Twin Daggers

 
  • Deutscher Titel: Twin Daggers
  • Original-Titel: Twin Daggers
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  • Regie: Keun-Hou Chen
  • Land: VR China
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Rhett Giles (Scholar), Joey Covington (Flex), Veronica Bero (Body), Vasilios E. (Ghost), Coco Su (Kay/Sue)


Vorwort

1935… die Auftragskiller Scholar, Flex, Body und Ghost, ehedem mal eine Spezialeinsatzgruppe des US-Militärs, bis sie versehentlich bei einem Einsatz ein paar FBI-Agenten abmurksten und in den Untergrund gingen, erhalten ein verlockendes Angebot. Die Chinesin Sue bittet freundlich darum, man möge doch ihre Zwillingsschwester Kay gegen eine Abschussprämie von 400.000 Dollar terminieren, auf dass Sue deren Position als Oberhaupt eines größeren Firmenkonglomerats übernehmen könnte (abgesehen davon hat Kay auch noch die Eltern des Zwillingspärchens auf dem Gewissen). Einzige Bedingung: kein Kollateralschaden, keine Zeugen (was die Sache verkompliziert, wenn man die lästigen Zeugen nicht umbringen darf). Da unsere freundlichen Meuchelmörder nicht wirklich gern zusammenarbeiten, verfallen sie auf den Vorschlag, getrennt operieren zu dürfen – wer die Leiche bringt, kriegt die Kohle allein.

In Shanghai heften sich die diversen Killer an die hübschen Fersen Kays. Während Ghost, Body und Flex die eher direkte Methode bevorzugen, versucht’s Scholar, ehemaliger Captain des Teams, auf die elegante Art und schmeißt sich an Kay ran. Nicht sonderlich überraschend ist ihm die vermeintliche Elternmörderin ausgesprochen sympathisch, romantische Gefühle entwickeln sich beidseitig. Als Flex und Body ein Zweckbündnis schließen (um sich nicht gegenseitig sabotieren zu müssen), klaut Scholar die Idee und verbündet sich mit Flex gegen Body. Fällt ihm nicht schwer, da sich herausstellt, dass das FBI-mordende Fiasko von vor ein paar Jahren nicht ganz so abgelaufen ist, wie’s die „offizielle“ Version ist. Aber auch mit Flex hat Scholar noch ein fatales Hühnchen zu rupfen. Scholar will den Auftrag weiterhin erfüllen, doch es kommen ihm zunehmend Zweifel an Sues Motiven. Wer spielt falsch oder, besser gefragt, spielt irgendjemand fair?


Inhalt

Wir kennen alle das Problem (und ich hab’s schon anderweitig angesprochen) – da will man mal wieder amazon abzocken und ein x-Scheiben-für-y-Euro-Angebot weidlich ausnutzen, hat in Windeseile x-1 Titel gefunden, die man eh schon immer haben wollte und scheitert verlässlich am letzten mitzubestellenden Dingens. Anstatt nun, wie’s vernünftige Menschen tun würden, die x-1 Filme zum Normalpreis zu bestellen, nimmt man dann halt noch „irgendwas“ mit, worüber man sich höchstwahrscheinlich später ärgert, weil man auf die Weise mehr bezahlt hat als man eigentlich hätte blechen müssen. Naja.

So kam ich jedenfalls auch zu „Twin Daggers“ auf (schnorch) Blu-Ray, ausgewählt unter dem sicherlich hochgradig vernünftigen Kriterium, dass Rhett Giles mitspielt, den wir alle aus zahllosen Asylum-Heulern kennen und lieben. Da will man doch mal austesten, wie der Herr sich in einer Nicht-Asylum-Produktion schlägt…

Ich hielt „Twin Daggers“ zunächst mal für eine Hongkong-Produktion (die machen bzw. machten ja früher mal öfters für den internationalen Markt B-Filme mit US-„Stars“ der vierten Liga… man denke an Richard Norton), tatsächlich stammt das stolze Werk aber aus Mainland China. Ich wusste ja, dass die Kommunisten-Chinesen auch ihren Filmmarkt (und auch die heimische Filmproduktion) dem Westen öffnen, aber dass sie auch den DTV-Markt überschwemmen wollen, ist zumindest für mich ’ne neue Erkenntnis. Nun gut, wenn die Resultate unterhaltsam sind, können sie das von mir aus gern tun.

Storymäßig verbinden unsere Freunde aus dem Mao-Land das „worst of both worlds“ – sie packen eine althergebrachte, durchaus traditionellen asiatischen Motiven entlehnte Rachegeschichte, wie sie spätestens seit 1973 keinen Straßenköter mehr hinter dem Kanonenofen hervorlockt, und zwängen sie in ein irgendwo nicht ganz richtig verstandenes, beinahe schon „Usual Suspects“-ähnliches Verwirrspiel mit zahllosen Twists und Turns, die sich nur durch selektives Flashbacken aufklären und in dem sich die Fronten von Gut und Böse sich im Verlauf der Geschichte um 180 Grad drehen. Und dabei wäre „Twin Daggers“ doch im Tiefsten seines Herzens doch nur ein launiges Kung-fu-Action-period-piece (und sei’s auch nur deswegen, weil der ganze Plot sich in seine Bestandteile auflösen würde, könnte einer der Beteiligten für drei Sekunden Google anwerfen…).

Unter genereller SPOILER-Warnung (es ist nicht ganz einfach, die Story aufzudröseln, ohne das zentrale Gimmick zu erklären) – der ganze casus knacksus an der Geschichte ist der fehlgeschlagene Einsatz des Antiquitäten-A-Teams (dessen genaue Aufgabenbeschreibung entsetzlich vage bleibt) vor etlichen Jahren. Während in der relativen Gegenwart die diversen Team-Mitglieder ihre temporären Allianzen schmieden und sich dann wieder gegenseitig umzubringen, um die Abschussprämie allein kassieren zu können, kreiseln wir als Zuschauer immer wieder um die Rückblendensequenz eben jenes Einsatzes, der fortwährend erweitert wird, früher einsetzt, später aussteigt, aus anderen Perspektiven gezeigt wird, ehe sich rechtzeitig zum Showdown die vollständige Wahrheit herauskristallisiert und unser Protagonist Scholar zu seinem Leidwesen feststellen muss, dass er (mit den ehedem Seinen) ordentlich genasführt wurde und das ganze Ränkespiel zwar durchaus einer blutgierigen Vendetta entspringt, allerdings einer, dessen Zielobjekt kein anderer ist als er selbst. Das ist durchaus raffiniert und allemal ein tauglicher Plot für einen wendungsreichen Verwirrungsthriller, aber ein bisschen zu viel des Guten für einen kleinen B-Film, der eigentlich nur ein paar Martial-Arts-Fights mit mehr oder weniger coolen Kämpfern aneinanderreihen will. Der „Anspruch“ der Geschichte und der des eigentlichen Film (eben nur ein kleiner Actionfilm zu sein) wollen sich nicht wirklich zusammenfügen (zumal die Geschichte, die Scholar zu Beginn aufgetischt wird, von Bremen bis hier fischig müffelt und der ganze Spaß dann auch so, naja, eher unschlüssig konstruiert ist, dass Chen ans Finale noch einen wrap-up antackern muss, der diverse Situationen und Ereignisse noch im Nachhinein erklärt – was bei „Wild Things“ noch witzig war und den ein oder anderen Aha-Effekt auslöste, wirkt hier eher nach billiger Ausrede, nachträglich zu legimieren, was mit Fug und Recht unmöglich vorherzusehen, sprich in einen grören Plan zu integrieren sein sollte).

Aber wir wollen nicht überkritisch sein – die Storykonstruktion sorgt dafür, dass der Film, obwohl er nicht gar so viele Actionsequenzen hat, wie er zu versprechen scheint, ein ordentliches Tempo aufweist und sich recht problemlos über die nicht wirklich glaubwürdige „romantische“ Beziehung Scholar/Kay hangelt. Dass seine Charaktere dadurch nicht gerade clever wirken und’s mit der internen Logik da und dort Probleme gibt, will ich einem chinesischen B-Film jetzt nicht explizit ankreiden.

Zumal Meister Chen unter Beweis stellt, dass er brav und pflichtschuldigst alles gekuckt hat, was in den letzten 10-15 Jahren als Actionfilm in die Kinos kam, von „Matrix“ bis „300“ und wieder zurück. Und wenn man sich schon diesem Overkill ausgesetzt hat, will man natürlich auch zeigen, dass man das alles auch kann – deswegen spielt sich „Twin Daggers“ in seinen Action-Szenen als Gimmick-Effekt-Showcase, von meinem persönlichen Nervgimmick Nr. 1, den hochgespeedeten Kampfszenen, über dramatische SlowMos, CGI-Waffen (wobei es wohl ein „first“ sein dürfte, wenn Scholar in der Eröffnungsszene einen Yakuza-Killer mit den CGI-Kugeln seines Abakus tiltet), mit akustischen und visuellen Alarmen ins Bild zischenden Flashbacks, bis hin zum „300“-erprobten „Ramping“-Effekt (SlowMo bis zum Fast-Stillstand und dann extreme Beschleunigung). Das schmeißt Chen einigermaßen sinn- und verstandesfrei großflächig über die Actionszenen, technisch halbwegs kompetent (für einen B-Film), aber es ist trotzdem schmerzlich klar, dass Chen sich wohler fühlen würde, dürfte/könnte/wollte er den Streifen auf eher traditionelle Art inszenieren – mit Wire-fu-Stunts (wobei das wieder so’n Ding ist – in einem altmodischen Kampfsportklopper, der irgendwann zu Ming-Dynastie-Zeiten spielt, hab ich kein Problem mit Kämpen, die hundert Meter durch die Luft gleiten und im Vorbeifliegen zwanzig Gegner mit Tritten flachlegen, aber in einem vergleichsweise „modernen“ Sujet stört’s) und teilweise fast schon poetischen, Tsui-Hark-meets-King-Hu-artigen Szenen (Scholar und Kay haben eine Art „romantic interlude“, während sie an Stoffbahnen hängen, und später, im Showdown, wird dann an diesen Stoffbahnen auf Leben und Tod gekämpft, was ein schöner Bogenschlag wäre, müsste Chen uns nicht mit dem Dampfhammer der Rückblende daran erinnern, DASS wir hier gerade einen poetischen Bogenschlag mitansehen dürfen).

Chen, den die IMDb nicht weiter kennt, von dem aber andere Rezensenten mit mehr Ahnung vom chinesischen Filmbiz behaupten, er sei schon seit 20 Jahren im Geschäft, hat technisch durchaus Ahnung von dem, was er tut, ist allerdings nicht wirklich in der Lage, diese Stilmittel dramaturgisch immer sinnvoll einzusetzen; zumindest ist „Twin Daggers“ aber optisch dadurch nicht langweilig, auch wenn die Spielereien und Mätzchen irgendwann nerven können.

Gut getroffen ist dagegen das Zeit- und Lokalkolorit des 30er-Jahre-Shanghais, ohne dass der Film nach einem signifikanten Budget riecht; Kostüme, Bauten und Props machen einen glaubhaften, authentischen Eindruck. Dafür hapert’s dann an den Stuntleuten – nicht, dass sie schlecht wären, aber wie so oft in eher billigen asiatischen Filmen gehen die Macher davon aus, dass eine rudimentäre Ähnlichkeit von Double und Gedoubletem bestenfalls glücklicher Zufall, keinesfalls aber zwingende Grundvoraussetzung ist. Wer ein Faible für Kämpfe hat, in denen selbst die blinden Dreijährigen mit Krückstock mühelos durchschauen können, dass sich da nicht die „richtigen“ Darsteller hauen, kommt bei „Twin Daggers“ (auch wenn Rhett Giles sich immerhin Mühe gibt, einige harmlosere Stunts selbst zu machen) voll auf seine Kosten.

Womit wir dann nahtlos zu den Darstellern gekommen wären. Rhett Giles, seines Zeichens Stammkraft in Asylum-Werken der Saison 2005/06 („Jolly Roger: Massacre at Cutter’s Grove, King of the Lost World, Dracula’s Curse, „Pirates of Treasure Island“) und dort nur selten durch schauspielerische Klasse aufgefallen, schlägt sich ganz wacker mit dem Versuch, seinem Scholar eine Art junger-Harrison-Ford-als-Indiana-Jones-Touch zu verleihen. Keine große Performance, von der man noch in Jahrzehnten reden wird, aber völlig praktikabel für einen kleinen B-Film. Veronica Bero (die dem Charakternamen „Body“ alle Ehre macht), die ihre Karriere in Troma-Spots und -Skits begann und für die „Twin Daggers“ wohl die bislang mit Abstand bedeutendste Produktoin darstellt, ist keine große darstellerische Leuchte, aber zumindest halsabwärts hinkuckwürdig (leider steckt sie die Produktion, sobald sich die Handlung nach Shanghai verlagert, in ein Tomboy-Kostüm), Joey Covington (den die IMDb unbürokratisch zum ehemaligen Jefferson-Airplane-Drummer erklären will und 2007 mit HK-70er-Top-Star David Chiang „Tai Chi Warriors“ drehte) laboriert an einem recht unglaubwürdigen Charakter, Vasilios E. (hier mit dem Gimmick gesegnet, einen Killer zu spielen, der seine Mordanschläge ausschließlich im Pantomimen-Outfit – sicherlich schwer unauffällig – absolviert und demzufolge auch genau EINE Textzeile hat, zu sehen ist er in im späten David-Carradine-TV-Movie „Kung Fu Killer“) schafft’s tatsächlich ansatzweise, aus einer doch eher lächerlichen Figur eine gewisse bedrohliche Screenpräsenz zu ziehen. Dafür ein kleines Anerkenntniskärtchen. Coco Su (die IMDb kennt keine weiteren Filmrollen) kommt mit der Doppelrolle Kay/Sue leidlich gut zurecht, der Chauvi in mir allerdings gibt zu bedenken, dass speziell in ihrer Kay-Inkarnation jetzt nicht SO umwerfend aussieht, dass ein dem Vernehmen nach kaltblütiger Killer wie Scholar sofort in inniger Liebe entbrennt (ergo: richtige Chemie zwischen den beiden Leads will sich dann auch nicht einstellen).

Bildqualität: Mir liegt die BluRay von Savoy Films vor, die den Streifen in anamorphem 1.85:1-Widescreen präsentiert. Der Print ist nicht gerade ein solcher, der die technischen Möglichkeiten der blauen Scheibe ausreizt – da gibt’s doch einige speckles und Defekte, vor allen Dingen in der Anfangsphase, und auch was Schärfe und Kontrast angeht, bietet die BluRay nicht wirklich Argumente dafür, sie einer handelsüblichen DVD vorzuziehen (außer natürlich, die BluRay ist, wie gerade bei amazon.de, billiger als die DVD). Als DVD-Print wär’s nicht herausragend, aber erträglich, als BluRay-Print ist es natürlich eine Enttäuschung.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton in Dolby 5.1. Der englischsprachige O-Ton ist okay – unspektakulär, aber völlig in Ordnung, die deutsche Synchro qualitativ erträglich und technisch ebenfalls solide.

Extras: Nur ’ne Trailershow.

Fazit: Ich weiß nicht recht – ich würde mich bei vorgehaltener Pistole ziemlich schwer tun, jenseits der gut getroffenen 30er-Jahre-Stimmung Details aufzuzählen, die mir bei „Twin Daggers“ „gut“ gefallen hätten, aber bei allen unnötigen filmhandwerklichen Sperenzchen und überkomplizierten Plotwindungen könnte ich mich ebensowenig zu einem echten Verriß durchringen. „Twin Daggers“ ist B-Kintopp, nicht mehr, nicht weniger, fast schon wegen seiner Anbiederungen an den Actionfilmzeitgeist (in völliger Verkennung von Sinnhaftigkeit und „Gewichtsklasse“ der Produktion) ein sympathisch ehrliches „update“ der Hongkong-B-Filme aus den 80ern. Wer nicht erwartet, Gottes (oder Buddhas) Geschenk an die Martial-Arts-Gemeinde zu sehen zu bekommen, sonden mit einem leichtgewichtigen, geflissentlich überinszenierten (und -komplizierten) Kung-fu-Actionabenteuer seine Freude hat, kommt hier auf seine Kosten. Dafür gibt’s dann einen Querdaumen bzw. neutrale knappe drei von fünf möglichen DVDs…

3/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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