Undercover Woman

 
  • Deutscher Titel: Undercover Woman
  • Original-Titel: Damo
  •  
  • Regie: Lee Jae-Gyu
  • Land: Südkorea
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Ha Ji-Won (Chae-Ok), Lee Seo-Jin (Hwangbo Yoon), Kim Min-Joon (Jang Sung-Baek), Park Young-Gyu (Jo Se-Wook), Lee Moon-Shik, No Hyun-Hee, Lee Han-Wi, Kwon Oh-Joong, Shin Seung-Hwan, Yoon Moon-Shik, Jung Wook, Jung Ho-Geun


Vorwort

Korea zur Zeit der Joseon-Dynastie. Das gemeine Bauernvolk stöhnt unter der Knute der hochherrschaftlichen Moneten-Inhaber (so wie halt zu allen Zeiten). Chae-ok, eine junge, attraktive Frau mit herausragenden kampfsportlichen Fähigkeiten, arbeitet als „Damo“ („Damos“ waren Polizistinnen, die es eigentlich „offiziell“ in dieser Zeit nicht geben durfte, aber immer dann eingeschaltet wurden, wenn Sitte und Anstand weiblichen Einsatz geboten) und ist der ganze Stolz ihrer Einheit, weil’s in Punkto Kampfkunst ihr von ihren männlichen Kollegen keiner das Wasser reichen kann. Ihr Kommandant ist, sozusagen nebenberuflich, auch ihr Ehemann, auch wenn die Beziehung eine rein professionelle ist (also ARBEITStechnisch, newa). Die Polente hat ihre liebe Müh und Not mit einer Gruppe Rebellen, die für eine bessere Zukunft für die Armen und Entrechteten kämpfen. Was Chae-ok, die von etlichen höheren Herren angefeindet wird, weil sie sich nicht so im Hintergrund hält, wie es einer Frau eigentlich zugedacht ist, nicht ahnen kann, ist, dass der Oberhäuptling der rebellischen Kampfeinheiten niemand anderes als ihr Bruder ist, von dem sie vor etlichen Jahren zwangsweise (nämlich in den Nachwehen einer Razzia gegen ihren auch schon dem Rebellentum anhängenden Vater) getrennt wurde. Was insofern ein wenig peinlich ist, alldieweil der Rebellenbruder sich in Chae-ok verliebt, allerdings deren angetrauter Ehemann, der sie grad noch wegen fortgeschrittenem ehelichen Ungehorsam vor die Tür (und nicht nur die der Ehewohnung, sondern auch der Polizeistation) gesetzt hat, nach nochmaliger Überlegung nicht nur zu dem Schluss kommt, dass er sie rein polizeidienstlich dringend braucht, sondern sie doch irgendwie ganz doll liebt. Das kann doch alles nur fürchterlich tragisch enden…


Inhalt

Die Inhaltsangabe ist heute erstens mal relativ vage und zweitens auch noch mit gebührender Vorsicht zu genießen, denn ich gebe es klar und offen zu – nach ungefähr zwei Stunden hab ich vollkommen den Überblick über das Prozedere verloren und fand ihn in der verbleibenden Reststunde auch nicht wieder. Wer, was, wann, wo, manchmal auch warum – ich weiß es nicht. Das hat natürlich seinen Grund und der liegt nicht darin begründet, dass Euer Lieblingsdoc einfach nur wieder mal nicht aufgepaßt hat. Nö, es liegt schon eher daran, dass das, was man uns in diesem unserem Lande auf die Silberscheibe presst, mit drei Stunden zwar schon ordentlich Holz, aber trotzdem gerade mal ein Fünftel von dem ist, was die koreanischen Filmemacher sich ursprünglich ausgedacht hatten. Ich dachte es mir ja schon nach gut fünf Minuten (und dem in der Hinsicht sehr suspekten Vorspann) – wir haben es hier mit der EXTREM zusammengekürzten Export-Fassung einer koreanischen TV-Event-Miniserie zu tun. Und offensichtlich einer recht erfolgreichen… nicht unbedingt, wie ich mich mittlerweile schlau machen konnte, was die Quote angeht, aber anderweitig. „Damo“, so unterrichten die für gewöhnlich gut unterrichteten Quellen, entwickelte sich bei seiner Erstausstrahlung trotz mittelmäßiger Einschaltquoten zu einem echten nationalen Kulturphänomen und entwickelte einen Internet-Hype, den Südkorea noch nicht erlebt hatte – die offiziellen Website-Messageboards krachten regelmäßig nach Ende einer TV-Folge wg. Serverüberlastung ab, etliche Fan-Sites und -clubs (der größte Fanclub nennt sich „Crippled by Damo“) entstanden, das ganze Bruhei, wie man es hierzulande höchstens von DSDS kennt (Korea, du hast es besser).

Ganz nebenher revolutionierte „Damo“ noch das Genre des historischen Dramas, was man sich nun aber wohl so vorstellen muss, dass soap-opera-Aspekte ins Genre eingebracht wurden. Und als allerletzte Vorbemerkung sei noch gestattet, dass „Damo“ auf einem populären koreanischen manwha (das selbe wie’n Manga, nur halt koreanisch) basiert, für die Fernsehfassung aber „romantisiert“ und, was den die Comic-Vorlage dominierenden Faktor „selbständige Frau, die keine Hilfe von Männern braucht“ angeht, deutlich zurückgefahren wurde.

Das klingt zunächst mal nicht unbedingt nach einem epochalen Ereignis für westliche Nasen, aber zumindest nach solider Unterhaltung, da „Damo“ prinzipiell Romantik, Martial-Arts-Action, Historienfilm und Special FX („Damo“ war die erste koreanische TV-Serie, die massiv mit CGI arbeitete) beinhaltet und somit für fast jeden was dabei sein sollte. Sollte. Ich kann natürlich nur für die hier vorliegende Patchwork-Fassung sprechen, aber in dem Wort „Patchwork-Fassung“ steckt schon die ganze Krux des hier zur Verfügung stehenden Releases. Es ist halt schlechterdings nicht möglich, eine 14-Stunden-Miniserie, die einen ganzen Rattenschwanz wichtiger Charaktere durch eine von Haus aus verworren-komplexe Storyline, für die man sowieso schon am besten gesunde Vorkenntnisse über historische Zusammenhänge und kulturelle Eigenheiten der Epoche mitbringt, hetzt, zu einem befriedigenden Dreistünder zusammenzuschneiden. Es geht einfach nicht. Nö. Sorry, tut mir leid, es ist unmöglich. Im Bestreben, möglichst alle Action-Set-Pieces unterzubringen, blieb halt das, was man in seinem jugendlichen Leichtsinn die Geschichte nennt, völlig auf der Strecke. Da wird man als Zuschauer schon mal vor die vollendete Tatsache gestellt, dass Chae-ok plötzlich, ohne dass uns auch nur ansatzweise vermittelt wird, warum dies so ist, den Rebellen bei einer Gefangenenbefreiuung hilft und mit den ultimo honchos der Rebellion am gleichen Tisch sitzt, zwei Actionszenen weiter aber wieder mit den Polizeitruppen gegen die Rebellen kämpft (ja, man kann sich natürlich zusammenreimen, dass es sich irgendwie um einen „undercover“-Einsatz handeln muss, sonst hätte ja auch der Titel keine große Berechtigung, aber es ist schon sehr verwirrend), da müsste man Figuren offensichtlich kennen oder zumindest einordnen können, die wir noch nie gesehen haben, da gibt’s ganz ersichtlich ein Großes und Ganzes im Hintergrund, von dem wir keinen Plan haben (auf einmal kämpfen die Japaner mit, scheinbar auf Seite der Polizei, trotzdem ist der koreanische Kaiser sich auf einmal sicher, dass es deswegen mit seinem Reich dahin geht, wobei sowieso der Wechsel von Polizei- bzw. Polizistinnendrama hin zur großen politischen Intrige kaum nachzuvollziehen ist).

Aber auch die „ungekürzte“ Fassung hat so ihre fragwürdigen dramaturgischen Entscheidungen – ob es sonderlich geschickt ist, mitten in einer Kampfszene in einen gut 45-minütigen Flashback in die Kindheit der Protagonistin umzuschalten, ist zumindest diskutabel (aber mein Gott, auch größere Geister fallen gern mal in diese, äh, Falle, ich denke an Ang Lee, der „Tiger & Dragon“ mit einem ausschweifenden Flashback ebenfalls erfolgreich tötete), auch wenn der Flashback sich leidlich erfolgreich bemüht, ein paar Charakterbeziehungen zu erhellen.

Sagen wir’s einfach so – die Story hätte das Potential, ein durchaus faszinierender Stoff zu sein, sofern man mit allen notwendigen Begleitinformationen versorgt würde, aber die Dreistunden-Variante, die man nicht mal mehr als Rumpffassung betrachten kann, ist über weite Strecken einfach unansehbar, weil undurchschaubar.

Unter diesen Voraussetzungen ist freilich auch die Regieleistung von Lee Jae-Gyu nicht ernsthaft zu bewerten. Der Meister hat zweifellos ein Auge speziell für atmosphärische Nachtaufnahmen, die übriggebliebenen rein dramatischen Szenen können nicht unbedingt überzeugen und insgesamt scheint mir die Serie zu wenig Schauwerte zu haben (also ein paar aufwendige Sets und Locations), zu viel spielt auf grüner Wiese oder im Kreise einiger trister Holzhütten – da fehlt mir der Kontrast zwischen der verarmten Bauernbevölkerung und den angeblich in Saus und Braus lebenden Hochherrschaftlichen.

In Sachen Action regiert, auch das ungewöhnlich für koreanische historical dramas, wuxia-Stil, d.h. wire-fu im traditionellen Hongkong- bzw. taiwanesischen Stil, wobei man konstatieren muss, dass diese Art Kampfkunst den koreanischen Filmemachern sichtlich schwer von der Hand geht. Den Kampfszenen fehlt diese überirdische Leichtigkeit, wie sie die chinesischen Produkte auszeichnet, viel zu oft sieht’s einfach aus, als hingen die Protagonisten der Kampfszenen an Bungee-Seilen. Zweifellos verfehlt ein eindrucksvolles visual wie ein-zwei Dutzend nächtlich durch die Luft flatternder Schwertkämpfer nicht seine Wirkung, aber die Kämpfe an sich sind nur selten richtig spektakulär. Das müssen die Koreaner eindeutig noch üben.

Interessant (nicht unbedingt GUT), aber interessant ist die musikalische Untermalung – sie pendelt zwischen rockigen Gitarrenklängen, traditioneller koreanischer Musik, symphonischen Klängen und dem koreanischen Äquivalent zu cantopop-Balladen. Interessant (wie gesagt, äh), aber insgesamt unausgewogen.

Die schauspielerischen Leistungen sind auch nur eingeschränkt zu beurteilen – nicht nur wegen der Kürzungen, sondern auch, weil MiB sich einer außergewöhnlich grauenvollen Synchronisation befleißigt hat. Gruselig schlecht und schon gar nicht mehr in Worte zu fassen, lediglich zwei oder drei Figuren erfreuen sich einer einigermaßen passenden Synchro. Zum Glück gehört Chae-Ok bzw. Ha Ji-Won dazu. Auch wenn Korea-Babes nicht ganz so schnucklig-zuckersüß sind wie die liebenswertesten Japan-Babes, Ji-Won macht sich gut, ist sehr nett anzuschauen und zieht sich in ihren Action-Szenen gut aus der Afffäre. Die restlichen Darsteller (wie man hört aus der koreanischen TV-Elite rekrutiert) scheinen durchaus gut aufgelegt zu sein, werden aber zumeist von ihren Sychronsprechern k.o. geschlagen. Einzig der mir nicht namentlich bekannte Darsteller des Oberrebellen (die Leute sprechen sich einfach zu selten mit Namen an) hat noch ’nen passablen Sprecher spendiert bekommen und macht so ’nen guten Eindruck.

Bildqualität: Im Rahmen der „Premium Film Edition“ (10 Filme auf 5 DVDs) teilt sich „Undercover Woman“ den Datenträger mit „Darkness Falling“. Die Bildqualität ist mittelprächtig – der 1.85:1-Widescreen-Print ist zwar recht farbenfroh, aber ziemlich seifig-verschwommen, was sich speziell in den Action-Szenen auswirkt (ich mag nicht gänzlich ausschließen, dass die koreanische CGI-Arbeit nicht die beste ist und deswegen schon Abstriche zu machen sind, aber ich glaube nicht, dass der DVD-Transfer hilft). Einige Szenen wirken zu hell, insgesamt ist das Bild zu soft, zu unscharf. Die Kompression kann nicht überzeugen, der Kontrast ist einigermaßen okay – eineinhalb Minuten vor Schluss hängte sich mein DVD-Player dann auch noch auf.

Tonqualität: Der deutsche Dolby 5.1-Ton (einzige Alternative) ist von der Synchro-Qualität her gruselig, laboriert an nicht nachvollziehbaren Lautstärkeschwankungen im Dialogton, und kann allenfalls vom Musikmix her überzeugen. Die Standalone-Fassung (ebenfalls von MiB) erhältlich, verfügt über (dem Vernehmen nach übersteuerten) koreanischen O-Ton und Untertitel und wäre daher wohl zu bevorzugen.

Extras: Nix.

Fazit: Man muss sich wirklich fragen, wem durch solche Veröffentlichungen gedient ist. Aus TV-MIniserien passable „Abendfüller“ zu stricken, ist per se eine heikle Aufgabe (und funktionierte maximal bei „Das Boot“ und „Shogun“, wobei die „Shogun“-Film-Fassung der Serie auch nicht gerecht wird) und wenn man sie offensichtlich Leuten überlässt, die der Meinung sind, alles an Action reinzunehmen und überflüssige Handlung draußen zu lassen, muss man sich nicht wundern, wenn das Resultat, wie der Anglophile sagt, „an unwatchable mess“ ist. „Damo“/“Undercover Woman“ hat die Zutaten zu einer packenden historischen Serie, aber dieser DVD-Release ist Schmonzes, den man getrost auf den Müllhaufen werfen darf.

1/5
(c) 2008 Dr. Acula


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