Unearthed

 
  • Deutscher Titel: Unearthed
  • Original-Titel: Unearthed
  •  
  • Regie: Matthew Leutwyler
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Emmanuelle Vaugier (Sheriff Annie Flynn), Luke Goss (Kale), Charles Q. Murphy (Hank), Beau Garrett (Caya), Tommy Dewey (Charlie), M.C. Gainey (Rob Horn), Miranda Bailey (Carla), Whitney Able (Ally), Russell Means (Grandpa), Tonantzin Carmelo (Nodin), Isait De La Fuente (Luis)


Vorwort

Irgendwo in einem entlegensten Winkel im amerikanischen Westen, dort, wo sogar der Fuchs, der sonst dem Hasen gute Nacht sagt, längst seine Sachen gepackt hat und weggezogen ist… Sheriff Annie Flynn, die seit einem bedauerlichen Einsatz-Fiasko, bei dem ein kleines Indianermädchen auf der Strecke blieb, an der Flasche hängt und die von der Gemeindeversammlung demnächst abgesägt werden soll, ermittelt in Sachen eines mysteriösen Unfalls – ein Tanklaster (mit dringend erwartetem Nachschub für die einzige Tankstelle im Umkreis von haufenweise Meilen) wurde ein Raub der Flammen, vom Fahrer fehlt jede Spur. Die Spritknappheit in Verbindung mit der Straßenblockade durch das Lkw-Wracke führt dazu, dass einige Durchreisende die Gastfreundschaft von Tankwart und Native American Wiseman Grandpa und seiner Enkelin Nodin (nebenberufliche Biologin) in Anspruch nehmen müssen – der Schwarze Hank, Airhead Caya, ihre Schwester Ally und der von ihnen aufgegabelte gestrandete Charlie. Nodin untersucht ein von Annie aus dem Kühlergrill des verunfallten Trucks gepuhltes Stück Tier o.ä., allerdings bringt ein Test ans Licht, dass die DNS des Dings keiner auf dieser unsere Erde bekannten Familie von Lebewesen zugeordnet werden kann. Ehe sich Annie und Nodin darauf noch einen Reim machen können, wird die Tanke vom ausgewachsenen Rest dieser Lebensform angegriffen. Grandpa und Ally beißen ins Gras, der Rest wird von Annie zu einer Höhle gebracht, wo ein gewisser Kale alte Indianer-Zeichnungen (und etwas mehr…) studiert, um dem Verschwinden des Anasazi-Stammas vor 900 Jahren auf den Grund zu gehen. Kale weiß sogar ziemlich genau, was los ist, nur leider ist seine Hilfsbereitschaft, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig – der Knabe ist völlig verrückt und denkt nicht daran, sein Fortbewegungsmittel zu stiften, damit Annie ihre Schützlinge in Sicherheit bringen kann, vielmehr besteht er darauf, dass sie ihm dabei helfen, die ominöse Kreatur zu stoppen…


Inhalt

Kuck an, wer sich wieder sehen lässt… der Herr Leutwyler. Der erfreute mich vor nun mehr auch schon eingen Lenzen mit der hochgradig unterhaltsamen Zombie-Komödie Dead & Breakfast, nur um dann drei Jahre Funkstille zu halten (in denen er nur als Executive Producers für die Indie-Komödie „The Oh in Ohio“ – mit Danny DeVito! – tätig war). Nun, eine gewisse schöpferische Pause hat noch selten geschadet…

Anstatt eines Untoten-Splatter-Musicals kommt uns Leutwyler mit seinem nächsten Genrebeitrag vollkommen unironisch (was ich, wie schon des öfteren gesagt, mittlerweile schon wieder für eine durchaus positive Eigenschaft halte); ein schnörkelloses creature feature soll es sein. Nichts dagegen einzuwenden, wenn auch deutlich wird, dass Originalität bei der Auswahl seiner Stoffe für Meister Leutwyler offensichtlich nicht zentral im Fokus steht. Aber egal – für ein guten, rassigen Monsterfilm bin ich immer zu haben, und sei’s gerade deswegen, weil SciFi Channel & Co. dieses Thema zwar immer wieder aufgreifen, aber selten bis nie gut oder wenigstens ansehbar gestalten. Storytechnisch wird daher durchaus genretypisch Magerkost geboten – wir schaffen uns eine Inselsituation, in der wir die Protagonisten isolieren und lassen dann das Monster drauf los, das ist, auf’s Wesentliche (Setting + Bedrohung) runtergerechnet letzten Endes nicht mehr als „Alien“ meets „Im Land der Raketenwürmer“ (natürlich ohne den Parodie-/Hommage-Ansatz des letztgenannten Semi-Klassikers). Simpel, effektiv, gets the job done. Die Hintergrundmythologie wird bewusst einigermaßen knapp gehalten, nimmt auf indianische Legenden Bezug, garniert sie mit SciFi-Elementen und schafft es, eine der Hauptfragen (nämlich das „warum“) elegant gar nicht zu beantworten. Das klappt, auch aufgrund der Konzentration der wesentlichen Ereignisse auf eine Nacht, auch ganz gut, und täuscht ob der dadurch zwangsläufig eintretenden Rasanz auch darüber hinweg, dass es Leutwyler mit Charakteren nicht wirklich hat… lediglich zwei Figuren sind mehr als nur beherzte Griffe in die Schublade der Horrorfilm-Kanonenfutter-Stereotypen – Annie als traumatisierte Sheriff-Alkoholikerin und Kale, der durchgeknallte Forscher, aber letztlich ist es nur ein Versuch, hier definierte Charaktere zu schaffen; Kale wirft uns irgendwann so kurz vor dem Schlussakt hin, dass er wegen seiner bizarren (aber eben zutreffenden) Theorien mit Schimpf und Schande vom Campus seiner Uni verjagt wurde und es deswegen für ihn eine ausgesprochen persönliche Angelegenheit ist, das Anasazi-Rätsel zu knacken (und konsequenterweise die womöglich von ihm erst aus „suspended animation“ geweckte Kreatur aufzuhalten), ohne dass hier echte Emotion vermittelt wird, und Annie – tja, tut mir leid, aber ich habe so ziemlich für jeden ihrer Stadt-Mitbewohner Verständnis, wenn er dieses saufende Häufchen Selbstmitleid loswerden will (zumal selbst in der „großen“ erklärenden Flashbacksequenz im Showdown nicht so richtig klar wird, was eigentlich bei dem verhängnisvollen Einsatz im Indianerreservat schief gegangen ist). Ambivalente Figuren mit Ecken und Kanten nehme ich immer wieder gern, aber „Ambivalenz“ heißt ja nicht, dass die entsprechende Figur gar keine, ehm, positiven sprich sympathischen Züge haben muss; alles, was Annie ein bisschen „meat“ geben würde (die Tatsache, als junge Frau in einem Männerberuf zu arbeiten, ihr psychologisches Trauma, die Anfeindungen durch die Städter…) bleibt viel zu vage, zu angedeutet, als dass es erlauben könnte, den Charakter greifbar, nachvollziehbar und „anfeuerbar“ zu machen (was die ein oder andere Storyentwicklung dramaturgisch ins Leere gehen lässt).

Die Folge – dem Zuschauer fehlt ein wenig der Grund, der Truppe, die da um ihr nacktes Überleben kämpft, auch Erfolg zu wünschen, weil sie entweder gar keine Eigenschaften (Hank, Charlie, Caya, Ally) haben, bestenfalls als Expositions-Maschine gebraucht werden (Nodin, die z.B. wenige Screen-Minuten, nachdem sie Annie gerade erklärt hat, mehr oder weniger keine Ahnung zu haben, womit man’s hier zu tun hat, Kale eine detaillierte Darlegung über Art und Verhalten der Kreatur liefert), oder aufgrund ihrer Charakterisierung keinen Anlass bieten, wirklich mit ihnen zu fiebern (Annie, Kale). Das erschwert, wie schon angedeutet, freilich dramatische und dramaturgische Wirkung, weil sich solche letzlich auf ein schlichtes „wer-ist-der-nächste“ im Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip beschränken muss.

Dabei beweist Leutwyler einmal mehr als absolut fähiger Mann auf dem Regiestuhl – auch wenn ich nicht unbedingt verstehe, warum der Streifen in 2.35:1-Scope gedreht werden musste (außer eben vermutlich „because I can“), ist der Look der sicherlich nicht sonderlich finanzstarken Produktion top-notch und liegt deutilch über dem optischen Niveau eines DTV-Kloppers von der Stange, das sieht wirklich nach Kino aus; Landschaftspanoramen ebenso wie die action set pieces, und, dafür verleihe ich einen Sonder-Anerkenntnispunkt, obwohl der Film überwiegend bei Nacht und Stromausfall spielt, darf man als geneigter Zuschauer tatsächlich SEHEN, was sich vor der Kamera abspielt. Speziell einige Szenen in einer Höhle, die von grünschimmernden Magnesiumfackeln (o.ä., bin ich Experte für Höhlenforscherausrüstung?) beleuchtet wird, gewinnen eine sehr eigentümliche, wirkungsvolle Atmosphäre, da verzeihe ich Leutwyler sogar, dass er sich auch mal ein direktes „Alien“-Zitat erlaubt (und es eher hanebüchen begründet). Action- und Horrorszenen sind dank der stimmigen Kameraführung durchaus gelungen und trotz schnellen, energetischen Schnitts nie unübersichtlich. Man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass Leutwyler ein wesentlich besserer Regisseur denn Drehbuchschreiber ist – visuell spielt „Unearthed“ absolut in der Champions League der unabhängig entstandenen DTV-Horrorfilme, sein Script allerdings wäre schon vor 25 Jahren nicht sonderlich denkwürdig gewesen und für heutige Verhältnisse ist es beinahe schon unentschuldbar „run of the mill“. Wollen wir wünschen, dass Leutwyler, wenn er dem Genre erhalten bleibt, ein patentes Drehbuch findet.

Für die Effekte bedient sich Leutwyler einer Mischung aus CGI- und man-in-suit-Effekten. Letztere stammen aus der Werkstatt von Steve Johnson („The Guyver“), erstere aus der digitalen Hexenküche des ehemaligen ILM-Mitarbeiters David Dozoretz. Ich weiß nicht, ob es beabsichtigt ist, aber ich finde es ziemlich charmant, dass die CGI ein gewisses hektisches, „jerky“ stop-motion-Flair mitbringen; wenn es eine bewusste Entscheidung war, anstelle der mittlerweile üblichen flüssigen, glatten CGI diese abgehackten, „old school“ wirkenden FX zu bringen, war das ein Wagnis, aber ein durchaus stilvolles. Der Monstersuit erfüllt die Qualitätsstandards, die man an Johnson-Werke stellt, ist aber dennoch eben mühelos als suit zu durchschauen. Das Monsterdesign selbst gewinnt keine Originalitätspreise, es ist ein hübsch schleimiges, jedoch halt doch „nur“ ein „Alien“-Derivat. Bei einer FSK-16-Freigabe sind mittlerweile rustikale Gore-Effekte ja usus, und auch „Unearthed“ fährt einige auf, die sicherlich keine memorablen Meilensteine darstellen, aber den Splatterhead durchaus bei Laune halten.

Im Darstellerensemble ragt Scream Queen Emmanuelle Vaugier („Saw II/IV“, „Wishmaster 3“, Ripper, „House of the Dead 2“, „Far Cry“) heraus (bei der man sich echt fragen muss, wie sie zwischen all diesen Genre-Filmen immer noch Zeit findet, um in Serien wie „Smallville“, „Two and a Half Men“, „One Tree Hill“ oder „CSI: NY“ mitzumischen), die allerdings, muss man sagen, als zerrissene Sheriffin (hm, „weiblicher Sheriff“ klingt dann doch besser) reichlich fehlbesetzt wirkt. Ich denke, dass der Charakter nicht funktioniert, liegt auch daran, dass Vaugier ihn sehr eindimensional auf der sozialisationsunfähiger-Alki-Schiene anlegt und nie irgendwelche Sympathie für ihre Figur aufkommen lässt. Ex-„Bros“-Sänger Luke Goss, der nunmehr auch schon seit einiger Zeit an einer zweiten Karriere als Genre-Filmstar schraubt („Blade II“, Cold and Dark, „Hellboy 2“) hat seit dem „Cold and Dark“-Fiasko an Screenpräsenz deutlich zugelegt. Der Part verlangt von ihm keine wirklich *tragende* Funktion, aber als bad ass, mit dem nicht gut Kirschen mampfen ist, wirkt er trotz des nicht sonderlich gut geschriebenen Charakters ziemlich überzeugend. Charles Q. Murphy („Nachts im Museum“), Beau Garrett (Live!, „Turistas“, „4: Rise of the Silver Surver“), Tommy Dewey („17 Again“) und Whitney Able (All the Boys Love Mandy Lane) haben wenig bis nichts zu tun (speziell Murphys Quotenschwarzer-Rolle ist schon nahe an prinzipieller Unerfreulichkeit), Russell Means („Pathfinder“, „Natural Born Killers“) absolviert die Weiser-Indianer-Rolle in vollem Will-Sampson-Gedächtnismodus. Tonantzin Carmelo („King Rikki“), die trotz schon fünfjähriger Karriere einen „introducing“-Credit abstaubt, hat von den Nebendarstellern noch den auffälligsten Part und absolviert ihn gefällig, aber nicht sonderlich memorabel. Für ein wenig darstellerischen Verve sorgt M.C. Gainey („Lost“, „Bierfest“, „Born to be Wild“) in einer kleinen Rolle als fieser Rancher.

Bildqualität: Sunfilm legt „Unearthed“ in hervorragendem anamorphen 2.35:1-Widescreen vor. Sehr gute Schärfewerte, ausgezeichneter Kontrast, keinerlei Defekte oder Verschmutzungen. Daumen hoch.

Tonfilm: Neben dem englischen O-Ton in Dolby 5.1 gibt’s Sunfilm-gewohnt deutschen Synchronton in Dolby 5.1 und dts. Optionale deutsche Untertitel sind verfügbar. Der englische Audiotrack ist ausgezeichnet gelungen, kristallklar mit sehr differenziertem Mix.

Extras: Eine ganze Latte Bonusmaterial wird geboten – Making-of, Videointerviews, Storyboards und Storyboard-Diskussion, Creature-FX-Featurette, Trailershow usw. usf. Das ganze Paket, da fehlt nur noch ein Audiokommentar.

Fazit: „Unearthed“ erfindet das Thema des Monster-Creature-Films sicherlich nicht neu – das Drehbuch ist ein Schwachpunkt, der allerdings vom schieren Tempo ab ca. Minute 25/30 ausgeglichen wird, die darstellerischen Leistungen könnten speziell hinsichtlich der weiblichen Hauptrolle und einiger Nebendarsteller, die aber auch vom Script im Stich gelassen werden, besser sein, aber als anspruchsloses creature feature funktioniert der Streifen passabel; Leutwylers Inszenierung ist visuell hervorragend und drückt heftig aufs Gaspedal, die FX-Arbeit ist sowohl qualitativ als vom Härtegrad her durchaus angemessen, und allerzumindestens ist „Unearthed“, abgesehen von offensichtlich bei dem Thema unvermeidlichem Native-American-Mystik-Mumbojumbo, sehr ernsthaft, unironisch geraten. Ich würde keine sonderlich weiten Wege gehen, um des Films unbedingt habhaft werden zu können, aber akzeptable Genre-Unterhaltung für Zwischendurch wird gewährleistet. Gebt dem Mann ein amtliches Drehbuch!

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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