Vier Federn

 
  • Deutscher Titel: Vier Federn
  • Original-Titel: The Four Feathers
  •  
  • Regie: Zoltan Korda
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1939
  • Darsteller:

    John Clements (Harry Faversham), Ralph Richardson (John Durrance), June Duprez (Ethna), C. Aubrey Smith, Jack Allen, Allan Jeayes


Vorwort

Seines lieben Vaters und der gepflegten britischen Familientradition wegen tritt der eher schöngeistig veranlagte Harry Faversham in die Armee ein. Kaum hat der alte Herr seinen Lebensodem ausgeröchelt (und gar zufälligerweise Harrys Kompanie den Abmarschbefehl in den Sudan erhalten, um den dort den Aufstand probenden Muselmännern aufs Haupt zu schlagen), reicht Harry seinen Abschied ein. Seine drei besten Freunde, natürlich allesamt ebenfalls stramme Offiziere, wittern Feigheit und schenken dem Aussteiger zum Abschied weiße Federn (ein Zeichen für Hasenfüßigkeit). Damit könnte Harry ja noch leben, aber überraschenderweise erteilt ihm seine Verlobte Ethna, die ja von Rechts wegen schwer dafür sein müsste, dass ihr Angebeteter sich nicht von durchgeknallten Derwischen und Fuzzy Wuzzys massakrieren lassen will, befremdet den Laufpass. Um seine angeschlagene Ehre wiederherzustellen, verfällt Harry auf den grandiosen Plan, auf eigene Faust in den Sudan zu reisen, sich dort als Eingeborener zu tarnen und heimlich, still und leise ein paar Heldentaten zu vollbringen. Da sein altes Regiment sich in der Schlacht aufreiben lässt, bietet sich hierfür auch reichlich Gelegenheit.


Inhalt

Wie aus obiger Inhaltangabe unschwer zu entnehmen ist, handelt es sich bei der Story zu „Vier Federn“ um ein recht antiquiertes Thema (ich hätte beinahe „britisches“ geschrieben, aber zu Zeiten der preußischen Offiziersgesellschaft hätte das vermutlich auch dort spielen können) – der zugrundeliegende Roman von A.E.W. Mason wurde daher, wenig überraschend, bereits 1915 zum ersten Mal verfilmt (wundert mich auch gar nicht, weil man aus dem Thema selbstredend ein besonders in Kriegszeiten propagandistisch ausschlachtbares patriotisches Rührstück zimmern kann) und inspirierte Filmemacher über die Jahrzehnte hinweg immer wieder aus Neue; die letzte Verfilmung datiert aus dem Jahr 2002 und selbst Merian C. Cooper (der dem „King Kong“ auf die Leinwand half) steuerte 1929 eine Adaption bei. Bei der hier vorliegenden Version handelt es sich um die erste Farb-Verfilmung aus dem Jahr 1939 – auch hier kann man gewisse historisch-zeitliche Zusammenhänge bemühen, so man will (man muss eigentlich). Aus heutiger Rückschau ist schon ziemlich eindeutig zu sehen, dass hier die klassische „frag-was-du-für-dein-Land-tun-kannst“-Schiene befahren wird.

Man mag den Inhalt und die Intention des Streifens daher heutzutage für fragwürdig-kriegsverherrlichend halten (ersatzweise gütig belächeln), muss aber eben den Zeitgeist der Entstehungsepoche im Auge behalten, und, naja, wir wissen ja alle, wohin die Appeasement-Politik der britischen Chamberlain-Regierung in den 30er Jahren geführt hat (eek, ich politisiere. In einem Kurzreview. Zu Hülf!) und demzufolge ist es eigentlich nur unzureichend getarnte Pro-Churchill-Symbolik, dass Harry Faversham die Katharsis von „was-geht-mich-euer-Krieg-an“-Einstellung zum verwegenen selbstaufopfernden Güteklassekriegshelden durchleben und -leiden muss.

In aufgeklärteren Zeiten wie diesen, in denen Persönlichkeit nicht allein durch gesellschaftliche Stellung, familiäre Traditionen und überholte Ehrenkodes definiert wird, erscheint Harrys character turn natürlich wenig nachvollziehbar, zumal auch manche seiner Abenteuer eher, naja, denkwürdig sind (er rettet – SPOILER AHEAD – z.B. seinen erblindeten Freund John, der auf dem Schlachtfeld für tot gehalten und zurückgelassen wurde, bleibt aber in seiner Tarnung als stummer Eingeborener; das verfreilich nur, damit die Enthüllung, wer ihn gerettet hat, John später dramaturigisch angemessen vor den Latz geknallt werden kann). Rein strukturell hat der Film das Problem, das die zwei Haupthandlungsfäden (einerseits Harrys „undercover“-Einsatz und andererseits die Kriegsabenteuer seiner Ex-Freunde) recht lange ohne Berührungspunkte verlaufen, d.h. der nominelle Hauptdarsteller relativ lang off screen bleibt.

Nichtsdestotrotz ist der Film von Zoltan Korda (der weite Teile des Films in seinem eigenen Remake des Stoffes, „Storm over the Nile“ von 1955, wieder verwendete) trotz einiger eher langwieriger Passagen (vor allem der Anfang zieht sich) insgesamt nicht unspannend; der Schlußakt ist temporeich, die Schlachten-Szenen sind von beachtlichem Aufwand (es hilft, das hauptsächlich on location im Sudan gedreht wurde und nur vergleichsweise wenige Studioaufnahmen gemacht wurden) sowohl von der Komparserie als auch von der Inszenierung her, kompetent gefilmt, und alles in wunderschönen prallen Technicolor-Farben; die dramatischen Szenen gelingen Korda (der 1942 auch eine Adaption des „Dschungelbuchs“ auf die Leinwand brachte) ebenfalls recht gut und gelegentlich schimmert sogar ein wenig Humor durch. Der Regiestil ist vergleichsweise modern – verhältnismässig schneller Schnitt, eine für die Herstellungszeit erstaunlich bewegliche Kamera.

Recht lustig (aus heutiger Sicht) sind einige zwischendurch eingeblendete Texttafeln (die „Fuzzy Wuzzys“ hab ich mir nicht ausgedacht. Wer will, mag im Internet nachschlagen, woher der Ausdruck kommt). Leider ist die vorliegende DVD-Version nicht vollständig, sondern entbehrt, wenn ich den recherchierbaren Quellen glauben darf, gut 20 Minuten, schätzungsweise hauptsächlich Handlung; einige etwas fragwürdige Handlungssprünge liessen sich so erklären.

Schauspielerisch brennt wenig an. John Clements, ein hauptamtlich am Theater beschäftigter britischer Akteur, wirkt mir zwar fast ein wenig zu alt für die Rolle (er soll im Film ungefähr 25 sein, war tatsächlich 29, sieht aber aus wie fast 40) und hat mit dem Manko zu kämpfen, dass er über weite Teile des Films, seiner „Tarnung“ sei dank, keine Dialoge hat. Wesentlich aktiver und ohne Hang zu übertriebenen Theatralik ist Ralph Richardson („Dragonslayer“, „Rollerball“, „Doktor Schiwago“, „Exodus“) als John Durrance, Harrys im Filmverlauf mit Blindheit geschlagener vormaliger Freund und Rivale um die Gunst der einzigen Frau im Cast, June Duprez („Der Dieb von Bagdad“, „Zehn kleine Negerlein“ [1945]), die scriptbedingt nicht sehr viel zu tun hat. Die weiteren Rollen werden von ambitionierten Jungschauspielern (von denen keiner großartige Karriere machte) und routinierten Altmimen verkörpert.

Bildqualität: Der von Magic Video verwendete Print aus dem Carlton-Lizenzstamm ist trotz des Greisenalters des Films farbenfroh und durchaus ansehnlich geraten. Minimale Laufstreifen und Defekte lassen sich nicht vermeiden, aber insgesamt ist das Bild überraschend verschmutzungsfrei. Detail- und Kantenschärfe sind auf den ersten Blick in Ordnung, bei genauerem Hinsehen lassen sich aber doch Schwächen ausmachen, vor allem im Kantenschärfebereich. Die Kompression ist leider recht liederlich ausgefallen.

Tonqualität: Magic Video bietet ausschließlich eine deutsche Tonspur in Dolby Mono 2.0 an, die angesichts des Alters des Films qualitativ voll überzeugen kann, interessanterweise aber nicht voll durchsynchronisiert ist (in der entsprechenden Szene, die nur im englischen Dialogton vorliegt, tut sich zwar nichts wirklich relevantes, aber es sollte erwähnt sein).

Extras: Außer für diese Preisklasse Budget-Discs hübsch animierten Menüs gibt’s sogar noch den originalen englischsprachigen Kinotrailer von 1939. Nettes Goodie.

Fazit: „Vier Federn“ ist klassischer Abenteuer-Kriegs-Kintopp aus einer Zeit, in der Männer noch Männer, Frauen noch Frauen und kleine pelzige Viecher vom Alpha Centauri–, äh, sorry, got carried away. Wer verschmerzen kann, dass der Streifen – natürlich der Zeit seiner Entstehung geschuldet – recht antiquierte Moral- und Wertevorstellungen predigt, bekommt solide Genre-Unterhaltung geboten, die auf einem guten handwerklichen und technischen Niveau liegt, sehr schön fotografiert ist und souverän gespielt wird. Sicher kein Film, der modernen Sehgewohnheiten problemlos entgegenkommt, aber eine nette Alternative zu den Kriegs-Abenteuer-Schinken, die im Pantoffelkino regelmäßig in die Nachmittagsprogramme gehievt werden. Wer an seine Budget-DVD keine zu großen technischen Ansprüche stellt, wird mit der Magic/Power Station-Scheibe für’s verlangte Geld auch zufrieden sein.

3/5
(c) 2003 Dr. Acula


mm
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