Torrente – Mission Marbella

 
  • Deutscher Titel: Torrente - Mission Marbella
  • Original-Titel: Torrente II - Mission Marbella
  •  
  • Regie: Santiago Segura
  • Land: Spanien
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    Santiago Segura (José Luis Torrente), Gabino Diego (Cucu), Tony Leblanc (Mauricio Torrente), José Luis Moreno (Spinelli), Inés Santre (Schöne Sängerin), Arturo Valli (Fabrizio), Juanito Navarro (Bürgermeister von Marbella), Rosanna Walls (Robertson)


Vorwort

Schwere Schicksalsschläge haben den ehemaligen Bullen Torrente dazu gezwungen, sein Dasein auf niedrigstem Niveau auf Marbella, der Insel der Reichen und Schönen, zu fristen (sein einstmals vorhandenes Vermögen hat die Blödbirne nämlich verzockt). Mehr oder weniger (eher weniger) über Wasser hält er sich mit einer Detektei mit angeschlossener Detektivschule, wobei beide Unternehmungen ausschließlich dafür bestehen, naiveren Gemütern auf die eine oder andere Tour die sauer verdienten Peseten abzuziehen, assistiert wird ihm hierbei vom volldebilen Möchtegerndealer Cucu. Torrente ist ein echter Sympathieträger – er ist ein fettes, ekliges, rassistisches Arschloch, der in Schwimmbäder pinkelt, Frauen ungefragt an die Muschi fasst, auf behinderten Kindern rumhackt und alten Omas die Handtaschen klaut, wenn da drin eventuell Zaster sein könnte; ein echtes Vorbild für uns alle. Rein zufällig gerät Torrente in eine groß angelegte Intrige, denn ihm fällt zufällig und unwissenderweise der Steuerchip für zwei Raketen in die Hände, mit denen der größenwahnsinnige Superschurke Spinelli Marbella in den Orkus zu blasen gedenkt. Spinelli hätte den Chip gerne wieder, dito aber auch der örtliche Bandenchef Mauricio Torrente, den ein unerwünschtes Verwandtschaftsverhältnis mit Torrente, dem Detektiv, plagt. Wird Torrente vor Ende des Films überhaupt bemerken, dass und warum zwei Schurkenbanden hinter ihm her sind?


Inhalt

1998 drehte Santiago Segura, ein alter Kumpel des spanischen Enfant terrible Alex de la Iglesia, den Film „Torrente, The Stupid Arm of the Law“, eine gallige, zynische Krimiparodie, Über die sich Kollege Greywizard auf der Unknown Movies Page ausgiebig ausgelassen hat. Der Film entwickelte sich wohl zumindest in Spanien zu einem veritablen Kassenschlager, so dass Segura drei Jahre später das – offensichtlich für spanische Verhältnisse mit einem ziemlich fetten Budget ausgestatte – Sequel „Mission Marbella“ nachlegen konnte, das mit Über 5 Mio. Kinobesuchern in Spanien wohl auch mit Fug und Recht „Hit“ genannt werden kann (das sind umgerechnet schon Bully-Dimensionen). Offenbar haben die Spanier doch ein anderes Humorverständnis.

Okay, prinzipiell ist die Idee, ein mühelos hassenswertes, verkommenes Subjekt zum zentralen, hüstel, „Helden“ eines Films, noch dazu einer Komödie, zu machen, gut genug, um zumindest mein Interesse zu wecken. Das dumme ist nur: Torrente, der Charakter, ist nicht lustig. Er ist einfach nur ein mieses Stück Abschaum, bei dem nicht mal hart gesottensten „jeder-hat-ein-Recht-auf-Liebe“-Fetischisten eine Träne der Trauer vergießen würden, sollte er in dieser Sekunde vom Blitz getroffen oder brutal durch einen Fleischwolf gedreht werden. Seine dumpfen Zoten (durch die deutsche Synchro sicher nicht besser geworden) sind weder amüsant noch satirisch noch zynisch zu verstehen, sondern einfach nur peinlich, unangenehm berührend (und wer mit „bösen Worten“ wie „Flachwichser“ oder „Fotze“ seine Probleme hat, sollte den Film meiden wie die Pest. Daraus besteht nämlich Torrentes Vokabular primär). Zweifellos ist das auf gewisse Weise wohltuend jenseits jeglicher political correctness, da Torrente alles und jeden verachtet (Farbige, Schwule, Frauen insbesondere, es sei denn, er will was von ihnen, was die Frauen ersichtlich- und verständlicherweise tutti kompletti ablehnen) und dieser Verachtung verbal auch Ausdruck verleiht, aber das allein macht erstens noch kein tragfähiges Konzept für einen Film aus (nur das Publikum beleidigen, und in gewisser Weise tut das „Torrente“, ist halt nicht genug), und zweitens, ich wiederhole mich, kann zumindest ich darüber nicht lachen. Zwar gibt’s im Filmverlauf immer wieder den ein oder anderen zündenden Lacher, doch die entstehen zu 99% entweder aus Situationskomik oder werden von anderen Charakteren gebracht (Torrente selbst brachte mich, wenn ich mich recht entsinne, nur einmal im Showdown zum Lachen, da aber zugegebenermaßen richtig).

Die Story selbst könnte eine ganz knuffige Parodie auf James Bond & Co. sein, zumal auch der betriebene Aufwand, was Sets, Stunts und Special Effects angeht, nicht zu verachten ist (die Zentrale des Schurken im Showdown ist wirklich classic Bond), tritt nur viel zu oft zugunsten der humorlosen Antics des Titelcharakters in den Hintergrund, dem wir dann bei seinen zweifelhaft bis unlustigen anderweitigen Eskapaden (schließlich begreift Torrente bis praktisch zum Showdown nicht, worum’s überhaupt geht) zusehen dürfen – oder müssen. Was extrem stört, aber vermutlich beabsichtigt ist und, nachdem, was ich weiß, auch in Teil 1 so praktiziert wurde, ist die wirklich, hm, hartherzige und nun wirklich mal zynische Methodik, unnötige Brutalitäten in die komödiantische Spielhandlung einzubauen. Beispiel gefällig (ich bin nämlich heut irgendwie zu faul, um mir komplizierte Analogien und Metaphern auszudenken?) Torrente versucht, mit seinem Partner Cucu und einem ihrer unglückseligen Detektivschüler ein vermeintliches Agententreffen zu belauschen, werden ertappt und fliehen auf einen Balkon im ölfzigsten Stock. Klassische Action-Situation und durchaus herrlich zu parodieren. Es wird beschlossen, in den Swimming Pool zu springen, auch wenn der verdammt weit weg ist. Torrente und Cucu lassen ihren Schüler zuerst springen – wie nicht anders zu erwarten, IST der Pool zu weit weg. Soweit, so gut und sogar noch einigermaßen lustig. Nicht mehr lustig ist es allerdings, wenn die Kamera dann auf den toten Jungen zoomt, der in einer Blutlache auf dem Beton vor dem Pool liegt. Auf diese kaltblütige Weise serviert der Film eine ganze Reihe von Nebenfiguren ab, ohne dass das in irgendeiner Form notwendig, dem Film sachdienlich oder wenigstens ein künstlerisch motivierter Tabubruch wäre (okay, man kann’s natürlich so interpretieren, dass Segura zeigen will, dass Tod auch in einer Komödie etwas übles ist). Das ist, so selten ich mit dieser Moralkeule herumwedele, einfach nur geschmacklos.

Was die filmischen Aspekte angeht – der Streifen hat ein absolut professionelles Niveau, einen ausgezeichneten Look. Segura, sein eigener Regisseur, hat durchaus ein Händchen für Visuals und gutes Setup einer Stunt- und/oder Actionszene (die Autostunts sind wirklich bemerkenswert). Leider krankt der Streifen durch die oben angedeutete Hintanstellung der eigentlichen Story in Punkto Tempo. Viele der kleinen „Episödchen“ halten den Filmverlauf einfach nur auf, zumal sie eben nicht so lustig sind (okay, wie gesagt, wahrscheinlich sehen Spanier das anders, da der Streifen wohl mit haufenweise nur Iberern verständlichen Anspielungen und Cameo-Auftritten dortiger Celebrities gespickt ist) – blame cultural differences.

Eins kann man Santiago Segura, den Filmfreunde übrigens aus zahlreichen jüngeren, in Spanien produzierten Werken wie „Beyond Re-Animator“, „Killer Barbys“, „El Dia de la bestia“ oder sogar „Blade II“ kennen könnten, jedenfalls nicht vorwerfen – dass er nicht überzeugend spielt. Es ist meines Erachtens nicht lustig oder angenehm, was er spielt, aber, den Charakter, so wie er beabsichtigt ist, bringt er auf den Punkt – ein glaubwürdigeres, verachtenswerteres Arschloch kann man wohl gar nicht spielen. Gabino Diegos Cucu ist mir zu übertrieben, zu nervig, dagegen sind die vergleichsweise zurückgenommen und, hüstel, „ernsthaft“ und dadurch um so witzigeren Schurken Tony Leblanc und José Luis Moreno (der wirklich eine gute Parodie auf einen Bond-Villain abgibt, Moreno ist im richtigen Leben übrigens wohl TV-Moderator) sehr gefällig.

Bildqualität/Tonqualität/Extras:
Dazu möchte ich mich nicht besonders auslassen, da mir hier eine Vorab-Presse-DVD vorliegt, die außer dem Hauptfilm (mit mitlaufendem Timecode) auf Deutsch sprichwörtlich nichts, nicht mal ein Menü enthält. Wie die endgültig zur Auslieferung gelangende Verkaufs-DVD aussehen wird, ist mir nicht bekannt (die Anolis-Website allerdings hat ein paar Angaben: Spanischer O-Ton wird dabei sein, ebenso ein Making-of, Trailer und eine Bildgalerie). Der 1.85:1-Widescreen-Transfer macht aber, ebenso wie die deutsche 5.1er-Sprachfassung, einen grundsoliden Eindruck, eine endgültige Bewertung möchte ich aber aus genannen Gründen nicht tätigen, bevor mir das Endprodukt vorliegt.
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Fazit: Die Idee, die in „Torrente – Mission Marbella“ steckt, respektiere ich durchaus, auch den Aufwand und einige der darstellerischen Leistungen. Ich hab halt nur ein Hauptproblem mit dem Film und seinem Titelcharakter: Ich finde ihn nicht lustig. Und ich bin eigentlich der erste, wenn’s darum geht, eine in purer Bosheit auf sämtliche Gepflogenheiten des guten Geschmacks pfeifende Anti-PC-Comedy in den Himmel zu loben. „Torrente“ hat aber, rein inhaltlich, ausser seinen Geschmacklosigkeiten, und es sind eben größtenteils unlustige Geschmacklosigkeiten, nichts zu bieten. Eine der Frauen, bei der Torrente im Film zu landen versucht, bringt es auf den Punkt: „Sie sind nicht nur fett, sie sind auch eklig!“ Wem das als Grundlage für eine „Komödie“ reicht, bitte schön. Mir reicht’s nicht.

2/5
(c) 2005 Dr. Acula


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