteil des glorreichen britischen Empire… nur leider haben Königin und Vaterland den windigen Felsbrocken mehr oder weniger vergessen. Gouverneur Thwaites bringt sich gelegentlich mit verärgerten Memos in Erinnerung, pflegt ansonsten seine Grasplantage und plagt sich gelegentlich mit der zwei Mann starken „Cascara-Befreiungsarmee“ des „singenden Rebells“ Delgado Fitzhugh. Doch eines Tages überschlagen sich die Ereignisse – Karrierediplomat Sir Malcolm hat dem debilen Außenminister die Zusage abgerungen, Cascara evakuieren und als Atommüllkippe verwenden zu dürfen, die amerikanische Ölfirma Spenco, die vor dreißig Jahren mal vergeblich nach Öl gesucht hat, dreht einen Werbespot auf der abgehalfterten Bohrplattform, was Delgado fälschlicherweise annehmen lässt, man hätte tatsächlich schwarzes Gold gefunden und ihn sofort ein Zweckbündnis mit professionellen kubanischen sozialistischen Umstürzlern schließen lässt. Tatsächlich bohrt das Spenco-Team ein unterirdisches Reservoir an, doch statt Öl sprudelt allerfeinstes Mineralwasser aus der Quelle. Clever handelt Thwaites einen Deal mit den Yankees aus, der den Fortbestand der Insel gewährleistet. Das wiederum kann sich die britische Premierministerin nicht bieten lassen und beauftragt Sir Malcolm, heimlich die revolutionären Truppen Delgados zu unterstützen, doch dazu kommt er gar nicht erst, da der prophylaktisch eingeknastelte Revoluzzer, der mittlerweile von einer amerikanischen Umweltaktivistin, die rein zufällig die Tochter des Spenco-Bosses, moralisch unterstützt wird, von den Kubanern befreit wird. Thwaites, bei der Befreiungsaktion zufällig anwesend, wird gekidnappt, doch auf der Flucht in die Berge gelingt es dem Gouverneur, die Kubaner auszutricksen und sich mit Delgado zu verbünden. Ehe er sich’s versieht, findet sich die beschauliche Insel im Mittelpunkt der Weltpolitik wieder und wird von amerikanischen Marines, britischen Spezialtruppen und französisch bezahlten Söldnern (da die Franzmänner ihr Mineralwasser-Monopol gefährdet sehen) bedroht…
Inhalt
Ein weiteres Exemplar aus der Abteilung „essentielle 80er-Filme“. Die satirische Polit-Comedy aus der Werkstatt von George Harrisons „Handmade Films“ gehört zu den von vielen geliebten Streifen, die lange, viel zu lange auf eine DVD-Auswertung warten mussten. Sunfilm sei dank wurde diese empfindliche Lücke im Regal genialer britischer Komödien nun endlich (und mit ewiger Verspätung) geschlossen.
Dabei ist „Wasser“, vom scharfzüngigen Witz mal abgesehen, vom „Feeling“ her absolut unbritisch (aber das Klischee des steifen Briten nimmt der Film auch selbst aufs Korn). „Wasser“ ist, seiner Location angemessen, eine entspannte Angelegenheit im Reggae-Rhythmus, die sich idealerweise mit einem der auch in Bezug genommenen leckeren Drinks mit einem Schirmchen drin und (optional, soll ja keiner behaupten, ich würde Drogenkonsum propagieren) ’nem kleinen Joint zwischen den Lippen genießen lässt.
Und das interessanterweise gemacht von Leuten, die man nicht unbedingt auf der Rechnung haben musste, es sei denn, man war wirklich Experte britischen Comedy-Fernsehens, das nicht aus der Monty-Python-Ecke kommt (im übrigen wollen wir einen Vergleich mal gleich aus dem Weg räumen – „Wasser“ und Monty Python sind ungefähr so gut vergleichbar wie die Tagesthemen mit den „Freitag Nacht News“; bei den Pythons regierte der Wahnsinn, da wusste man nie, was als nächstes passiert, während „Wasser“ einfach schön im Fluss ist) – Dick Clement und Ian LaFrenais (Regisseur/Co-Autor und Co-Autor) arbeiteten schon seit Mitte der 60er Jahre an verschiedenen TV-Comedy-Formaten zusammen („The Likely Lads“, „Porridge“) und waren 1979 auch für die ziemlich verkorkste Peter-Sellers-Adaption des Abenteuer-Standards „Der Gefangene von Zenda“ schreiberisch verantwortlich, außerdem legten sie unkreditiert Hand an den „inoffiziellen“ Connerey-Comeback-Bond „Sag niemals nie“. LeFrenais schrieb später den Kult-Klassiker „The Commitments“. Der amerikanische Co-Autor Bill Persky hatte sich seine Sporen als Funny-Writer mit den US-Comedyshows „McHale’s Navy“, „The Julie Andrews Show“ und Arbeiten für Dick van Dyke und Bill Cosby verdient.
„Wasser“ ist, wie schon erwähnt, eine Satire, deren Zielobjekt unschwer zu definieren ist – einerseits die Kolonialpolitik des britischen Empire in seinen allerletzten Zuckungen (klar, dass auch die Falklands angesprochen werden), andererseits, nur notdürftigst getarnt, die Öl-Politik der Großmächte und -konzerne. Dabei gelingt dem Streifen das Kunststück, trotz aller angebrachten satirischen Übersteigerungen im Grunde glaubhaft zu bleiben (im Vergleich z.B. zur zwar auch unterhaltsamen, aber im direkten Vergleich geradezu kindlich-plumpen Holzhammer-Satire „Whoops! Apocalypse“ aka „Zu spät! Die Bombe fliegt!“, ebenfalls aus britischer Manufaktur). „Wasser“ hat nur ganz selten groben Humor nötig (z.B. wenn’s gegen die von allen Briten immer heißgeliebten Franzosen geht), sondern verlässt sich ansonsten auf subtile Spitzen und das herausragende character interplay zwischen Klischeefiguren wie dem äußerlich steifen, hippokritischen Diplomaten, der hysterischen Gouverneurs- Gattin und dem naiven Umweltseelchen auf der einen und neuen, unverbrauchten, frischen Charakteren wie dem kiffenden Gouverneur oder dem Möchtegern-Revolutionär, der nur noch singend kommuniziert. Das sorgt für jede Menge gute Laune – man wird sich nicht permanent auf die Schenkel schlagen vor Lachen (obwohl einige grandiose Gags enthalten sind), aber mit ziemlicher Sicherheit über die komplette Laufzeit ein wohlwollendes Grinsen spazierentragen, dafür sorgen gelungene, pointierte Dialoge, geschickt eingesetzte Situationskomik und, wenn’s der Sache dienlich ist, auch mal Slapstick – eine nahezu perfekte Mischung mit vielen vielen memorablen Szenen und Witzen.
Dick Clement kann da auf dem Regiestuhl schon fast nichts mehr falsch machen, weil das Script einfach hervorragend funktioniert. Demzufolge verzichtet er auch auf inszenatorische Mätzchen, sondern überlässt das Feld seinem gut aufgelegten Darstellerensemble und der eindrucksvollen Naturkulisse des Drehorts St. Lucia. Seine Regie ist unauffällig, drängt sich nicht auf, leistet sich aber auch keine Ausfälle. Das Tempo des Streifens ist angenehm, nicht zu rasant – man läuft also kaum Gefahr, mal einen Gag zu verpassen -, aber auch nicht zu träge, um Langeweile aufkommen zu lassen.
Die Musik ist der Location angemessen reggaelastig, für die meisten Songs zeichnet Eddy Grant (80er-Reggae- Pop-Ikone, „Electric Avenue“, „Gimme Hope Jo’Anna“) verantwortlich; für das Finale wird sogar eine Allstar-Band mit Ringo Starr, George Harrison, Eric Clapton und Jon Lord aufgefahren, da tränen dem Rockfan die Augen.
Schauspielerisch wird Ansehnliches geleistet – Michael Caine, der in seinem Leben neben etlichen Klassikern auch einiges an Schrott abgedreht hat (man denke an „Der weiße Hai IV“) ist als kiffender Gouverneur einfach umwerfend – er muss nicht übertreiben, verfällt nicht in dumpfes Overacting, sonder ist ganz einfach, ich wiederhole mich, fürchte ich, „entspannt“. Im krassen (und im Kontext absolut passenden) Gegensatz dazu steht Brenda Vaccaro („Airport ’77“, „Capricorn One“, „Supergirl“) als sein temperamentvoll-hysterisches Eheweib. Valerie Perrine („Superman“, „Der elektrische Reiter“, „Was Frauen wollen“) fällt als naiv-blondes Umweltengelchen etwas ab (wobei ihr die Rolle auch nur eine wirklich gute Szene angedeihen lässt), dafür ist Billy Connolly („Lemony Snicket“, „Der letzte Samurai“, „Bullshot“) als singender Rebell Delgado einfach hinreißend lustig. Leonard Rossiter („2001“, „Britannia Hospital“), der die Premiere des Films leider nicht mehr erlebte, brilliert als verknöcherter Diplomat mit, ehm, obskuren sexuellen Fetischen. In einer Mini-Nebenrolle als französischer Söldner ist übrigens Alfred Molina („Magnolia“, „Grabgeflüster“, „Spider-Man 2“) zu entdecken.
Bildqualität: Sunfilm liess sich mit der Veröffentlichung des Titels laaaange Zeit (angekündigt wurde der Film schon mit dem ersten Schwung von Handmade-Titeln wie „Time Bandits“ und „Five Corners“), aber das Warten hat sich gelohnt, denn nun liegt ein superbes High-Definition-Master der englischen Kinofassung vor, dessen anamorphe (1.85:1-) Abtastung über jeden Zweifel erhaben ist und „Wasser“ schlichtweg fantastisch aussehen lässt. Der kleine Wermutstropfen ist, dass diese Fassung eine dreißigsekündige Szene entbehrt, die in der deutschen Kino- und Fernsehfassung enthalten ist (im Gegensatz zu ca. 8 Minuten Material, auf das wir Krauts bislang verzichten mussten). Da aus qualitativen Erwägungen eine „seamless branching“-Lösung offensichtlich nicht gangbar war, machte Sunfilm aus der Not eine Tugend und liefert die alte deutsche Fassung (open matte, in nicht wirklich guter Bildqualität) auf einer eigenen DVD mit (etwas rätselhaft ist allerdings die Entscheidung, die „kurze“ und qualitativ schlechtere deutsche Fassung zur „DVD 1“ zu machen und die vollständigere und wesentlich bessere englische Version zum „Bonusmaterial“ zu machen). Die definitive „Wasser“-Fassung kann das 2-Disc-Set also nicht anbieten, ich verzichte allerdings in diesem Fall dankend auf die eine fehlende Szene in der UK-Version, denn in Sachen Bildqualität lässt sich die wohl kaum noch steigern und wenn ich die Wahl habe zwischen 8 „neuen“ Minuten und 30 „fehlenden“ Sekunden, ist meine Wahl eindeutig…
Tonqualität: Die deutsche Kinofassung auf DVD 1 bietet ausschließlich deutschen Ton in Dolby Digital 2.0, wobei nach anderweitigen Erfahrungsberichten (ich habe mir diese Disc nicht vollständig durchgesehen) das eigentliche Tonformat zwischen Mono und Stereo schwankt (und generell die Qualität der deutschen Synchro mittelmäßig ist, sowohl was die Übersetzung als auch die technische Umsetzung angeht). DVD 2 bietet dann den bekannten deutschen Ton (in identischer Qualität) mit optionalen Untertiteln für die nicht synchronisierten Passagen sowie einen ausgezeichneten englischen Dolby Digital 2.0-Originalton, der auf alle Fälle vorzuziehen ist (schon allein wegen der viel besseren Texte für die Songs des „singenden Rebellen“). Die mitgelieferten deutschen Untertitel sind übrigens reine „dubtitles“.
Extras: Neben dem Originalkinotrailer (in anamorpher Abtastung) gibt’s einen Audiokommentar von Dick Clement und Ian LeFrenais (nur auf DVD 2), der nach ca. fünfzehnminütigem Antesten leider etwas langatmig ausgefallen ist (leider gibt’s für den Commentary keine deutschen Untertitel). Beinahe schon fatalerweise gibt’s keine weiteren Zusatzmaterialien, selbst die Trailershow ist auf beiden Discs identisch. Aber da das Doppel-DVD-Set ausgesprochen günstig verkauft wird, drehen wir Sunfilm daraus mal keinen Strick 🙂
Fazit: Ich war gespannt, ob „Wasser“, einer meiner persönlichen 80er-Kultfilme, die ich aber seit Ende der 80er nicht mehr gesehen hatte, dem Zahn der Zeit erfolgreich widerstehen konnte – es gibt genügend Filme aus dieser Dekade, die nicht unbedingt zu ihrem Vorteil gealtert sind. „Wasser“ allerdings erweist sich auch anno 2006 noch als Volltreffer, ist vielleicht in seiner politischen Aussage aktueller denn je und vor allen Dingen – immer noch ein Riesenspaß. Kein laugh-a-minute, kein Film der ganz großen Brüllergags, aber einfach eine extrem lässige und trotzdem nett subversive Komödie mit blendend aufgelegten Stars wie Caine und Connolly und unheimlich groovendem Reggae- Soundtrack. Gepaart mit der superben Qualität der englischen Kinofassung kann das nur eins ergeben – eine felsenfeste Kaufempfehlung!
5/5
(c) 2005 Dr. Acula
Review verfasst am: 01.01.2005