Trauma

 
  • Deutscher Titel: Trauma
  • Original-Titel: Aura
  •  
  • Regie: Dario Argento
  • Land: USA/Italien
  • Jahr: 1993
  • Darsteller:

    Christopher Rydell (David Parsons), Asia Argento (Aura Petrescu), Piper Laurie (Adriana Petrescu), Frederic Forrest (Dr. Judd), Laura Johnson (Grace Herrington), James Russo (Captain Travis), Hope Alexander-Willis (Linda Quirk), Sharon Barr (Hilda Volkman), Brad Dourif (Dr. Lloyd)


Vorwort

Dieweil die Stadt unter den Umtrieben eines kopfabschneidenden Serienmörders leidet, rettet David Parsons, Grafiker bei einem Fernsehsender, einem sechzehnjährigen Mädchen, das sich von der Brücke stürzen will, das Leben. Die Gute ist leider ziemlich undankbar, klaut ihm die Geldbörse und verschwindet – d.h. sie wird umgehend von den Cops aufgegriffen, die sie zurück in die Nervenklinik schaffen wollen. Es gelingt Aura, so heißt sie, wenigstens, zu ihren Eltern, rumänischen Einwanderern, die sich mit der Veranstaltung von Seancen beschäftigen, gebracht zu werden. Doch schon am gleichen Abend schlägt der „Kopfjäger“ zu und enthauptet Mama und Papa. Aura geht erneut stiften und verfällt auf die Idee, bei David unterzutauchen. Während der undurchsichtige Klinikarzt Dr. Judd versucht, die magersüchtige Aura zurück in sein Etablissement zu bekommen, um dort einem traumatischen Ereignis, dass ihre Verhaltensstörung verursacht, auf die Spur zu kommen, mordert der Kopfjäger munter weiter – und zwischen seinen Opfern gibt es einen Zusammenhang, der in der Tat etwas mit Auras Familie zu tun hat…


Inhalt

Nach seinen End-80er-Erfolgen mit Filmen wie „Opera“ gelang es Dario Argento, dem wohl talentiertesten aller italienischen Horror-Fuzzis, tatsächlich, eine Hollywood-Produktion auf die Beine zu stellen, produziert von Amerikanern, mit einem (für B-Film-Verhältnisse) akzeptablem Cast. Leider verzichtete Dario, wie wir ihn kennen und lieben, darauf, sich auch vielleicht in schreiberischer Hinsicht professioneller Hilfe zu versichern, sondern schrob sein Drehbuch mal wieder selbst (in Kollaboration mit einem gewissen „T.E.D. Klein“, was nicht nur aufgrund der Tatsache, dass dieser Person keine weiteren Credits zugeschrieben werden, stark nach Pseudonym für irgendwelche anderen italienische Wichtelhirne riecht). Klar, dass es da mal wieder nur für eine seiner typischen seltsamen Giallo-Plotten reicht…

Ehre, wem sie in der Hinsicht eigentlich nicht gebührt, „Trauma“ ist zumindest etwas stringenter erzählt als sein Okkult-Schmafusi „Inferno“, nicht so himmelschreiend dämlich wie „Opera“, aber trotzdem noch lange nicht „gut“. Aus unerfindlichen Gründen meinte Dario z.B., einen gewichtigen Subplot um Auras Magersucht einbauen zu müssen, der für die Story natürlich keinerlei Relevanz hat (wie übrigens der ganze „Auras verdrängte Erinnerungen“-Kram, der nicht mal aufgelöst wird) und mit reichlich Nachmittags-Talkshow-Psychologie daherkommt (in der englischsprachigen Fassung verwechseln die Strategen sogar „Anorexie“ mit „Bulimie“) – des Rätsels Lösung ist, dass eine der diversen Töchter des Maestros selbst unter Magersucht litt und der Herr Papa, immer dabei, seine eigene Familie auf die eine oder andere Art zugunsten seiner Filme auszubeuten, sich bemüßigt fühlte, dieses traurige Thema im Rahmen eines blutigen Horrorthrillers ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken (aber wer, wie hier, auch kein Problem damit hat, seine minderjährige Tochter vor der eigenen Filmkamera blank ziehen zu lassen, hat moralisch seinen Offenbarungseid schon längst abgelegt). Argento-Apologeten werden natürlich nicht müde, diverse Screenplay-Dumpfschüsse entweder als gewollt zu entschuldigen oder mit einem „ist halt ein Horrorfilm“ achselzuckend zu ignorieren, aber abgetrennte Köppe, die noch sprechen, schreien oder sonstwie von sich reden machen, sind genauso idiotisch (sofern wir keinen übernatürlichen Horror machen und in „Trauma“ sind die vorhandenen „paranormalen“ Elemente auch innerhalb des Filmkontexts getrickst) wie Hauptcharaktere, die gerade aus der Klinik entkommen sind und dort blutige Leichen beobachten konnten (weil der Killer auch grad da war) und sich einen Umschnitt später daheim vor der Glotze wundern, dass es eben in der Klinik Morde gab (ähnlich sinnig ist’s, dass David einen Tag nach dem Mord an Auras Eltern in deren Haus einsteigen kann, ohne dass dort Spurensicherung, Mordermittler oder wenigstens ein Aufpasser zu überlisten wäre). Tausend Bonusminuspunkte verdient sich Argento auch durch das in Italo-Schmodder-Filmen gesetzlich vorgeschriebene Einbauen eines annoying child actors, der – SPOILER voraus – im Showdown sogar noch die entscheidende Rolle übernehmen darf. Herrgott, dem Herrn fällt immer wieder was ein, mich zu nerven, obwohl ich ihm doch eigentlich prinzipiell wohlwollend gegenüberstehe, weil ich eben WEISS, dass er was kann.
Trauma3.jpg
Trauma4.jpg

Immerhin, man kann dem Plot folgen (obwohl wohl einiges an dem Verständnis des Films nicht unbedingt hinderliches als deleted scenes nur im Bonusmaterial der DVD, das ich mir noch nicht angesehen habe, zu finden ist), die Auflösung ist zumindest nicht völlig unlogisch (alldieweil trotzdem ziemlich doof, zumal die Story zuvor ein „false end“ präsentiert, das aber WIRKLICH dämlich ist), damit kann man leben.

Inszenatorisch zieht Argento nicht alle Register seines Könnens – vom Augenschmaus eines „Opera“ ist man bei „Trauma“ weit entfernt, das unbestritten großartige visuelle Gespür des Regisseurs schimmert nur da und dort in einer Einstellung durch – mag sein, dass das beim Argento post-1990 durchaus so geplant war (weil die wenigsten seiner „neueren“ Filme ja einen Vergleich mit seinen 80er-Werken aushalten) und eine Art „künstlerischen Gegenentwurf“ zu seinen früheren opulenten Gewaltorgien darstellen soll, aber es lässt „Trauma“ streckenweise sehr austauschbar wirken. Die Kameraführung von Raffaele Mertes, den Argento aus Italien mitbrachte und dessen Qualifikation die Kameraarbeit im Argento-produzierten Soavi „The Sect“ darstellte (und später hauptsächlich mit deutsch co-produzierten Bibel-Filmen sein Geld verdiente), ist also erwartungsgemäß okay, mit einigen schönen POV-Sequenzen und netten Einstellungs-Ideen, aber nicht SO überwältigend, wie man es von Argento erwartet, der Schnitt, besorgt von Argento selbst, gelegentlich unübersichtlich. Tempomäßig könnte man auf die Idee kommen, eine leichte Straffung hätte dem Film nicht geschadet (man hätte eben den Magersuchts-Subplot ersatzlos streichen können). Pino Donaggios Score liegt manchmal extrem neben der Spur… und warum man den Film unbedingt mit dem Auftritt einer Reggae-Band (ja, die ist wohl in den deleted scenes schon mal dabei) beenden musste, erschließt sich mir nicht wirklich.

Härtetechnisch kann „Trauma“ trotz der erneuten Mitwirkung von Gore-Papst Tom Savini nicht mit früheren Argentos mithalten – die Enthauptungen mittels einer elektrischen Drahtschlinge sind zwar, äh, „gefühlsmäßig“ recht ruppig, aber in ihrer filmischen Umsetzung vergleichsweise zahm – ein Schlachtefest ist „Trauma“ nicht, für ’ne Indizierung hat’s hierzulande trotzdem gereicht. In der Rubrik „nackte Tatsachen“ sind, wie bereits angedeutet, die Knospen der jungen Asia zu vermelden.
Trauma5.jpg
Trauma6.jpg

Auch wenn der Cast für Argento-Verhältnisse ziemlich namhaft ist, hat er doch ein Problem und zwar ausgerechnet was die Hauptdarsteller angeht. Christopher Rydell (vor „Trauma“ größte Ruhmestat eine größere Nebenrolle im charmanten 80er-Spaß „Gotcha!“, danach mit eher, ähm, übersichtlicher Karriere) ist in treuer Tradition des italienischen Horrorfilms eine charismafreie Knalltüte mit der Ausstrahlung einer leeren Knäckebrotpackung, der nie eine emotionale Connection zum Zuschauer herstellen kann. Asia Argento, damals 17 Jahre jung, war in ihrer ersten Hauptrolle natürlich auch nicht soweit, den Film, was aufgrund des charisma-black-holes neben ihr nötig gewesen wäre, im Alleingang zu tragen, ist aber bereits im jugendlichen Alter schmuck anzusehen.

Anerkenntnispunkte verdient Argento sich für das inspirierte Casting Piper Lauries („Carrie“, „The Faculty“, „Twin Peaks“), die nach Herzenslust overacted und sich im übrigen mit Co-Star Frederic Forrest („Apocalypse Now“, „21 Jump Street“, „The First 9 1/2 Weeks“) bereits beim Dreh einig war, dass der Streifen Kappes sei (und ihn sich folgerichtig auch nie fertig ansah). Mit Laura Johnson (ewige Zeiten bei „Falcon Crest“), Hope Alexander-Willis („California Clan“, „Plötzlich Prinzessin“) und Sharon Barr („Max Headroom“, „Schwiegersohn Junior im Gerichtssaal“) heuerte Argento für die Nebenrollen routinierte, aber sträflich unterbeschäftigte US-TV-Akteure an. Ebenfalls underused: James Russo („Donnie Brasco“, „The Postman“, „Extremities“), der gelangweilt durch seine uninteressante Rolle als Polizeicaptain schlafwandelt. Leben in die Bude bringt der immer zuverlässige Brad Dourif („Herr der Ringe“, „Halloween“-Remake, „Alien Resurrection“) in einem Drei-Minuten-Auftritt als abgewrackter Ex-Arzt.

Bildqualität: Die nicht mehr ganz taufrische Laser-Paradise-DVD präsentiert einen recht guten 2.35:1-Print (non-anamorph) mit passablen Schärfe- und Kontrastwerten und ohne Störungen, Defekte und Verschmutzungen.

Tonqualität: Geboten wird deutscher und englischer Ton jeweils in Dolby 2.0. Die deutsche Fassung laboriert an einer recht schlampigen Synchronisation, ist aber zumindest rein von der akustischen Qualität brauchbar, wenn auch nicht sensationell.

Extras: Deleted scenes, der Trailer und „Star-Infos“ werden geboten. Für LP ist das schon ’ne Special Collector’s Edition…

Fazit: „Trauma“ ist sicherlich kein schlechter Film, auch wenn sich das oben anders angehört haben mag. Argento in mediokrer Form ist immer noch wesentlich besser als seine „Spätwerke“ wie „Sleepless“ oder „The Card Player“, die Story ist verhältnismäßig geradlinig und das Acting abseits der Hauptrollen ist solide – und im Vergleich zum typischen US-Slasher ist auch ein mittelmäßiger Argento stilistisch hochwertig. Dass der Meister bis zu seinen „Masters of Horror“-Aufgaben in Hollywood kein Bein mehr auf den Boden bekam, liegt wohl eher daran, dass der Italo-Giallo-Stil ganz einfach nicht zu den Sehgewohnheiten des US-Mainstreams passt. Endurteil: kann man kucken, muss man aber nicht. Durchschnittskost von einem, der es besser können sollte, aber oft genug wohl einfach nicht will.

3/5
(c) 2007 Dr. Acula


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments