Von Wölfen gehetzt

 
  • Deutscher Titel: Von Wölfen gehetzt
  • Original-Titel: Zanna Bianca e il cacciatore solitario
  • Alternative Titel: White Fang and the Hunter |
  • Regie: Alfonso Brescia
  • Land: Italien
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Robert Woods (Daniel/Sandy Shaw), Ignazio Spalla (Dollar), Malisa Longo (Helen/Connie), Claudio Undari (Ferguson), Massimo de Cecco (Johnny), Franco Lantieri (Slider/Trent), Linda Sini (Luna)


Vorwort

Irgendwo im Nordwesten der Vereinigten Staaten, damals, als der Westen noch wild war. Durch Zufall begegnen sich der Jäger und Trapper Daniel (bzw. Sandy Shaw – hihi -, sofern man die englische Version vor sich hat) und der alte Süffel Dollar, den das Schicksal vor die ungerechte Aufgabe gestellt hat, einen ehrlich beim Pokern gewonnen Koffer Krawatten zu Geld machen zu müssen. Leider sind in diesen Breiten Herrenmode-Accessoires eher wenig gefragt. Dollar, Daniel und dessen Schäferhund „Zanna Bianca“ (aka „White Fang“) verschlägt’s nach Grizzly City, einem Kaff, das komplett unter der Knute des örtlichen Großkapitalisten Ferguson steht. Daniel und Dollar machen sich schnell zu personas non grata in den Augen des Obermotzes. Nachdem sie in der Wildnis einen Kampf mit einem, hust-hust, Wolfsrudel zu bestehen haben, finden die Beiden Unterschlupf auf der Farm von Helen Burton. Die wiederum ist sowieso schon Fergusons Intimfeindin. Einst war Ferguson Geschäftspartners ihres Männe, bis der einen rätselhaften Unfall hatte. Seitdem hockt Helen mit Sohnematz Johnny und ihrer indianischen Haushälterin Luna auf der Farm und die hätte Ferguson gern, weil sie das letzte Stück Land ist, dass für seinen Plan, Grizzly City mit der Töff-Töff-Eisenbahn zu verbinden, noch benötigt wird. Begreiflicherweise schlagen sich Daniel und Dollar sofort auf die Seite der Witwen und Waisen. Dieweil Dollar sich eher daran hält, bei Luna einzufädeln, will Daniel seinerzeit verschwundene Dokumente, die Fergusons Verstrickung in Burtons Tod beweisen, finden. Das kann Fergie natürlich so nicht zulassen…


Inhalt

Na, nach zwei unerwarteten positiven Überraschungen aus dem Grabbeltischsektor wurde es mal wieder Zeit für einen urtypischen Vertreter der Sorte Film, die dem geneigten Kunden in jedem drittklassigen Supermarkt an der Kasse förmlich nachgeworfen wird. Mit „Von Wölfen gehetzt“ haben wir’s gleich in doppelter Hinsicht mit einem extrem frechen Rip-off zu tun. Zum einen täte der Film natürlich herzlich gerne so, als hätte er was mit Lucio Fulcis überraschend erfolgreichem Abenteuerfilm „Zanna Bianca“ (hierzulande meines Wissens als „Wolfsblut“ bekannt), einer Jack-London-Verfilmung, zu tun, zum anderen versucht er noch die Spencer-/Hill-Prügelwesterncomedy-Schiene zu fahren. Derartiges Dünnbrettbohrertum kann eigentlich nur auf dem Mist von Alfonso Brescia, schundgestählten Trashveteranen selbstverständlich ein Begriff dank solcher epochaler Meisterwerke wie „War of the Planets“, „War of the Robots“, „Battle of the Stars“, „Space Odyssey“ (kurioserweise auch unter dem Titel „Metallica“ – ! – kursierend) oder „Iron Warrior“, gewachsen sein.

Ehre, wem sie nicht gebührt, zumindest ist „Von Wölfen gehetzt“ der zweite „Zanna Bianca“-Film von Brescia (1974 hatte er mit der selben „Star“-Paarung bereits ein Wolfsblut-Abenteuer heruntergekurbelt, wobei er schon damals fröhlich ignorierte, dass die „White Fang“ ein WOLF ist und streng genommen ein Schäferhund, wie in seinen „Zanna Bianca“-Streifen, nicht wirklich zu den Wölfen zählt [und ja, der FILM nennt ihn Schäferhund. Okay, der Film lässt Schäferhunde auch „Wölfe“ spielen, aber ich denke, ihr wißt, worauf ich hinaus will…).

Nun gut, wer von einem italienischen, schnell hingerotzten Rip-off eine seriöse Adaption der London-Geschichte erwartet, speziell, wenn Meister Brescia auf dem Regiestuhl sitzt, der ist sowieso mal wieder schief gewickelt. Letztlich setzt sich sowieso die Spencer/Hill-Schule durch, alldieweil „Zanna Bianca“ eine untergeordnete Rolle spielt (der Köter balgt sich mit einem Wolf und darf im Showdown die Knarren der fiesen Bösewichter einsammeln) – wir haben eine völlig typische „böser Großgrundbesitzer gegen arme Witwe“-Plotte, wie sie im Italo-Western zu mindestens vierzehnt auf ein Dutzend geht (trotzdem brauchte es dafür satte drei Autoren, von denen aber keiner auch nur im eingeschränkten Bereich des Italoschotterfilms irgendwas bedeutsames, wichtiges oder nur halbseiden interessantes in der Vita stehen hätte). Originell ist das also alles nicht, und noch nicht mal sonderlich gekonnt strukturiert. Ehe sich die eigentliche Plotte, also der „Daniel-hilft-Helen-gegen-Ferguson“-Part einstellt, ist der Film schon fast halb rum und hat seine Zeit bis dahin mit leidlich amüsanten (also eher „leid“ als „amüsant“) Episoden vor allem um Quartalssäufer Dollar verplempert (konsequenterweise spielt Dollar in der zweiten Filmhälfte bis auf die Schlußprügelei eigentlich keine Rolle mehr); und selbstverfreilich vergisst es ein Italo-Schundfilm nicht, einen völlig nervigen (und überflüssigen) Kindercharakter in die Story zu schreiben. Na herzlichen Dank aber auch.

Irgendwie scheint sich der Film nie einig zu sein, ob er nun wirklich ernsthaft oder doch als Komödie gemeint ist – die Prügelorgien, die natürlich an den Spencer/Hill-Kloppereien orientiert sind, gegen die sich die Originale aber wie HK-choreographierte Martial Arts-Epen ausnehmen, sind eindeutig auf Witz hin gedeichselt und auch sonst gibt’s ab und an Situationskomik, dann wird aber wieder todernst um sich geballert (und sogar Hundewelpen abgeknallt! Also im Film jetzt, nicht echt, nehme ich zumindest an…). Ähnlich uneins ist sich übrigens auch die deutsche Synchro, die Dollar zwar die deutsche Stimme von Bud Spencer verpasst und gelegentlich einen halbseiden flotten Spruch zu klopfen versucht, aber bei weitem nicht so gezwungen auf Blödelei getrimmt wurde wie so manche Rainer-Brandt-Vertonung. Insgesamt kann man feststellen, dass die Story keinen Blumentopf gewinnt, aber auch nicht (viel) schlechter ist als so manches der „lesser“ Vehikel der berühmten Vorbilder.

Dummerweise sitzt halt mit Alfonso Brescia eine der größten Nulpen des Italo-Kintopps am Steuer und der hat in seinem ganzen Leben, wenn ich das so recht überblicke, keinen auch nur halbwegs brauchbaren Film fabriziert. Brescias Regie ist zwar größtenteils „nur“ uninspiriert und einfallslos, wird aber von einem konfusen Schnitt (vor allem im letzten Akt stellt sich gelegentlich ein WTF-Gefühl ein, weil man nicht mehr so ganz weiß, was jetzt warum passiert) mühelos erschossen. Auch die Kamera ist sich manchmal nicht sicher, was sie eigentlich einfangen will (besonders, wenn in den großen „Wildnis“-Szenen unbedingt die, ähm, „überwältigenden“ Naturpanoramen ausgiebig abgelichtet werden sollen). Die Shoot-outs (davon gibt’s auch den ein oder anderen) sind selten langweilig, die Prügelszenen (zwei große Kloppereien sind zu verzeichnen) lassen einen wehmütig an bessere Spencer/Hill-Imitate denken – selten sieht man Darsteller offensichtlichere Luftlöcher schlagen. Die Dramaturgie des Streifens ist – sicher auch scriptbedingt – recht lausig; Spannung mag sich nicht einstellen (schon allein, weil Ferguson als Oberfieswatz irgendwie nicht oberfieswatzig genug ist. Ich meine, dem kleenen Johnny Folter anzudrohen, das ist ja ein gutes Werk und nix schlimmes; die große Drohung, die im Raum steht, ist, dass Helen zwangsweise Ferguson heiraten soll. Nicht gerade ein echtes Armageddon, vor dem man sich in die Bux pieselt…).

Den ganz annehmbar hörbaren, aber stellenweise echt deplazierten Score (oft zu jazzig oder zu poppig) steuert Alessandro Alessandroni (ich LIEBE italienische Namen) bei, der allerlei zweit- bis drittklassigen Italoschotter wie „Formel 1 – In der Hölle des Grand Prix“, „Der Würger kommt auf leisen Sohlen“ und „Lady Frankenstein“ musikalisch ausstattete, ehe er im Herbst seiner Karriere Nazilagerfilme und Pornos beschallen musste.

Härtetechnisch ist die FSK 16 natürlich übertrieben, ’ne 12er-Freigabe, wie sie die meisten Spencer/Hill-Prügelwestern haben, wäre völlig ausreichend.

„Star“ des Dramas ist Robert Woods, gebürtiger Amerikaner, der zehn hektische Jahre lang so manchen minderwertigen Spaghettiwestern zierte (u.a. „Django – Schwarzer Colt des Todes“, „Die Gejagten der Sierra Nevada“) und Mitte der 70er mangels anderweiter Optionen auch letztklassige Rollen spielte (und auch bei Jess Franco für „La Comtesse Perverse“ vorbeischaute). 1997 war er im hier besprochenen SF-Blödsinn „Scorpio One“ aktiv. Den Daniel kriegt er ganz passabel hin, ohne aber von Screenpräsenz und Charisma her wenigstens an Gianni Garko, geschweige denn an Gemma oder Hill heranzukommen. Den Ersatz-Bud-Spencer (mit graumeliertem Barthaar) gibt uns Ignazio Spalla, unter dem Pseudonym Pedro Sanchez seit 1965 gefragter Nebendarsteller in allerhand Italowestern („Fünf blutige Stricke“, „Adios, Sabata“, „Vier Schlitzohren auf dem Weg zur Hölle“). Gewisser Leibesumfang und Gesichtsbehaarung reichten anno Nochnsiebzig locker dafür aus, in einem italienischen Mistfilm ’ne Hauptrolle abzustauben – wirklich * ähnlich * ist er Buddy nicht (der Spanier Fernando Balboa, der ähnliche Parts auch gerne spielte, war da schon originalgetreuer…), eher schon ginge er als Vader-Abraham-Double durch. Claudio Undari (auch „bekannt“ als Robert Hundar) ist Fiesling Ferguson – optisch kommt er dem gewünschten Rollenprofil ziemlich nahe, aber er ist mir zu brav, zu wenig exaltiert für den großen Schurken. Undari spielte in zahlreichen Western, „herausragend“ natürlich seine Mitwirkung im spektakulär schlechten Gore-Western „Todesmarsch der Bestien“. Mit Malisa Longo (die ich persönlich nicht wirklich * hübsch * finde) stellt sich als Helen eine echte Trash-Ikone zur Verfügung – ihre eindrucksvolle Vita (auszugsweise): „Three Fantastic Supermen“, „Salon Kitty“, „Black Emanuelle, White Emanuelle“, „Helga, She-Wolf of Spilberg“, „Elsa Fräulein SS“, Brescias SF-Trilogie, „The Red Monks“, „Nightmare Concert“… can’t really argue with that, can we? Nervkind Massimo de Cecco wurde glücklicherweise nur noch in „War in Space“ gesichtet. Linda Sini (Luna) kann auf Einsätze in „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“, „Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ und „Don’t Torture A Duckling“ zurückblicken – sie darf sich als Indianerin wenigstens zum Affen machen…

Bildqualität: Die MAWA-Scheibe präsentiert den Streifen in non-anamorphem 2:35-1-Letterbox. Der verwendete Print ist erträglich, aber auch nicht mehr. Das Bild ist auf der soften Seite, vereinzelte Defekte und Verunreinigungen sind zu bemerken und besonders in den winterlich-verschneiten hellen Szenen könnte man sich einen deutlich besseren Kontrast vorstellen. Aber immer noch besser als so’n typischer Best-Entertainment-Transfer.

Tonqualität: MAWA will uns hier nicht vor brägenmarternde Aufgaben stellen und packt ausschließlich deutschen Mono-Ton auf die Scheibe. Gut, wer will schon wirklich einen nutzlosen 5.1er-Upmix? Der Ton ist leicht knarzig und speziell, was die Musikabmischung angeht, eher dumpf. Ein „knapp zufriedenstellend“, wenn man die Investition von doch immerhin 1 Euro in Betracht zieht.

Extras: Nada.

Fazit: „Von Wölfen gehetzt“ ist ein typischer Brescia – er hängt sich an ein mehr oder weniger angesagtes Thema, das mit überschaubarem Aufwand ein paar Lire in die Kassen spülen kann an, und vergeigt’s nach allen Regeln der Kunst. Der Streifen versagt sowohl als Abenteuerfilm im Jack-London-Stil als auch als Prügel-Buddy-Westernkomödie. Einzig eine mehr auf Klamauk getrimmte Synchro hätte dem Streifen noch helfen können, aber auch das wurde seitens des deutschen Bearbeiters nicht durchgezogen. So bleibt der Film ein überflüssiges Schundprodukt, das aber auf der anderen Seite auch nicht trashig genug ist, um wenigstens durch seine Inkompetenz zu unterhalten. Hmm… vielleicht doch kein typischer Brescia – für den Maestro ist „blah“ ja noch’n echtes Kompliment…

1/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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