Varan – Das Monster aus der Urzeit

 
  • Deutscher Titel: Varan - Das Monster aus der Urzeit
  • Original-Titel: Daikaiju Baran
  • Alternative Titel: Varan the Unbelievable | Baran - Monster of the East | The Great Monster Baran |
  • Regie: Ishiro Honda
  • Land: Japan
  • Jahr: 1958
  • Darsteller:

    Kenji (Kôzô Nomura)
    Yuriko (Ayumi Sonoda)
    Horiguchi (Fumito Matsuo)
    Dr. Sugimoto (Koreya Senda)
    Kusama (Akio Kusama)
    Katsumoto (Yoshio Tsuchiya)
    Verteidigungsminister (Minosuke Yamada)
    Dr. Fujimora (Akihiko Hirata)
    Dr. Majima (Fuyuki Murakami)
    Hohepriester im Dorf (Akira Sera)


Vorwort

Abt. Gib Gummi, Mann. (Das ist jetzt einer zum Mitdenken)

Japanische Monsterstreifen sind immer noch stark unterrepräsentiert auf diesen Seiten, das gebe ich gerne offen zu. Weiß gar nicht, woran das liegt, schließlich liebe ich Godzilla wie den Bruder, den ich nie hatte und hab die Showa-Serie praktisch komplett entweder auf VHS oder DVD (bis auf Godzilla´s Revenge, den ich nach einmaliger Sichtung dann doch abgegeben habe…), die supertolle limitierte Astro-Laserdisc-Box der Heisei-Godzillas usw. usf. Liegt vielleicht daran, dass es mir in der Seele weh täte, eine der knuffigen Monsterbalgereien zu verreißen, und das hätte die ein oder andere durchaus verdient, wenn man objektiv wäre.

Naja, was nicht ist, kann ja noch werden. Außerdem besteht der japanische Monsterfilm nicht aus Godzilla allein – der Nr.1-Konkurrent, Riesenschildkröte Gamera, dürfte ja noch den meisten Mitlesern hier ein Begriff sein, aber damit hat sich das kaiju-eiga-Thema noch lange nicht erledigt. In der zweiten oder dritten Reihe steht ein ganzes Rudel eher obskurer Riesenmonster, die von den Filmfabriken Nippons auf Zerstörungstour durch einheimische Großstädte geschickt wurden, und manche davon sind so obskur, dass sie in Deutschland offenbar nie gelaufen sind. Varan the Unbelievable z.B., mit dem wir uns heute beschäftigen wollen (zumindest ist mir kein deutscher Kino-, TV- oder Videoeinsatz bekannt, was aber auch wieder nichts heißen will).

Schon die Entstehungsgeschichte von Varan, dem, wenn ich das mir vorliegende Sekundärmaterial richtig beurteile, vierten Toho-Monsterfilm (nach Godzilla, dem ersten Godzilla-Sequel und Rodan), ist ein Fall für die Kuriositätenabteilung. Auftraggeber des Films war nämlich niemand anderes als eine US-Fernsehsender, der nach dem großen Erfolg der amerikanisierten Version von Godzilla dringlich ein neues Monster Movie zeigen wollte. Bei Toho witterte man (anno 1957) die Chance auf einen schnell verdienten Yen, willigte ein und startete die Produktion als designierten TV-Film (man drehte auch im Standard-TV-Format 4:3 und in schwarz-weiß, obwohl Toho für´s Kino längst den Farbfilm entdeckt hatte). Auf halbem Wege durch die Produktion fiel der Chefetage ein, dass man den Kram, wenn man ihn denn schon dreht, auch im heimischen Kino zeigen könnte und befahl hastig die Umstellung auf Tohoscope (ergo 2.35:1-Breitwand) – schon gedrehtes Material wurde eilig auf das neue Format maskiert. Für die s/w-Breitwand erfand Toho sogar ein eigenes Markenzeichen: „Toho-Panscope“, dass nur bei Varan zum Einsatz kam.

Bis der Streifen in den USA dann tatsächlich veröffentlicht wurde (in einer, wie üblich, überarbeiteten Fassung, in der jede Menge Handlung fehlte, dafür wieder mal Szenen mit US-Darstellern eingeschnitten wurden), dauerte es dann doch noch bis 1962, erzielte keinen nennenswerten Erfolg und fiel der Vergessenheit anheim.

Bis zum DVD-Zeitalter – vor der kleinen Silberscheibe ist nichts sicher, auch nicht ein obskures japanisches Monster. Die Spezialisten von Tokyo Shock, denen wir auch den DVD-Release des hier bereits besprochenen Gappa – The Triphibean Monster (und einige andere hierzulande unbekannte japanischen SF- und Horrorfilme wie Attack of the Mushroom People oder The Mysterians erbarmten sich und veröffentlichten Varan in seiner ungeschnittenen und uneditierten Glorie zur Freude des Publikums. Jedenfalls zu meiner, denn einen raren Monsterfilm verleibe ich doch gern meiner Sammlung ein. Und reviewe ihn dann auch gleich…


Inhalt

Der für weiße Teufel dank ausschließlich japanischer Schriftzeichen eher undechiffrierbare Vorspann spielt sich über ein paar Panoramaaufnahmen einer hübsch bewaldeten See-Landschaft ab, die auf einer für solche Plotten typischen Südseeinsel genauso gut anzusiedeln ist wie in einem vergessenen Hochgebirgstal im Himalaya. Noch keine Hinweise also auf Ort und Zeit der Plotte.

Die liefert uns die nächste Szene aber sofort. Wir dürfen nämlich dem Start einer Modellrakete beiwohnen (soll selbstredend eine echte Weltraumrakete TM sein, aber wir kennen alle das Können japanischer Trickkünstler von anno dunnemals. Will sagen – Italiener hätten die Szene auch zehn Jahre später noch kritiklos als brauchbaren Effekt für einen Eurospy-Trasher hergenommen). Der Raketenstart hat mit unserer Geschichte sowas von überhaupt nichts zu tun, das glaubt man gar nicht (weswegen ich auch nicht völlig ausschließen möchte, dass sie ursprünglich für einen anderen Film entstand und im Zuge der Umorientierung auf einen Kinostart in Japan zwecks Laufzeitstreckung noch angetackert wurde) – ein Erzähler labert irgendwas vom Beginn des Weltraumzeitalters daher, und dass das unendliche Weltall voller Mysterien stecke, wie im übrigen auch die gute alte Mutter Erde, was uns schonend darauf vorbereitet, dass wir es nicht mal mit einem ordentlichen Weltraummonster a la Ghidorah oder Gigan zu tun haben werden. Einen irgendwie gearteten SINN hat, wie gesagt, weder die Raketensequenz an sich als auch der Schwurbel, den uns der Erzähler ans Knie nagelt.

Steigen wir also endlich in die eigentliche Geschichte ein. Professor Sugimoto ist der geistige Führer einer „Biologie-Klasse“ und steht sich als solcher einem dramatischen Problem gegenüber. Ein japanischer Jüngling behauptet, auf heimischem Terrain einen sibirischen Schmetterling gefangen zu haben, was deswegen so sensationell ist, alldieweil der sibirische Flattermann gemeinhin eben nur in der Weite der sibirischen Tundra zu finden ist (was nicht einer gewissen Logik entbehrt). Das fragliche Gebiet ist ein abgelegenes, rückständiges und nicht wirklich gewissenhaft erforschtes Hochtal auf einer der japanischen Hauptinseln, das wegen seiner Unzugänglichkeit und Unerforschtheit salopp „das Tibet von Japan“ genannt wird (gibt´s da auch ´nen Dalai Lama?). Um ein für alle Mal zu ergründen, ob der Amateurschmetterlingsjäger ein böser Lügenbold ist, der Metterschling sich einfach nur verflogen hat oder – gasp – diese Spezies am Ende doch auch in Japan heimisch ist (wen auch immer die Antwort auf diese Fragen auch interessieren mag), befiehlt Sugimoto eine umgehende Expedition.

Die besteht aus zwei seiner Studenten sowie einem Jeep und quält sich über schlechte Straßen in ein primitives Bergdorf namens Iwaya. Jedenfalls vermuten die Studis, dass es sich um Iwaya handelt, die Dorfbevölkerung ist nämlich latent unfreundlich, unkommunikativ und zieht sich bei Sichtung der Stadtmenschen vorsichtshalber in die Sicherheit der jeweiligen eigenen vier Wände zurück. „Sie halten uns für Monster“, scherzt einer der Studis (ich will zumindest hoffen, dass er scherzt… rückständig oder nicht, als Menschen erkennen werden die Iwayas die Studenten ja wohl schon). Im Dorf steht eine dem Gott Baradagi geweihte Stele. Als Biologen sind die Protoakademiker Fachidioten und können mit dem Namen nichts anfangen. Das wird sich noch als persönliches Pech erweisen, schätze ich. Unbekümmert fahren die tapferen Forscher weiter, werden aber ein paar Meter weiter von einem monumentalen RRRUMBBBLE-Geräusch erschreckt. „Ein Erdbeben?“, spekuliert einer unserer (übrigens namenlosen) Teilzeithelden und lässt mich mit dieser Bemerkung unfreundliche Mutmaßungen über das Bildungsniveau japanischer Hochschulen in den fünfziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts anstellen, denn dass zu einem Erdbeben irgendwie integralerweise das, äh, ErdBEBEN an sich gehört, sollte sich auch zu einem Biostudenten rumgesprochen haben. Hier bebt aber nix, höchstens die Stimme der Forscher. „Für Monster ist es zu früh“, juxt Student Numero 2, der scheinbar schon den ein oder anderen kaiju eiga gesehen hat und den Verhaltenskodex der Giant-Monster-Gewerkschaft auswendig kennt. Immerhin eröffnet sich den Studenten der Blick auf den uns aus dem Vorspann bereits bekannten Bergsee, was unsere Meisterforscher tüchtig überrascht – der See ist auf ihrer Karte (vermutlich ´ne Wanderkarte von 1653) nicht eingezeichnet! Außerdem bemerkt einer der Schlaubischlümpfe ein Gas und klassifiziert es als „spezifisches Gas dieser Gegend“ (hä?). Zu allem Überfluss macht auch noch der unverwüstliche Jeep schlapp. Trifft sich aber auch wieder günstig, denn was ist das erste lebende Getier, das unseren Schmetterlingskundlern vor die Glotzbuchten kommt? Nichts anderes als ein quicklebendiges Exemplar des gesuchten Insekts, das sofort netzmäßig eingefangen und auf ein gespicktes Leben nach dem Tod vorbereitet wird. Da hat der Entomologe allerdings die Rechnung ohne den Wirt bzw. die lokale Gottheit gemacht. „SCREEAKROOOAAR“, scheppert´s gar grauslig von der Tonspur, was unsere Helden dazu veranlasst, schnellstmöglich das Weite zu suchen, was dank Autopanne aber zu Fuß erfolgen muss. Und das wiederum besiegelt das Schicksal unserer unbenamten Forscher, denn ein Erdrutsch begräbt sich unter sich…

Das speziell im japanischen Monsterfilm beliebte Stilmittel der Zeitungspresse mit konsequent ins Bild gewirbelten Schlagzeilen vermittelt uns, dass das Ableben der beiden Studis rein nachrichtentechnisch eine richtig große Nummer ist: „WER TÖTETE DIE STUDENTEN?“, fragen sich die Redaktionen, „WAR ES BARADAGI?“ (Wie sich ein Reporter das auf die Schnelle zusammenreimt haben soll, ist auch fraglich. Außerdem – es war ein Erdrutsch. Sowas KANN vorkommen, ohne dass ein Riesenmonster dahintersteckt, was die Frage nach dem „Wer“ eigentlich recht sinnlos macht, rein objektiv-sachlich gesehen). Auch Professor Sugimoto findet die ganze Angelegenheit „puzzling“ (was mich nicht wundert, er ist Bio- und nicht Geologe). Für den mysteriösen Vorfall interessiert sich auch Yuriko, Schwester eines der Dahingeschiedenen. Dass ihr Bruder bei der ganzen Sache draufgegangen ist („zerquetscht wie ein Spielzeug“, wie der Professor leutselig ausführt), ist ihr dabei ersichtlich weniger wichtig als die mögliche journalistische Reputation – sie ist nämlich Reporterin und träumt von einem großen scoop (ganz recht, man muss Prioritäten setzen). Ebenfalls anwesend ist ein gewisser Kenji, der sich in Ermangelung anderer sich aufdrängender Alternativen wohl ersatzweise unsere männliche Hauptrolle übernehmen wird, und, wenn ich mir das richtig zusammenfasele, wohl ein Assistent Sugimotos ist. Sugimoto wundert sich über die örtliche Baradagi-Legende und überlegt, ob dahinter mehr stecken könnte als bloßer Aberglaube des rückständigen Landvolks. Yuriko gelobt, herauszufinden, wer, was und wo Baradgi ist. Kenji hält das für zu gefährlich, speziell für Weibsvolk, aber Yurikos bebrillter Nerd-Fotograf Horiguchi verspricht, Yuriko vor allem Unbill zu beschützen. Verständlicherweise hält Kenji das nicht für eine ausreichende Maßnahme und beschließt, Yuriko und Horiguchi zu begleiten. Off they go!

Japanische Reporter scheinen´s schwer zu haben, denn anstelle mit einer gut ausgerüsteten Expedition im eigenen Wagen in die Provinz zu brettern, müssen Yuriko und ihre Anstandswauwaus einen rumpelig-rustikalen Linienbus benutzen, der sie in die Iwaya nächstgelegene Stadt zockelt (und einer seltsamen Linie angehört… die Tickets werden beim Aussteigen am Zielort kontrolliert. Was machen die mit Schwarzfahrern? Erschießen? Immerhin sind die Leute ggf. auch ohne Fahrkarte da, wo sie hinwollten…). Die Einheimischen halten den Plan unserer Helden, nach Iwaya weiterzureisen, für keine besonders gute Idee und offerieren keinerlei Assistenz – nicht mal ´nen Mietwagen, aber den könnte sich Yuriko bei ihrem Spesenkonto wohl eh nicht leisten -, so dass die Dreierbande die Wanderschuhe auspacken und fußläufig gen Iwaya pilgern muss. Der nervenschwache Horiguchi wird von den Geräuschen des lokalen animal wildlife, auch wenn´s sich nur um Vogelzwitschern handelt (aber mein Gott, vielleicht isses Rodan…) ins Bockshorn gejagt. Die Stimmungslage ist angespannt, man hört sprichwörtlich die Flöhe husten. Und womit? Mit Recht, denn plötzlich materialisert sich eine kleingewachsene Gestalt mit einer gruseligen Tiermaske (die Baradagi darstellen soll, wie man uns noch erklärt, aber nicht wirklich eine echte Ähnlichkeit aufweist) vor unseren Freunden und macht „Buh!“. Da Kenji & Co. aber zur Überraschung des Maskenträgers nicht sofort und auf der Stelle zu Tode erschrocken umfallen, gibt er sich als Kind zu erkennen und teilt auf ein unheilvoll grummelndes „ROOOOARR“ im Hintergrund mit, dass der Roar-Urheber Baradagi sei, von dem sich die Fremden sicherheitshalber nicht sehen lassen sollten, denn „sonst frißt er euch auf!“ Wären Handys und WAP-Shopping schon erfunden, täte Horiguchi sich vermutlich jetzt einen Satz neue Unterhosen ohne Bremsspuren bestellen.

Dafür, dass sein primäres Ziel eigentlich sein sollte, die Fremden zu vertreiben, führt der Kurze sie ohne weitere Verzögerungen direkt zur offiziellen King Kong-Gedächtnis-Eingeborene-beten-einen-Riesengott-an-Szene. Unter dem Vorsitz eines weißhaarigen und langbärtigen Oberpriesters schmeißt sich das Iwaya-Volk, tutti kompletti mit den hübschen Baradagi-Masken bewaffnet, symbolisch vor dem Revier der Gottheit auf die Knie. Der Priesterhäuptling bittet Baradagi um Verzeihung: „Wir wollten deine Privatsphäre nicht stören!“ (! – Gemeint sind vermutlich die geplätteten Schmetterlingsjäger). Mitten in der schönsten Entschuldigungspredigt entdeckt der Priester die unerwünschten Zaungäste – Fremde! Da fallen ihm fast die Barthaare ab. Von Kenjis Mär, die Städter wären Forscher, mag der Zausel nix wissen, und erst recht nicht, als Kenji ihm taktisch geschickt verklickert, dass sie an hirngespinstigen Unfug wie Baradagi sowieso nicht glauben würden. „Blasphemie“, keift der Priester, ist aber wenigstens zivilisiert genug, die Fremden nicht gleich an den nächsten Baumstamm binden und zu Baradagi-Chappi etikettieren zu lassen, sondern belässt es bei einem strengen Platzverweis.

Bevor die Sache näher ausdiskutiert werden kann, ROOOART in der Ferne Baradagi vor sich hin, was einen Köter namens „Chibee“ so verstört, dass er winselnd in die Botanik flüchtet. Gen, sein dreikäsehoher Besitzer, spurtet als aufrechter Hundehalter hinter dem Wauwau her und, wie´s Kinder halt so an sich haben, wenn sie ihre geliebten Haustiere vor Ungemach retten wollen, überwindet dabei mirnix-dirnix die Grenze zum Tabu-Privatgrundstück Baradagis. Wobei man sagen muss, dass für eine ordentliche unpenetrierbare Grenze zum Jagdrevier einer Riesengottheit die hier vorliegende eine ziemlich schlappe ist… die King Kong-Eingeborenen bauten wenigstens noch zwanzig Meter hohe Palisadenzäune, die Iwayas haben´s bei einem nicht mal ´nen Meter hohen Weidezaun mit Gatter belassen (das dürfte weder einen neugierigen Menschen NOCH ein trampelwilliges Monstrum entscheidend aufhalten). Für den Priester ist die Angelegenheit mit Gens Landfriedensbruch beendet und bereitet mental bereits den Gedächtnisgottesdienst vor: „Der Junge ist verdammt!“ Na, dann verflucht, verdammt und Halleluja, auch dem armen Mütterlein des Knaben bleibt nichts anderes übrig, als sich die Augen auszuheulen. Doch nicht mit Kenji, Yuriko und Horiguchi, den heldenhaften Gutmenschen aus der Stadt, denen einheimische Sitten, Gebräuche und Gesetze mit deutlichem Abstand am Rektum vorbeigehen! Ungeachtet der Proteste der Priesterschaft überwinden auch unsere drei Helden die Demarkationslinie. Jenseits der Tabugrenze ist´s neblig-trüb, was unserer Gruppe perfekte Gelegenheit bietet, sich zu verlieren und von allerlei Dies und Das erschrecken zu lassen. Als Horiguchi und Kenji tatsächlich auffällt, dass Yuriko abgängig ist, greifen die Supermänner zu einem ausgeklügelten Plan – sie eilen zurück zur Gebetsstätte, wo die versammelte Dorfschaft noch in allgemeiner Gottesfürchtigkeit vor sich hin schlottert, und versuchen, einen Suchtrupp zu organisieren (hm, was bringt euch auf die Idee, die Einheimischen würden euch helfen, EURE Freundin zu suchen, wenn sie sich nicht mal für einen der Ihren ins verbotene Terrain wagen?). Die Begeisterung ist demzufolge eher überschaubar, zumal der Priesterscheffe ärgerlich herumwütet und Baradagis Zorn prophezeit. Kenji packt die „rationaler-Wissenschaftler“-Keule aus, disqualifiziert des Priesters Rede als abergläubischen Mumpitz und erklärt: „Uns sind hier einige seltsame Phänomene begegnet, aber kein Baradagi!“ (Öhm, zweierlei: Welche seltsamen Phänomene? Nebel? In der Tat sehr seltsam… und zum anderen: Ihr seid grad mal fünf Minuten hier. Darf ein Monstergott sich nicht mal ´nen Moment Zeit lassen?). Schließlich packt Kenji sein Publikum am Kragen der Courage: „Sogar ein kleiner Junge traut sich, seinen Hund zu suchen!“ Ungeachtet der Tatsache, dass ich dies, wenn ein übellauniges Riesenmonster in der Gegend herumstapft, für nicht besonders mutig, dafür aber ziemlich blöde halte, bricht dies das Eis (was genau hat sich seit vor drei Minuten, als die Sachlage genau die gleiche, die Dörfler aber den Jungen problemlos auf die Verlustliste setzen wollten, geändert?) und setzt bei den Einheimischen Denkprozesse in Gang. Als zudem auch noch Chibee, der ursprünglich entlaufene Wuff, mit einer von Yuriko handgepinselten Botschaft um den Hals (die Reporterin von Welt hat immer ihren Notizblock parat), der zu entnehmen ist, dass sie Gen gefunden und mit ihm am See ausharren will, bis der Nebel sich verzogen hat, herbeigaloppiert, bricht die Dorfgemeinschaft abzüglich des griesgrämigen Priesters erstens in heftigen Jubel aus und zweitens zur Bergung der Vermissten in Baradagis heiliges Terrain.

Die glückliche Wiedervereinigung am Ufer des Sees ist überschwänglich, jedoch nur bis zu dem Moment, in dem es im See geheimnisvoll zu blubbern beginnt, als hätte grad ein Bavaria-Tricktechniker ein Alka-Seltzer reingeworfen, um den Start der Orion aufzunehmen. Und schon reckt Baradagi sein hübsches Antlitz ans Tageslicht. Und nicht nur das Antlitz. Mißmutig stapft das genervte Untier auf allen Vieren ans Ufer (der Suit sieht nicht übel aus… eine sehr unregelmäßig, pockennarbig wirkende Hautoberfläche, von Schädel bis Schwanzspitze einen Kamm mit – in der s/w-Fotografie leider nicht wirklich gut so zu erkennenden – transparent-flouriszierenden Zacken, eine grimmige Schnute, insgesamt von Scheitel zur Sohle eine Echse, bis auf die nicht wirklich reptiloide Schnauze) und ist bereit, auf den Putz zu hauen. PANIK, auch bei den ach-so-vernünftigen Städtern! Alles flüchtet, alles rennt, nur der Priester, der´s von Anfang an besser gewußt hat, versucht Baradagi mit ein paar mystischen Armfuchteleien zu besänftigen. Es bleibt beim Versuch, weil Baradagi die Landschaft großzügig umgestaltet und der Priester von herumwirbelnden Erdmassen, Felsen und Bäumen begraben wird. Wenigstens kann er im Gefühl abtreten, es den Stadtmenschen mal * richtig * gezeigt zu haben. Horiguchi erweist sich als Oberdenker: „Es sieht aus wie eine riesige Echse? Was ist es?“ (Hm, wie wäre die Antwort: „Eine riesige Echse!“? Zu offensichtlich, oder?). Kenji lässt mich an seiner biologischen Ausbildung zweifeln und identifiziert Baradagi als einen Waran (bzw. „Varan“ auf Englisch), und die seien schon seit Millionen von Jahren ausgestorben (man schenke Kenji ein Ticket auf die Komodo-Inseln oder wenigstens Douglas Adams´ Buch „Die letzten ihrer Art“. Der kann Kenji sowohl entnehmen, dass die Viecher noch existieren UND dass sie doch ein bissl anders aussehen). „Das müssen wir berichten“, stellt er fest. Dafür muss man allerdings erst mal fliehen, und wie das ohne fahrbaren Untersatz bewerkstelligt wird, täte mich zwar interessieren, wird uns aber nicht gezeigt. Baradagi-cum-Varan (der Film wird von nun an bei der Bezeichnung „Varan“ bleiben) reagiert auf den ungeladenen Besuch in seinem heiligen Bezirk unwirsch und macht aus dem Dorf Iwaya mit Fleiß dekoratives Kleinholz. Nicht gerade eine full-scale-Tokio-Rampage, aber immer wieder nett anzuschauen (und von den Filmemachern auch mehrminütig ausgewalzt. Damals wussten die noch, was wir sehen wollen…).

Offenbar sind Kenji & Co. mit heiler Haut entkommen, denn die Sache macht Schlagzeilen und bereitet Professor Sugimoto weiteres Kopfzerbrechen. Anhand des vorliegenden Beweismaterials klassifiziert er Varan als einen „Varanopoden“ (ach?), und als solcher sollte das Monster eigentlich seit 185 Mio. Jahren maximal als Fossilie und Grundlage für gutes Erdöl existieren. Auf der Grundlage, dass seine Gehülfen entweder Varan-Futter geworden sind oder wenigstens einen kurzen Blick auf das Untier werfen kontnen, ist Sugimoto in den Rang der offiziellen Varan-Konifere, äh, -Koryphäe aufgestiegen und wird daher vom Militär als kompetent erachtet, sachdienliche Hinweise bezüglich der Monsterbekämpfung erteilen zu können. „Lassen sie es nicht in die Städte kommen“, fällt Sugimoto gerade mal ein, aber auf diese Idee kamen die Verteidiger des Vaterlands auch ganz alleine schon (stellt sich die Frage, warum Varan in die Städte kommen sollte. Bislang, von der zivilisierten Welt in Ruhe gelassen, gefiels dem Monster in seinem Bergsee ja gut genug).

Eine militärische Expedition an den See wird ausgerüstet und Sugimoto, der das Vieh nun endlich auch leibhaftig unter die Glotzer nehmen will, ist dabei (dito Kenji, Yuriko und Horiguchi). Ungeachtet der Tatsache, dass die Militärs stolz verkünden, die Gegend weiträumig evakuiert zu haben, kuckt die Bevölkerung von Iwaya in den Ruinen ihres Dorfes nach Überresten des Hausrats und staunt, was da alles so in Richtung Bergsee tuckert – echte Jeeps und Laster, aber auch Heerscharen von Panzerspielzeug- und fahrbaren Raketenwerfer-Modellen. Der großartige Plan des Militärs: man will das Monster mit Chemikalien aus dem See locken und dann alle machen (klingt nach einem soliden Brainstorming). Eine Batterie Pressefotografen wartet auf gute Shots und Horiguchi warnt seine Kollegen vor: „Nehmt das Weitwinkelobjektiv!“ Ich bewundere dieweil weiterhin den Ed-Wood-sanktionierten Mix aus Stock Footage-Aufnahmen und Modelshots für die Militärfahrzeuge.

Und gleich noch mal bringt mich der Film zum Staunen – während die Kanonen aufgestellt werden, begutachtet der Generalstab die Lage auf der Landkarte, auf der der See (wir erinnern uns: „nicht auf der Karte“) deutlich sichtbar und detailliert eingezeichnet ist! (Sugimoto hat seine Helferlein also doch mit veraltetem Material auf die Reise geschickt). Die Chemiegranaten werden abgefeuert und sinken malerisch by means of underwater photography in den Pool auf dem Toho-Produktionsgelände (notdürftig mit einigen Stoffbahnen so gestyled, dass es beinahe schon fast wie „Felsen“ aussieht). Nothing happens in large amounts, was die Kommisköppe nervt – sollte die Chemiekeule nicht nach 20 Minuten wirken? Und sind nicht schon 25 Minuten um (zum Glück nicht in Film-Echtzeit)? Immerhin werden ein paar Fische der nicht monströsen Sorte bäuchlings an die Seeoberfläche gespült. Wenn ihr schon keine Monsterschuppe zu sehen bekommt, könnt ihr euch wenigstens rühmen, das ökologische Gleichgewicht des Sees kaputtgeschlagen zu haben. Ist doch auch was.

Es blubbert wieder im See. Varan entsteigt dem Gewässer, ist ob der Chemiedusche begreiflicherweise quite pissed und bewegt sich auf die panisch davonstiebenden Fotografen zu. „It´s quite a monster“, muss der kommandierende Obergeneral neidlos anerkennen, ehe er den Befehl gibt, mit allem, was das Arsenal hergibt, auf Varan zu ballern. Wie nicht anders zu erwarten, machen Kugeln, Raketen und Granaten auf das Urvieh keinen gesteigerten Eindruck, statt dessen macht Varan, wie auch immer, mächtig Wind (schlägt er mit dem Schwanz so wie der Titanosaurus? No idea, ist einfach so) und pustet einige arglose Zuschauer, z.B. die Fotografen, um. „Ich mache ein Bild aus größerer Entfernung“, hat einer der Pressefuzzis eine potentiell lebensrettende Idee und seine Kollegen halten dies für einen nachahmenswerten Einfall. Auch im improvisierten Feld-HQ der Soldateska stellt man ähnliche Überlegungen an: „Diese Situation ist unmöglich“, befindet der Obergeneral idiosynkratisch und befiehlt sofotigen Rückzug. Aus unerfindlichen Gründen möchte Kenji sich das Naturschauspiel des wütenden Monsters noch etwas länger ansehen. Yuriko, mittlerweile mit Kenji ein Herz und eine Seele, ohne dass wir uns gesteigert mit einer langweiligen Lovestory aufhalten würden (danke dafür), sieht ihren Platz an seiner Seite, doch der Held wehrt ab: „Du wartest da drüben!“ Yuriko weiß, was sich für eine japanische Frau dieser Zeit gehört und trollt sich.

Die Militärmaschinerie wird zurückgezogen – hinsichtlich der Modellpanzer bin ich mir nicht ganz schlüssig: entweder lassen die cleveren Filmemacher den Film des Panzeraufmarsches einfach rückwärts ablaufen oder die Aufziehmotoren der Spielzeuge laufen im Rückwärtsgang genau so schnell wie vorwärts. Varan richtet sich auf die Hinterbeine auf und trabt durch die Landschaft, was sogar den (wie wir wissen, längst evakuierten und deswegen immer noch in ihren Dorfruinen herumstochernden) Iwayas auffällt: „Es ist Baradagi!“ (Ach was!). Da sich Varan als läppisches 30-Meter-Monstrum nicht wirklich mit störender Vegetation wie Bäumen etc. abgeben muss, gibt´s in der Botanik einiges an spontaner Umarrangierung zu verzeichnen. So stürzt ein vom Monster gefällter Baum direkt auf Yuriko! Schock! Nein, die weibliche Hauptrolle wird nicht platt gemacht, aber ihr zartes Füßchen wird unter dem Stamm eingeklemmt. Da darf man dann schon mal beherzt um Hülfe und nach Kenji kreischen.

Berufsoptimist Sugimoto ist nach der Vorführung bereits voll im Bilde: „Varan ist unzerstörbar. Wir haben nichts, das ihn aufhalten könnte!“ Dann könnten wir ja alle nach Hause gehen, oder? Nein, für den General ist diese Diagnose nur der Anlass, schwerere Geschütze aufzufahren: „Wir müssen wohl etwas drastisches einsetzen!“ (Was nur, wenn nach Sugimotos Analyse nichts hilft? Und was war das bisher? Silvesterfeuerwerk?). Kenji fällt auf, dass sein Augenstern Yuriko ein auffälliges Luftloch bildet und stürzt sich zurück ins Getümmel. Keine Sekunde zu früh, denn Varan, ersichtlich ein Handballer, da Kreisläufer (hehe, wieder einer zum Mitdenken), nähert sich (erneut) Yurikos unglückseliger Position. Die Gute ist mittlerweile auch halbohnmächtig und bekommt nur am Rande mit, wie Testosteron-Monster Kenji eigenhändig und mutterseelenallen den schweren Baumstamm hochwuchtet und sie aus ihrer mißlichen Lage befreit, wobei er sie in Übereinstimmung mit sämtlichen Erste-Hilfe-Kursen der Welt so wild herumschüttelt, dass sie, wenn sie bis jetzt keine inneren Verletzungen hatte, nun welche aufweisen sollte. Für unseren Film hingegen ist sie erst mal gerettet. Aber auch nur erstmal, denn da ist ja noch Varan. Der hat mittlerweile einen von der Armee achtlos zurückgelassenen Raketenwerfer umgeworfen und durch die daraus resultierende Explosion einen hübschen Waldbrand ausgelöst (das kommt davon, wenn man beim Rückzug alles mögliche liegen lässt). Kenji und Yuriko flüchten sich in eine Höhle, deren Zugang für Varan um einiges zu klein ist, so dass Kenji dem Untier theoretisch ´ne lange Nase drehen und „du kommst hier net rein“ zurufen könnte. Könnte, hätte ein Monster von Varans Ausmaßen nicht Mittel und Wege, das, was nicht passt, passend zu machen. Sugimoto und die Militärs sind dieweil auf der Suche nach Kenji und Yuriko und werden fündig – Varan schaufelt sich gerade den Höhleneingang etwas breiter. Ein Ablenkungsmanöver muss her, und der Professor hat auch schon die zündende Idee – Leuchtkugeln! Denn, so doziert unser Biologe, und er muss es wissen, auch Varan ist nur ein Tier und ALLE Tiere reagieren empfindlich auf Licht (Maulwürfe auch?). Wieder was gelernt. Und da sag einer, japanische Monsterfilme bilden nicht. Der Plan wird jedenfalls sofort in die Tat umgesetzt – Leuchtraketen werden abgeschossen und tatsächlich trottet die stupide Riesenechse treudoof-fasziniert den bunten Lichtern hinterher, so dass Kenji und Yuriko aus der Höhle fliehen können.

Aber Varan hat noch ein As im Gummiärmel. Das Monster erklimmt einen Hügel, stellt sich aufrecht hin, breitet die Vorderbeine bzw. Arme aus und offenbart – Flughäute, die von den Vorder- bis zu den Hinterbeinen reichen und aus dem Waran eine Kreuzung aus Fledermaus, Flughörnchen und Echse konstruieren. Varan stürzt sich ins luftige Element und gleitet, ohne „Flügelschlagen“, offenbar einzig auf der Thermik, dahin, nicht ohne dabei den Sound eines Düsenjägers von sich zu geben und hinwegzubrausen. Armee und Wissenschaftlerbrigade kann dem davonzoomenden Monster nur dümmlich hinterherkucken.

Fazit der Operation: Ein voller Erfolg – aus einem friedlich in seinem Bergsee lebenden Monster, das nur unleidlich wurde, wenn ihm jemand zu nahe auf die Pelle rückt, ist nun eine unberechenbare nationale Gefahr geworden, die unkalkulierbar überall zuschlagen kann. A job well done.

Die Folge ist allgemeine Mobilmachung von Armee, Luftwaffe und Marine, oder, anders gesprochen, ein fröhliches Defilée all dessen, was die Archive an militärischer Stock Footage für eine dramatische Montage hergeben. Im Verteidigungsministerium ist eine Krisensitzung anberaumt, bei der Sugimoto seinen „nix hilft“-Standpunkt erneut darlegen kann. Ein jungdynamischer Wissenschaftlerkollege namens Fujimora wagt es, Widerspruch einzulegen: „Wir haben Waffen, die Stahl durchdringen können. Varans Haut kann nicht dicker sein!“ (Und womit habt ihr bisher auf Varan geschossen? Anti-Styropor-Geschosse?). Der Professor bleibt skeptisch – nix genaues weiß man nicht über Varan, alles ist möglich. Fujimora bleibt beharrlich – Varans Haut ist erwiesenermaßen flexibel, sonst könnt das Vieh sich nicht rühren, ergo kann sie nicht so hart wie Stahl sein. Sugimotos Assi Majima gibt zu bedenken, dass gerade die Flexibilität der Varanhaut das Geheimnis ihrer Undurchdringlichkeit sein könnte (und diese Menschen erhalten Steuergelder zum Verbraten? Weia).

Das Stock-Footage-Archiv wird erneut bemüht, um die Alarmlage zu verdeutlichen, dann schalten wir um aufs offene Meer, wo ein paar Fischer in ihrer Nussschale sich heftig wundern, warum nichts, aber auch gar nichts anbeißen will. Als staatlich geprüfter Monsterfilmexperten wissen wir natürlich, dass die Fischersleut gleich erheblich mehr an Sushi im Urzustand erhalten werden, als sie sich jemals haben träumen lassen, denn da ist er schon, Varan, der Unglaubliche, obwohl Süßwasserbewohner auch mit dem salzigen Meer auf du und du. Varan hat´s eilig und kann daher nicht auf alles und jeden, was auf seinem Kurs liegt, Rücksicht nehmen und zerdeppert das Fischerboot volle Kanne, mit schätzungsweise fatalem Ausgang für die Fischer. Wenn ihnen denn ein Trost ist – wenigstens ist Varan jetzt lokalisiert (auch wenn ich nicht wirklich weiß, warum. Oder steht 1957 jedes Drei-Mann-Boot unter permanenter Satellitenüberwachung?) und die Stock-Footage- und Spielzeugmodell-Jet-Abteilung kann endlich angreifen (wobei es schon nervt, dass die selben Stock-Footage-Aufnahmen immer und immer wieder verwendet werden). Das Oberkommando befiehlt den Einsatz von „Raketenbomben“ (was immer das auch sein mag. Frühe Marschflugkörper?), was aus Sicht von Komponistenlegende Ifukube den Einsatz eines fröhlich-scheppernden Militärmarsches rechtfertigt. Raketenbomben oder nicht, Varan kann man damit nicht sonderlich imponieren. Die Piloten der Bomber vollführen physikalisch unmögliche Manöver (zumindest meine Ansicht nach), was daran liegt, dass die Stock-Footage- und Modellaufnahmen allein von der Geschwindigkeit der Flugzeuge überhaupt nicht zusammenpassen (in der Stock Footage pfeilen die Maschinen mit Full Speed, in den Modellaufnahmen könnte ein fußkranker Pinguin die Flieger überholen. Auf´m Eis. Bergauf). Bekanntlich gibt´s in monsterbekämpfenden Fliegerstaffeln immer mindestens einen Idioten, der so tief, nah und langsam am Monster vorbeifliegen muss, dass es den Vogel mit einem laschen Prankenhieb zerbröseln kann. War vermutlich ein Kamikaze, der im WK Zwo nicht mehr zum Zug kam.

Der Verteidigungsminister ist schockiert: „Varan greift uns an, wo wir ihn am wenigsten erwarten!“ (Hä? Wer greift hier wen an?). Jetzt muss es die Marine richten. Varan versteckt sich aber gemeinerweise unter Wasser hinter einem Felsen (!). Allerdings sind halt doch 185 Millionen Jahre technischer Entwicklung an Varan vorbeigegangen, so z.B. die Entwicklung des Sonars (wie auch immer das Varan orten sollte, wenn er heimlich, still und leise hinter dem Felsen hockt). Varan ahoi! „Verdammt“, blökt der Verteidigungsminister, „Varan greift uns schon wieder an!“ (Hallo??? Das Vieh hockt auf dem Meeresgrund und macht momenten GAR NIX!). Die Flotte greift mit allem an, was sie hat, und hat damit den gleichen Erfolg wie zuvor die Luftwaffe, nämlich gar keinen. Varan schwimmt unbeeindruckt Richtung … Tokio! Schock!

Damit wir nicht vergessen, dass Yuriko auch noch mitspielt, versucht sie (augenscheinlich vergeblich) den Redaktionshubschrauber zu chartern. Varan versenkt währenddessen ein Kriegsschiff, indem er eine Welle macht. Kein Wunder, dass die Japaner den Pazifikkrieg verloren haben.

Fujimora packt indes Geheimwaffe Nr. 4712zwodrittel aus. Wasserbomben (!) sollen Varan erledigen (das Vieh ist doch kein U-Boot…). Okay, sein Klein-Mäxchen-Plan hat zwei Phasen – mit Wasserbomben will man Varan in die Enge treiben und dann mit einem Netz fangen (!?!?), „genauso wie wie früher Minen geräumt haben!“ (?? Wovon redet der Kerl?). Das Vorhaben wird offenbar für blöde genug gehalten, dass es funktionieren könnte, und umgesetzt. Logenplätze haben dabei Kenji, Yuriko und Horiguchi, die sich das von einem der beteiligten Kriegsschiffe aus ansehen dürfen. Die Wasserbomben werden abgefeuert und stören Varan, wie zu erwarten, nicht wirklich. Der eigentliche Clou an Fujimoras Plan liegt aber darin, dass während Varan verwirrt die um ihn rum puffenden Bomben anstiert, ein paar Kriegsschiffe mit daran befestigtem Netz Kreisel um ihn fahren (und sich dabei beinahe gegenseitig rammen… so´n Modellschiff zu steuern will gelernt sein). Auch das stellt sich mir jetzt nicht unbedingt als ein idiotensicherer Plan zur Monsterbekämpfung vor (warum sollte Varibaby das Netz nicht einfach zerfetzen?), aber da gibt´s noch ein Gimmick. Das Netz ist mit zahlreichen Bomben versehen und wird, sobald um Varan zusammengezogen, in die Luft gejagt (was an „wir haben nichts, um ihn zu zerstören“ ist eigentlich so unverständlich?“). In einem Anfall unangebrachten Optimismusses (äh, Genitiv? Optimismus? Mir doch egal) meldet einer der Militärstrategen einen „direkten Treffer“ (ähm, Varan ist ja, da ins Netz gewickelt, kaum zu verfehlen). Direkt oder nicht, Varan geht´s rein gesundheitlich immer noch prächtig – er ist bestenfalls quite pissed (jetzt aber auch nicht so pissed, dass er vielleicht aus Spaß ein Schiff versenken würde).

Der Krisenstab der Japaner tagt weiterhin in Pirmasens, äh, Permanenz (ich grab heut mal wieder meine ältesten Kalauer aus). Der ein oder andere Possenreißer scheint aber auch dort am Start zu sein, denn für die Taktik-Karte hat man tatsächlich ein Tabletop-Monstermodell aufgetrieben, das man dort Varans Fortschritt entsprechend herumrutscht. Most droll. Jedenfalls muss Tokio evakuert werden, was uns ein weiteres Kapitel aus der beliebten Sendereihe „Japaner tun so, als würden sie panisch mit notdürfigstem Hausrat durch die Straßen rennen“. Statistisch gesehen muss eigentlich jeder Japaner mindestens zweimal bei einer solchen Szene mitgewirkt haben.

Es ist mal wieder an Fujimora, eine töfte Idee zu haben. Er hat nämlich einen Supersprengstoff entwickelt, der 20 mal stärker ist als Dynamit (das haut mich jetzt nicht so vom Sockel wie die Drehbuchstrategen das vielleicht gedacht hatten), ursprünglich gedacht für den Bereich der Dammkonstruktion (eher -destruktion, odda? Hähä) und mit einem entscheidenden Nachteil versehen. Zur optimalen Sprengwirkung muss der Kram ins Innere des gewünschten allezumachenden Felsens verfrachtet werden, von außen angewendet ist der Wunderknallfrosch nur ´n besserer Chinaböller. Umgerechnet auf die akute Situation bedeutet dass, dass man den Zunder irgendwie in Varan hineinbekommen müsste, blöderweise hat niemand eine Idee, wie man das bewerkstelligen könnte (´nen saftigen Köder möglicherweise, vielleicht Yuriko? Harhar). Obwohl Fujimora gerade lang und breit versichert hat, dass externe Anwendung relativ sinnlos, weil ohne Wirkung ist, verfällt der Verteidigungsminister auf den grandiosen Gedanken, dass man halt dann entsprechend mehr Sprengstoff zünden muss („wenn wir genug nehmen, wird´s schon wirken“. Uffza), um Varan zu plätten (klar, weil Fujimora von seinem Experimentalsprengstoff sicher die ein oder andere Megatonne rumstehen hat). Und weil Varan sich auf einen Flughafen zubewegt, ist diese Vorgehensweise rasch beschlossen und verkündet.

Noch ist Varan aber nicht an Land, paddelt vielmehr noch durch die Bucht von Tokio und wird von Kriegsschiffen beschossen (wann begreift ihr eigentlich, dass das nix bringt, außer das Monster echt stinkesauer zu machen?). Die Spielzeugarmee zieht sich zurück, dieweil der Krisenstab sein Hauptquartier im Tower des Flughafens aufgeschlagen hat (sehr sinnig, dann seid ihr wenigstens gleich hin, wenn Varan böse wird). „Die Bombe müsste jeden Moment da sein“, verkündet Fujimora (just-in-time-Fertigung, ist ja wie im BMW-Werk) und tatsächlich wird der Sprengstoff gerade angeliefert. Nach der herzlichen Begrüßung („thanks for coming“, meint Kenji gut aufgelegt) verweigern die Fahrer, offensichtlich entweder privatwirtschaftlich organisierte Lohnabhängige oder Soldaten mit einem Hang zu Kriegsgerichtsprozessen, aber entschieden, ihren Laster bis direkt ans Ufer zu fahren („that´s way beyond our call of duty“). Da sich der Lkw aber beim besten Willen nicht selbst zum Monster fahren wird und man sich andererseits auch nicht drauf verlassen kann, dass Varan zufällig in die passende Richtung trabt, darf Kenji seine Heldengene entdecken, sich hinters Steuer klemmen und gen Strand brausen. Während Varan sich mühselig aus´m Wasser schwingt, parkt Kenji den Laster und nimmt die Beine in die Hand. Wieso kommt mir jetzt der alte Herman-van-Veen-Chanson mit der Refrainzeile „wir müssen rennen, laufen, springen, hinfallen und gleich wieder aufstehen“ in den Sinn? Sei´s drum, Kenji erreicht trotz Sturzeinlage mit Müh und Not die vermeintliche Sicherheit seiner Kameraden, Varan wuchtet sich wie gewünscht über den Laster und Fujimora drückt auf den Zündknopf. Bada-da-BOOM!

Bange Blicke werden ausgetauscht – hat Fujimoras Wunderknaller den gewünschten Effekt? Es scheint so – Varan schwankt und fällt um! „Wir haben´s geschafft“, jubelt die Menge. Doch weit gefehlt… Varan rappelt sich, etwas mühselig, zugegeben, wieder auf und ist jetzt endlich und endgültig sauer. Verschreckt wird das Armee-HQ in die „nördliche Ecke“ des Flugfeldes zurückgezogen, dieweil das Monster Flughafengebäude und leichtsinnigerweise dort hreumstehende Flugzeuge (räumt ihr den Krempel nicht weg, wenn ihr wisst, dass ein Monster vorbeischaut?) in handliche Kleinteile zerraspelt. Kenji schlägt weitere Angriffe vor, aber Sugimoto hat´s ENDLICH geschnallt (wenigstens einer): „Wenn wir ihn ´schockieren´, verärgern wir ihn nur!“ (Was predige ich seit Stunden?). „Dann ist Tokio zum Untergang verurteilt“, düstert Kenji (irgendwas ist halt immer).

Die Luftwaffe beballert das arme Monster aber immer noch – Varan ist sichtlich nicht mehr in allerbester Topform und möchte in Deckung kriechen, macht dabei aber alles, was er eventuell als solche verwenden könnte, kaputt (welch Ungeschick!) und kassiert einen schmerzhaften direkten Kopftreffer. Außerdem irritieren ihn die abgeschossenen Leuchtkugeln, was Sugimoto nicht entgeht und ihm eine Erleuchtung (dafür sind die Dinger ja auch schließlich da) verpasst. Man will doch den Superzündi in Varan reinbringen? Nichts einfacher als das – man hänge den Sprengstoff einfach an Leuchtkugeln, die man an Fallschirmen abwirft. Sugimoto hat nämlich bemerkt, dass Varan (ich erwähnte es – ein stupides Monster!) die Leuchtkugeln FRISST („schon damals am See“, behauptet Sugimoto ohne rot zu werden, obwohl man uns erst jetzt, NACH seiner diesbezüglichen Ausführungen, einen puppet shot zeigt, in dem Varan eine der Leuchtkugeln tatsächlich mampft).

Weil niemandem sonst etwas dümmeres einfällt, wird die Idee für praktikabel befunden und angepackt. Fujimora bastelt aus seinem Supersprengstoff eine Zeitbombe oder drei, ein Hubschrauber steigt auf und wirft die Pakete ab.

Es funktioniert – Varan schnappt nach den Leuchtkugeln (die praktischerweise aber auch alle direkt in sein Maul fliegen, ohne dass das Biest sich großartig bewegen muss. Günstige Winde, offenbar) und betrachtet auch die daran hängenden Bombenpakete als nicht unverdaulich. BOOOOM, die nächste. Da bekommt Sodbrennen eine völlig neue Bedeutung. Natürlich zerreißt es Varan nicht in tausende Fetzen, wie man es angesichts der behaupteten Zerstörungskraft des Sprengstoffs vielleicht vermuten möchte, aber dem armen Monster steigt der Qualm aus allen Körperöffnungen (zumindest aus den ziemlichen. Für die unziemlichen schlage man nach bei Yongary) und ganz possierlich finde ich, dass ihm immer noch der Fallschirm eines der magenkrampferzeugenden Gutzis aus´m Maul hängt. Varan demoliert noch schnell ein paar bislang weitgehend unbeschädigte Gebäude und schleppt sich dann ins Meer. „Eine Bombe ist noch nicht explodiert“, weiß Fujimora. Varan taucht ab – ein heftiger Sprudel deutet die nächste Explosion an und eine völlig unpassend darangeschraubte Explosionswolke (wenigstens auch auf´m Meer) macht klar – jetzt hat´s Varan endgültig zerrissen (wieso die letzte Explosion aber so viel stärker war als die vorhergehenden, erklärt uns auch keiner). Unsere primären Protagonisten starren traurig aufs Meer hinaus – Horiguchi kann sich ein Tränchen nicht verkneifen (ach, die bittersüssen Monsterfilmenden auch immer) und der Erzähler unterbreitet das Wort zum Sonntag: „Varan verschwand in den Schleiern der Geheimnisse“ (woah, Hedwig Courths-Mahler!), aber „die Menschheit hat einmal mehr gesiegt!“ Da freuen wir uns doch!

Soweit also ein relativ unbekannter japanischer Monsterstreifen aus den Frühzeiten des kaiju-eiga-Genres.

Ohne despektierlich klingen zu wollen – man merkt, dass die Herstellung des Films für die Macher nicht unbedingt eine Herzblutangelegenheit war, sondern eine schlichte Auftragsarbeit, die man professionell, aber vergleichsweise „uninspiriert“ erledigte. Was nicht unbedingt das allerschlechteste sein muss, was einem als Zuschauer als japanischer Monsterfilm widerfahren konnte, denn damit einher geht die Reduktion des Films auf das wesentliche – nämlich auf das „giant monster“.

Jepp, es ist ziemlich entspannend, wenn man einen kaiju-Film vorgesetzt bekommt, der – endlich einmal – auf sämtliche human-interest-Subplots ebenso pfeift wie auf mythologische Fantasy- oder SF-Elemente und all den Firlefanz, den speziell die Godzilla-Reihe in der Folgezeit betrieb. Man kann sicherlich trefflich darüber streiten, ob man singende Winzlings-Schwestern wie die Cosmos, versteinernde Ungeheuer wie King Seesar, antike Zivilisationen, invasionslüsterne Außerirdische oder, wie im Fall des von mir besonders nicht gemochten Ebirah nie wirklich geklärte Gangsterplotten einbaute, um die aufwendigen Effektsequenzen auf ein unbedingt nötiges Mindestmaß beschränken zu können. Natürlich sind alle diese späteren storytechnischen Klimmzüge dem Umstand geschuldet, dass ein „straighter“ Monsterfilm ohne diesen Tinnef nicht viel Abwechslung bieten kann und ebenso klar ist, dass die naiven Albernheiten der Showa-Godzillas in geeigneter Stimmung enorm zum Unterhaltungswert dieser Heuler beiträgt, aber diese trugen eben auch, und das darf man als kaiju-Fan nicht ganz außer Acht lassen, dass Filmvertriebe aller Länder dazu übergingen, die durchaus mal als ernsthafte Schocker gedachten Monsterfilme als Kinderprogramm zu betrachten und dementsprechend zu vermarkten, und daran laboriert, speziell in den USA, das Genre heute noch (vgl. im Review zu Godzilla 2000 die Bemerkungen zum Audiokommentar).

Varan stammt aus der Frühzeit des Monsterkinos und mithin aus einer Zeit, als Monster noch MONSTER waren und diese Filme nicht (ausschließlich) deswegen gedreht wurden, um Kindern und Jugendlichen in aller Welt im Sonntagvormittags-Matinee-Kino die Zeit zu vertreiben. Viel konsequenter als der etwas ältere Rodan entfernt Varan bzw. sein Scriptwriter Sechizawa, der für einen ganzen Eimer klassischer Monsterkintopp-Kracher verantwortlich ist, alles aus der Handlung, was nicht zwingend erforderlich ist – in Varan geht es ausschließlich um die Entdeckung des Monsters und die Versuche, es umgehend wieder in den Orkus zu blasen. Charaktere, noch dazu solche, die sich eventuell entwickeln könnten? Fehlanzeige. Sämtliche menschliche Figuren des Films sind formelhafte Gesellen aus dem Genrebaukasten, die mit ein-zwei „informed attributes“ vorgestellt werden und ihre so etablierte Rollengestalt in keiner Sekunden verlassen, entwickeln oder verändern. Sie sind nur da, weil es halt notgedrungen ein paar Menschen geben muss, die hin und wieder ein paar erklärende Zeilen murmeln. Diese Dialoge wird keiner mit Shakespeare-Prosa verwechseln können, da ist nichts gehaltvolles dabei, das ist schlicht die allernotwendigste Exposition und ein paar Platitüden auf Allgemeinplatz-Niveau, weil die Charaktere gelegentlich auch mal was nicht monsterbezogenes sagen müssen. Ein paar der Sprüche sind recht erheiternd (zumindest in der englischen Übersetzung) – besonders der General, der angesichts der ersten vernichtenden Niederlage gegen Varan zum Schluss kommt, die Situation sei „unmöglich“ oder, nachdem Sugimoto ihm bestellt, dass gegen Varan kein Kraut, dass die japanische Armee im Schrank hat, gewachsen ist, auf die Idee verfällt, etwas „drastisches“ einzusetzen.

Auffällig ist, wo wir gerade bei „drastisch“ sind, was durchaus dem Umstand zu verdanken sein mag, dass Amerikaner die Auftraggeber des Films waren, dass Varan zu keiner Sekunde auf die Atombombe Bezug nimmt. Im Gegensatz zu Godzilla, der personifizierten Bedrohung durch die Kernkraft, ist Varan, das Monster, einfach nur da – es hat ohne weitere Erklärung die 185 Millionen Jahre seit dem offiziellen Aussterben seiner Spezies überlebt, es muss nicht durch einen externen Auslöser „aufgeweckt“ werden, es war einfach schon immer da (ganz abgesehen davon, dass das Vieh die Menschen ja in Ruhe lassen würde, täten die´s nicht dauernd piesacken, was aber vom Plot völlig vernachlässigt wird), wobei sich Sechizawa hier heftig vom Setup des Szenarios her bei King Kong bedient, die „Südseeinsel“ einfach nur aufs japanische Festland verlegt und ansonsten auch hier „Eingeborene“ bedient, die das Monster als für sie höchst reale Gottheit verehren (dafür ist der Aufhänger der ursprünglichen Expedition, die Suche nach dem mysteriöserweise in Japan aufgetauchten Russenschmetterling, schon sehr dämlich, aber dadurch konnte man von Anfang an Biologen in die Handlung integrieren, so dass mit Sugimoto wenigstens EIN durchgängiger Charakter zu verzeichnen ist, während der Rest der Belegschaft ja erst im weiteren Filmverlauf, wenn er denn halt benötigt wird, auftaucht).

Durch den Verzicht auf jeglichen Ballast gewinnt Varan ein recht hohes Tempo – auch wenn es die obligate halbe Stunde dauert, bis wir das Monster zum ersten Mal sehen, bekommen wir vorher, durch die Expedition von Sugimotos unglückseligen Studenten, einen recht kompetenten Teaser – ohne das Monster zeigen zu müssen, demonstriert uns Ishirô Honda, der Großmeister des kaiju eiga, seine Bedrohlichkeit und seine Macht, auch das ein deutliches Indiz dafür, dass Varan mit den eher unbeholfenen Mitteln des kaiju-Films bemüht war, sein Publikum zu erschrecken und nicht nur zu amüsieren, wie überhaupt Varan, wenn man nur spätere bunte Godzilla-Abenteuer gewohnt ist, überraschenderweise verhältnismäßig „brutal“ ist. Brutal steht bewusst in Anführungszeichen – selbstredend ist Varan kein Splatter- oder auch nur Horrorfilm. Jedoch muss man Varan diesbezüglich mit anderen japanischen Monsterfilmen vergleichen, und dort ist der Tod zwar auch ein allgegenwärtiger Begleiter, jedoch zumeist ein anonymer und einer, der sich in der Totalen abspielt, wenn das Monster der Woche halt grad wieder ein Hochhaus atomisiert. In Varan wird beinahe on-screen gestorben (die Kamera zieht sich in letzter Sekunde zurück) – das betrifft die beiden Studenten, den Oberpriester des Baradagi-Kults und die drei Fischersleute auf hoher See. Allen gemeinsam ist, dass es sich für uns, den Zuschauer, nicht um irgendwelche anonymen Opfer handelt, sondern wir alle bereits durch Dialoge kennengelernt haben (bei den Fischern zwar erst unmittelbar zuvor, aber immerhin).

Selbstverständlich bekommen die Toho-Leute es hin, in einen Film mit absolut geradliniger Story einige Blödsinnigkeiten einzubauen – seien es Charaktere, die verflucht noch mal nicht kapieren, was abgeht (die Militärs, die jegliches „wir haben nix, was funktioniert“ mit einem schlichten „müssen wir halt was stärkeres/mehr davon einsetzen“ z.B.) und daraus resultierende Situationen (wie eben der hanebüchene Plan, Varan unter Wasser mit Netz und Wasserbomben zu besiegen), oder absolut ernsthaft dahergesagte offensichtliche Unwahrheiten („Varan hat uns schon WIEDER angegriffen“, wo das arme Vieh doch nichts tut außer harmlos umherschwimmen und Kugeln zu fangen). Das erwartet das Publikum aber auch… Dass nicht alles erklärt wird (wie verursacht Varan Wind und Wellen? Was hat es mit dem geheimnisvollen Gas auf sich, das zu Beginn als ein Zeichen von Varans baldigem Erscheinen aufgebaut wird?), ist bei einer Plotte wie dieser sicher verzeihlich.

Auftragsarbeit hin oder her, Toho beschäftigte sein Top-Personal. Ishirô Honda als Regisseur, Eiji Tsubaraya als Special-Effects-Director, Hajime Koizumi, der noch am Anfang seiner Karriere stand, aber viele der farbenprächtigen Showa-Godzillas und sonstigen Toho-Monster fotografieren sollte, als Kameramann, Akira Ifukube als Komponist, das war fraglos das beste, was Toho für ein giant monster movie mobilisieren konnte. Das zahlt sich fraglos aus. Honda treibt die Geschichte, wie schon gesagt, flott voran, ohne sich an Nebenkriegsschauplätzen aufzuhalten, Tsubarayas Tricktüftler liefern angemessene Effektarbeit (im Genrekontext), wobei Koizumis schwarz-weiß-Fotografie den Modelltricks nicht schlecht zu Gesicht steht. Wenn Varan Häuser plättet, sieht das für die zur Verfügung stehende Technik nicht schlecht aus (das alte Manko, dass Modellautos, -flugzeuge und -schiffe mühelos als solche zu enttarnen sind, wird aber selbstredend auch hier nicht vermieden). Richtig peinlich wirken eigentlich nur die Unterwasseraufnahmen, die ihre Pool-Herkunft trotz aller dekorativen Kniffe nicht verhehlen können, und, klar, wenn Varan fliegt, kann man natürlich, wenn man genau hinkuckt, die Drähte erkennen – so friggin´ what? Ifukube sorgt für die stimmungsvolle musikalische Untermalung, auch wenn ihm beim zentralen Marsch-Thema, das fraglos als counterpiece zum weltberühmten Godzilla-March gedacht war, die Pferde doch etwas durchgingen – das klingt zu fröhlich, zu beschwingt, um die Monster-Rampage- und Gefechtsszenen zusätzlich zu dramatisieren.

Ein wenig störend wirkt die leichte „Zerrissenheit“ der Fotografie aufgrund des mitten in der Produktion betriebenen Formatwechsels. Varan als vierbeiniges Monster ist wie geschaffen für Widescreen-Fotografie und sofern entsprechende Szenen auch in Widescreen gedreht wurden, ist die Bildkomposition hochnotanständig. Die im Standardformat gedrehten Szenen, die erst nachträglich durch schwarze Balken auf Widescreen umgestaltet wurden, können von solcher Komposition natürlich nur träumen. Die Folge: als aufmerksamer Betrachter merkt man durchaus, welche Szenen in 1.33:1 und welche in 2.35:1 gedreht wurden.

Eins darf man nicht verhehlen – auch wenn Varan ein Monsterfilm mit recht viel Monster, was die Screentime der Titelkreatur angeht, ist, so fehlt ein wenig das Salz in der Suppe jedes kaijus – eine Klopperei zwischen zwei Monstern, ersatzweise großflächige City-Verwüstung. Man kann des Fehlen des Einen mit einem Hochschrauben des Anderen kompensieren, bei Varan hat man allerdings, wohl aus Budget-Gründen, die großen Destruktionsorgien beiseite gelassen. Varan verwüstet zwar das Iwaya-Dorf und den Flughafen, aber ich hätte es schon gern gesehen, wenn das Riesenflugechsenhörnchen einen ausgedehten Streifzug durch Tokio unternommen hätte – vielleicht wollte Honda aber auch sein Godzilla-Format nicht zu sehr kopieren (oder den Amis den Gefallen nicht tun).

Das Creature Design ist passabel – der Suit, wie schon im obigen Text geschrieben, ziemlich agressiv wirkend, wenn auch im aufgerichteten Zustand sehr an Godzilla erinnernd (es ist halt auch eine Echse, auch wenn man die Schnauze etwas zurückgenommen hat), dafür sorgen allein schon Kamm und langer Schwanz. Dafür ist der Suit sehr detailfreudig, wenngleich nicht jedes Detail im s/w-Verfahren rüberkommt (da denke ich eben an die transparent-selbstleuchtenden Zacken des Kamms), dafür aber ein eher schwierig zu manöveriender, speziell im „Vierbein-Modus“ – dem armen Stuntman blieb nichts andres übrig, als auf den Knien zu laufen, was logischerweise dann auch auf das Varan-Monster zutrifft. Honda und sein Kameramann versuchten das so gut es geht durch mit Bedacht gewählte Kamerawinkel zu kaschieren, was nicht immer funktioniert. Auf alle Fälle ist Varan ein sehr flexibles Monster – es bewegt sich auf zwei und vier Beinen fort, schwimmt und kann fliegen (von letzterer Fähigkeit, die effekttechisch einigermaßen anständig gelöst wird, wird aber nur in einer Szene Gebrauch gemacht), das durchaus einen veritablen Gegner für Godzilla abgegeben hätte.

Von den Darstellern sind keine Glanzleistungen zu erwarten – wie auch, sie haben kaum etwas anderes zu tun, als mit panischem Gesichtsausdruck auf das Monster zu stieren und gelegentlich mal eine unheilsschwangere Line zu rezitieren. Kôzô Namura (Kenji) feierte hier gleich mit einer Hauptrolle sein Screendebüt, kam aber in der Folgezeit über kleine Rollen in anderen kaijus oder sonstigen Nippon-SF-Filmen nicht hinaus – zu sehen ist er u.a. in Ghidorah – The Three Headed Monster, den beiden Frankenstein-Filmen, The Human Vapor oder Gorath. Ayumi Sonoda (lebendes Beispiel dafür, dass Japanerinnen nicht per se schnucklig-cute sind) debütierte als Opfer des H-Man und verschwand flott wieder in der Versenkung. „Horiguchi“ Fumito Matsuo debütierte in einem Propagandafilm über die Schlacht von Pearl Harbor, tauchte nach dem Krieg in der Master Swordsman-Serie auf und absolviert als sort-of-comic-relief (aber relativ un-annoying) seinen einzigen kaiju-Auftritt. Koreya Senda (Sugimoto) spielte in The H-Man und Battle in Outer Space und beendete seine Karriere 1970 mit einem Auftritt in Tora! Tora! Tora!. Minosuke Yamada (Verteidigungsminister) spezialisierte sich auf Offizielle, Beamte oder Politiker und war in solcher Funktion im ersten Godzilla-Sequel Gigantis, The Fire Monster, Rodan, The Mysterians und The H-Man zu sehen. Sprengstoffbastler Fujimora wird von Akihiko Hirata gemimt, der später in einer Ultraman-TV-Inkarnation agierte, in vier Godzilla-Filmen auftrat (darunter im hier besprochenen Terror of Mechagodzilla als mit Aliens konspirierender irdischer Wissenschaftler) und noch 1979 in einem Ultraman-Kinofilm (kann aber auch ein Zusammenschnitt der TV-Serie sein, da bin ich nich´ Experte ´für) auftauchte. Erwähnen möchte ich noch Akira Sera, den Hohepriester aus Iyama, der 1980 im Straßenfeger Shogun eine kleine Rolle spielte.

Tokyo Shock präsentiert die DVD-Fassung von Varan und die hat´s fraglos in sich. Schon allein der anamorphe 2.35:1-Widescreen-Print macht Freude. Klar, er sieht nicht so aus, als wär er gestern aus dem Labor gekommen, aber für einen fast 50 Jahre alten Monsterheuler sieht das Ding schon wieder aus wie aus dem Ei gepellt. Zufriedenstellende Schärfe (auf dem PC-Monitor fällt allerdings auf, dass das Bild manchmal doch sehr soft ist), guter Kontrast, unauffällige Kompression. Der Konsument hat die Wahl zwischen satten drei Tonspuren, allesamt japanisch zwar, aber eben wahlweise als Dolby 5.1-Upmix, 2.0-Surround (was sich im Menü seltsamerweise „Dolby 3.0“ nennt. WTF?) oder originalem Mono. Beim 5.1er-Ton stellt sich etwa ab der 1-Stunden-Marke ein irritierender Halleffekt ein, so dass man zu einer der weniger aufgemotzten Spuren greifen sollte. Die Untertitel sind, Tokyo-Shock-üblich, in klar lesbarem Gelb gehalten.

Und Extras gibt´s auch! Primär natürlich einen informativen Audiokommentar mit Keizo Murase, einem der an Varan beteiligten Effekttüftler. Der Kommentar (auf japanisch, mit einem nicht vorgestellten Gesprächspartner) ist nicht sonderlich filmbezogen (die beiden Herren kommen ab und an auf eine gerade erwähnenswerte Szene zu sprechen), aber dafür gespickt mit Anekdoten über die Drehweise bei Toho in den Fünfzigern, vielen Hintergründen über die Arbeit an den Effekten und Erinnerungen an Freunde und Kollegen Murases. Die englischen Untertitel weisen leider einige Tippfehler auf, aber sinnentstellend ist dabei wohl nichts geraten. Auf jeden Fall ein durchaus lohnender Kommentartrack für Genrefreunde. Weiter geht´s mit einer ca. halbstündigen Folge einer japanischen Fernsehserie, in der wiederzum Keizo Murase kaiju-eiga-Tricks zum Nachmachen vorführt (es handelt sich dummerweise um die letzte Folge dieser Serie, d.h. die nötigen Vorkenntnisse werden dem geneigten hiesigen Möchtegerntrickser abgehen), wobei Murase sich mit der Herstellung von Varan-Kopf und -Klauen befasst. Weiter geht´s mit einer restaurierten Fassung der von Toho seinerzeit hergestellten 60-Minuten-Fernsehfassung (die eliminiert quasi den kompletten Prolog und steigt „richtig“ in die Handlung ein, nachdem Varan vom Militär aus seinem Bergsee vertrieben wurde). Die Fassung ist zwar bildtechnisch auch ausgezeichnet, aber insofern unvollständig, als Toho diese Fassung nie wirklich fertigstellte – an einigen Stellen wird eine Tafel mit der Beschriftung „sound only“ eingeblendet, die hier vorgesehenen Bildsequenzen wurden nie eingefügt. Dennoch ein nettes Gimmick. Es folgen einige zeitgenössische Varan-Teaser und -Trailer, außerdem gibt´s noch vier Trailer aus dem Tokyo-Shock-Programm (wobei sich The Mysterians und Attack of the Mushroom People hiermit offziell auf meiner Wunschliste eingetragen sehen). Für einen Film dieser Größenordnung und Bedeutung ein mehr als solides Package.

Summa summarum ist Varan the Unbelievable für den kaiju-eiga-Fan durchaus eine Sünde wert. Fraglos ist das Honda-Frühwerk kein großer Klassiker vom Range eines Godzilla oder auch nur Rodan, aber, wenn man sich durch die bonbonfarbigen lustigen Doofheiten der Showa-Serie durchgesehen hat, ein erfrischend schlichter, geradliniger Monsterfetzer, der ohne romantische Liebesgeschichten, nervende Kennys, mystische Liliputaner oder böse Außerirdische auskommt, sondern nur sein Monster im Sinne hat. Keine Kreativität in Tüten, aber solides Entertainment für den Fan von man-in-suit-Kintopp, das ich z.B. Gappa jederzeit vorziehen würde. Wer Feuerwerke des unfreiwilligen Humors sucht, wird aber eher anderweitig fündig. Die DVD von Tokyo Shock ist für Fans bis auf den Lapsus des Tonfehlers in der eh unnötigen 6-Kanal-Spur eine wahre Offenbarung.

(c) 2007 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


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