Too Beautiful To Die

 
  • Deutscher Titel: Too Beautiful To Die
  • Original-Titel: Sotto il vestito niente II
  •  
  • Regie: Dario Piana
  • Land: Italien
  • Jahr: 1988
  • Darsteller:

    Francois-Eric Gendron (David), Florence Guerin (Melanie), Randi Ingerman (Lauren), Giovanni Tamberi (Alex Conti), Helena Jesus (Michelle), Nora Arrifin (Leslie), Francois Marthouret (Kommissar), Gioa Scola (Sylvia O’Neal)


Vorwort

Alex Conti ist Oberhaupt einer Mailänder Modelagentur. Einige seiner Schnepfen hat er gerade als Hupfdohlen im avantgardistischen Musikvideo der Gruppe „Blades“ untergebracht, inklusive Sylvia O’Neal, dem persönlichen Lieblingsstarlet des anerkannt genialen Werbespot- und Videoregisseurs David.

Nun macht alleine das Vermitteln von Fotoshoots und Videodrehs nicht satt (oder zumindest nicht reich genug, um Alexens Lebenswandel ausreichend zu finanzieren), und so verschafft sich Alex ein lukratives Nebeneinkommen damit, seine Grazien auch an reiche alte Säcke für Sex- und Drogen-Parties zu vermieten. Ein besonders reicher und alter Sack wünscht sich die Partizipation Sylvias, und wider besseres Wissen, aber im Dienste der Kundenbefriedigung, organisiert Alex ihre Teilnahme. Allerdings ist Sylvia ein anständiges Mädel, hält eher nichts davon, im Jacuzi vergewaltigt zu werden und stürmt wutig – und mit Alex‘ Karre – davon.

Es dürfte niemanden überraschen, dass man am nächsten Morgen vergeblich am Videoset auf Sylvia wartet. Statt dessen kommt die Polizei und verkündet, dass Sylvia am Steuer des Autos verbrutzelt sei. Könnte man angesichts der Umstände für einen bedauerlichen, aber nicht absolut ungewöhnlichen Unfall halten, wäre da nicht der Fakt, dass zwischen Sylvias wütendem Abgang und ihrem feurigen Ende vier Stunden vergingen und sie in der Zeit nur zehn Kilometer weit gekommen ist. Verdächtig genug für den Herrn Commissario, die Sache nicht einfach zu den Akten zu legen.

David ist am Boden zerstört – was soll er ohne seinen Star anfangen? Da schleppt Alex ein neues Modell an, Melanie, und David ist zwar skeptisch, aber gewillt, es mit ihr zu versuchen. Doch steht der Dreh unter einem schlechten Stern – Model/Tänzerin Lindsay ereilt das grausame Schicksal, weil ein böser Mensch einen Brandon Lee gepullt hat und das harmlose Gummirequisit in der Eisernen Jungfrau, in die Lindsay zwecks fotographischer Wirkung gestopft wird, gegen ein echtes Killwerkzeug ausgetauscht hat. Zudem bringt der Kommissar die frohe Kunde, dass Sylvia, bevor sie zu Grillfleisch wurde, erschossen wurde. Das sieht alles nicht mehr nach Zu- und Unfall aus, sondern nach einer amtlichen Mordserie. Das wird auch Alex und seinen Models klar, als auch der Reiche Alte Sack ermordet aufgefunden wird – den Zusammenhang kann der Kommissar zwar nicht herstellen, aber für Alex und die weiteren Beteiligten an der Unglücksnacht leuchtet ein, dass jemand systematisch die damaligen Partygäste abmurkst und das schlecht für die eigene Lebenserwartung ist. Es beginnen gegenseitige Verdächtigungen, Alex stellt eigene Nachforschungen an und auch David interessiert sich nunmehr merklich für die näheren Umstände des wie, wo, wer und warum…


Inhalt

Offenbar lief der jüngst hier besprochene Spät-Giallo „Sotto il vestito niente“ gut genug, um ein Sequel zu rechtfertigen. Naja, teuer sind solche Filme ja nicht wirklich, und auch wenn das schon 1985 dahinsiechende Genre drei Jahre später schon dezent zu müffeln begann, kann man’s ja noch mal probieren.

Was Dario Piana, ein im Genre ansonsten eher unbeschriebenes Blatt, der mit diesem Werk seine einzige Regiearbeit vorlegte (er ist heutzutage als Autor fürs italienische TV tätig), ist dann aber auch ein „Sequel in name only“, alldieweil es eine völlig eigenständige Geschichte ohne Anknüpfungspunkte zum Vorgängerfilm erzählt – mehr, als dass auch der neue Film in Mailand spielt (wobei die Modemetropole eine deutlich weniger „direkte“ Rolle spielt als in Teil 1) und die Opfer primär Fotomodelle sind (was nach hiesiger Filmlogik mehr oder weniger austauschbar mit „Tänzerin“ verwendet werden kann), haben die beiden Filme nicht gemein. Ist ja aber auch egal.

Kreativitätspreise verdient sich mal wieder niemand, der an der Drehbucherstellung beteiligt war (neben Piana Produzent Achille Manzotti und sein Kollege Claudio Mancini – weder der eine noch der andere sind als große Autoren aufgefallen; unkreditiert versuchte Sergio Donati [„Spiel mir das Lied vom Tod“, „Todesmelodie“, „Orca“) zu retten, was zu retten ist). Wie üblich meuchelt der Killer die vermeintlich Schuldigen an vergangenem Unrecht, das ist ein althergebrachtes, aber eben auch ziemlich unkaputtbares Motiv, das auch hier einigermaßen funktioniert. Immerhin – die Story nimmt zur Auflösung hin einen zwar glaubwürdigkeitsstrapazierenden, aber nicht ganz unüberraschenden Twist, der auch den ersten Todesfall in einen anderen Kontext setzt.

Bemerkenswerter als der immerhin routinierte Plot ist der Umstand, dass „Too Beautiful To Die“ sich bei der ewig jungen Frage „Giallo oder Slasher“ doch ziemlich deutlich auf der Slasher-Seite verortet. Zwar ist nicht, wie in den bekanntesten Slasher-Franchises wie „Halloween“ oder „Friday the 13th“ der Killer der Protagonist, doch wo der typische Giallo seinen Mörder gern im Dunkel hält, um ihn dann überraschend im Finale präsentieren zu können, entscheidet Piana sich für eine maskierte Gestalt mit Cape, quasi ein Phantom des Videoclips, und bedient sich eines slasher-typischen modus operandi – er tötet mit den (aus zunächst unerfindlichen Gründen) echten Requisiten-Waffen des Videodrehs (die in Sachen praktischer Anwendbarkeit zwar irgendwo zwischen fliegender Guillotine und bat’leth rangieren, aber zweifellos cool aussehen). Wem der typische Giallo also etwas zu sehr in der Krimi-Tradition verhaftet ist, könnte hier auf seine Kosten kommen, zumal auch das Thema „polizeiliche Ermittlung“ hier deutlich heruntergefahren ist und die direkten Reaktionen der Opfer-in-spé und ihre Interaktionen untereinander, sobald der Groschen bei ihnen gefallen ist, dass es jemand auf sie abgesehen hat, im Vordergrund stehen.

Handwerklich ist die ganze Angelegenheit für einen first-and-only-timer wie Piana ordentlich – nur selten inspiriert, aber immer solide, und mit einem Auge für einige wirklich gute Kameraeinstellungen (wieviel dazu Kameramann Alan Jones, der am Set von „Enemy Mine“ lernte und später die unterschätzte Charlie-Sheen-Actionkomödie „Highway Heat“ fotografierte, beitrug und wieviel wirklich auf dem ursächlichen Mist Pianas gewachsen ist, ist natürlich fraglich). Dem Originaltitel zum Trotz ist „Sotto il vestito niente II“ nicht ganz so freizügig wie der erste Teil – natürlich gibt es ein paar Nacktszenen, aber die halten sich im überschaubaren Rahmen. Das gilt auch für Brutalitäten, wie schon der erste Teil ist auch das Sequel nicht sonderlich „hart“.

Der Score von Roberto Cacciapaglia kann nicht mit dem von Pino Donaggio aus Teil 1 mithalten, dafür gibt’s aber wieder ein paar gut eingesetzte Popsongs. Als zu verfilmender Hit der fiktiven Gruppe „Blades“ fungiert z.B. der Frankie-Goes-To-Hollywood-Kracher „Warriors of the Wasteland“ und man könnte sich von den genutzten Kostümen und Sets her ein Musikvideo für den Track vorstellen (wobei allerdings gesagt werden muss, dass das, was hier „gedreht“ wird, nur entfernte Ähnlichkeit mit einem echten Videoclip hat. Fünf Minuten Tänzerinnen abfilmen wäre zwar okay für den Hintergrund, aber irgendwo die Band zu zeigen, wäre schon auch nicht ganz unwichtig).

Die Darsteller sind nicht wirklich der Rede wert. Die Produzenten bedienten sich neben einheimischer Kräfte auch französischer Akteure, was die Sache nicht wesentlich besser macht. Es sind keine absolut talentfreien Hohlblinsen am Werk, aber auch niemand, der wirklich Charisma, Ausstrahlung, Präsenz und Talent für leading performances mitbringt. Francois-Eric Gendron (David, zu sehen in „Der Freund meiner Freundin“) leidet unter einem ziemlich konfusen Charakter, der lange nicht weiß, wofür er überhaupt da ist, und Gendron kann diese Konfusion auch nicht darstellerisch zusammenhalten. Gleiches gilt für Florence Guerin („Dead Eyes“) als Melanie Roberts, die SO unauffällig bleibt, dass ich sie zur Filmhalbzeit vollkommen vergessen hatte und davon ausging, meine These, sie könnte noch mal wichtig werden, wäre falsch. Randi Ingerman („Mike Hammer – Auf falscher Spur“, „DIe Rückkehr des Sandokan“) ist zumindest engagiert, wenn auch nicht übermäßig memorabel bei der Sache und Giovanni Tamberi („Casablanca Express“) stellt immerhin unter Beweis, dass man mit der designierten Arschloch-Rolle des Films als character actor nicht viel falsch machen kann. Francois Marthouret, der immerhin in „Sitcom“, einem Frühwerk von Kritikerdarling Francois Ozon hauptrollte und in der vierten Staffel von „Allein gegen die Mafia“ eine tragende Rolle spielte, verschleißt sich (nicht wirklich) in der Nullitätenrolle des Kommissars.

Die Präsentation von XCess Entertainment ist mal wieder nicht zu bekritteln. Das Mediabook liefert Blu-Ray und DVD-Fassung, ausführliches Booklet, eine Einführung von Marcus Stiglegger, Trailer, alternative Credits, Storyboards und Werbematerialien. Die Deluxe-Mediabook-Doppelbox beinhaltet zudem noch ein Rudel Postkarten und ein Mini-Poster des ersten Teils. Die Bildqualität ist nicht überragend, aber gut, die Tonqualität ebenfalls brauchbar (Dolby Digital 1.0 deutsch, die Originalfassung liegt in Dolby 2.0 vor). Die limitierte Doppelbox ist nicht billig, aber von der optischen Aufmachung und der technischen Qualität des Inhalts auch nicht überteuert.

Der Film selbst ist insgesamt etwas flotter als der erste Teil, durch seine stärkeren Slasher-Elemente auch etwas unterhaltsamer, aber auch zurückhaltender in Sachen nudity und muss ohne die Präsenz eines Großmeisters wie Donald Pleasence, auch wenn der auf Halbautomatik agiert, auskommen. Das ergibt summa summarum die gleiche Wertung.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


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