Van Helsing

 
  • Deutscher Titel: Van Helsing
  • Original-Titel: Van Helsing
  •  
  • Regie: Stephen Sommers
  • Land: USA
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Hugh Jackman (Van Helsing), Kate Beckinsale (Anna), Richard Roxbourgh (Graf Dracula), David Wenham (Carl), Elena Anaya (Aleera), Will Kemp (Velkan), Kevin J. O’Connor (Igor)


Vorwort

Wer hat mich nicht alles gewarnt? Praktisch jeder auch nur viertelwegs seriöse Filmkritiker, der Hausrocker, mein Horoskop… aber nein, der Doc muss es natürlich besser wissen und selber ins Kino stiefeln. Intelligenterweise am Freitag abend. In Berlin. Im Cinemaxx. Wo man an der Kasse gefragt wird: „Wie möchten Sie zahlen? Bar, Karte oder mit Immobilien?“ ACHT EURO ACHTZIG! Dafür hätte ich in meiner Jugend den größten Saal des lokalen Kinos für eine Privatvorstellung von Star Wars 4-6 mieten können…

Nach satten vierzig Minuten Werbung (und null interessanten Trailern… Spiderman 2 und The Day after Tomorrow kenn ich zur Genüge, Der Wixxer hat auch nicht viel dafür getan, dass ich ihn unbedingt sehen müsste und WAS ZUR HÖLLE IST Die 7 Zwerge????) ging’s dann auch los. Little did I know… (sicherheitshalber SPOILER-Warnung).

Ende des 19. Jahrhunderts – im Auftrag eines vatikanischen Geheimordens (der eher unwahrscheinlicherweise aber auch mit islamischen, buddhistischen und sonstigen ungläubigen Religionen zusammenarbeitet) bekämpft der geheimnisvolle Van Helsing die Ausgeburten des Bösen. Gerade hat der Mann, der sich an seine Vergangenheit aus unerfindlichen Gründen nicht erinnern kann, in Paris Mr. Hyde zur Strecke gebracht, schon hat sein diensthabender Kardinal einen neuen Auftrag für ihn. Er soll in Transsylvanien einen gewissen Graf Dracula ausschalten, da sonst der königlichen Zigeunerfamilie Valerius, die sich der Bekämpfung des Vampirs verschrieben hat, für alle Zeit der Zugang zu den himmlischen Gestaden verschlossen bliebe (nein, ich denk mir das nicht aus… ich hab bessere Plotausreden auf der Rückseite von Bierfilzen gefunden). Gemeinsam mit Bruder Carl, einem in Ordendiensten stehenden Q des beginnenden Industriezeitalters, macht sich Van Helsing auf die Reise, um der attraktiven Zigeunerprinzessin Anna im Kampf gegen Dracula und seine drei Bräute beizustehen. Jüngstes Opfer der Attacken des vampirischen Grafen – Annas Bruder Velkan, den ein bedauerlicher Zusammenstoß mit einem Werwolf selbst in einen Lykanthropen verwandelt hat. Dracula hofft, mit der Laborausrüstung von Dr. Frankenstein (don’t ask) und Velkans unspezifizierter „Lebensenergie“ (or whatever) seine mit den Bräuten gezeugte Nachkommenschaft ins Leben zu rufen. Das sollte besser verhindert werden…


Inhalt

Ich zitiere an dieser Stelle gerne wieder mal den guten alten Bill Murray mit meiner Lieblingszeile aus Scrooged: „Oh mein Gott. War das SCHLECHT!“ Van Helsing ist der lebende Beweis, das man mit einem Budget von 160 Mio. Dollar, einem theoretisch gar nicht mal so üblen Writer-Director und ein paar angesagten Stars ein episches Totalfiasko, einen künstlerischen Bauchklatscher per excellance, eine publikumsverhohnepiepelnde Katastrophe ersten Ranges hinlegen kann und von gewissen (meiner Ansicht nach ersichtlich geistesschwachen) Teilen des Publikums auch noch beklatscht und mit Einspielergebnissen jenseits aller Vorstellungskraft zugeschissen werden kann. Hm, klingt das jetzt irgendwie danach, als hätte mir der Film nicht gefallen?

Ja? Das will ich auch verdammt schwer hoffen. Selten fühlte ich mich nach einem Kinobesuch (und nach meiner ungefähr siebenundzwanzigjährigen Kino-Erfahrung bin ich zum Schluß gekommen, dass ich einem Film, den ich im Kino sehe, im allgemeinen wohlwollender gestimmt bin als einem, der sich auf Video oder DVD vorstellt) so um meine investierte Kohle betrogen. Und das hätte nicht sein müssen – denn obwohl die Story von Van Helsing selbst bei allermildester Betrachtung schätzungsweise maximal ein Zwanzig-Seiten-Drehbuch als Quelle hatte, da steckt eine nette Idee drin, da hätte man eine hübsche Pulp-Adventure-Geschichte draus stricken können (wenn man sich schon die Mühe machte, als Hommage an die ganzen guten alten Universal-Monster den Werwolf, Dracula, Frankensteins Monster und den eigentlich nicht zum Universal-Stall gehörenden Mr. Hyde zu aktivieren), und Stephen Sommers, mei, den hab ich spätestens nach der perfekten Action-Horror-Comedy Deep Rising heiliggesprochen (und die Mummy-Filme waren beide nicht so übel, sondern bessere Vertreter des modernen Popcorn-Kinos). Was zur Hölle also ist schiefgegangen?

Kurze Antwort: ALLES. Script, okay, geschenkt – es taugt nicht viel, aber wer von einem „familienfreundlichen“ Big-Budget-Blockbuster-„Horror“-Film tiefgründige intellektuelle Auseinandersetzungen mit den diversen Monster-Mythologien erwartet, war offensichtlich seit 1971 nicht mehr im Kino (was mir, und wenn ich an dem Film was zu loben habe, möchte ich es besonders herausheben, ziemlich gut gefiel, war die Interpretation des Frankenstein-Monsters), die Story dient nur der mühseligen Aneinanderreihung von diversen Action-Set-Pieces, aber dass die Dialoge von einer so gotterbärmlichen Peinlichkeit sind, DAS hätte ich nun nicht erwartet (bei der „Geh-nein, geh nicht-doch geh-nein, bleib“-Ansprache von Van Helsing an seine Anna wünschte ich mir ein Beißholz – oder ’ne Baseballkeule) – an dieser Stelle möchte ich allerdings auch erwähnen, dass ich den Film in der deutschen Fassung gesehen habe und die Synchronisation wohl die grauenvollste ist, die mir in den letzten 15 Jahren untergekommen ist (besonders, was Graf Dracula angeht – ich weiß nicht, ob das Original genauso erschütternd ist, und wenn ja, dann gute Nacht – Bela Lugosi war im Original-Dracula weniger theatralisch und affektiert). Ich hoffe jedenfalls, dass die Erben von Bram Stoker, Mary Shelley und Robert Louis Stevenson ordentlich Schmerzensgeld für diese multiple Legendenschändung gescheffelt haben – es tut stellenweise wirklich weh, zu was für einer Jahrmarktswitzfigur Dracula degradiert wird und in welch billigen Hulk-Abklatsch Mr. Hyde verwandelt wurde.

Der Film gefällt sich in einem absoluten Special-FX-Overkill – es gibt schätzungsweise drei Einstellungen im ganzen Film, in denen nicht per CGI zumindest nachgeholfen wurde. Leider ist die technische Umsetzung der FX nicht wirklich auf allerhöchstem Niveau – hab ich mich gerade noch bei Bulletproof Monk (DVD-Test) beschwert, dass man dem Streifen seine 50 Mio. Budget von den Effekten her nicht ansieht, gilt das für das dreifache Budget von Van Helsing erst recht – die FX wirken seltenst bis nie überzeugend, manchmal richtiggehend peinlich (der „Brückensprung“ fällt mir da ein) und selbst die gelungeren FX-Mätzchen laufen sich dank zahlreicher Wiederholungen irgendwann tot. Im Gedächtnis bleibt allenfalls die ein oder andere Transformations-Sequenz der Werwölfe und das skurrile Make-up des Frankenstein-Monsters. Ansonsten spielt sich Van Helsing als weitgehend sinnfreies Effektgewitter auf allenfalls durchschnittlichem technischen Niveau (wenn die visuelle Gestaltung des Films nur halb so einfallsreich gewesen wäre wie die des Nachspanns, hätt’s vielleicht was werden können).

Okay, der Film ist sichtlich als „Hommage“ (man könnte auch „Rip-off“) ausgelegt – aber man kann’s auch übertreiben. Ich akzeptiere ja die „Hommage“ an die alten Universal-Monster – muss man sich dann aber noch an James Bond, Indiana Jones, Herr der Ringe (zahllose Kamerafahrten und Design-„Einfälle“ orientieren sich doch, hüstel, dezent am Fantasy-Epos) vergreifen? Es ist einfach nur peinlich, das hat nix mehr mit In-Jokes zu tun, das ist einzig ein Indiz für totale Einfallslosigkeit der Kreativabteilung (und die ist in Personalunion mit dem Regisseur Stephen Sommers).

Die Action-Szenen selbst sind halbwegs annehmbar, aber arm an Höhepunkten – Folge: der Flim plätschert unspannend vor sich hin, spult eine seiner Action-Einlagen nach der anderen herunter, schafft es aber trotz einer erkennbar auf Temporeichtum angelegten Inszenierung nie, wirkliches Excitement zu erzeugen und wirkt daher einfach … lang (irgendwann sah ich zum ersten Mal auf die Uhr und realisierte zu meinem Entsetzen, dass erst 45 Minuten um waren und der ganze Schmu NOCH eineinhalb Stunden laufen würde… ich war an der Stelle eigentlich auf den Showdown eingestellt).

Schauspielerisch werden auch keine Glanzlichter gesetzt. Hugh Jackman (X-Men), den ich sowieso für latent überschatzt halte, bemüht sich, seinem Van Helsing irgendwie was Italo-Western-Antihelden-haftes zu geben, was prinzipiell keine schlechte Idee ist, aber (auch dank der Tatsache, dass sein Charakter, und das ist ja der „geheimnisvolle Unbekannte“, heftigst underwritten ist – hebt man sich da so einiges für ein angedrohtes Sequel auf? Gott bewahre!). Kate Beckinsale scheint jegliches einstmals vorhandenes schauspielerisches Talent an Hollywoods Studiotüren abgegeben zu haben und versucht nur noch, durch ihr Aussehen zu glänzen. Richard Roxbourgh als Dracula mag ich ohne Kenntnis der Originalsprachfassung aus oben geschilderten Gründen nicht wirklich beurteilen. David Wenham bietet als Carl einen erschütternd unkomischen comic-relief-Charakter ab und selbst der sonst verläßliche Sommers-Spezi Kevin J. O’Connor ist nicht in der Lage, irgendwas zu reißen. Elena Anaya (Habla con ella) als Vampirbraut Aleera ist zumindest optisch ein Hinkucker, aber das hysterische Gekicher aller drei Vampirbräute geht einem spätestens nach’ner halben Stunde empfindlich auf den Fisch.

Van Helsing ist der Prototyp eines dieser neumodischen kalkulierten Kommerzfetzer, die zwar potentiell alle Ingridenzien für einen unterhaltsamen, anspruchslosen Popcorn-Ride haben, aber ohne jegliches Herzblut gedreht sind. Der Film versucht ausschließlich über seine Effekte zu punkten, da die aber teilweise schwach und nur selten wirklich gelungen sind und darüber hinaus einfach so inflationär eingesetzt wären, dass sie selbst, wenn sie besser wären, keine Aha-Erlebnisse mehr vermittlen könnten, bleibt als Fazit nur, dass Van Helsing schwach anfängt, um von Sekunde zu Sekunde stärker nachzulassen (wer sich beim Finale wirklich ein albernes Grinsen verkneifen kann, hat entweder zu wenige Filme gesehen, um ernstlich mitreden zu können, oder ist ein stärkerer Mann als ich). Ich hab irgendwann versucht, mich über die Schwächen des Films zu amüsieren (mann, wäre der Film ein Kandidat für MST3K…), aber selbst das gelang mir nicht lange (ACHT EURO ACHTZIG!!!). Ich bin sicher nicht der erste, der als Fazit diesen Spruch bringt, aber er erscheint mir einfach passend: dieser Film verdient einen Pflock durchs Herz, um ihn von seinen Qualen zu erlösen. Zweieinviertel Stunden absolut sinnentleerter, unterhaltungsfreier Idiotie, für die jeder ausgegebene Cent zu schade ist. Ich glaube, ich habe meinen neuen Referenz-Film für Big-Budget-Katastrophen gefunden. Van Helsing saugt – und zwar BIG TIME! (ACHT EURO ACHTZIG!!! Was hätte ich mir da nicht alles schönes von CD-WOW schicken lassen können?)

Mit gutem Willen 2 Bier…

(c) 2008


mm
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