Turbo Kid

 
  • Deutscher Titel: Turbo Kid
  • Original-Titel: Turbo Kid
  •  
  • Regie: Francois Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell
  • Land: Neuseeland/Kanada
  • Jahr: 2015
  • Darsteller:

    Mauro Chambers, Laurence Leboeuf, Michael Ironside, Aaron Jeffery


Vorwort

Die Zukunft des Jahres 1997 – der Krieg zwischen Menschen und Maschinen hat die Welt in einen vom nuklearen Winter heimgesuchten apokalyptischen Alptraum verwandelt, in dem die wenigen Überlebenden alle Hände zu tun haben, Überlebende zu bleiben (ich finde es übrigens zuckersüß, dass die opening narration „nuclear winter“ George-W.-Bush-approved „nukular winter“ ausspricht). Einer dieser Überlebenden ist Kid (Mauro Chambers), ein 15-jähriger Junge, der sich’s in einem Bunker eingerichtet hat und tagsüber mit seinem BMX-Rad nach verwertbarem Schrott sucht. Coole Sachen wie Spielzeug o.ä. wandern in seine Privatsammlung, der Rest wird in der nächsten Siedlung gegen Wasser getauscht. Sein größter Schatz sind allerdings einige Turbo-Rider-Comichefte und in seinen Träumen schlüpft er in die Rolle des Superhelden mit seinem Energiestrahlen verschießenden Turbo-Handschuh.

Eines schönen Tages stolpert er über ein hübsches Mädchen (Laurence Leboeuf). Das aufdringliche, hyperaktive, plappernde, zappelnde und um’s Verrecken nicht loszuwerdende Girl erklärt: „Mein Name ist Apple.“ „Natürlich ist er das,“ seufzt Kid. Es hilft nichts – von nun an hat Kid Apple am Hals. Kaum hat sich Kid endlich an Apple und ihre sprunghafte Persönlichkeit gewöhnt, wird ihm das Mädel auch schon unter der Nase weg entführt. Apple landet im „Pool“, der privaten Kampfarena des örtlichen fiesen Großmoguls und Wasser-Monopolisators Zeus (Michael Ironside). Im Pool wartet auch schon Abenteurer Frederic (Aaron Jeffery), der eigentlich seinen von Zeus ermordeten Bruder rächen wollte, auf sein mehr oder weniger vorherbestimmtes Ende. Denn Zeus‘ Arenaregeln sind flexibel genug, dass niemand überlebt, von dem Zeus es nicht wünscht, und wer nicht überlebt, landet in Zeus‘ „Juicer“ und wird in Trinkwasser umgewandelt. Auf dem Weg zur Rettung seiner neuen Freundin entdeckt Kid einen Bunker – und in dem sitzt niemand anderes als sein Held Turbo Rider – zwar tot und skelettiert, aber mit funktionsfähigem Superhelden-Suit und Turbo-Glove. Das passt doch wie angegossen!

Die improvisierte Rettung ist zwar reichlich konfus, aber erfolgreich – allerdings wird Apple niedergeschossen und entpuppt sich zu Kids dezenter Überraschung als Roboter – ein „einfaches Freundschaftsmodell“, was einiges erklärt. Zwar funktioniert Apple noch, aber ihre Energie geht zur Neige. Ersatzteile gibt’s nur am dank seiner toxischen Gase gefährlichen Roboterfriedhof. Kid und Apple machen sich auf, doch Zeus ist persönlich über die gelungene Flucht seiner Gefangenen angepisst und schickt seinen Häscher Skeltron (Edwin Wright) und seine Henchmen in killender Mission hinter den Entkommenen her…


Inhalt

Wer’s tatsächlich noch nicht mitbekommen hat, der simple Kniff von „Turbo Kid“ ist „Mad Max“ (bzw. genauer gesagt „Road Warrior“) auf BMX-Rädern, und das dann gestaltet als 80er-Jahre-Teeniefilm. Zugegeben ist „Turbo Kid“ damit pretty much ein one-trick-pony, aber dieses Pony ist einfach gut drauf! Es ist einfach wirklich drollig, wenn muskel- und waffenbepackte Burschen in ausgeflippten Rüstungen auf niedlichen Kinderbikes sitzen und sich beim Radeln durch den Steinbruch, der budgetschonend die location of choice bildet, die Waden abstrampeln. Dabei bedient der Streifen trotzdem alle Genretropes des postapokalyptischen Actionfilms (Wasser als zentrale Motivation aller Charaktere, mit Frederick ein Antiheld-Co-Protagonist, und ein megalomanischer Schurke, der von niemand anderem als einem der größten Schurkendarsteller der Actionfilmgeschichte, Michael Ironside, zwar etwas in die Breite gegangen, aber mit genausoviel Fun wie früher, gemimt wird). Der Kniff ist, dass abgesehen vielleicht mal von der Figur der Apple (hihi) nichts darauf hindeutet, dass „Turbo Kid“ sich nicht ernst nähme (was er natürlich in Wahrheit nicht tut. Das ist schon sehr Meta, aus spielerischer Ironie einen unironischen Actionfilm zu drehen), nicht alle dramatischen Beats mitnähme, die sich anböten (Zeus ist natürlich auch der brutale Killer von Kids Eltern, und das Kid wortwörtlich ein „(young) man with no name“ ist, ist ja auch ein Trope für sich).

Die drei Regisseure halten das Tempo naturgemäß hoch, auch wenn’s immer wieder kurze Atempausen gibt, in denen wir dabei zusehen, wie Kid und Apple sich näher kommen (auch trotz des kleinen Handicaps, dass einer Mensch, einer Maschine ist). Die Production Values sind wenig impressiv – wie gesagt, Steinbruch und dazu leerstehende, abgetakelte Fabrikhalle, fertig ist der apokalyptische Backdrop. Was „Turbo Kid“ an Kohle hatte, ging in die Kostüme und die Effekte. Denn eins wollen wir mal sagen – auch wenn „Turbo Kid“, siehe oben, auch ein Teeniefilm ist, es ist auch ein Hardcore-Splatterfilm. Bis dato (ungefähr zur Festivalhalbzeit) ist dieser Film der Höhepunkt in Sachen Körperspaltungen, Kopfexplosionen, Gedärmausweidungen und sonstigem Unerfreulichtum (CGI und praktische Effekte geben sich dabei gegenseitig die Klinke in die Hand).

Coole Mucke (ein wunderschön generischer Actionfilm-Rock-Theme von Stan Bush) und auf 80er getrimmte Elektropop von der Combo „Le Matos“ (die ganz offensichtlich Daft Punk echt knorke finden) wird ebenfalls geboten.

Darstellerisch zieht Michael Ironside, as mentioned above, alle Register seines Könnens, aber auch die leads, Munro Chambers („Godsend“, „Degrassi“), und die zuckersüße Laurence Leboeuf („Being Erica“), leisten achtbare Arbeit. Der Neuseeländer Aaron Jeffery („Waterrats“, „X-Man Origins: Wolverine“, „McLeods Töchter“) hat als Frederick, der „Cowboy“, der Zeus persönlich auf den Sack geht, auch seinen Fun.

„Turbo Kid“ ist sicherlich kein perfekter Film, dafür ist es am Ende halt doch nur ein (wenn auch guter und tragfähiger) Witz und optisch macht die Chose auch nicht sonderlich viel her, aber die Spielfreude der Darsteller, die ganze absurde Prämisse und der beinharte Splatter machen den Streifen trotzdem zu einem perfekten Partyfilm für den blutgierigen 80er-Jahre-Freund!

4,5/5
(c) 2015 Dr. Acula


mm
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