- Deutscher Titel: Tramping
- Original-Titel: Tramping
- Regie: Thorsten Hastenteufel
- Land: Deutschland
- Jahr: 2005
- Darsteller:
Alice (Andrea Roos)
Alex (Uwe Köhler)
Brian (Jens Isberner)
Justin (Patrick Schlicher)
Dave (Patrick Pleines)
TJ (Carsten Kohlberger)
John Doe (Marco Kirsch)
Sandra (Sabrina Eiden)
Steve (Sven Hippler)
TV-Sprecher (Dieter Hastenteufel)
Vorwort
Abt. Per Anhalter ins Verderben
Die oben zitierte Warnung verdient nicht von ungefähr einen eigenen Abteilungstitel, denn, wenn ich richtig mitrechne, ist Tramping immerhin schon der vierte hier besprochene Film, der sich mit den Gefahren des Daumen-raushaltens (für Fahrer und Tramper) beschäftigt (for the record: mir fallen Reviews für Hitcher, Hitch-Hike to Hell und Tramper ein).
Unser heutiges Prachtexemplar schneite eher unangekündigt in meiner Packstation vorbei, als Bestandteil eines 3-DVD-Päckchens, das mir vom Maestro der Amateurfilmschmiede 187 Films ans Herz gelegt wurde und wurde durch des Doc´s bewährtes Zufallsprinzip zum ersten zu besprechenden Film der Materialspende erklärt, auch unter der Voraussetzung, dass es sich dabei (wie allerdings auch bei den beiden anderen Werken, weswegen ich kurzzeitig ein Dreifachreview erwogen hatte) um einen Kurzfilm handelt (und der stressgeplagte Doc im Vollzeitjobhassel ist ja ganz froh und dankbar, wenn er nicht nur Dreistünder vor die Flinte bekommt).
Da mir einerseits nicht wirklich enzyklopidarische Vorabinformationen vorliegen und ich andererseits heute auch nicht in Laune bin, im Vorwort quasi einen Blog-Eintrag zur allgemeinen Welt- und Stimmungslage zu verfassen, wollen wir ausnahmsweise mal ohne weiteres Geschwafel direktemang zum Film kommen. Mal sehen, was Thorsten Hastenteufel (ich bitte das nicht despektierlich zu verstehen, aber das ist ein cooler Nachname vor dem Herrn) und seine Crew auf der Pfanne haben.
Die miserable Screenshot-Qualität geht übrigens nicht zu Lasten des Films an sich – da sich offenbar sämtliche Amateur-/Indie-Filmemacher dieses unseres Landes dazu verabredet haben, ihre Werke auf DVD-R zu verbreiten und mein PC-Laufwerk bekanntlich nur DVD+R verarbeiten mag, ich aber nicht gänzlich auf Screencaps verzichten mochte, habe ich zum verzweifelten Mittel des Abfotografierens vom Fernseher gegriffen.
Inhalt
Zunächst mal wissen sie jedenfalls, dass jeder neumodische Horrorfilm, und um einen solchen handelt es sich schließlich hier, eine Teaser-Sequenz braucht. Also steht die junge Sandra gottverlassen in der Pampa und ist offenbar bestellt, aber nicht abgeholt. Flugs wird der Daumen rausgestreckt und gehofft, dass auf dieser Provinztrasse irgendwann mal ein freundlicher Autofahrer des Weges kommt. Tatsächlich naht ein Opel Astra. Nun gibt es Menschen, die aus Prinzip nicht in einen Opel einsteigen würden, und wenn´s die letzte Karre auf der Welt wäre, aber unsere Anhalterin ist nicht so wählerisch, auch wenn der Fahrer ein Scherzkeks ist, der erst noch ein Stück weiterfährt, anhält und doch ganze zwei Meter oder so zurücksetzt. Nun, das alles dünkt unserer Protagonistin nicht weiter suspekt, ebnesowenig, dass die Sitze der Kalesche mit Plastikfolie abgedeckt sind (und zwar nicht mit dieser enganliegenden „damit-ja-kein-Staubkorn-drankommt“-Variante, sondern ein paar Quadratmetern ordinärer Anti-Sudel-Beschichtung). Das Mädel wünscht in der nächsten Ortschaft abgesetzt zu werden, der Fahrer jedoch hat andere Pläne und lässt durchblicken, wozu Zentralverriegelung gut sein kann. Ein diesbezügliches Veto der Hitch-Hikerin wird durch einen Messerstich in den Denkerschädel glatt abgeschmettert. Zufrieden mit sich und der Welt hält der Fahrer an und hackt am Straßenrand gut motiviert auf die Leiche ein, um anschließend sein Notizbuch aufzuschlagen und auf seiner Strichliste seinen neuesten erfolgreichen Kill zu vermerken. Angesichts des blanken Schädels, mit dem er von sich selbst überzeugt posiert, macht der das wohl nicht erst seit gestern…
Womit wir zum Vorspann und anschließend unserer, ähempt, Haupthandlung kommen können. Durch die Prärie latscht ein Geschwisterpärchen namens Alex und Alice. Die beiden wollen zu einer Festivität für die örtliche Dorfjugend, die am See ausgerichtet wird. Dorthin zieht es auch auch, eingeführt von einem gar fröhlichen Hip-Hop-Song („Wenn wir kommen, gibt´s ne Massenschlägerei“), einen Fünferpack sympathischer Jungburschen, read Möchtegern-Aggro-Dumpfproleten, angeführt von einem gewissen Brian. Zwischen Brian und zweien seiner Getreuen besteht eine geringfügige Meinungsverschiedenheit über die wandertechnischen Navigationsfähigkeiten des ultimo gang leader. Der Gesprächsbedarf wird eloquent ausdiskutiert: „Verpisst euch doch!“ – „Deine Mudda!“ Die zwei Mann starke Opposition würde sich theoretisch dafür entscheiden, den weiten Weg zum See auf eigene Faust zu finden, aber Brian schickt den Trennungwilligen noch ein paar nett gemeinte Beleidigungen auf den weiteren Lebensweg, was kritisch gesehen und mit Dresche bestraft wird. Unpraktischerweise für die Rebellen sind sie zahlenmässig zwei zu drei unterlegen und beziehen daher demokratisch ausgeteilte Prügel (unter Bud-Spencer-mäßigen WHOOMP-Schlaggeräuschen). Peinlicherweise bezieht Gangchef Brian zwar die heftigste Kloppe, aber seine loyalen Untergebenen rächen den Niederschlag erfolgreich und helfen dem gestrauchelten Anführer wieder in die Vertikale. Brian revanchiert sich bei seinen neuen Todfeinden noch durch den ein oder anderen gezielten Tritt in die Weichteile, ehe die Unterlegenen Steve und Dave wie geprügelte Hunde (und aufgrund der eingeschenkten Prellungen u.ä. eher langsam) vom Acker humpeln.
Obwohl ich persönlich nach einer solchen Abreibung jetzt nicht mehr unbedingt motiviert wäre, zu einer Party zu gehen, speziell zu einer, bei der eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, der anderen Partei der Prügelei wiederzubegegnen und ein Rematch vom Zaun zu brechen, entscheiden sich Dave und Steve justament dafür. Nur eigenfüßig laufen wollen sie dann doch nicht, trampen wäre doch eine hervorragende Idee…
Dieweil Alice und Alex immer noch durch die Landschaft wandern und Alice ihr Bruderherz dezent annölt, weil auch ihr der Marsch auf die Nerven zu gehen beginnt, erreichen auch Brian und seine verbliebenen Kumpane (zumindest den einen, der einen Strickpullover Marke Mamas Liebling trägt, würde ich eigentlich aus Prinzip aus einer evil-urban-ghetto-Bande ausschließen) und verfallen ebenfalls auf die gloriose Idee, den Rest der Wegstrecke motorisiert zurückzulegen. Zu ihrem persönlichen Pech hält ein Opel Astra… (mir wäre das schon aus dem Grund suspekt, da vermutlich kein normaler Mensch eine Gruppe mitnehmen würde, deren Mitglieder blutiggeprügelte Visagen spazierentragen). Aus unerfindlichen Gründen fummelt Brian am Astra-Kofferraum rum (will er da drin mitfahren?), woraufhin der Fahrer berechtigterweise anmerkt, dass der Inhalt desselben Brian ja nun wirklich nichts angehe.
Die drei krassen Aggros entern also das Gefährt. Der Driver macht einen auf den großen Schweiger, so dass Brian und seine Jünger sich genötigt sehen, das akustische Vakuum durch unauffälliges Geflüstere zu füllen. So bemerken sie durchaus die Plastikfolie, verstehen dies aber eher fälschlich als Hommage an die oben angesprochene Unsitte, Wohnzimmercouchen in Plastik zu verpacken, und kommen, in Person von Brian, zu dem Schluss, dass es sich bei dem Besitzer des Mobils um eine „Schwuchtel“ handeln müsse (eine Line wird des Flüsterns wegen sogar untertitelt). Unser killender Fahrerfreund reagiert wortkarg, nichtsdestoweniger ungehalten, produziert eine Wumme und dekoriert die hintere rechte Seitenscheibe liebevoll mit dem Gehirn des vorlauten Fahrgasts. Dies setzt bei Brians den Beifahrersitz besetzenden Kumpel TJ einen Denkprozeß und damit einhergehend einen Fluchtreflex in Gang. Er spurtet los, aber der Killer lässt sich so leicht nicht von seinem Hobby abbringen. Aus dem Kofferraum holt er ein Schießgewehr. „Wir hätten so viel Spaß miteinander haben können“, seufzt er, was ihn nicht daran hindert, TJ per Blattschuss in den Rücken zu erlegen (da wird´s dann auch mal gorig, aber ehrlich gesagt – ich glaub´ nicht, dass ´ne Schusswunde im Rücken SO aussieht).
Der Pulloverträger (namens Justin), der unbegreiflicherweise bis eben jetzt immer noch brav auf dem Rücksitz (neben dem Gehirndurchgepusteten) sass und offenbar geistig abwesend war, kommt spät, aber immerhin, auf die Idee, dass es vielleicht eine nicht gänzlich unchefmäßig wäre, sich doch jetzt aus dem Automobil zu dematerialisieren, blöderweise aber auch auf die, zwei Meter neben der Karre rumzustehen und den Killer mit hysterischen „hol mich doch, du Wichser“-Rufen zu provozieren. Tut er dann auch – er steht nämlich hinter ihm und schneidet ihm die Gurgel durch, ehe er ihm durch ein paar schwungvolle Messerstiche mittschiffs den Rest gibt. Bei aller Freude an seiner Beschäftigung ist der Killer doch leicht angepisst: „Jetzt muss ich wieder die Scheißfolie saubermachen!“ So´n Ärger. Dass die Opfer darauf auch nie Rücksicht nehmen, selbstsüchtiges Pack!
Es kann jedoch der vorbildlichste Hygieniker nicht in Frieden säubern, wenn ein lästiger Zeuge des Weges kommt. Der neugierige Wandersmann erkundigt sich interessiert, was der Killer denn genau da treibt. Die Auskunft, dass ihn das nix angehe, befriedigt den Neuankömmling nur bedingt; er deutet an, durchaus willens und in der Lage zu sein, die uniformierten Gesetzeshüter auf die potentiell unrechtmäßigen Vorgänge aufmerksam zu machen. Das Handy hat man ja immer dabei. Der Killer zückt, irgendwo verständlicherweise diesem Vorhaben eher ablehnend gegenüber stehend, seine Wumme, was die potentielle Petze nicht wirklich berührt. Mutig, mutig, dieser junge Herr, aber leider halt auch ein bissl dämlich. Die provokante Frage, was der Killer denn zu unternehmen gedenke, wenn er (also der Petzerich) sich von seiner Idee nicht abbringen lässt, würdigt der Killer nur einer nonverbalen Antwort der bleihaltigen Sorte, das dafür aber gleich fünfmal.
Nun kann der Killer zur Zerteilung schreiten. Bzw. zum Bauchaufschneiden, denn ein Souvenir von jedem Opfer, das hätte er dann doch schon gern für die Sammlung; passende Einmachgläser finden sich denn auch im gut sortierten Astra-Gepäckraum. Jupp, es wird gory.
Indes unterhält Alex sein Geschwisterchen zwecks allgemeiner Stimmungshebung mit der urbanen (oder in diesem Fall eher ruralen) Legende des Tramper-Killers. „Das sagsst du mir JETZT?“, keift Alice entsetzt. „Du wolltest es doch wissen“, ist Alex beleidigt und fügt an, dass diese ganze Geschichte natürlich nur von irgendwelchen Hohlschratzen ausgedachter Blödsinn sei. Naja. Jedenfalls mögen auch Alice und Alex nicht mehr weiterlaufen, sondern lieber per Anhalter weitercruisen. Da kommen sie natürlich beim Killer an den Richtigen… Alex bedankt sich artig für die Mitnahme: „In der Gegend laufen ja seltsame Leute rum!“ Z.B. eben ein mysteriöser Killer, der schon zwölf Leute umgebracht haben soll. „Sogar 43,“ korrigiert der Killer (´n fleißiges Lieschen…), dem übrigens der ein oder andere Zahnarztbesuch in der Vergangenheit nicht geschadet hätte. Da stutzt der Fahrgast, woher weiß der Knabe das? „Ich hab so meine detaillierten Informationen“, lächelt der Killersmann und, für den Fall, dass wir die ein oder andere relevante Plotentwicklung nicht mitbekommen haben sollten, wird per Flashback ein weiteres Beispiel für die akkurate Buchführung des Mörders eingeblendet. Back in the present hält der böse Mensch weitere Vorträge über die Arbeitsmethode des Tramperkillers. Die Polizei, doziert er, tut sich beim Identifizieren der bislang gefundenen Leichen schwer, weil der fiese Meuchler seine Opfer bevorzugt zerstückelt. Außerdem weiß er, dass der garstige Entleiber gerne mal lustigen Schabernack treibt und den Kadavern die Bäuche aufschlitzt und sie ihnen die Gedärme oder andere Innereien entnimmt. „Ist das nicht krank?“, freut sich der Killer ein Bein ab. Seine mittlerweile leichter Nervosität anheim gefallenen Mitfahrer sind geneigt, ihm da zuzustimmen, doch diese Art Zuspruch findet nicht sein Wohlgefallen: „Der ist BRILLANT!“, korrigiert er und bescheidet überdies den vorsichtig geäußerten Wunsch seiner Gäste, das mittlerweile angehaltene Gefährt verlassen zu dürfen, abschlägig. „Haltet die Schnauze!“, brüllt er, hält Alex die Knarre vor die Nase und nötigt ihn, aus dem Handschuhfach ein paar Handschellen zu extrahieren, mit denen sich „deine Freundin“ („er ist mein Bruder“, wagt Alice einzuwenden, aber Verwandschaftsverhältnisse interessieren den Killer nun wirklich gar nicht) doch bitteschön an den Kopfstützen des Beifahrersitzes festschnallen möge (besser als Gurt & Airbag!). Nun möchte er die beiden gerne umbringen und verhackstücken, „und danach erhol ich mich, vielleicht unten am See, hähä!“ Alex hält das für verrückt. „Das ist ein brillanter Plan“, widerspricht der Killer (soweit man von „Plan“ reden kann). Alice verlangt Auskünfte über die Motivation des Killers und auch Alex ist der Ansicht: „Sie müssen das nicht tun!“ Der Meinung ist der Mörder aber schon: „Ich will meine Grenzen ausloten“, und außerdem, da hat er ja nicht unrecht, „jeder braucht ein Hobby!“ (Hey, das ist eine meiner Trademark-Zeilen!). Alex nimmt seinen vorhandenen Mut zusammen und haut dem Killer was auf die Glocke (ich wäre evtl. ergriffener, wenn er sich dabei nicht halb totlachen würde). Zwar legt der Killer sich zu einem kurzen Sekundenschläfchen nieder, ist aber schnell wieder zweikämpfenderweis´ dabei. Da man sich im Inneren eines Astra nicht wirklich gut kloppen kann, verlagert sich das Geschehen nach draußen. Alex provoziert den Killer grinsend, der allerdings holt wieder sein großes Schießeisen aus dem Kofferraum. Anstelle aber nun Alex umzuballern, lässt der Schwachmat sich auf einen weiteren Zweikampf ein. Nach diversem Handgemenge gelingt es ihm allerdings, Alex in den Bauch zu schießen.
Das ist zuviel für Alice, die sich mittlerweile aus ihren Handschellen befreit und auf den Fahrersitz geschwungen hat (doof für den Killer, dass er den Schlüssel hat stecken lassen). „Was ist denn das für eine Scheiße?“, wundert sich der Killer, als er in den Kühlergrill des auf ihn zubrausenden Opel kuckt (und es ist wirklich demütigend, von einem Opel überfahren zu werden. ´n Porsche, das hat Stil). Gut, unser Killer mag kein personifiziertes Böses auf zwei Beinen sein wie Michael Myers, aber von so einer kleinen Unterbodeninspektion lässt er sich noch lange nicht besiegen. Während Alice Alex aufsammelt und mühselig gen Auto schleppt, sortiert der Killer seine Knochen, nimmt sich sogar noch Zeit dafür, die verlorene Armbanduhr wieder anzulegen und schlurft mordlüstern in the world´s slowest foot chase hinter den Geschwistern her. Weil Alice mit dem Stützen ihres Bruders komplett präokkupiert ist, entgeht ihr der nachstolpernde Bösbursche. Der schleudert teuflisch Alex in die Wiese und würde ihn nun gern fertigmachen. Alice hat die Faxen dicke, greift sich das Gewehr und legt auf den Killer an. Sieht nach einer Pattsituation aus, alldieweil der Killer seine Pistole auf Alex anlegt, aber der für einen Bauchschuss noch recht fidele Alex wischt den Killer per Fußfeger zu Boden. Alex kraucht in Sicherheit und Alice verwandelt nachtragenderweis´, da der Killer sie vorher mal als „Schlampe“ tituliert hat, dessen Kopf in eine yucky gory mess…
Mit dem erbeuteten Auto des Killers fahren die Geschwister wie einst Peter Rubin irgendwohin, doch die Kamera zoomt bedeutungsvoll auf das Kennzeichen und fährt liebevoll die blutigen Details des Kofferraums (Mordwerkzeuge, Leichenteile, blutiger Schädel) ab. Hm, ich glaub´, da könnte Erklärungsbedarf auf unsere Helden zukommen.
In der Tat meldet epilogartig ein TV-Newsflash, dass die Polizei nach einem Wagen mit gewissem amtlichen Kennzeichen fahndet (wer auch immer den Cops selbiges geflüstert haben sollte…). „Das Mysterium ist grausame Realität geworden“, salbadert der Nachrichtensprecher (welches „Mysterium?“ Ich dachte, die Polizei hat schon zwölf Leichen gefunden? Waren die nicht real genug?) und spart auch nicht an (nun auch bildhaft gezeigten) Details über das Ableben von Dave und Steve…
Ich versuche ja zumeist, bei Amateurfilmern die Messlatte nicht gar so hoch anzulegen (außer bei Konsorten wie Schnaas und Co., die ihr Zeug professionell vermarkten lassen und damit „fair game“ sind), aber ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich meine Eindrücke zu Tramping in angemessener Form niederschreiben soll. Okay. Sich feige um klare Worte drücken, hilft keinem, weder mir noch den Lesern noch den Machern. Der Film hat mir nicht wirklich gefallen. Sorry. Puh, das ist raus.
Gut, dass die Story nicht weltbewegend ist (wie oben schon gesagt, so ganz neu ist das Prinzip nicht, sowohl für mörderisch veranlagte Anhalter als auch, wie hier, Mitnehmer, gibt´s genug filmische Beispiele), darüber will ich noch nicht mal schimpfen. Hat halt nicht jeder den Anspruch, Shakespeare zu verfilmen, auch wenn, wie hier auch schon dargelegt, es ja durchaus möglich ist, in ´ner halben Stunde ´ne richtige Geschichte zu erzählen und nicht nur Kill an Kill zu hängen. Aber es ist halt mein persönliches Steckenpferd, etwas mehr oder auch nur etwas anderes als den x-ten Feld-, Wald- und Wiesenslasher zu sehen (und in der deutschen Szene ist „Feld-, Wald- und Wiesenslasher“ ja auch rein location-technisch durchaus programmatisch zu sehen), so verlockend, da einfach zu realisieren, es für Nachwuchsfilmemacher auch sein mag. Tramping hat halt leider wirklich nicht mehr zu bieten als eine Gruppe cannon fodder, den Satz apostrophierter Überlebender (ausnahmsweise halt mal zwei Mann bzw. ein Mann/ein Frau hoch) und den psychopathischen Killer. Ein echter Plot ist das halt nicht. Simple Slasherkost kann man mir in dem Kontext dann am ehesten durch einen selbstironischen-parodistischen Ansatz schmackhaft machen (remember Teutokill 2), was in Tramping zumindest phasenweise durchschimmert (nicht nur aus noch zu würdigenden schauspielerischen Gesichtspunkten). Zumindest hoffe ich mal stark, dass Geschichten wie die Hip-Hop-Aggros (inklusive Norwegerpulliträger) nicht ernst gemeint sind… In diese Kategorie fällt für mich auch die Zeichnung des Killers – ein von sich selbst sichtlich begeisterter Typ, der seinen nächsten Opfern detailfreudig aus „Sicht eines Dritten“ seinen modus operandi beschreibt und als Motivation nichts weiteres als das schlichte „jeder braucht´n Hobby“ anzubringen vermag (möglicherweise bin ich leicht zu erheitern, aber an der Stelle musste ich echt grinsen).
Der Verzicht auf jegliche Art von Background führt aber zwangsläufig dazu, dass das Gezeigte ziemlich repetetiv wird – mit 35 Minuten Laufzeit schrammt Tramping schon hart an der Grenze des Tolerablen für eine letztliche „one-joke“-Geschichte (und vermutlich darf man dankbar sein, dass die Kills an Steve und Dave off-screen bleiben; dafür ist die Episode um den neugierigen Augenzeugen leider nur halb so witzig wie vermutlich intendiert. Der bewusste Zeuge wirkt nur suizidär veranlagt, größeren ironischen oder parodistischen Wert hat die Szene nicht). Den Epilog der TV-Nachrichten hätte man sich IMHO schenken können – so das Publikum nicht völlig debil ist, wird durch die Schlusseinstellung der eigentlichen Geschichte klar genug, dass Alice und Alex jetzt selbst ein Problem mit den Ordnungsmächten am Hals haben sollten (und zu der Unsitte deutscher Amateurfilmer, so zu tun, als würden ihre Filme im englischen Sprachraum spielen, wo doch alles erkennbar in Deutschland gedreht wurde, siehe Autokennzeichen „SB“, hab ich mich schon oft genug geäußert. So´n Film kann doch auch in der Lüneburger Heide spielen, wo iss´n da das Problem?)
Technisch ist der Film, so leid´s mir tut, auch nur auf unterem Amateur-Niveau. Es gibt positive Ansätze in der Kameraführung (sie obliegt in Kollektivarbeit praktisch allen beteiligten Schauspielern), die vergleichsweise dynamisch wirkt – die Kamera ist nicht an einen Punkt festgenagelt, sondern bewegt sich (wenn auch etwas rumplig) innerhalb eines Shots, auch mit Zooms wird experimentiert. Andererseits wird notgedrungen, weil sozusagen on location im Auto gedreht, sehr viel vom Autorücksitz aus fotografiert, was visuell nicht sonderlich anregend ist. Die Regie selbst offenbart ihre größten Probleme mit der Schauspielerführung, worauf ich ein paar Absätze später noch eingehen werde. Das Tempo des Streifens ist erträglich, wenngleich der Film, wie gerade gesagt, für das, was er an Story zu bieten hat, schon etwas auf der länglichen Seite liegt.
Ein großes Problem habe ich mit dem Schnitt. Zwar ist das Bemühen, den Schnitt, wenn´s angebracht ist, mit dem Soundtrack (der von der Musikauswahl okay, aber nicht weltbewegend ist) abzustimmen, zu bemerken, aber hier machen sich die ärgsten technischen Unzulänglichkeiten bemerkbar. Praktisch jede Einstellung endet mit einer kurzen Schwarzblende, und da es zu solchen Schwarzblenden des öfteren auch innerhalb einer Dialogszene kommt, irritiert das auf Dauer doch deutlich; das reißt mich zumindest gewaltsam aus der Szene heraus; ich könnte damit leben, wenn man damit den Umschnitt zu einem Gore-Effekt kaschiert, aber zwischen zwei Sätzen der selben Figur innerhalb ein und derselben Szene (vermutlich weil da zwei Takes aneinandergetackert wurden), wirkt das unprofessionell und home-video-mäßig.
So´n kleines persönlichen Hassel hab ich schon immer hinsichtlich On-Screen-Kloppereien, die mit Dampfhammer-Schlaggeräuschen versehen werden. Das mögen andere Zuschauer unkritisch sehen, aber ich halte solche Sound FX nur in Comedys oder Eastern tauglich. Die Gore-Schmoddereien, ohne die´s natürlich nicht geht, sind technisch von der schlichten Seite. Der Kopfstich im Teaser ist natürlich simpel durchschaubar, die Rückenschusswunde sieht nicht wirklich echt aus, der zerschossene Killerkopf ist wenigstens recht hübsch eklig, wenn auch nicht gerade angsteinflössend; außerdem ist das Kunstblut mal wieder verdächtig himbeersaftfarbig. Die vielfältig angesprochenen und implizierten Verhackstückungen finden außerhalb des Bildausschnitts statt.
Nun zum Thema Schauspielerei. Es ist ja schön, wenn die Mitwirkenden mit großem Enthusiasmus und viel Spaß dabei sind, dagegen ist grundsätzlich nix zu sagen. Es wäre aber freilich schon schön, wenn die Beteiligten in als „intense“ gedachten Szenen (wie der Konfrontation Alex/Killer im Auto) nicht mit breitem Grinsen agieren würden – da muss man dann halt mal auf die metaphorische Zitrone beißen, um mit einer gewissen mimischen Ernsthaftigkeit an die Sache heranzugehen. Ein weiterer Kritikpunkt – die Darsteller scheinen sehr sehr oft verdächtig lange auf ihren Einsatz zu warten; in der Szene, in der uns die Aggro-Gang vorgestellt wird und drehbuchgemäß heftig gestritten wird, warten die Akteure teilweise sekundenlang mit ihrer nächsten Line oder Aktion; da wird dann schon mal eine ganze Weile lang rumgestanden, bis jemandem einfällt, dass er jetzt doch vielleicht etwas sagen sollte (gerade wenn das Script einen Streit verlangt, sollten die Jungs sich ja eher gegenseitig ins Wort fallen, anstatt diszipliniert zu warten, bis der jeweils andere ausgesprochen hat und dann noch ´ne Respektspause einzulegen) – da muss man als Regisseur sich einfach mal die Leute zur Brust nehmen und ´nen zweiten Take machen, in dem´s hoffentlich etwas glaubwürdiger rüberkommt, da macht sich mangelnde Routine bemerkbar (okay, jeder fängt mal an, aber das sollte einem auch am Dreh schon auffallen; ähnlich ist´s mit Szenen wie dem Kill an Brian und seiner Gang, als Justin/Pulliman nach dem Schnitt zu urteilen ewig lang im Auto sitzen bleibt, während der Killer Brian und TJ meuchelt, bis er auf den Gedanken kommt, jetzt vielleicht doch mal probehalber auszusteigen. Mit solchen lässlichen Fehlern – der Vorgang des Aussteigens müsste ja nicht unbedingt * gezeigt * werden – untergräbt der Regisseur selbst die suspension of disbelief. Anstelle des Optimalfalls, als Zuschauer „in die Handlung hineingezogen zu wreden“, rekapituliert man halt „ah, da wartet einer auf ´action´“. Schade).
Wie schon am Anfang des letzten Absatzes ausgeführt, schafft´s keiner der Akteure, eine Szene in der nötigen Emotion zu spielen – weder die Streitereien unter der Gang, die Panik der bedrohten Opfer (ganz besonders deutlich wird´s, als der Killer Alex und Alice im Auto bedroht und Alice überhaupt nicht transportiert, dass sie mit Fug und Recht panische Angst haben sollte). Einzige Hastenteufel selbst als Killer kommt einigermaßen glaubhaft fies rüber (Dieter Hastenteufel, ich rate mal, der Vater des Regisseurs, orientiert sich in seiner kleinen Rolle als TV-Anchorman an Criswell, was das Ablesen von Texten angeht).
Die DVD kommt in anamorphem Widescreen (wobei ich irgendwie glaube, dass die Codierung nicht ganz stimmt. Das Bild kommt mir etwas gestaucht vor) in guter Bildqualität. Beim Ton feiern wir Wiedersehen bzw. -hören mit der alten Krankheit, dass der Live-Ton verwendet wurde und demzufolge gelegentlich an der Unverständlichkeitsgrenze kratzt. Als Extras gibt´s den Trailer, eine Gagreel und eine Bildergalerie. Nähere Infos zum Erwerb finden sich auf der Website 187-films.com.
Letzte Worte: Tramping überzeugt mich, so ungern ich ein Amateurfilmreview mit wenig wohlwollenden Worten schließe, gar nicht. Formale und handwerkliche Schwächen, gepaart mit zwar enthusiastischen, aber auch im Amateur-Kontext schwachen darstellerischen Leistungen und einer von Anfang an nicht sonderlich originellen oder ergiebigen Idee sorgen dafür, dass sich wirkliches Sehvergnügen (auch nicht auf die Camp Corpses-mäßige Weise der unfreiwiligen Komik) nicht einstellen will. Trotz kleiner positiver Ansätze (die akzeptable Kameraarbeit und Thorsten Hastenteufels Performance als Killer) – ich musste mich sowohl durch Film als auch Review ziemlich quälen. Aber wer weiß – vielleicht sind die beiden anderen Filme der Werkstatt, die mir vorliegen, ja besser. Tramping jedenfalls ist nur was für die hartgesottenen Allesseher unter den Amateurslasherenthusiasten.
(c) 2006 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 9
BIER-Skala: 2
Review verfasst am: 01.04.2006