Todesparty II

 
  • Deutscher Titel: Todesparty II
  • Original-Titel: Cutting Class
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  • Regie: Rospo Pallenberg
  • Land: USA
  • Jahr: 1989
  • Darsteller:

    Donovan Leitch Jr. (Brian Woods), Jill Schoelen (Paula Carson), Brad Pitt (Dwight Ingalls), Roddy McDowall (Mr. Danté), Martin Mull (William Carson III), Brenda James (Colleen), Mark Barnet (Gary), Robert Glaudini (Shultz), Eric Boles (Mr. Glynn), Dirk Blocker (Coach Harris), Nancy Fish (Mrs. Knocht), Robert Machray (Mr. Conklin), David Clarke (Crusty Old Man), Norman Alden (Officer Fondulac), Tom Ligon (Mr. Ingalls) u. a.


Vorwort

Wir schreiben das Jahr 1989. John Carpenters wegweisender Slasher „Halloween“ liegt mittlerweile über zehn Jahre zurück und die sich daran anschließende goldene Ära des Subgenres mit all seinen Schlitzern, Stechern, Axtmördern, Machetenschwingern usw. ist vorbei, denn die Kuh ist längst gemolken. Das Subgenre leidet erheblich an Innovationen, das junge Publikum hat sich überfressen, Medien halten Horrorfilme sowieso für Werke des Teufels und krakeelen laut über die zunehmende Gewalt im Film, die dank der Erfindung der Videokassette noch leichter einem Publikum zugänglich gemacht werden kann, das die Filme noch nicht gucken darf. Selbst langlebige Franchises haben immer stärkere Gewinneinbußen zu verzeichnen, weshalb immer weniger Fortsetzungen auf den Markt geworfen werden. Tatsächlich erscheinen 1989 mit „Freitag der 13. – Todesfalle Manhattan“, „Halloween V“ und „Nightmare on Elm Street 5“ gleich drei Beiträge der populärsten Horrorfilm-Reihen – mit vernachlässigenswertem Erfolg, sodass sie erst einmal für mehrere Jahre auf Eis gelegt werden. (Einzig Robert Shaye versucht es mit seiner Produktionsfirma mit „Freddy’s Finale – Nightmare on Elm Street 6“ zwei Jahre später noch einmal, ehe es 1994 Wes Craven vorbehalten sein sollte, endgültig einen Schlussstrich unter die einst von ihm begonnene Saga um den Mann mit dem Messerhandschuh zu ziehen – und mit „Scream“ 1996 das totgeglaubte Slasher-Genre wiederzubeleben.) Kurzum: Um mit einem dieser von der Kritik weitgehend verpönten Horrorfilme noch Kasse zu machen, bedurfte es schon einiger kreativer Ideen – und wer keine hatte, versuchte es trotzdem, den großen und semi-großen Vorbildern zu huldigen. Eine Kamera, die automatisch schmilzt, sobald sie von einem talentfreien Individuum angefasst wird, ist schließlich noch nicht erfunden worden.

Würde es eine solche Erfindung geben, wäre uns – ich nehme es schon einmal vorweg, aber wir sind hier ja auch bei Badmovies – auch dieser Spät-Slasher „Todesparty II“ erspart geblieben, der nun unbedingt noch zum unheilvoll dämmernden Abschluss der 80er-Jahre auf die Menschheit losgelassen werden musste. Wider Erwarten handelt es sich dabei um keine Fortsetzung des nahezu gleichnamigen und wenig bemerkenswerten „Die Todesparty“ von 1986. Die einzige Ähnlichkeit, die mir spontan einfallen würde, wäre, dass der ebenfalls im Schulmilieu spielt. Ich verbinde mit dem Film übrigens nostalgische Gefühle, war das doch einer dieser Filme, die VOX eine Zeit lang in schöner Regelmäßigkeit Donnerstag nach 22 Uhr ins Programm nahm, wenn auch in gekürzter Form. Es spricht nicht unbedingt für „Todesparty II“ , dass ich schon damals, als ich noch wesentlich leichter zu beeindrucken war, sobald ich in der Fernsehzeitung das Genre „Horror“ erblickte, die bizarre Schlechtigkeit dieses Machwerks erkannte. Aber der Reihe nach…


Inhalt

Immerhin – „Todesparty II“ beginnt tadellos. Der Film startet mit dem Blick auf ein Kleinstadtpanorama, in dem ein Zeitungsjunge angeradelt kommt, um – nun ja – wenig überraschend Zeitungen auszutragen oder sie vielmehr mit Schmackes auf die Grundstücke idealerweise direkt vor die Haustüren zu pfeffern. Ich vermute, dass das nicht der erste Film ist, der so beginnt. Dafür ist es vermutlich der erste und einzige, der diese Aktivität mit dem schwungvollen Song „Nearer to Morning“ der New-Wave-Band Wall of Voodoo untermalt. Die Band löste sich 1989 auf. Es darf spekuliert werden, ob ihre bereitwillige Beteiligung an „Todesparty II“ der Anfang vom Ende war. Aber sparen wir uns die fiesen Sprüche noch auf, solange wir der besten Szene des gesamten Films beiwohnen. Wer trotz meines warnenden Vorworts immer noch positiv gestimmt ist oder sich zumindest „So schlimm wird’s schon nicht werden“ sagt, sollte nach diesem Absatz aufhören zu lesen. So viel Qualität wird der Film nicht mehr liefern. Nie mehr. Da könnt ihr lange warten.

Über diese einleitende Szene laufen in hellblauen Buchstaben die Credits. „GOWER STREET PICTURES Presents“. Ich vermute, es ist kein gutes Zeichen, dass man über die Google-Suche nichts über Gower Street Pictures findet. Tatsächlich schreibt die IMDb der Firma noch einen weiteren Film zu, nämlich „Freeway“. Bevor jemand Schnappatmung bekommt: Es ist „Freeway – Der wahnsinnige Highway-Killer“, nicht der mit der Witherspoon und Kiefer Sutherland, sondern der mit Darlanne Fluegel und James Russo. (Ach so, der.) Es geht weiter: „An APRIL FILMS Production“. Laut IMDb entstanden für die Firma zwischen 1977 und 1998 insgesamt fünf Titel, kurioserweise außer „Todesparty II“ drei israelische und zuletzt eine französische Tragikomödie mit Yvan Attal. Kurz wird der Schriftstil und die Farbe gewechselt, denn nun folgt der Titel: „Cutting Class“ heißt es da in großen roten 3D-artig gestalteten Lettern, ins Deutsche übersetzt also: „Schulschwänzerei“. Ich beginne zu verstehen, wieso die Titelgeber im deutschen Sprachraum lieber einen irreführenden Titel wählten. Andererseits kann der Titel natürlich auch so etwas Sinnloses wie „(Schul-)Klasse schlitzen“ heißen, was in Anbetracht der Tatsache, dass es in dem Film um Morde im Schulumfeld geht, hübsch doppeldeutig ist. (Und das „hübsch“ meine ich ernst. Auch der Titel gehört also zu den Highlights des Films. Das sind ja schöne Aussichten.)

Es mutet 30 Jahre später merkwürdig an, einen Credit wie „Starring DONOVAN LEITCH“ zu lesen, denn auch wenn der in der Neuauflage „Der Blob“ mitgespielt hat, reichte es danach fast nur noch zu Gastauftritten in Serien und einem unkreditierten Cameo in – oha – „The Dark Knight“. Ah, „JILL SCHOELEN“, die Cutie-Tochter aus dem „Stepfather“, die sich nicht davor scheute, zehn Minuten vor Schluss für eine Duschszene blank zu ziehen. Und dann würde ich wirklich aus den Latschen kippen, wenn es einem nicht vorher schon von allen Seiten um die Ohren gehauen worden wäre: „BRAD PITT“! Ja, er ist es wirklich, seinerzeit noch unbekannt genug, um an dritter Stelle genannt zu werden. Hinter Donovan Leitch und Jill Schoelen wohlgemerkt. Ich will es nur noch mal betonen. Ach ja, und vor dem „And RODDY McDOWALL as Mr. Danté“-Schriftzug. McDowall, der ja nun wirklich nie die größte Karriere hatte, war aber stets gern gesehener Gast in Serien, sei es als Gastdarsteller (etwa als „Columbo“-Schurke) oder Sprecher in Cartoons („Batman“, „Pinky und der Brain“ usw.). Im erweiterten Nebencast tummelt sich auch Martin Mull, ebenfalls ein Altbekannter für eingefleischte Serienkenner mit Rollen in „Two and a Half Men“ oder Stimmengeber für Father Donovan in „American Dad“.

Die Credits werden abgeschlossen mit dem Regisseur unseres schönen Stücks, der sich da Rospo Pallenberg nennt. Rospo Pall-WER? Rospo Pallenberg. Muss man nicht kennen, denn dies ist der einzige Film, bei dem er auf dem Regiestuhl Platz nahm. Ferner soll er aber auch ungenannt an dem Skript von „Exorzist II – Der Ketzer“ beteiligt gewesen sein. Ich bezweifle stark, dass er sich damit für „Todesparty II“ empfohlen hat, es sei denn, man wollte absichtlich einen konfusen Slasher drehen (und wenn man das Endergebnis von „Exorzist II“ ansieht, ist „konfus“ ja noch das freundlichste Wort, was man über das Skript sagen kann). Letztmals wurde er 2001 namentlich genannt, als Drehbuchautor für den französischen Historienschinken „Vercingétorix“ mit Christopher Lambert in der Titelrolle sowie Klaus Maria Brandauer und Max von Sydow als Nebendarstellern.

Zurück zum Film. Beim Wurf in die Vorgärten wird uns ein kurzer Blick auf eine der Zeitungsschlagzeilen gestattet. Sie ist nicht in vollem Umfang lesbar, aber das fragmentarische „Boy Who Killed […] Released From […]“ reicht aus, um uns zu sagen: Da gibt es also einen Jungen, der gekillt hat und wieder freigelassen wurde. Das hatte in Slashern noch nie was Gutes zu bedeuten…

Und da guckt auch schon Jill Schoelen aus der Haustür, die ich schon nach wenigen Sekunden als Final Girl auszumachen glaube – nicht nur, weil sie an zweiter Stelle in der Darstellerliste auftaucht, sondern auch weil sie schon in „Stepfather“ zwei Jahre vorher den Tag rettete. Bekleidet ist sie lediglich mit einem knappen Nachthemd (Pallenberg weiß, was das männliche Publikum wünscht) und tippelt, sich ihrer überschaubaren Kleidung durchaus bewusst, aus dem Haus, um sich die Zeitung zu schnappen. Da nähert sich ihr ein Schuhpaar, dessen Besitzer in Jägerkluft sie hinterrücks mit einem Gewehrlauf anstupst. Der denkt aber nicht im Traum daran, unser Final Girl nach rund zehn Filmsekunden über den Haufen zu schießen. Vielmehr ist es nur die vermutlich nicht alltägliche Begrüßung ihres Daddys (Martin Mull), die eher keine Schule machen sollte, weil sich seine Tochter Paula, wie die Schoelen hier heißt, dabei laut erschrickt – und dann beschwert der sich auch noch, dass sie so laut schreit. Depp.

Steve Slavkin beweist in seinem ersten und einzigen Filmdrehbuch gleich mal, dass er beim Lesen des ersten Kapitels von „Drehbuchschreiben für Dummys“ nicht über die erste Seite hinausgekommen ist, indem er mit dem Holzhammer gleich alle wichtigen Hintergrundinformationen zu den beiden miteinander agierenden Figuren in die ersten Dialogzeilen prügelt.

Daddy: „Hör zu, ich werde dich jetzt zum ersten Mal allein lassen.“
Paula: „Ich mach‘ mir Sorgen. Daddy, du bist zwar ein glänzender Staatsanwalt, aber ein recht lausiger Jäger.“

Als hätten wir uns bei Daddy anhand der Jägerkluft nicht denken können, dass er auf die Jagd geht – übrigens eine ganze Woche lang, wie es ebenfalls im Skript geschrieben steht. Während seiner Abwesenheit hat Paula drei Regeln zu befolgen: Schularbeiten gut machen – schließlich soll sie auch mal Jura studieren –, keine Jungs mitbringen, und am allerwichtigsten: nicht schwänzen. Jill Schoelen ist in „Todesparty II“ 24 Jahre alt, soll nach dem Willen des Drehbuchs aber wohl so acht Jahre jünger sein. Kennt man ja in Highschool-Filmen fast nicht anders.

Dann macht sich Daddy auf den Weg in den Urlaub. Paula wirft die Zeitung gleich in den Müll, doch ein ominöser Blick auf die komplette Schlagzeile verrät: „Boy Who Killed Father Released From Institution“. BADAMM! Paukenschlagartig setzt die Musik ein, als wäre das die Enthüllung schlechthin.

Der Weg von Paulas Vater (da er bislang keinen Namen erhalten hat, verkürze ich ab sofort auf Daddy) führt ihn zu einer Holzhütte irgendwo in Waldnähe in der hinterletzten Pampa, in der offenbar auch die örtliche Bar integriert ist. Dort stößt er auf einen alten Mann und verrät ihm, Stockenten schießen zu wollen, wofür er auch sein Zelt mitgebracht hat. Der alte Mann führt ihn wieder nach draußen und reibt einen kleinen Fleck an der Weste des Jagdwilligen mit Erde ein. Bevor der fragen kann, was das soll, erwidert der Mann: „Sie haben noch nach Stadt gerochen.“ Daddy bedankt sich freundlich: „Sie sollten mir das in Flaschen abfüllen.“ Ja, eine merkwürdige Szene. Es soll nicht die letzte bleiben.

Mittlerweile hat sich Daddy in ein Sumpfgebiet zurückgezogen, in dem die Trockeneismaschine auf Hochtouren läuft, denn im Sumpfgebiet ist es ja immer neblig. Daddy tapert da durch und ballert die ersten zwei Kugeln auf die armen Enten, die ihm doch nichts getan haben. Dass er ohne Treffer bleibt, bestätigt Paulas vorhin getätigte Behauptung vom „recht lausige[n] Jäger“. Möchtegern-Spannungsmusik mit der E-Gitarre möchte uns weismachen, gerade etwas furchtbar Aufregendem beizuwohnen: In der Nähe hält sich nämlich noch ein anderer Jäger auf, der nicht mit Gewehr, sondern mit Eisenpfeil und Bogen ausgestattet ist und nicht auf Enten, sondern auf Daddy anlegt. Der Pfeil landet in dessen Brust, woraufhin Daddy zusammensackt und hin ist.

Auftritt Pitt, der hier offenbar als unser junger Rebell und vielleicht sogar Held (heute wäre er das vermutlich) eingeführt werden soll. Er legt nämlich in seinem Jeep das letztmals vor fünf Minuten gespielte „Nearer to Morning“-Tape ein – so weit, so weit nicht rebellisch – und macht sich gleich sympathisch, indem er sämtliche Verkehrsregeln missachtet und im letzten Moment vor einem Zusammenstoß auf die richtige Spur wechselt. Pitt sieht dabei halt aus wie Pitt und trägt einen abscheulichen weiß-lila Streifenpulli (Querstreifen machen fett) und darunter ein rosa-weiß gestreiftes Hemd (Längsstreifen nicht). Der Beinaheunfall hält ihn nicht davon ab, weiter aufs Gas zu drücken, in den Kurven zu quietschen und in einer beruhigten Wohngegend ein Kleinkind auf seinem Dreirad fast über den Haufen zu fahren. Dessen Mutter schaut entsetzt, aber Pitt bremst rechtzeitig ab – wieder unter lautem Quietschen – und dreht dabei noch kleine Pirouetten. „Morgen um die gleiche Zeit wieder?“, nimmt’s Pitt leicht und braust davon. Ein sympathisches Kerlchen.

Und er sammelt weitere Sympathiepunkte, indem er zu spät zum Chemieunterricht erscheint. Andererseits: Den Lehrer schert es nicht, dazu ist er viel zu euphorisch bei der Sache: „Oh, komm nur rein, den Höhepunkt kannst du gerade noch erleben!“ Er fügt hilfreich an: „Oh, die Wunder der Chemie!“ Als hätten wir das anhand seiner Schutzbrille und den Reagenzgläsern nicht eh schon gedacht, aber man muss für die ganz Dummen im Publikum ja auf Nummer sicher gehen. Pitt geht an einem Skelett vorbei, greift nach einer Knochenhand und grüßt Paula in der ersten Reihe damit. Mir scheint, die mögen sich, jedenfalls giggelt sie erst einmal mit einer Rothaarigen um die Wette, weil die Begrüßung ja nun wirklich irre lustig war. Pitt begibt sich auf seinen Platz (natürlich der Lümmel von der – fast – letzten Bank). Eine Reihe hinter ihm lümmelt Donovan Leitch rum, der mit Reagenzfläschchen mit irgendwelchen bunten Flüssigkeiten spielt.

Der Chemielehrer stellt die Frage: „Natriumchlorid – kann mir jemand sagen, wie das heißt?“ und entscheidet sich für Dwight (aka Pitt). Ich würde zwar jetzt blöd „Natriumchlorid“ antworten, aber ein blonder Streber mit Hemd, gleichzeitig sein Sitznachbar, den bestimmt keiner leiden kann (zu Recht), flüstert ihm „Salz“ zu. Richtig, sagt der Lehrer und weist darauf hin, dass eine Chlor-Wasser-Verbindung tödliches Gas entwickelt. Leitch macht spitze Ohren (was nicht verwundert, denn er hat spitze Ohren): „Setzte man das nicht im Ersten Weltkrieg ein?“ „Ohne jeden Skrupel.“ Ich bin ja nun jemand, der Chemie als erste Naturwissenschaft in der Schule abgewählt hat (Reaktionsgleichungen, würg), aber ergibt die Verbindung von Chlor und Wasser wirklich ein tödliches Gas? Dann dürften Schwimmbäder ja regelrechte Bomben sein. Folglich bezweifle ich auch, dass seinerzeit ein Chlor-Wasser-Gemisch im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde. Chlorgas ja, aber eine Chlor-Wasser-Verbindung? Das ist doch Unfug.

Oder nicht? Der Lehrer möchte die Wirkung gleich mal vorführen und nimmt zu dem Zweck etwas H2O. „Weißt du auch, was das ist, Dwight?“, fragt er seinen Schüler. Der Streber neben ihm blubbert ihm wieder ungefragt die richtige Antwort „Wasser“ ins Ohr, was Dwight aber unwirsch zur Kenntnis nimmt: „Das weiß ich! Also halt deine Klappe, klar?!“ Tatsächlich zischt und knallt es kurz, also hatte unser Lehrer wohl recht. Verdientermaßen erhält er von den begeisterten Schülern Applaus, denn im Chemieunterricht ist ja nichts aufregender als Experimente, bei denen es kräftig pufft und knallt. Der Lehrer fragt daraufhin, was die Schüler wohl glauben, was wohl erst passieren würde, würde man den riesigen Salzklumpen verwenden, den er aus einer Plastiktüte holt. Ja, was?

Keine Ahnung. Als Nächstes steht das Schulfach Sport auf dem Programm. Beim Gang in die Halle stößt Paula versehentlich gegen in einem Beutel aufbewahrte Eisenpfeile. An einem davon hängt ein Blatt in der Feder (oha!). Das lässt sie aus unerfindlichen Gründen stutzen und Spannungsmusik erklingt mal wieder – die Entdeckung des Jahrhunderts. Sie pult das Blatt raus und geht rein. Ich glaube kaum, dass wir darauf noch zu sprechen kommen werden. Aus der Szene kann man maximal erkennen, dass der Killer im High-School-Milieu zu finden ist, was aber nun auch nicht der Knaller schlechthin ist.

Alle Schüler tragen in Form von albernen gelben T-Shirts Einheitsuniform und bauen gemeinschaftlich die Sportgeräte auf. Leitch hält sich an den Deckenseilen auf und wirft einen schüchternen (man kann auch aufgrund seines offen stehenden Mundes sagen: debilen) Blick auf Paula, die ihm kurz ein Lächeln schenkt. Das ermuntert ihn, weiter zu stieren. Da auch sie weiter lächelt, fällt das dem guten Dwight auf. Ich vermute ja, Dwight erhebt Besitzansprüche an Paula und Leitch würde gern, traut sich aber nicht.

Ein Pfiff. Der Sportlehrer mahnt Konzentration an. Irgendwie hielt ich das Ganze aufgrund des unkoordinierten Ablaufs – so nach dem Motto, jeder kann machen, was er will – noch für die Aufbauphase, aber offenbar hat der Unterricht schon angefangen. Also klettert Leitch das Seil hoch. Dwight haben die Blicke nicht gefallen und so stellt er sich nach unten an das Seil und treibt Brian (so heißt Leitch hier) an, bis ganz nach oben zu klettern, während er daran zieht und zerrt. So rutscht der ab und knallt auf den Hallenboden. Nun würde jeder Sportlehrer dem gemeinen Dwight die Leviten lesen, aber dieser Sportlehrer knöpft sich lieber Lusche Brian vor. ‚Vorsichtshalber bellt er noch einmal seinen Namen, falls wir das eben nicht mitbekommen haben: „Brian Woods!“ Zack, 30 Liegestützen. Paula beobachtet das im Hintergrund weniger amüsiert. Die Lehrerauswahl an dieser Schule erscheint mir verbesserungswürdig.

Nach der Sportstunde hockt Paula mit der dickbusigen rothaarigen Ische, die vorhin schon ihre Sitznachbarin in der Chemiestunde war, auf einem roten Wagen an irgendeiner Tankstelle, als ein Typ (mit weißem T-Shirt und gelbem Smiley mit blutigem Kopfschuss) angetaumelt kommt und die Rothaarige mit einem lässigen „Hey“ anmacht, um weiterzuziehen. Die zeigt mit ihrer piepsigen Art, mit der sie das „Hi, Gary“ ausspricht, gleich mal, wie es um ihren IQ bestellt ist. Brian kommt mit seinem Fahrrad vorbei und macht wieder das, was er am besten kann: Paula anstarren. Das bleibt auch der Rothaarigen nicht verborgen. Sie informiert Paula, dass Frankenstein sie wieder anstarrt. Wahrscheinlich meint sie eher Frankensteins Monster, aber ich zweifelte bei ihr ja bereits einen IQ-Wert im positiven Bereich an. Paula findet das Gegaffe schlichtweg süß oder was auch immer ihr erneutes Lächeln ausdrücken soll. Die Rothaarige tauscht ein paar Worte mit ihm aus und versucht ihn, in Verlegenheit zu bringen: „Was guckst du denn so?“ „Gar nicht!“, so sein schlagfertiger Konter. Sie bemerkt die Funken, die hier mehr oder weniger sprühen sollen (die Betonung liegt auf „sollen“ – für mich sind das vielmehr die nicht vorhandenen Funken eines Feuerzeugs ohne Feuerstein) und provoziert Brian dahingehend, dass Paula Freitagabend noch frei sei. Brian wendet sich wortlos ab, da sich auch schon Dwight mit seinem Wagen zwischen die Diskutanten schiebt.

Der Hallodri schwingt sich aus seinem Wagen und gibt Paula einen Kuss. Er macht aus seinem Herzen keine Mördergrube, denn er will zu seiner Freundin nach Hause, immerhin hat sie ja sturmfrei. Er könne ja mit dem Ausweis seines Vaters Bier besorgen. Gut, das wäre nicht nötig, zumal man Brad Pitt seine 26 Jahre locker ansieht. Und ich traue Dwight locker zu, dass der schon mindestens fünf Jahre zu lang die Schulbank drückt. Die Rothaarige meint, Bier sei doch unromantisch und Paula hätte was Besseres verdient, es wäre doch viel schöner, wenn Paula seinen hübschen Ring (vermutlich aus dem Kaugummiautomaten) bekäme – als Schmerzensgeld. (Schmerzensgeld für diesen Film? Nehme ich sofort!) Dwight möchte sich erst mal was zu essen holen und Paula was mitbringen. Die meint: „Wenn’s schon nicht der Ring wird, dann habe ich einen Riesenbock auf ’n Hotdog.“ Sie wiederholt: „Hotdog!“ Worauf sie und Colleen, die Rothaarige, zu gackern anfangen. Man darf spekulieren, was daran jetzt lustig war, aber Frauen untereinander lachen ja ohnehin über das unverständlichste Zeug. Nicht wahr?

Doch Brian hat nicht Leine gezogen, sondern schneller geschaltet und hält ihr einen Hotdog hin. Mit dem Tonfall eines lobotomisierten Schimpansen sagt er: „Für dich.“ Das ist romantischer als jedes Schmuckstück. Paula ist erst überrascht und fragt, woher er wusste, dass sie darauf Appetit hat. Die Antwort: „Na, du hast so ausgesehen.“ Das spricht übrigens frühzeitig für die Qualität der Dialoge, die uns bestimmt noch viel Freude machen werden. Colleen ist skeptisch. Offenbar vermutet sie Gift darin (und äußert ihre Zweifel lautstark, während Brian direkt daneben steht), aber Paula greift nach kurzem Zögern zu. Irgendwas scheint ja mit Brian nicht zu stimmen, so abschätzig, wie die überhebliche Dumpfbacke Colleen ihn behandelt. Dwight ist wenig erfreut, als er danach ankommt und erfährt, dass seine Freundin längst einen Hotdog hat. „In den Wagen!“, befiehlt er ihr, ganz Gentleman alter Schule. Sie äußert erst Widerwillen, aber als er ein zweites Mal sein charmantes „Los! In den Wagen!“ bellt, leistet sie dem Folge. Und als er sie bittet, das offene Autofenster zuzumachen, macht sie das auch. Selbstbestimmung wird überbewertet. Das zeigt uns gleich zweierlei: 1. Dwight ist ein Arsch. 2. Paula ist eine dumme Nuss. Ich freue mich auf weitere 75 Minuten mit ihnen (falls sie überleben – bei Dwight kann man sich da nicht so sicher sein).

Zeit für ein Vieraugengespräch zwischen Dwight und Brian. Expositions-Time! Dwight betont, die beiden seien einst Freunde gewesen, doch das sei jetzt vorbei. Und warum? Brian war in Behandlung, und zwar wegen geistiger Verwirrtheit. Brian versteht nicht die feindselige Stimmung, vor allem weil er nicht nachtragend sei, aber Dwights Worte sind eindeutig: Brian soll ihn und Paula in Ruhe lassen. Das ist eine Ansage! Entnervt fährt Dwight von dannen, und Brian schaut dem Wagen grimmig hinterher. Oder er würde es gern, wenn er ein besserer Schauspieler wäre.

Nun, ich bin ja ein aufmerksamer Zuschauer (zumindest manchmal) und kann auch 1+1 zusammenzählen, wenn gleich zweimal ein Zeitungsartikel so prominent ins Bild gerückt wird. Insofern gehe ich mal davon aus, dass Brian derjenige welche ist, der aus der psychiatrischen Klinik entlassen wurde, nachdem er seinerzeit seinen Vater getötet hatte. Ich gehe auch davon aus, dass sich sicherlich allerorten herumgesprochen hat, dass Brian wieder auf Achse ist. Würde ich, wenn ich wüsste, was er in der Vergangenheit getan hat, ihn so schlecht behandeln, wie es bislang nacheinander der Sportlehrer, Colleen und Dwight getan haben? Oder würde ich es nicht lieber doch auf die sensible Tour versuchen bzw., wenn das nicht geht, mich bedächtig verhalten? Wie Dwight nämlich im Gespräch mit Brian betonte, lässt sich eine auskurierte geistige Krankheit nicht so leicht feststellen wie ein auskurierter Beinbruch. Eine Freundschaft aufzukündigen wegen einer schrecklichen Bluttat – ja okay, kann ich voll und ganz verstehen. Was ich nicht verstehen kann, ist diese Dicke-Hose-Taktik, die Dwight hier auffährt. Insofern wünsche ich ihm bereits jetzt sämtliche Tode, die ihm zustoßen können.

Szenenwechsel. Paula betrachtet ein Bild im Bilderrahmen mit sich und ihrem Vater und streichelt sanft darüber. Okay, falls wir es aufgrund des einleitenden Dialogs noch nicht wussten: Die Beziehung zu ihrem Vater war wohl sehr innig. Traurig, dass er tot ist. Sie hat aber tatsächlich auch Dwight zu sich eingeladen – ein absolutes No-Go, das Daddy noch kurz vor seiner Abreise äußerte; mit seiner Autorität scheint es also nicht weit her gewesen zu sein –, der gleich einmal einen Anzug ihres Vaters ausprobiert. Was man halt so macht, wenn man als Pärchen ohne störende Elternteile daheim ist. Dwight gibt sich größte Mühe, seinen Arschloch-Status nicht zu verlieren, indem er sich auf dem Bett von Paulas Vater fläzt und müde Gags reißt: „Dein Vater ist etwas größer.“ Doch dann das große Aber, als er einen Blick in „seine“ Hose wirft: „Aber natürlich bin ich da größer, wo’s zählt.“ (Woher will er das wissen? Schwanzvergleich mit dem Daddy veranstaltet oder was? Das wäre ja widerlich. Mal ganz davon abgesehen, dass ich glaube, dass es Paula ziemlich egal ist, wie ihr Daddy bestückt ist.) Paula lacht da auch nur vermutlich verzweifelt leise in ihre vors Gesicht geschlagenen Hände. Dwight wirft sie aufs Bett und will rummachen, doch sie wehrt sich zart, aber bestimmend. Ich nehme an, Dwight hält sich sogar daran, denn er mag bisher zwar ein Arschloch sein, aber kein Riesenarschloch.

Auftritt Roddy McDowall. Und um gleich jegliche Hoffnungen fahren zu lassen, wir könnten uns nun in qualitativ hochwertigeres Fahrwasser begeben, zieht er als Direktor Mr. Danté (offenbar Franzose, denn selbst der Vorspann besteht auf das Accent aigu) der bereits etablierten High-School ein lila Frauensöckchen vom – wie ich vermute – in den USA gesetzlich vorgeschriebenen Schulmikrofon und schnüffelt daran, bevor er ins Mikro spricht. Offenbar hat Rospo Pallenberg (Pall-WER?! Der Regisseur! Ihr wisst noch?) McDowall gesagt, möglichst dick aufzutragen, und so formuliert er selbstgefällig und wohlartikuliert die ersten Worte ins Mikro, mit denen er sich über die in der ganzen Schule verteilten Lautsprecher bei dem unbekannten Künstler bedankt, der ihn so erotikgeladen im Labor gezeichnet hätte, mit der abschließenden Bitte, seine Kreativität zukünftig im Kunstunterricht auszuleben.

Was für ein Übergang, denn schon sind wir im Kunstunterricht. Paula und Dwight sind auf dem Weg dahin, und Dwight hat mal wieder was an seiner Freundin zu meckern. Er macht also das, was er einfach am besten kann: angepisst sein. In diesem Fall möchte er nämlich nicht, dass Paula für die Schulklasse Modell steht – und sich dabei bis auf einen Badeanzug entkleidet. (Ich kenne Männer, die möchten das schon. Hähä.) Der auf Anhieb als schwule Witzfigur angelegte Kunstlehrer kann es gar nicht erwarten und nimmt sie so hei-tei-tei wie möglich schon an der Tür in Empfang. Dwight schickt er unwirsch raus, weil der sich lieber mit seinen Ballspielen beschäftigen solle, worauf der müde kontert: „Sie hätten doch lieber einen Mann, nicht wahr?“ Homophob ist der gute Dwight also auch noch. Doch, er entwickelt sich mit großen Schritten zu einem Riesenarschloch. Kann der Killer mal sein Werk tun?

Zugegebenermaßen – so sollte ich anfügen – wäre mir der Kunstlehrer allerdings auch nicht ganz koscher. Er verlangt beim Thema „Haltungen in der Bewegung“ nicht nur, dass Paula einfach still steht, sie soll sich auch noch nach einem Apfel bücken und in der gebückten Haltung verharren, wodurch sie natürlich zwangsläufig ihren Mitschülern ihren Knackarsch entgegenstreckt. Wenn im amerikanischen Bildungssystem solche Lehrer die Regel sind – und „Todesparty 2“ präsentiert uns in der Hinsicht bisher ja wahre Ungeheuer – , wundert mich ehrlich gesagt die überdurchschnittlich hohe Anzahl an Amokläufen dort nicht. Im Trump-Amerika würde mich das gar nicht wundern, aber zur Entstehungszeit des Films war gerade wenigstens „nur“ George Bush an die Macht gekommen (und seit Trump sind ja eh alle vorherigen Präsidenten brave Chorknaben). Als musikalische Untermalung wird eine nicht wirklich passende Musik geklimpert, auf die man in dieser doch eher spannungslosen Sequenz meines Erachtens gut verzichten könnte, aber nun ja, vielleicht soll auch die Sinnlichkeit dieses Moments – Jill Schoelen im schwarzen Badeanzug nach vorn gebeugt – besonders hervorgehoben werden.

Dem Unterricht bis eben heimlich beigewohnt hat Brian, der sich gut hinter einer weißen armlosen Frauenskulptur im Hintergrund des Raumes verstecken konnte, aber dann doch Stielaugen bekommt, als der Lehrer Paula mit einem Finger über die Wirbelsäule streicht, um auf ihre Muskelgruppen und Bewegungen hinzuweisen. Er kommt hinter der Skulptur hervor, stolpert nach vorn und greift eben dieser Skulptur in einem Anfall subtilen Humors dabei versehentlich mit beiden Händen an die wohlgeformten Brüste. Das macht nicht nur die Klasse aufmerksam, sondern auch den Lehrer, der den unerwarteten Neuzugang nicht etwa rauswirft, sondern sich über ihn freut und als wahres Improvisationstalent ihn gleich mal als männliches Modell in Beschlag nimmt. Er soll sich Paula direkt gegenüberstellen und eine seiner Hände mit dem Apfel, nach dem sich Paula eben noch gebückt hat, in die Luft strecken, während sie danach greifen soll und dabei seine Hand berühren muss. Daraus ergibt sich, dass sich Paula und Brian ganz nahe kommen. (Ist das vonseiten des Lehrers eigentlich schon Nötigung?) Paula kann wahrlich auch nicht viele Gehirnzellen in sich tragen, denn offenbar ist sie kurz davor, ihrem Stalker – und nichts anderes macht er ja seit der ersten Minute – zu verfallen und ihn zu küssen, sieht in ihrem tranceartigen Zustand mit halboffenem Mund aber ehrlich gesagt schon reichlich zurückgeblieben aus. Brian schaut ihr tief in die Augen. Irritierenderweise hat er dabei einen frisch aussehenden blutigen Kratzer auf der linken Wange, von dem ich mir nicht erklären kann, wo der herkommen soll. Paula scheint der aber nicht zu stören.

Irgendwann ist nämlich auch diese Stunde zu Ende, in der es offensichtlich nicht zum Äußersten, d.h. zu einem Kuss, gekommen ist. Sonst hätte man uns den bestimmt gezeigt. Paula ist nicht nur das liebe nette (doofe) Mädel von nebenan (und mittlerweile auch ganz eindeutig das Final Girl), sondern ehrenamtlich tätig als Basketballkartenverkäuferin, was man auch an dem liebevoll schmucklos hinter ihr angebrachten weißen Plakat „BASKETBALL TICKETS“ und dem gezeichneten Basketball erkennen kann. Das macht sie nämlich in der Pause in der Schulhalle und muss sich dabei mit hirnigen Typen der Marke Streber (weil Brille) auseinandersetzen, die die 50 Cent dafür zwar im Grunde schon bezahlen würden, aber was wäre, wenn man krank werden würde? Gäbe es die Möglichkeit, das Geld wiederzubekommen? Man merkt, es geht hier sehr witzig zu. Bevor das in eine längere Diskussion ausartet – und genau darauf hat es der Streber angelegt –, kommt auch schon Roddy McDowall als Helfer in der Not vorbei. Ein normaler Mensch würde aufgrund des exaltierten Verhaltens des Direktors, das der in jedem Auftritt auslebt, schnellstens das Weite suchen, der Streber, ganz Streber halt und somit kein Mensch, wird aber von ihm überzeugt, gleich zwei Tickets zu kaufen. Die eben hoffnungslos überforderte Paula bedankt sich überschwänglich bei ihrem „Retter“. Mr. Danté war es merklich ein Vergnügen und bittet sie in sein Büro. „Wozu?“, fragt Paula. Er schaut gespielt empört. „Ist eine Überraschung!“

So wie er sich benimmt, würde mich das nun nicht unbedingt dazu bringen, seiner Bitte Folge zu leisten. Paula hingegen ist wie gesagt ein bisschen dumm und macht genau das. Vorher betritt sie aber das Vorzimmer (oder was auch immer), wo sie von einer Frau hinterm Schreibtisch gefragt wird, ob sie diese Woche fürs Büro eingeteilt sei. Ja, ist sie. „Wie kommen Sie an die Akten?“, hakt die Frau hinterm Schreibtisch nach. Na, Paula hat einen Schlüssel. Wie es scheint, ist Paula also auch Everybody’s Darling bei den Lehrern. Über solche Leute haben wir ja früher die Nase gerümpft.

Danach betritt sie das Büro des Direktors, der sich spätestens jetzt als jemand zu erkennen gibt, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Mr. Danté steht halb versteckt hinter einem Kleiderständer neben der Tür und befiehlt, als Paula ihn erblickt: „Auf den Boden.“ Was wie ein unmoralisches Angebot klingt, ist für Paula keins, denn sie bückt sich, und zwar tief genug, dass ihr Rock hochrutscht und sie einen Blick auf ihren Slip freigibt. Der Direktor nimmt das mit einem leisen Seufzen erfreut zur Kenntnis und kommt hinter dem Kleiderständer hervorgesprungen. Wer nun noch Schlimmeres befürchtet, darf sich wieder beruhigen. Mr. Danté hat Paula nur ein neues Cheerleader-Kostüm für das Basketballspiel gesponsort und auf den Boden gelegt. „Probier es bitte an. Ich drehe mich auch um“, fordert er sie auf, will er doch vorab prüfen, ob es schick aussieht. Wider Erwarten – denn wirklich viel Grips kann man ihr wie gesagt nun wahrlich nicht nachsagen – schlägt Paula seinen Wunsch aus und redet sich damit heraus, dass er sie doch morgen darin sehen könne.

Das nimmt der notgeile Bock hin, bittet aber zuvor um Unterschrift, mit der sie bestätigt, dass sie mit dem Kostüm pfleglich umgeht. Aber sicher doch! Wozu sie sich dazu wieder so umständlich nach unten beugen muss, dass der Direktor nochmals einen Blick unter den Rock erhaschen kann, erschließt sich mir nicht, aber knackige junge Frauen, die sich nach irgendwas bücken, kann es für Chauvis ja nicht genug geben. Das Geschenk war für Paula eine so tolle Sache, dass sie wie ein Honigkuchenpferd strahlt und sich abermals bedankt: „Oh danke, Mr. Danté, das werde ich Ihnen nicht vergessen!“ Was redet die da bloß? Sind die denn alle hier bekloppt? Boah, Paula, du musst noch einiges tun, um dich als Final Girl zu qualifizieren. Bisher hast du nur Minuspunkte gesammelt. „Ich doch auch nicht!“, erwidert der sinistre Direktor. (Das glaube ich ihm. Auf den Anblick kurbelt er sich bestimmt nachher vor verschlossenen Türen ordentlich einen ab.) Beobachtet wird das übrigens von keinem Geringeren als Brian, der durch die nicht wirklich fest zugezogenen Jalousien des Rektorzimmers lugt und daraufhin mit geistesabwesendem Blick durch den Schulflur marschiert, wo er mit einem Lineal die Schülerschränke entlangstreicht. Düstere Musik begleitet ihn dabei. Mächtig psycho, der Bursche.

Es ist schon sehr auffällig, wie das Skript von Anfang an darum bemüht ist, massiv Verdacht auf Brian zu lenken. Streng genommen haben wir ja auch noch keinen ernsthaften weiteren Verdächtigen aufgebaut. Streng genommen haben wir es bisher aber auch noch mit gar keinem richtigen High-School-Slasher zu tun, stattdessen im besten Fall viel dummes, im schlimmsten Fall unverständliches Gelaber und die Etablierung von drei bzw., wenn wir Colleen mitzählen, vier Teenagern und jeder Menge durchgeknallter Lehrer. Dabei sind schon fast 20 Minuten rum.

Huch, man muss sich nur beschweren. Als Nächstes räumt der schwule Kunstlehrer seine Unterrichtsmaterialien wieder in die Regale und wird von unserem rätselhaften unbekannten Killer in einen Brennofen geschoben. Die Kamera verweilt auf dem außen angebrachten Thermometer, das schnell auf über 500 Grad Celsius ansteigt. Ein zwischenzeitlicher Schnitt auf eine Außenansicht der High-School wirft die berechtigte Frage auf, ob dem Cutter hier versehentlich ein falsches Bild auf den Schnitt-Tisch geraten ist oder ob das ein rätselhaftes Stilmittel sein soll. Das als Ersatz für fehlende Verbrennungseffekte ist jedenfalls reichlich mager. Wie überhaupt der ganze Mord reichlich mager ist. Ähnlich wie der Auftaktmord. Der Film ist reichlich Magerquark. Ich weiß, da passiert schon mal ein Mord und ich meckere rum…

Paula hat davon natürlich nichts mitbekommen. Ahnungslos geht sie aus dem Schulgebäude und setzt sich in ihren Wagen hinters Lenkrad – als urplötzlich hinter ihr Dwight hervorgesprungen kommt. Buuuh. Sie findet’s lustig, wie er sie von hinten küsst. „Was machst du denn in meinem Wagen?“ Dwight antwortet das Offensichtliche: „Ich küsse dich.“ Sie bemerkt kichernd, er solle lieber lernen. Darauf hat er aber sichtlich keinen Bock, inhaliert lieber einen Schluck aus seiner Bierflasche und erwartet, dass Paula doch lieber Zeit mit ihm verbringen möge. Davon kann er sie allerdings nicht überzeugen. Schule ist ihr einfach wichtiger. Wenn wir es nicht eh schon wüssten, würden wir spätestens jetzt sagen: Ja, das ist unser Final Girl. Dwight lässt nicht locker, aber er kriegt sie nicht rum. Angesäuert steigt er aus dem Wagen. So hat es Paula nun aber auch nicht gemeint und sie ruft ihm hinterher, aber Dwight spielt den coolen Macker und meint, alles gut.

Dwight trottet zurück zum Schulgebäude, das aber schon verschlossen ist. Deshalb klopft er den Hausmeister herbei. Der hört ulkigerweise auf den Namen Shultz – für mich der typischste Hausmeistername, den ich mir vorstellen kann, zumindest im Deutschen, dann aber natürlich mit „Sch“ geschrieben (und vielleicht ohne „t“). Auch ich kannte mal einen „Schulz“ als Schulhausmeister. Ein typischer Hausmeister ist dieses „Exemplar“ – ich kann es nicht anders nennen – aber ganz und gar nicht, denn würde ein solch versiffter Hausmeister durch deutsche Schulflure feudeln wie eben jener Shultz, müsste man sich ernsthafte Sorgen machen. Aber bei dem Lehrerpersonal passt er natürlich wiederum wie die Faust aufs Auge in diese Schule. Dwight begehrt sein Mathebuch und zeichnet die Form noch in die Luft („Verstehst du? Buch?“). Shultz grunzt griesgrämig: „Das mit den Seiten!“ Ich an seiner Stelle wäre Dwight bei der sehr schnippischen Anfrage nicht behilflich, und auch Shultz geht auf Konfrontationskurs. Mit einem „Ich hab‘ keins gesehen!“ fühlt er sich nicht zuständig und schrubbt seiner Wege. Dwight reagiert ungehalten, beißt aber nach Paula auch bei ihm auf Granit. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Wenn Dwight immer so mit seinen Mitmenschen umgeht, muss er sich nicht wundern, als das Arschloch vom Dienst wahrgenommen zu werden.

Doch Zerstreuung ist im Anmarsch: Colleen und Gary (ihr wisst noch: Paulas Freundin und der Typ, den Paulas Freundin vorhin so hohl begrüßt hatte) kommen ihres Weges und überzeugen ihn, gemeinsam ein Bier trinken zu gehen. Da ist Dwight doch sofort dabei. Es fällt wirklich schwer, auch nur einen dieser Gestalten ins Herz zu schließen. Paula hätte ja an sich das Potenzial – wenn sie nur nicht so dämlich wäre. Vielleicht Shultz. Ja, Shultz macht einen ehrenwerten Eindruck bisher. Man stelle ihn sich von seinem Verhalten her wie den Janitor in „Scrubs“ vor – und reibe ihn mit Schweiß und Schmutz ein. Dann hätten wir Shultz. Der schiebt gerade seinen Putzwagen durch die Flure und möchte wohl gerade den Kunstraum säubern: „Wo Kunst ist, ist auch viel Dreck.“ Ja, vor allem, wenn Shultz im Raum ist.

Es ist dunkel geworden. Paula brütet über ihren Hausaufgaben. Zumindest hat sie ein Buch aufgeschlagen. Dann klopft es an der Haustür. Sie öffnet, aber niemand da, jedenfalls nicht vor dem Haus. Aber auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht jemand, und zwar Brian, der vorsichtig hinter einem Baum hervorcreept. Sie sieht ihn, macht aber keine Anstalten, sich zu erschrecken oder mal rüberzurufen. Nein, sie guckt nur. Und geht wieder unverrichteter Dinge rein. Ich meine, der stellt ihr überall nach, aber sie kümmert es nicht? Paula ist dämlich, sagte ich das schon?

Da klopft es nochmals: Diesmal sind es Dwight, Colleen und Gary, die den Hausfrieden stören. Gleich führen sie sich wie die wildgewordenen Handfeger auf, wie man das halt so macht, wenn man bei anderen Leuten zu Gast ist. Dwight schnappt sich sogar garstigerweise Paulas Schulbücher, was der gar nicht auffällt. Paula ist unangenehm berührt von diesem späten Besuch, denn sie möchte lernen. Das Totschlagargument schlechthin. Nur nicht für Dwight und seine Begleitung – die wollen Paulas Schlüssel für die Akten, den sie als Lehrerliebling ja besitzt, damit sie ins Schulgebäude eindringen und sich Brians Akte ansehen können. Warum auch immer. Reicht ihnen der Stempel „Psychopath“ nicht? Oder was für Erkenntnisse erwarten sie noch? Oder wissen sie gar nichts von seiner Vergangenheit? Dann frage ich mich aber, wenn sogar die Zeitungen davon berichten, warum das nicht bis zu den Schülern durchgedrungen sein soll, vor allem nicht zu Dwight, der ja offensichtlich mal mit Brian befreundet war. Nun ja, wenn man nach dem Verhalten aller Beteiligten hier in diesem Film geht, würde es mich auch nicht wundern, wenn keiner von denen lesen könnte. Paula vielleicht, denn bei der lag ja zumindest ein Buch auf dem Tisch.

Paula wehrt sich zunächst, gibt den Schlüssel aber schließlich bereitwillig her, als Dwight sie mit seinem Ring ködert. Der scheint ja ganz toll zu sein. Ist ja nicht das erste Mal, dass er erwähnt wird. Andererseits: Wie kriegt man Frauen leichter rum als mit Schmuck? Aber mitkommen möchte Paula selbst nicht, und kaum möchte man sie für ihre Standhaftigkeit loben, sich zumindest in dem Punkt durchzusetzen, läuft sie dem tumben Trio hinterher, als sie feststellt, dass Dwight heimlich ihre Schulbücher mitgenommen hat. (Naja, so heimlich auch nicht, aber für Paula reicht’s.) Gary erwähnt unvermittelt, eine Schrotflinte zu haben. Schön für ihn. Gemeinsam brausen sie davon, und urplötzlich ist auch die brave Paula in Partystimmung und hebt johlend auf der Rückbank gemeinsam mit Colleen die Arme in die Höhe. Ich sage es nur ungern (das ist gelogen: ich sage es sogar sehr gern), aber Paula ist und bleibt eine dumme Nuss. Kaum fährt der Wagen aus dem Bild, radelt Brian auf seiner Klapperkiste vorbei in die andere Richtung.

Im nächsten Moment zerdeppert Dwight schon eine Fensterscheibe am Schulgebäude. Das tut er lapidar mit einem „Oh, wie schandbar! Shultz wird reparieren müssen“ ab. Sagte ich, dass ich jedem Einzelnen von denen einen grausigen Tod wünsche? Dwight vielleicht ein bisschen mehr als den anderen. Sie schleichen sich über die Umkleidekabine der Jungs in die Innenräume. Hausmeister zu sein ist in den USA offenbar nicht sehr lohnenswert, denn Shultz strolcht mit seiner Bohnermaschine immer noch durch die Flure. (Andererseits: Wenn er als wandelnde Dreckschleuder umgehend wieder alles dreckig macht, was er säubert, muss er verständlicherweise ein paar Überstunden schieben.) Und Geld spart das Bildungssystem auch, denn der arme Kerl muss das alles ohne Licht machen. (Andererseits traue ich auch Shultz zu, nicht zu wissen, dass es sich mit Licht besser bohnert.) Zwar fragt er sich nach dem Klirren der Fensterscheibe kurz, ob da was ist, macht aber weiter. Die Clique läuft Shultz fast vor die Maschine – wohlgemerkt: trotz der lauten Geräusche, die das Gerät von sich gibt. Alle dumm. Shultz ist aber viel zu sehr mit wirren Selbstgesprächen beschäftigt, als dass er irgendwas mitkriegen würde. Wenn man aus seinen Worten schlau werden will, hat er Appetit auf einen Joint. Deshalb zieht er sich zurück, was unseren TKKG für Arme gelegen kommt. Nun können sie schnell durch den Flur ins Büro mit dem Aktenschrank rennen.

Vor der Tür klebt Dwight Gary irgendeinen WARNING-Aufkleber an die Stirn, das am Zimmer des Büros angebracht war. Warum? Weil er ein Spaßvogel ist! „Ladies first“, sagt er, doch gerade als Colleen dankend eintreten will, greift er ihr ins Gesicht: „Ich sagte: Ladies first!“ Mit „Ladies“ meinte er natürlich seine Liebste. Das Quartett versammelt sich vorm Aktenschrank und durchstöbert ihn. Paula äußert zarte Ängste vor Entdeckung durch Shultz, aber wird, wie es sich für ein Mäuschen gehört, wortlos ignoriert. Mir scheint, Gary soll laut Skript unser kleiner Komiker der Truppe sein, als er nicht zum ersten Mal unangenehm mit infantilem Gebrabbel auffällt und die irre lustige Vermutung anstellt, vielleicht sei Brian mal Kannibale gewesen. (Brüller.) Colleen: „Oh, wie konnte er andere Menschen essen?“ Gary: „Na, mit Messer und Gabel!“ (BRÜLLER!) Paula beobachtet, wie es ominös in dem Wasserspender des Büros gluckert. Colleen fragt sich, welches Körperteil Brian wohl am liebsten essen würde. Gary: „Brüste!“ (BWAHAHAHA!!!)

Dwight zeigt sich unbeeindruckt und schmökert in Brians Akte. Wider Erwarten kann er doch lesen, denn er findet die entscheidenden Seiten und meint fast triumphierend: „Gefährliche Schizophrenie.“ Paula schluckt. Gary kann auch lesen, aber nicht verstehen: „‚Behandlung mit Elektroschocks’… was bedeutet das?“ Dwight: „Na, eben Schocktherapie.“ Gary scheint also noch einen Tacken dümmer als der Rest zu sein – was wirklich nicht leicht ist. Colleen ist gerade am Wasserspender zugange, als sich für alle unbemerkt Brians Gesicht im Glas der Flasche spiegelt. (Schock!) Unser Brian ist also mit seinem klapprigen Rad doch nicht umgedreht, wie es eben den Anschein hatte, sondern ist ihnen gefolgt. Das wirft die Frage auf, woher er das Ziel der vier Freunde wissen sollte. Und wie schnell muss bitte sein Drahtesel sein, dass der in punkto Geschwindigkeit mit einem Wagen konkurrieren kann? Paula drängt berechtigterweise zum Aufbruch, aber ihre Begleiter wollen nicht. Tja, schon blöde, wenn man für einen Ring seine ganze Schulkarriere aufs Spiel setzt, wa, Paula?

Brian hat jeden Tag diese Schocks bekommen, liest Dwight vor. Colleen ist dafür nicht sehr empfänglich, sie hat nämlich ihre eigene Akte ausfindig gemacht. „Ha, ich ändere jetzt meinen IQ“, freut sie sich. Mitten in den Recherchen ändert Dwight die Stimmungslage und fragt, wie man denn so etwas tun könne. Klar, Behandlung mit Elektroschocks und gefährliche Schizophrenie provoziert lediglich ein Schulterzucken, aber tägliche Elektroschocks? Wie kann man nur?! Colleen ist noch mit ihrem IQ zugange: „Ist 300 zu hoch?“ Dwight wundert sich, dass Brian dann ganz plötzlich entlassen wurde. Gary hat eher an den 75 Watt zu knabbern, mit denen Brian während seiner Therapie geröstet wurde. Was nicht alles in einer Schulakte steht.

Die Dumpfbacken haben jedenfalls genug gelesen und verlassen das Büro. Ominöse Einstellung auf die Wasserflasche, hinter der auch Brian nicht mehr steht. Wuaah. Gary nutzt die Gunst der Stunde, in einer Schule zu sein und kopiert noch flugs offenbar entscheidende Infos aus der Akte (1989, Leute – da war noch nichts mit Scannen). Selbst bei diesem Vorgang ist Brian heimlich dabei. Das nimmt schon Michael-Myers-Ausmaße an, wie sich Brian unbemerkt hin- und herteleportiert. Brian ein Michael Myers 2.0?

Nächster Tag. Matheunterricht steht auf dem Programm. Paula war blöd genug, den Schlüssel zum Aktenschrank nach dem nächtlichen Ausflug nicht wieder an sich zu nehmen, sondern in Dwights Besitz zu lassen. Dwight reicht ihn durch die Schulreihen. Zwischenzeitlich kommt er auch in Brians Hände, der nicht so recht weiß, was er damit anfangen soll. Im Gegenzug reicht Paula Dwights Ring zurück. Hä? Ich dachte, das war ein Geschenk für den Schlüssel. „Eine Nacht hat der Ring mir gehört, und das genügt mir!“ oder was? Paula, du musst noch viel lernen. Auch der Ring landet in Brians Händen, den er nicht minder verwirrt ansieht wie den Schlüssel. Der Lehrer bekommt davon nichts mit und fragt, ob irgendjemand Fragen zu dem Kram hat, den er da gerade salbadert hat. In einem wahrhaft bizarren Moment steht Colleen auf, dreht sich in Brians Richtung und hüpft laut schreiend und zuckend rum. Woraufhin die Klasse mit einstimmt, die Arme in die Höhe reckt und schreiend Colleens Geschrei mitsamt Zuckungen erwidert. Brian guckt – ähnlich wie ich – nur doof, ein paar andere offenbar uneingeweihte Schüler ebenso. Der Lehrer geht nicht mit einem Wort darauf ein. Vermutlich waren die Zuckungen eine Anspielung auf Brians Elektroschocktherapie. Tja, Brian, bist du froh und glücklich, so nette Mitschüler zu haben?

Da Brian die Sachen nicht sofort rausrückt, kriegt er sie von Colleen einerseits (Schlüssel) und von Gary andererseits (Ring) aus der Hand gerissen. Dwight und Gary machen Faxen. Das bekommt der Lehrer dann doch mit, und er ermahnt Dwight. Auf unnachahmlich auffällige Art und Weise drückt Gary, noch während der Lehrer auf Dwight zugeht, seinem Kumpel den gestern kopierten Aktenzettel in die Hand. Kein Wunder, dass der Lehrer das sofort entdeckt. Der begehrt zu wissen, was auf dem Zettel steht. „75 Watt“, antwortet Dwight (zumindest nicht gelogen). Der Lehrer zerknüllt den Zettel – und drückt ihn achtlos dem direkt hinter ihm stehenden Brian in die Hand. Oha, daraus könnte man glatt was machen, wenn nicht ohnehin schon klar wäre, dass Brian längst über die finsteren Machenschaften seiner fiesen Mitschülersäue Bescheid weiß. Insofern interessiert das im weiteren Verlauf auch nicht mehr – Paula, Colleen, Gary und Dwight übrigens auch nicht. Soll Brian doch wissen, dass sie seine Akte kopiert haben. Das könnte zwar ernsthafte Konsequenzen für die Rasselbande haben, wenn Brian damit hausieren geht, aber wie gesagt – interessiert niemanden mehr.

Der Lehrer nutzt die Gunst der Stunde, um Dwight vor versammelter Klasse zur Sau zu machen, was ich nur gerecht finde. Selbst die Ausrede mit dem Mathebuch, das der Hausmeister nicht rausrücken wollte, zählt nicht. Noch ein „ungenügend“, und Dwight bleibt sitzen. Das setzt dann doch im leeren Kopf des Vollidioten etwas in Gang, der es nun doch mit Beschwichtigungen versucht. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Und zu allem Überfluss weiß Brian auch noch die richtige Antwort auf die Frage des Lehrers. Brian schaut triumphierend.

Wenn ich das alles so sehe, wundert mich mit jeder Minute weniger, warum in dieser Schule alle Lehrer entweder fiese Arschlöcher und/oder durchgeknallt sind. Wer solche Schüler hat, wird vielleicht einfach so. Außerdem macht ein Film entschieden was falsch, wenn die Autoritätspersonen sich zu den Sympathieträgern aufschwingen, sodass es jedes Mal eine wahre Freude ist, wenn sie die eigentlichen Helden – oder was auch immer die jugendlichen und nicht mehr ganz so jugendlichen Protagonisten hier sein sollen – niedermachen.

Nach einer halben Stunde kommen wir zur bis dato schwachsinnigsten Szene. Das will was heißen bei diesem an schwachsinnigen Szenen ja nun wahrlich nicht armen Film. Die Schüler erleben ihren Biologieunterricht nämlich in freier Natur und schreiten deshalb durch Sumpfgebiet mit viel Schilf und sonstigem Grün. Ich habe keine Ahnung, was der Lehrer den Schülern hier beibringen will, aber vielleicht hat er auch erkannt, dass bei denen Hopfen und Malz verloren ist, weshalb er vordergründig Unterricht betreibt, insgeheim aber nur so gut wie möglich seine Ruhe haben will, weil er weiß, dass Schüler es schon immer mochten, wenn der Unterricht im Freien stattfindet. Der Weg des geringsten Widerstandes sozusagen. Lustigerweise tritt der Lehrer dabei unbemerkt auf etwas Menschenähnliches. (Wie auch immer man unbemerkt auf etwas Menschenähnliches treten kann.) Das Menschenähnliche stöhnt daraufhin auf – es ist Paulas totgeglaubter Daddy (!), der von allen – inklusive Paula – übersehen wird. Er versucht, ein „Hilfe!“ auszustoßen, was der Lehrer allerdings als Ruf des Ochsenfrosches interpretiert. (Was haben wir gelacht!) Brian geht ebenfalls an ihm vorbei. Ob er den Mann bemerkt, lässt der Film offen, aber wenn er ihn bemerken würde, würde er doch sicherlich was sagen, und wenn nicht, wäre er ja der Killer. Wie dem auch sei: Er nimmt auf jeden Fall eine Schlange vom Ausflug mit. Paulas Vater sackt erschöpft zusammen und ist nun wohl endgültig tot.

Das war’s auch schon wieder mit Biologie, nun geht es zurück in die Sporthalle, wo Shultz den Boden wischt. Auf der Zuschauertribüne sitzt Brian und tut, was schon zu seinem Markenzeichen geworden ist: blöd und grimmig aus der Wäsche stieren. Draußen sitzt Dwight in seinem Wagen und ist mit seiner Freundin Paula beschäftigt. Colleen läuft im Cheerleaderkostüm zu den beiden, aber ehe Dwight genervt sein Arschlochtum wieder ausleben kann, muss er sich umgehend von seiner besten Seite zeigen, weil sein Vater angewetzt kommt. Sein Daddy hat einen Anzugträger im Schlepptau, einen Mr. Nicholson (nein, eindeutig nicht Jack, da schwarz und schnauzbärtig). Der ist ein ganz großer Hengst, entscheidet er doch über alle Basketballstipendien, wie sein Vater erläutert. Er musste viel Aufwand betreiben, um ihn hierher zu bekommen. Dwight präsentiert sich gleich von seiner besten Seite, weil Mr. Nicholson betont, dass er es gewohnt sei, dass sich zukünftige Basketballhelden schon eine Stunde vor dem Spiel aufwärmen (und sich nicht mit so was Unwichtigem wie Mädchen beschäftigen). Papa beschwichtigt, so gut es geht. Klar, eine Basketballkarriere ist der letzte Strohhalm, wenn der eigene Sohn in jeder anderen Hinsicht eine absolute Flachzange ist.

Auf der Zuschauertribüne sitzt auch Mr. Danté und bekommt seine patentierten Stielaugen, als er Paula inmitten weiterer Mädels erblickt. Er ruft ihr nach, aber sie hört ihn erst nicht, weshalb er sich ihr in den Weg stellt und ihr viel Erfolg wünscht. Paula strahlt ihr Strahlelächeln und bedankt sich mal wieder. So viel Kriechertum kann im Alter einen heftigen Buckel verursachen. Danté und auch Shultz schauen Paula und Colleen auf dem Weg in die Umkleidekabine hinterher. In der Umkleidekabine ziehen sie sich um und kommen dabei immerhin bis zum BH, mehr aber nicht. (Buuuh.) Dabei spannt irgendwer durch einen Luftschlitz. Es ist eindeutig nicht Brian, sondern ein Mann, der Danté sein könnte. Man sieht ihn aber so kurz, dass man es nicht genau erkennen kann. Die strenge Cheerleader-Lehrerin (oder wer auch immer) pustet in die Pfeife und macht Druck, da das Spiel gleich losgeht. Colleen bewirbt sich um den Titel der Schulschlampe, indem sie ihren Auftritt im Cheerleaderteam ohne Slip absolvieren möchte. (Du bist SO tot.) Paula findet es wieder lustig.

Unter dem Jubel des hauptsächlich jungen Publikums laufen die Cheerleader ein und vollführen einen enthusiastischen Einleitungstanz – von der Choreographie selbst sehen wir eher weniger (ich gehe mal davon aus, dass die Macher nicht unbedingt das Geld für einen Choreografen hatten), aber mit „enthusiastisch“ meine ich natürlich Colleens schlüpferfreien Auftritt, der sich schnell in der Masse rumspricht und für noch mehr Begeisterung sorgt. Auch Danté bekommt das mit und macht große Augen. Dwight eröffnet das Basketballspiel als Kapitän. Das Ganze ist eher tempoarm inszeniert, weil sicherlich auch die technischen Möglich- und Fähigkeiten des Kameramanns Avraham Karpick fehlen, so etwas mitreißend darzustellen. Stattdessen steht er mitten auf dem Spielfeld und filmt halt so rum.

Die Cheerleader haben auf der Tribüne Platz genommen. Dabei lässt sich Colleen begeistert von ihrem Macker Gary unter den Rock schauen, der sich unterhalb der Sitzreihen unter der Tribüne aufhält. Sie feuern ihr Team an, aber Dwight ist nur so halb bei der Sache, denn er macht während der Ballführung noch dumme Faxen ins Publikum, um dann zu fluchen, dass er den Korb verfehlt. Generell hat er nicht den besten Tag erwischt. Schon verliert er den nächsten Ball, worüber Talentspäher Mr. Nicholson nur den Kopf schütteln kann. Als Dwight sich nach einem Ellenbogencheck – den offenbar niemand mitbekommen hat – dann auch noch körperlich zur Wehr setzt und eine Prügelei anzettelt, reicht’s und Nicholson geht. Da kann auch das Ziehen und Zerren des Vaters nicht mehr helfen. Der stürzt aufs Spielfeld und schimpft mit seinem Sohn, das Stipendium sei gerade zur Tür raus. Ich hatte schon mehr Mitleid. Dwight jedenfalls hat genug und stürmt aus der Halle (vermutlich um wie ein kleines Mädchen zu heulen). Paula schaut besorgt, Colleen sieht’s eher locker und schiebt’s auf die ganze Vorab-Knutscherei mit Paula (eine wahre Freundin).

Ich muss kurz innehalten und die Zeit nutzen, um zu betonen, WIE schlecht Brad Pitt hier schauspielert. Das ist erstaunlich angesichts der Karriere, die ihn noch erwarten sollte. In diesem Film voller Blassgesichter und Chargiermeister sogar noch negativ aufzufallen, ist schon eine Leistung, die einen gesonderten Absatz verdient.

Im Publikum steht der ebenfalls anwesende Brian auf, wirft einen kurzen finsteren Blick auf die beiden Damen und geht aus dem Bild. Das Basketballspiel geht derweil ohne Dwight weiter, und es läuft gar nicht mal so schlecht. 38:38 wenige Sekunden vor dem Ende. Da grabbelt jemand unter der Loge nach Colleens Bein. Es ist natürlich ihr Stecher, der sie vor Geilheit noch vor Ende des Spiels nageln will. Bereitwillig lässt sie sich hinabgleiten. Gary schaut erfreut, zumindest so lange, bis sich hinter ihm zwei Arme aus dem Dunkel schälen mitsamt Messer in der Hand, das ihm sogleich an den Hals geführt wird. Und mehr eigentlich auch nicht. Dennoch fängt er an zu bluten. Abgang Gary. Colleen stößt einen Entsetzensschrei aus, der aber im allgemeinen Jubel untergeht, weil nämlich das heimische Basketballteam noch in letzter Sekunde den Sieg davonträgt. Paula steht auf und möchte die Megastimmung unter ihr nicht stören, sodass sie auch nicht sehen kann, wie melodramatisch Colleens Arme zwischen den Zuschauerrängen noch einmal nach oben schnellen, ehe sie komplett nach unten gezogen werden. Abgang Colleen.

Wow, zwei Morde in 30 Sekunden. Und ich weiß nicht so recht, wie es euch geht, aber das Ratespiel, wer der Killer ist, macht mich eher wenig an. Das Drehbuch hat uns nämlich bislang genau fünf Teenager an die Hand gegeben: Paula, Dwight, Brian, Colleen und Gary. Die beiden Letztgenannten sind tot. Bleiben noch Paula, Dwight und Brian. Paula ist von Beginn an als Final Girl ausgemacht, seit dieser Szene erst recht, denn nun wissen wir auch, dass dies keiner der Filme ist, in denen sich das Final Girl in Wirklichkeit als gemeingefährlicher Killer herausstellt. Damit sind noch genau Dwight und Brian übrig. Und Dwight ist eben direkt aus der Turnhalle gestürmt und sitzt in der folgenden Szene in seinem Wagen (mal davon ab, dass ich mir nicht erklären könnte, warum der wegen eines verlorenen Stipendiums Sekunden später ausgerechnet seine besten Freunde killen sollte, mit denen er wenigstens noch hin und wieder einen kippen und allgemein dämlich-unlustigen Unfug treiben konnte). Tja, Brian – du hast zwar einen psychiatrischen Aufenthalt hinter dir, und gerade die sind es ja in Slashern äußerst selten, aber ich lege mich fest: Du bist es! Gut, ich gebe zu, Shultz schaut auch ständig finster drein und labert dummes Zeug und Danté ist ein oller geiler Schmierlappen mit Vorliebe für das, was junge Mädels unter ihrem Rock tragen oder nicht tragen, aber wer würde die ernsthaft in Betracht ziehen? Kurzum: Der Film ist 36 Minuten alt, geht noch 50 Minuten (wenigstens mit Abspann) – und das große Rätsel ist gelöst. Fragt sich nur noch, wann das „große“ Geheimnis enthüllt wird. Schwache Leistung.

Paula gesellt sich zu Dwight in den Wagen und strahlt ihn an, als wäre nichts gewesen. Kein „Was war denn da eben los?“ oder so, nichts. Dwight wirkt aber auch nicht halb so geknickt, wie ich es nach seinem Abgang eben erwartet hätte. So ist das halt, wenn man beruflich Arschloch ist. Er möchte wissen, wer gewonnen hat. Paula gewinnt ganz und gar keine Intelligenzpunkte für die Gegenfrage, ob er es nicht gesehen hätte, schließlich war sie live dabei, als er wutentbrannt die Sporthalle verließ. Dwight fragt danach, ob ihr Vater noch unterwegs sei. Wenn der Jagdurlaub noch nicht vorbei ist, ergibt diese Frage keinen Sinn, denn ich gehe mal davon aus, dass Paula ihm gegenüber sehr wohl erwähnt hat, dass ihr Vater eine Woche nicht da ist. Vielleicht weiß Dwight aber auch nicht, dass eine Woche sieben Tage hat. Möglicherweise war das aber auch nur Dwights Interesse heuchelnde Frage des Tages, um ihr an die Wäsche zu können und seine Hand an ihre Schenkel wandern zu lassen (wenn schon alles verloren ist, dann wenigstens Sex). Plötzlich haut die Spannungsmusik einen raus, als an einer der Fensterscheiben des Wagens Brian auftaucht und grimmig dreinblickend ins Auto spannt. Paula und Dwight merken, dass da was war, aber schon ist Brian verschwunden. (Spooky.) Paula bittet ihren Freund, sie nach Hause zu fahren, weil sie doch noch lernen will. (Ach, schon wieder?) Dwight schaut enttäuscht drein und fährt los.

Keine Ahnung, ob Autor Slavkin gerade versucht, Zweifel an Brians Täterschaft zu säen, wenn in der nächsten Szene Shultz durch eine riesige Blutlache in der Sporthalle wischt, das mit einem „So viel Blut habe ich ja lange nicht mehr gesehen“ kommentiert und an dem blutdurchtränkten Mop schnüffelt. Es könnte auch der Versuch eines Gags gewesen sein. Ich lache eher nicht.

Fast zur Hälfte des Films versucht das Skript nun noch, etwas Charakter-Hintergrund zu schaffen. Brian ist Automechaniker und nimmt Dwights Wagen in Empfang. Ich kapiere zwar nicht, warum a) Dwight seinen Wagen ausgerechnet seiner Nemesis anvertraut, für die er noch kein freundliches Wort übrig hatte, und b) warum Brian ein Interesse daran haben sollte, ihm zu helfen, aber nun ja – mit dem „Alle dumm“-Argument könnte ich quasi jede fragwürdige Handlungsweise der Figuren erklären, denn wenn alle dumm sind, warum sollten sie dann logisch handeln?

Jedenfalls schraubt Brian etwas an dem Wagen herum, als ihm Dwight unter dem Wagen Gesellschaft leistet. Zuerst kommt ihm Dwight dumm, aber Brian geht darauf gar nicht ein, sondern sagt lieber, er hätte früher gern mit ihm an Autos rumgefummelt, auch an dem von seinem Vater. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, was die beiden von mir wollen, wenn Dwight sagt, es wäre alles ein Jux gewesen, und Brian erwidert, dass er das nicht behaupten könnte und dass er nie darüber gesprochen hätte, und Dwight darauf erwidert, die Zeiten seien vorbei. (Was wäre ein Jux gewesen? Worüber gesprochen? Welche Zeiten vorbei? Hä?) Brian meint, er hätte viel von der Schrauberei mit Dwight gelernt, und Dwight wundert sich, was er noch alles weiß und lacht. Diese Szene wirkt – und das ist eine beachtliche Leistung – selbst in diesem inkohärenten Murks reichlich deplatziert, ganz so, als wäre sie nachträglich ins Drehbuch geschrieben worden, ohne Rücksicht zu nehmen auf Charaktereigenschaften und Verhältnis der beiden Protagonisten zueinander. Dwight behandelte Brian bislang wie einen Fußabtreter und ist jetzt, da er Brians Vergangenheit in der Psychiatrie Schwarz auf Weiß hat, plötzlich nett zu ihm?

Wir sind wieder im Matheunterricht. Paula ist besorgt, weil auch Colleens Mutter nicht weiß, wo ihre Tochter steckt. Mich würden wirklich mal die Zeitabläufe in diesem Film interessieren. Fast scheint es, als hätte man beim finalen Schnitt versehentlich die Szene zwischen Dwight und Brian, die eigentlich ein Outtake war, in den Film eingebaut und dafür eine herausgeschnitten, in der das Verschwinden von Colleen und Gary thematisiert wird. Dwight sieht es locker und meint, kein Grund zur Sorge. (Klar, er hat zwar keine Anhaltspunkte, warum die beste Freundin seiner Freundin nicht mehr erreichbar ist, aber: „kein Grund zur Sorge“). Das Getuschel bekommt der Lehrer mit, was ihm ganz gelegen kommt, kann er doch gleich wieder Dwight zusammenscheißen. Die beiden Streithähne schauen sich sekundenlang an, was den Eindruck erweckt, als würden die Schauspieler nur auf Donovan Leitchs Stichwort warten, denn der mischt sich als Brian ein und bittet Lehrer Glynn, Dwight doch in Ruhe zu lassen. (Oh, hatte die Szene eben doch einen Sinn und sollte eine Art zarte Annäherung zwischen den beiden ehemaligen Freunden andeuten?) Glynn beweist aber, dass Kritikfähigkeit nichts ist, womit er sich in seinem Beruf aufhalten sollte und schreit nun auch Brian in Grund und Boden. Die beiden sollen sich bei einer Mrs. Knocht blicken lassen – einer Person, die wohl höhere Kompetenzen als er selbst besitzt. Während ihnen also nichts anderes übrigbleibt, als sich zu der Frau zu begeben, sagt Brian beim gemeinsamen Gang über den Schulflur: „Einmal Freunde, immer Freunde!“ „Halt die Klappe!“, ist die einzige angebrachte Reaktion vonseiten Dwights. Damit wäre die zarte Annäherung wohl schon wieder beendet.

Mrs. Knocht ruft als Erstes Dwight in ihr Büro. Brian wartet erst einmal draußen vor der Tür. Aus mir unverständlichen Gründen schiebt sich plötzlich Paula ins Bild. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass die Herren des Unterrichts verwiesen wurden, die Schulstunde aber regulär weiterlief. Nun ja, vielleicht hat sie einen Toilettengang vorgeschoben. Paula setzt sich neben Brian und strahlt ihn honigkuchenpferdmäßig an. Sie gibt Brian den Rat, sich Mrs. Knocht mit Bart vorzustellen. Man darf also bereits jetzt davon ausgehen, dass sich auch Mrs. Knocht nahtlos in die sympathische Lehrerriege dieser High-School einreiht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich aber auch Paula ohne Weiteres zwei bis 32 blutrünstige Morde zutrauen. Ich meine, der Typ stalkt sie in einer Tour, und alles, was sie tut, ist über beide Ohren strahlen und ach so lieb zu ihm sein. Mehr noch: Die „romantische“ Musik wie vorhin bei der Klassenraumszene mit dem Apfel suggeriert etwas Knistern – das jäh unterbrochen wird, als sich die Tür öffnet und Dwight rausstürzt. Die Standpauke hat also maximal eine Minute gedauert. Sie war aber offenbar deftig genug, sodass Dwight ein wütendes „Arschlöcher von Lehrern“ faucht. Paula folgt ihm natürlich wie ein treuer Dackel seinem Herrchen. Dann wird Brian aufs Freundlichste hineingebeten („Na los! Rein mit dir!“).

Bevor ich aber zur Konfrontation mit Mrs. Knocht komme, möchte ich bei der Gelegenheit betonen, wie leer die Schulflure in diesem Film sind. Man sollte doch annehmen, dass auch zu Unterrichtszeiten mal die eine oder der andere über den Gang gehen sollte, aber nichts da. Man kann also davon ausgehen, dass Komparsen rar gesät waren.

Mrs. Knocht ist in der Tat genau der Besen, den man erwarten konnte – und übrigens die Frau, die ich vorhin als Cheerleader-Lehrerin auszumachen glaubte. Sie beweist die Einfühlsamkeit, über die sich jeder psychisch zumindest ehemalig Kranke bestimmt freut, indem sie klarstellt, dass kein Lehrer ihn in der Klasse haben wolle. Inkompetent ist sie auch noch, denn sie gibt auf Nachfrage die Namen der Lehrer preis, die ihn nicht ausstehen können. Sie zetert weiter, er sei unkooperativ, nicht zuletzt wegen seiner „gespaltenen …“ Er fällt ihr ins Wort: „Das sind Lügen!“ Sie glaubt ihm nicht, das würde schließlich bedeuten, dass alle seine Lehrer lügen würden. Nach dieser Tirade verwundert ihre Behauptung schwer, dass man ihm nur helfen wolle, damit sein Geist geschärft werde. Die Lehrer wollen ihre Tugenden an die Schüler weitergeben, damit die Lehrer auch weiter fortbestehen. Klar, das sehen wir. Der Sportlehrer macht ihn zur Sau, weil ihn Dwight beim Klettern auf den Boden schickt, der Kunstlehrer nötigt ihn zum Modellstehen und der Mathelehrer schließt ihn wegen einer Nichtigkeit vom Unterricht aus. Und überhaupt: „fortbestehen“?! Wollt ihr mit einer Lehrerarmee die Weltherrschaft an euch reißen oder wie soll man das verstehen? Brian erwidert mit aller gebotenen Frechheit auf ihre Frage nach einem Friedensangebot: „Lieber saufe ich eine Ente aus.“ Mrs. Knocht befreit ihn für den Rest des Tages vom Schulunterricht.

Es gab bisher zu wenig Szenen mit Publikumsliebling Shultz, oder? Hier ist endlich wieder eine. Mies gelaunt kniet er auf dem Boden der Turnhalle und hat offenbar gestern (oder wann auch immer – die Zeitabläufe sind wie gesagt wirr) die Blutlache weggewischt und keine große Sache draus gemacht. Richtig missmutig wird er aber, als Paula und Dwight Hand in Hand mit ihren Straßenschuhen über den wohl frisch gebohnerten Hallenboden laufen. Das verbittet er sich. Mir fällt auch kein vernünftiger Grund ein, wieso sie nun ausgerechnet durch die Halle latschen müssen, wenn sie das Gelände verlassen. Paula, mäuschenhaft, wie sie nun mal ist, kann nicht aus ihrer Haut und entschuldigt sich. Dwight, arschlochhaft, wie er nun mal ist, kann nicht anders und schiebt Shultz die Verantwortung zu, alles sauberzuhalten. Das lässt Shultz sich nicht gefallen und stößt weitere Drohungen aus. Er wird ihnen lehren, wie man Bitte und Danke sagt in diesem Irrenhaus – und er wird ihnen als einziger Lehrer immer im Gedächtnis bleiben, „weil ich hier der Wärter eures beschissenen Schicksals bin“. Weitere Provokationen sollte sich Dwight lieber sparen, und das macht er auch. Er nimmt Paula an die Hand und schleicht mit ihr von dannen. Dwight spricht gegen sein sonstiges Naturell flüsternd aus, was er denkt: „Der Mann ist bescheuert.“ Das hat er allerdings mit allen Figuren in diesem Film gemein – inklusive dir, Dwight. An der Tür trennt das Paar sich, denn Dwight will seine Freundin zur Abwechslung mal nicht zu einem Schäferstündchen überreden, sondern tatsächlich Mathe büffeln. Weise Entscheidung, da es mit dem Basketballstipendium nichts mehr wird. So richtig lernfähig ist er trotzdem nicht, denn bescheinigte ich ihm gerade noch einen Anflug gesunden Menschenverstands, hat er doch nur Paula draußen abgesetzt und geht den Rückweg wieder mit seinen dreckigen Straßenschuhen durch die Sporthalle. Hausmeister Shultz baut sich drohend mit seinem Mop auf, aber tut wieder nichts.

Wenn ich Paula eben glauben durfte, soll erst Nachmittag sein. Allerdings sieht es allerorten so aus, als hätten wir bereits späten Abend. So auch im Schulgebäude, wo Mrs. Knocht in den Kopierraum geht, das Licht einschaltet und … nun ja, man könnte es sich in einem Kopierraum denken … was kopieren will. Mal schauen, wie lange sie noch Gelegenheit dazu hat. Hinter ihr öffnet sich nämlich die Tür, das Licht geht aus, und ein Schatten tritt ein. Man kann nichts erkennen, aber Mrs. Knocht erkennt was, nur sagt sie es uns nicht. Und da er auf ihre mehrfache Frage, was er hier will, nicht antwortet, werden wir es vorerst wohl auch nicht erfahren. Mit beiden Händen greift der große Unbekannte (bzw. eigentlich eher große Bekannte, immerhin wissen wir ja, dass es Brian sein muss) in ihr Gesicht und haut ihren Kopf mehrfach auf den Kopierer, der weiterläuft und dutzendweise Kopien von der verzerrten Fratze der vermutlich sterbenden Frau macht. Sie fängt an, aus dem Mund zu bluten. Und nach 20 Sekunden ist auch schon wieder alles vorbei und sie wohl tot.

Ein tropfender Wasserhahn. Dwight wäscht sich im Männerklo das Gesicht und betrachtet sich im Spiegel. Wollte er nicht Mathe büffeln? Der Synthesizer dröhnt. Dann tritt Brian ein und starrt Dwight wortlos an. Auch der sagt nichts. Brian, dessen zwischenzeitlich verschwundener Kratzer auf der linken Wange auf wundersame Weise auf die rechte Wange gewandert ist, wäscht sich das Gesicht. Will der Film nun so tun, als hätten die beiden gemeinsame Sache gemacht oder was soll der Niederstier-Wettbewerb? Oder ist das der große Spannungsmoment: Täter trifft auf Opfer, Opfer trifft auf Täter? Nur wer ist wer? Man darf sich mittlerweile fragen, ob der Drehbuchautor sich einen Scherz auf Kosten der Zuschauer erlauben will. Bis zum Doppelmord in der Sporthalle legt er die Fährte so, dass kein anderer als Brian der Täter sein kann – und plötzlich versucht das Skript alles, um diesen Verdacht zu verwässern und mit Dwight einen weiteren Verdächtigen ins Boot zu holen (siehe auch Dwights Brüllerei über die bösen Lehrer nach dem Zwangsbesuch bei Mrs. Knocht, die – ach, wie passend – gleich in ihrer nächsten Szene das Zeitliche segnen musste), der es aber gar nicht gewesen sein kann. Oder zählt er am Ende darauf, dass der Zuschauer nach wie vor nicht glauben will, dass es Brian ist, weil es in solchen Filmen nie der ehemalige Klapsmühlenbesucher ist? Was ist das denn für eine merkwürdige Taktik?

Nun dachte ich ja, Paula wollte eigentlich nach Hause gehen (warum sonst hat Dwight sie erst noch nach draußen begleitet?), aber stattdessen schleicht sie plötzlich wieder durch die Schulflure. Und warum sie ausgerechnet in den Kopierraum geht, in dem Mrs. Knocht umgebracht wurde, darüber sollte man nicht mal mehr spekulieren – aus reinem Selbstschutz, um das arme Gehirn nicht zu überfordern. Es ist einfach furchtbar faule Drehbuchschreiberei, damit Paula die mausetote Frau, die immer noch mit ihrem Kopf auf dem immer noch Kopien anfertigenden Kopierer hängt, finden und laut schreien kann. Das ruft Dwight und Brian auf den Plan, die sofort aus der nahe gelegenen Toilette stürmen. Paula steht mit drei bislang noch nicht in Erscheinung getretenen Filmkomparsen vor dem Zimmer, als Dwight – ausgerechnet das so coole Oberarschloch Dwight – wie von Sinnen in den Raum stürzt und fast zu heulen anfängt. „Tut doch waaas!“, kreischt er wie ein altes Waschweib und verliert in diesem Moment mit einem Schlag seine gesamte Männlichkeit. Selbst Paula hat sich nicht so angestellt. Er hebt den Kopf der Lehrerin an, damit auch schön seine Fingerabdrücke auf dem Kopf zu finden sind.

Ich glaube mit jeder Minute mehr, dass wir es hier mit einer astreinen Parodie auf das Slasher-Genre zu tun haben. Anschlussfehler, schräges Zeitkontinuum, Pitts peinliches Geschauspielere. Das kann doch nicht ernst gemeint sein. Immerhin beweisen die Handvoll dazueilenden Schüler, dass die Schule doch nicht ganz unterbevölkert ist. Das heißt, unterbevölkert vielleicht schon, aber nicht ganz leer. Brian schaut sich das aus sicherer Entfernung an, da zeigt Dwight mit seinem nackten Finger auf den angezogenen Brian und klagt an: „Das warst du!“ Eigentlich fehlt jetzt nur noch eine Erwiderung à la „Nein, du warst es!“, die in einem knallharten Rededuell „Nein, du!“ – „Nein, du!“ – „Nein, du!“ usw. mündet, dann würde ich hier schallend lachend vom Stuhl fallen. Stattdessen läuft Brian aber davon, Dwight hinterher, nicht ohne Paula zu sagen, sie solle die Polizei rufen. Danke für den Hinweis, Dwight, aber ich nehme an, das macht bereits einer der hinzugekommenen Schüler, die du mit deinem Gejammere zusammengeschrieen hast.

Ich würde das Gehusche durch die Flure nun nicht gerade als kribbeliges Katz-und-Maus-Spiel bezeichnen, aber mehr Action bekamen wir bis dato nicht geliefert. Man nimmt, was man kriegt. Brian flüchtet durch Kellerflure, Dwight aber lässt sich nicht so leicht abschütteln. Man landet in der Theaterkostümabteilung der Schule, wo Dwight hinter einem Kleiderständer Bewegungen ortet. Er schiebt ihn beiseite – doch es ist nicht Brian, sondern Danté mit einer langhaarigen blonden Lockenperücke und einem Obsthut auf dem Kopf! Wagga. „Wohin, mein Freund?“, fragt der ihn keineswegs überrascht. Dwight schaut kurz blöd, aber erspäht sodann Brian hinter einem weißen Vorhang. Die Jagd kann also weitergehen und führt nun hinaus auf den Schulhof, wo Dwight Brian allerdings aus den Augen verliert. Die während der Verfolgung eingesetzte E-Gitarrenmusik hat mich nicht gerade vom Hocker gehauen.

Mittlerweile ist die Polizei verständigt, die mit Hubschraubern und Wagen den nahegelegenen Wald nach Brian absucht. Auch Megafone werden eingesetzt, und Polizisten schicken Bluthunde los, um den flüchtigen Mörder zu fassen. Diese Methoden bringen keinen Ertrag, außer vielleicht, dass ein Hund einen anderen Bekannten, nämlich – in einem Anfall weiterer Geisteskrankheit vonseiten des Autoren – Paulas Daddy wittert, der immer noch nicht hinüber ist, sich bis in diesen Wald geschleppt hat und hungrig an einem rohen Pilz nagt. Seine Stimme ist stark angeschlagen, die Hilferufe krächzend und zunehmend lauter, aber für den Hund von keinerlei Interesse. „Kannst du kein Deutsch?“, fragt Daddy verzweifelt. Anscheinend nicht, jedenfalls bellt der Hund kurz und zieht von dannen. Ich habe die schlimme Befürchtung, dass uns der schon beim ersten Einsatz unwitzige Running-Gag rund um Paulas Vater noch eine Weile weiter verfolgen wird. Das finde nun wiederum ich zum Heulen, weniger den lächerlichen Tod einer ohnehin unbeliebten Lehrerin wie der ollen Knocht eben.

In der nächsten Szene ist Dwight gleich wieder ganz vorn mit dabei. Eine aufgebrachte Menschenmenge hat sich in der Aula der Schule versammelt, darunter neben Dwight auch sein Vater und viele weitere Schüler und Eltern. Hysterie hat Einzug gehalten nach dem Mord an Mrs. Knocht. Viele halten eine Kopie der toten Lehrerin in ihren Händen, davon wurden schließlich reichlich gemacht und offenbar reichlich eingesammelt, bevor die Spurensicherung da war. Die Protestaktion kommt jedenfalls sehr schnell. Bei Mordserien anno 1989 wurde an Schulen weniger getrauert, sondern lieber gleich richtig Stunk gemacht. Danté ist auch da und möchte das Wort ergreifen, um zum Mob zu sprechen, und so wie er da auf die Bühne tänzelt, sieht es tatsächlich zunächst so aus, als hätte er Jubelstürme erwartet, aber schnell gefriert sein Lächeln. „Sehen Sie sich das an!“, ruft Dwights Daddy sehr, sehr böse, während er eine der besagten Kopien hochhält. Ja toll, eine Kopie. Von einer toten Lehrerin. Und? Was kann Danté dafür? Er kann vielleicht was für seinen Drang, Mädels unter den Rock zu schauen oder in seiner Freizeit Kostüme anzuprobieren, aber nichts dafür, dass hier Lehrer umgebracht werden. Es sei denn, er war’s selbst, aber das halte ich für ausgeschlossen, weil es ja Brian war. Kann es sein, dass das Volk seine Wut falsch adressiert und eher die Polizei in die Pflicht nehmen sollte, die ihre Arbeit nicht gut genug gemacht hat, um eben das zu verhindern?

Danté tut das Einzige, was er in so einer aufgeheizten Stimmung tun kann: Er bittet darum, Ruhe zu bewahren. Tatsächlich kehrt kurz Ruhe ein, aber dann drängelt sich Dwights Vater in den Vordergrund (ich ahne, woher Dwights Arschlöchrigkeit kommt) und beschwert sich. Nicht mal Mathelehrer Glynn (der wohl einzige Lehrer bei dieser Versammlung, wenn ich so ins Rund gucke) kann ihn aufhalten, den schiebt er kurz zur Seite, als er mit Danté die Konfrontation sucht: Kinder verschwinden (aha, es ist wenigstens aufgefallen – bisher sind dafür ja lediglich zwei Dialogzeilen draufgegangen), ein Lehrer wird vermisst (oha!), Mrs. Knocht ist tot (gut, dass du es noch mal sagst). „Wenn wir länger Ruhe bewahren, sind wir bald alle tot!“ Hat einen Hang zum Überdramatisieren, der Olle. Aber Danté lässt sich von seiner Ruhe nicht abbringen und ergänzt: „Beherrschung!“, als Daddy seinen Sohn mit aller gebotenen Vaterliebe nach vorn zerrt. Das heißt, er packt ihn an der Kapuze seines Pullovers. Daddy sagt, Danté solle sich anhören, was sein Sohn gesehen hätte, aber Danté geht darauf gar nicht ein: „Wir alle werden Besonnenheit nötig haben.“ Den bringt halt nichts aus der Ruhe. Lieber bleibt er gedanklich in seiner eigenen Welt. Scheint schön dort zu sein. Daddy funkelt Dwight an: „Was hast du gesehen?“ Dwight wird von der Aggressivität seines Vaters angesteckt und brüllt durch den Saal: „Da war Blut überall!“ Er schaut ins Rund: „Und auch an Brian Woods‘ Händen!“ Gefällt Danté nicht, denn durch die Namensnennung würde er den Mob mobilisieren. (Oh, da ist er – Dantés erster und einziger vernünftiger Satz.) Dwights Vater grinst über diese Aussage. Entweder weil er denkt: „Ist auch richtig so. Ich will Blut!“ Oder weil: „Was für eine inkompetente Niete!“ Keine Ahnung.

Derweil geht der Hausmeister seiner Arbeit nach. Eins muss man ihm lassen: Fleißig ist er, so allgegenwärtig, wie der durchs Gebäude schrubbt. Aktuell bugsiert er in irgendeinem finsteren Winkel der Schule Müll in einen Müllcontainer. Der Einsatz der E-Gitarre verspricht in diesem Film stets Spannung oder Überraschung. Jetzt ist es Überraschung, denn wer schält sich da unter Müllsäcken hervor und hält dabei ein zerknicktes Foto von Mrs. Knocht in seinen Händen? Brian, der nebenberuflich wohl als Oscar the Grouch auf Tournee ist.

Fragte sich wer, wo bei all dem Tohuwabohu Paula abgeblieben ist? Die liegt in Shorts auf ihrem Bett und büffelt. Klar, sie hat eben eine Leiche entdeckt, weiß, dass da draußen ein Killer frei herumläuft und ein Brian sie permanent stalkt (was sie aber anscheinend dufte findet) – darüber darf man bloß nicht die wichtigen Dinge des Lebens vergessen. Würde sie sonst durch diesen Film wandern, als würde sie alles nichts angehen? Das Drehbuch ist gerade in der Hinsicht sehr nachlässig, um nicht zu sagen: erbärmlich. Als Nächstes sehen wir Brian, der vor Paulas Anwesen auf seinem Fahrrad draußen seine Runden dreht. Paula scheint tatsächlich was davon mitzubekommen. Sie schaut die Treppe runter, geht zur Haustür, öffnet sie – und steht im nächsten Moment im Wohnzimmer vor einem rauschenden Fernseher?! Hä? Hallo, Schnittmeister, hast du da geschlafen? Der rauschende Fernseher beunruhigt Paula nicht weiter. Kommt wohl häufiger vor. Sie schleicht weiter durchs Haus. Im Dunkeln. Die Musik ist mittlerweile laut angeschwollen.

Schließlich macht Paula doch überall Licht an. Sie stellt fest, dass die Terrassentür offen ist und will sie schließen – als der affigste False Scare seit Erfindung der Kamera in Gestalt eines Jungen auf dem Dreirad (!) angeradelt kommt und „Peng, peng“ mit einer Spielzeugpistole macht. Es tut schon körperlich weh. Paula hat sich schnell gefangen, pengt zurück und rät dem Dreikäsehoch, wieder heimzugehen. Sie eilt die Treppe hoch und wühlt – ohne dass wir erfahren, warum – im Bücherschrank, als ihr plötzlich Bücher runterfallen – und mit ihnen ein Diktiergerät, das sofort anspringt. Die Stimme ihres Vaters sagt: „Meine Damen und Herren Geschworenen! Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Brian Woods dorthin zu schicken, wo er kein Unheil mehr anrichten kann. In Anbetracht seiner Tat stellt sich doch die Frage, ob wir es überhaupt mit einem menschlichen Wesen zu tun haben [Michael Myers?!] oder mit menschlichem Unrat – nein, besser wäre Ausschuss, Abschaum, ja, Abschaum ist gut –, oder menschlichem Abschaum, für den eine geschlossene Anstalt noch viel zu human ist, der in einen Kerker gehört, der nie mehr geöffnet wird.“

Da, wo sich Paulas Vater Brian Woods hinwünscht, wünsche ich mir auch den Drehbuchautoren hin (natürlich nicht zum ersten Mal). Es gehört schon mehr als Faulheit dazu, die weibliche Hauptfigur ohne auch nur einen angedeuteten plausiblen Grund einen Bücherschrank öffnen und dann ein Diktiergerät herausfallen zu lassen, das auch noch genau an die Stelle zurückspringt, die für die Handlung relevant ist. Ich würde hier glatt das Wort Zuschauerverachtung in den Mund nehmen, wenn ich mir nicht sicher wäre, dass Slavkin einfach keine gescheite Idee gekommen ist, wie er Brian noch weiter in die Scheiße reiten kann. Paula hat – wen wundert’s? – dafür nur einen irritierten Augenaufschlag übrig.

Die Nacht vergeht ohne weitere Vorkommnisse, und wir sind wieder in der Schule, wo Danté das Schulmikro mit dem lila Söckchen hervorkramt, um einen Monolog von shakespearschen Ausmaßen vorzutragen (auch in dem Pathos), in dem er auf das tragische Ableben von der ach so beliebten (jaja) Mrs. Knocht eingeht. Bis jetzt wurde der Täter noch nicht gefasst, aber die Polizei tut alles, was in ihrer Macht steht, blablabla. Dwight probt dazu passend gerade „Hamlet“, während hinter ihm ein Typ am Schlagzeug sitzt. Ich habe keine Ahnung, was das werden soll. Ein Shakespeare-Musical? Übrigens sind Dwight und der Typ am Schlagzeug die einzigen Typen auf der Bühne, was mich in meiner These bestärkt, dass es dem Film dramatisch an Komparsen mangelt.

Kurz nachdem Danté einen Gottesdienst für die „von uns allen unerreichte Mrs. Knocht“ (haha) angekündigt hat, platzt Paula in die Theaterprobe und reicht Dwight unkommentiert ein paar Zettel. „Was ist das?“, fragt Dwight. Zettel, würde ich sagen. „Das ist die Wahrheit!“, erwidert Paula. Dwight bittet den Schlagzeugtypen raus (tschüss, Komparse, auf Nimmerwiedersehen), und Paula bittet ihn, sich Zeile 48 anzusehen. Paula und Dwight lesen sich abwechselnd wie aus einem Frage-Antwort-Theaterdialog – sie spielt die Befragerin, Dwight den Befragten (ist das Kunst oder kann das weg?) – offenkundig aus einem Gesprächsprotokoll aus den Unterlagen von Paulas Daddy vor, aus dem hervorgeht, dass der Verdächtige Brian Woods einen Streit mit seinem eigenen Vater hatte, woraufhin der auf dem Weg zur Arbeit vergeblich aufs Bremspedal drückte und in Folge vermutlich durchgeschnittener Bremsleitungen ungebremst in eine Tankstelle fuhr und starb. Brian gab seinerzeit an, einen Freund gehabt zu haben, der ihm zeigte, wie die Bremsen zu manipulieren seien. Dwight reagiert auf das Gelesene ausweichend („Ich denke, wir wissen genug!“), denn, hoho, wer könnte wohl dieser ominöse Freund gewesen sein? Mitten in der Konversation haut jemand zwar nicht auf die Pauke, aber immerhin auf ein Becken, weshalb Paula und Dwight zum Aufbruch drängen. Dieser Jemand ist Brian, der alles mitangehört hat. Eigentlich müsste ich diese Information ja nur noch niederschreiben, wenn Brian mal nicht mitbekommen würde, wenn schlecht über ihn geredet wird. Er stoppt das noch wackelnde Becken mit seiner Hand und sagt: „To be or not to be.“ Er schaut nach oben und sinniert: „Sein, Dwight, oder nicht.“

Als Nächstes kommt – nach knapp 56 Minuten – etwas, worauf wir bisher verzichten mussten: unverhüllte Frauenbrüste. Nein, nicht Paulas (schade). Einfach die einer Statistin, deren Gesicht wir nicht mal sehen, aber eben ihre Brüste. Auch schön. Ist eine Szene in der Damenumkleide und hat keine weitere Bewandnis, da wir gleich zur nächsten Szene weitergehen, aber ich nehme mal an, der Regisseur dachte, er müsse uns so was zeigen. Hat er gut gedacht.

Der Sportlehrer – ja, den gibt’s auch noch – hilft Paula beim Bogenschießen. Das tut er bei ihr, ganz Kavalier, natürlich so behutsam wie möglich. Seine Freundlichkeit verliert er aber umgehend, als Dwight verspätet und dann auch noch in seinen Straßenklamotten zum Unterricht erscheint. Das geht auch nach einem solch dramatischen Todesfall wie dem von Mrs. Knocht unter gar keinen Umständen. Dwight muckt auf. Na gut, dann eben gar nicht. (Die olle Masche halt, die wir an Dwight so schätzen.) Dwight will gehen, aber nicht mit unserem Lehrer. Der erwartet ihn morgen in dem geforderten Sportdress zu einer Privatstunde. Dwight wagt Widerworte, denn er will zur Trauerfeier von Mrs. Knocht. Die Ausrede ist unserem Lehrer aber zu lasch: Er persönlich hätte Mrs. Knocht nie leiden können und Dwight doch auch nicht. Also: Entweder morgen Sonderstunde Sport oder er fliegt raus. Dieser Drohung kann Dwight nichts entgegensetzen außer einen verärgerten Blick und … Naja, er könnte ihm schon mehr entgegensetzen und richtet beim Rausgehen Pfeil und Bogen auf den nicht hinschauenden Lehrer, aber Paula geht dazwischen und bringt ihn davon ab. (Als hätte er wirklich den Pfeil abgefeuert.) Stattdessen dreht er sich zur Zielscheibe – und trifft mit dem Pfeil genau ins Schwarze. Auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Es ist peinlich, wie verzweifelt der Film nun versucht, Dwight als potenziellen Killer zu etablieren.

Kriechender-Daddy-Musikcue. Der kraucht, ächzt und stöhnt nämlich immer noch – jetzt im Stockfinsteren – schwer verwundet durchs Grün und durchs Wasser. Es ist nicht lustig, war nie lustig und wird nie lustig sein.

Da mindestens dunkler Abend ist, ist selbstverständlich auch keine Schule mehr. Paula sitzt im Bademantel zu Hause rum (und büffelt vermutlich wieder – was hat sie schließlich für andere Hobbys?). Da klopft es an der Haustür. Sie schaut vorsichtshalber durchs Fenster. Es ist Dwight, der dämlich grinsend seine Nase gegen die Scheibe drückt. Höhö. Der Versager hat eine Bierdose in der Hand, umarmt seine Freundin und busselt sie ab, doch sie blockt ab, weil sie verständlicherweise keinen Bock auf eine Alkoholfahne hat. Brad Pitt spielt daraufhin wenig überzeugend den Besoffenen und verliert sich in Tiraden über die verfluchten Lehrer, die sein Leben ruinieren. Paula versucht zu beruhigen, er würde sich das nur einbilden. Mit ihm ist heute aber gar nichts mehr anzufangen und Dwight klammert sich an sie. Sie blockt weiter ab. Er beklagt sich, morgen zur Schule zu müssen, weshalb sie ihm empfiehlt, nach Hause zu gehen. Er will bei ihr übernachten, aber sie weigert sich und schubst ihn raus. Gut gemacht, Paula! Es ist bisher ihre stärkste Szene, ein Aufbäumen, dass sie ihren Ruf als Final Girl doch rechtfertigen möchte.

Wieder allein geht sie ins Badezimmer, zieht ihren Bademantel aus und kniet sich nur im Slip vor die Badewanne, um sich die Haare zu waschen. Und nein, ihr Sabberer – die Kamera bleibt distanziert in der Totalen und erlaubt maximal andeutungsweise Seitenblicke auf Jill Schoelens Brüste. Ehrlich gesagt kann ich nicht mal sagen, ob es nicht sogar ein Body-Double ist. Ist aber auch egal, denn ein Türknauf dreht sich um, und Brian, der bekanntlich ja den lieben langen Tag nichts anderes tut, als seine herzallerliebste Paula zu verfolgen, entert den Raum. Eine Spieluhrmelodie spielt zur allgemeinen Spannungserzeugung.

Der Film macht mächtig einen auf Suspense mit zwei auf dem Teppichboden schattenwerfenden Händen, die sich unnatürlich durchs Bild schieben und erst an Paulas nacktem Rücken Halt machen (nach einer genussvollen Kamerafahrt von Schoelens Füßen aufwärts), aber als sie den Schatten bemerkt und empört Dwight hinter sich vermutet, steht da Brian und starrt sie ausdruckslos an (und debil – wie also eigentlich den gesamten Film). Währenddessen hadere ich damit, dass sich der zwischenzeitlich verschwundene Kratzer auf seiner rechten Wange nun wieder auf der linken Wange befindet (Wanderkratzer?) und um eine mir schleierhafte Schramme auf der Stirn ergänzt wurde. Wenn ich das vorher gewüsst hätte, hätte ich daraus doch gut ein Trinkspiel machen können: Kratzer links, Kratzer weg, Kratzer rechts, Kratzer weg, Kratzer links, Schramme Stirn – hm, das klingt fast wie eine Tanzschrittfolge.

„Hi, ich tu‘ dir nicht weh, das verspreche ich“, sagt Brian in seinem psychopathischsten Tonfall. Paula beruhigt das nicht und haucht ein ängstliches „Bitte nicht umbringen“ (!). Brian erwidert, dass er das niemals könnte, auch wenn er gerade so aussieht, als würde er gedanklich einen Amoklauf in irgendeiner amerikanischen Highschool durchspielen. Er bittet sie vielmehr um Hilfe. Wobei, fragt sie. Den Mörder zu finden, sagt er. „Ich war es nicht bei Mrs. Knocht“, sagt er in grammatikalisch etwas holpriger Formulierung. Paulas Blick fällt auf eine auf dem Badewannenrand liegende Schere. Sie greift danach, aber Brian bemerkt das und schnappt sie sich schnell. Mit verschränkten Armen vor den Brüsten bittet sie ihn nochmals, ihm nichts zu tun. Er hält die Schere so übertrieben dramatisch vor sein Gesicht, dass er ihr ganz bestimmt nichts tun wird. Das Licht einer Lampe spiegelt sich in der Schere, sodass auch ein Teil davon auf Brians rechtes Auge fällt. Das nennt man Bildsprache, Leute! Brian kommt immer näher und fragt, ob Paula ihm das wirklich zutraue. Stattdessen überlässt er ihr die Schere und sie greift nach der zweiten Aufforderung auch zu, um die Schere auf Brian zu richten. „Na los, töte mich, wenn du glaubst, dass ich ein Mörder bin!“, spornt der sie sogar noch an. Paula zuckt und zittert zwar, aber macht keine wirklichen Anstalten. Deshalb greift er ihren Arm und will ihr dabei helfen, es doch endlich zu tun. Aber sie kann nicht. Die spannungsgeladene (gähn) Situation wird endgültig dadurch aufgelöst, indem er ihr den Bademantel reicht und sie darin einwickelt. Brian versucht’s auf die beschwichtigende Tour und sagt, sie hätte bestimmt gehört, dass er seinen Vater getötet hätte. Das hat er aber nicht, beteuert er. Er wollte ihm nur sehr, sehr weh tun, weil der wiederum seiner Mutter einiges angetan hatte.

Mit dieser Einlullungstaktik hat Brian natürlich bei der dummen Trulla leichtes Spiel. Ihren Einwand, er sei weggelaufen, nachdem Mrs. Knocht tot war, kontert er souverän mit der Selbsterkenntnis, er sei nun mal verrückt und wahnsinnig und so, da sei er ein willkommener Verdächtiger, den man nur zu gern aufhängen wolle. Das erklärt wirklich alles. Paula fragt vorsichtshalber nach, was denn mit Colleen, Gary und dem Kunsterzieher sei. Brian lächelt verständnislos. Immer mehr Tote, für die man ihn verantwortlich machen könne. Paula fasst allmählich Vertrauen: „Und mir willst du die Wahrheit sagen.“ „Ich versuche es“, erwidert Brian.

Am nächsten Morgen versucht Dwight von einer Telefonzelle aus, Paula zu erreichen. Er lässt es mehrmals klingeln, sie nimmt einfach nicht ab. Sie wird doch nicht …? Nein, nicht doch. Ein Schwenk von ihrem Telefon (wie immer schön vor dem Bild von ihr mit ihrem Papa drapiert) aufs Bett offenbart, dass sie noch lebt. Puh. Sie nimmt ab und ein weiterer Schwenk offenbart, dass Brian auf einem Stuhl neben dem Bett sitzt und sie beobachtet (!). Im Guinness-Buch der Rekorde steht bestimmt Paula beim Eintrag „niedrigster jemals gemessener IQ“. Dwight ruft nicht etwa an, um sich wegen seiner Szene von heute Nacht zu entschuldigen, sondern schimpft einfach weiter über die bösen Lehrer, diesmal Coach Harris, der sich sein Sportdress in den Arsch schieben solle. Paula versucht ihn zu beruhigen. Er betont: „Ich bin doch ganz ruhig.“ Dabei sinkt er auf den Boden der Telefonzelle, schlägt mit dem Hörer um sich und haut wortlos ab. Dabei sieht es so aus, als wolle er gleich losheulen. Der hat echt mehr Stimmungsschwankungen als eine Frau in ihrer Schwangerschaft. Auch in dieser Szene gibt Pitt wieder alles, was die hypothetische Schauspiel-Anleitung „Was sie nicht tun sollten, wenn sie mal für David Fincher und Quentin Tarantino arbeiten wollen“ hergibt. Es bleibt Fassungslosigkeit.

Erst jetzt bemerkt Paula beim Umdrehen Brian, der sich in einen Anzug ihres Vaters geworfen hat, und setzt sich als Reaktion immerhin mal kurz auf. Ich frage mich, wie sie gestern Abend verblieben sind. „Du bist zwar wegen gesuchten Mordes auf der Flucht und hast mir eine Schere in die Hand gedrückt, um dich zu töten, aber bleib mal hier und beschütze mich.“ Eigentlich ist dieser ganze Scheiß nicht mehr zu fassen. Paula äußert ihre Verwunderung über Dwights eigenartige Gemütslage (das fällt ihr früh auf), weshalb sich Brian selbstlos anbietet. „Soll ich mich aufopfern für Dwight?“, fragt er in debilstem Tonfall. Hä? Man darf mit Fug und Recht fragen, ob „aufopfern“ in so einer Situation der richtige Ausdruck ist. Es ist ja nicht so, als würde Dwight wegen Mordes gesucht. Oder?

Nun, Brian hat da brandheiße Informationen. Er präsentiert Paula servierbereit eine Fotokopie der toten Mrs. Knocht. Die will davon nichts wissen (alles so schrecklich), aber Brian insistiert, man würde da den Mörder sehen. Auf der Kopie sieht man eine Hand – und ein Finger dieser Hand trägt den Ring von Dwight! Das wäre eigentlich mindestens ein hereinbrechendes Gewitter mit lautstarkem Donnerschlag wert, aber so weit geht das Skript nun doch nicht. Dieser Tatsache wird sich auch Paula gewahr. Sie zuckt zusammen und meint zunehmend hysterischer (na ja), man müsse ihn aufhalten. Brian: „Ich tu‘ es für dich, Paula, nicht für Dwight.“ Mittlerweile klingt er in der Art und Weise, wie er spricht, wirklich wie ein zurückgebliebener Zweitklässler.

Wie gut, dass wir ja alle wissen, wo sich gerade Dwight aufhält – nämlich in der Sporthalle zum Nachsitzen mit seinem Sportlehrer Harris. Der bedankt sich zwar zunächst, dass Dwight tatsächlich erschienen ist, aber nun muss er natürlich auch seine Sportsachen anziehen. Schon das ist für ihn aber eine ungerechte Zumutung, und er gibt mal wieder das rebellische Musterarschloch: „Sie können mich … immer wieder … am Arsch lecken!“ Dazu noch kostenlos obendrauf beide Mittelfinger direkt ins Gesicht – voilà! Harris kontert: „Und du mich auch.“ Nur etwas ruhiger. Dwight beklagt sich: „So geht man nicht mit seinen Schülern um.“ (Aber mit seinen Lehrern, oder wie?) Beeindruckt den wenig: „Mich kannst du mal!“ Und noch einmal die ultimative Aufforderung: „Fertig machen!“ Dwight legt selbst dabei einen spektakulär-theatralischen Abgang aufs Parkett und donnert seine Sporttasche aufs Trampolin, bevor er abdreht (vermutlich in Richtung Umkleidekabine). „Bis später“, sagt er, streichelt kurz die Ami-Fahne, die dort zur Zierde hängt, und tritt die Sporthallentür energisch auf. Ganz unabhängig davon, ob er der Killer ist (der er wie mehrfach gesagt nicht sein kann) – die Figur Dwight ist wohl der größte Kotzbrocken, die jemals in einem Film existierte.

Paula und Brian haben in der Zwischenzeit nicht etwa die Polizei verständigt, sondern sich – offensichtlich widerrechtlich – über das kaputte Fenster in der Umkleidekabine (das bisher anscheinend unbeachtet geblieben ist – ich sage ja: was für eine Schule!) in die Schule aufgemacht, als sich auch schon Shultz, der sogar Wochenenddienst schiebt, aus dem Nichts materialisiert und mit seinem Wischmop auf Brian einhämmert. Paula kann sich noch rechtzeitig ducken. „Na du!“, stößt Shultz kampfbereit aus, aber Paula beschwichtigt: „Er war’s nicht!“ Woraufhin Shultz auf sie losgeht und nach ihr schlägt. Und dann wieder nach Brian. Es ist eine wahre Freude, das zu sehen. Go, Shultz! Doch beiden gelingt getrennt voneinander doch die Flucht. Hui, geschickt. Das heißt, nun kommt auch wieder Brian für den Mord am Sportlehrer in Frage… Ups, habe ich da etwa vorgegriffen? Sorry. Aber ich meine, habt ihr was anderes erwartet?

Paula rennt durch leere Schulflure die Treppe hinauf. Der wildgewordene Hausmeister übersieht sie nur wenige Augenblicke. Harris, der nicht einsieht, heute umsonst zur Schule gekommen zu sein, hüpft derweil sinnlos auf dem Trampolin rum. Während ich das so beobachte, steigen in mir die Zweifel, dass der doch recht korpulente Mann ein Sportlehrer sein kann. Andererseits: Wenn ich dran denke, wer zu Schulzeiten bei mir alles Sportunterricht geleitet hat, bin ich ruhig. Von hinten schleicht sich jedenfalls ein böser Mensch mit der soeben eingeführten USA-Flagge in der Hand an und kriecht unters Trampolin, was der gute Harris nicht mitbekommt. Die Musik ist mittlerweile sehr laut geworden, was an sich heißt, dass es ja eigentlich spannend werden soll. Diesmal hat man sich allerdings für eine Version des Fight-Songs der John Glenn High School entschieden, der normalerweise zu sportlichen Anlässen von Spielmannszügen gespielt wird und dem ganzen Geschehen folglich den Ernst nimmt. Der böse Mensch schiebt die Fahnenspitze direkt von unten durchs Trampolin – mit unappetitlichen Folgen für den Lehrer, der sich mit Bauch voraus in eben diese Spitze bohrt. Ein Vampir hätte diese unfreiwillige Pfählung vielleicht überlebt. Von den Effekten ist nicht viel zu erwarten: Etwas Blut an der Fahnenspitze in Großaufnahme und der Lehrer bäuchlings aus großer Entfernung auf dem Trampolin liegend – mehr ist da nicht. Man hört regelrecht, wie sich Regisseur Pallenberg und Autor Slavkin begeistert die Hände reiben, wie geschickt sie nun endgültig den Verdacht auf Dwight gelenkt haben.

Paula schleicht weiter heimlich durch die Flure, aktuell durch den Bioraum. Als sie eine Tür mit der Aufschrift „Office C“ öffnet, scheint diese eher in eine Besenkammer zu führen als in ein Büro. Darin stößt sie auf viele weiße Mäuse. Wundert mich nicht, dass Shultz bei seinem versifften Aussehen eher Mäuse anzieht als entfernt. Jedenfalls sieht Paula darin Merkwürdiges: Mitten im Raum hängt etwas, das wie zwei mit einem Seil zusammengeknotete Menschen aussieht. Sie zupft kurz an dem unzweifelhaft Colleen gehörenden Rock. Kreisch! Es sind die Leichen von Colleen und Gary, wie die blass geschminkten Visagen der beiden erkennen lassen. Paula weicht zurück und will raus, aber da steht plötzlich Dwight im Sporttrikot vor der Tür und begehrt Einlass. Paula, mittlerweile felsenfest davon überzeugt, dass Dwight der Killer ist, versucht es an einer anderen Tür, aber auch dort baut sich Dwight – nach Paula schreiend – vor ihr auf. „Lass mich rein!“, ruft er, aber Paula denkt gar nicht daran. Zum Glück sind die Türen abgeschlossen. Ein dritter Ausgang führt sie dann in die leeren Schulflure. Sie warnt auch laut rufend ihren neuen besten Freund: „Brian! Geh raus aus der Schule!“

Gerade möchte Paula um die Ecke verschwinden, da rennt sie unverhofft in Glynn. Der hat offenbar nur auf sein Stichwort gewartet, um sie zu erschrecken – und ist, wie der Zufall es eben will, eine weitere Autoritätsperson, die sich aus Jux und Dollerei an einem Samstag in der Schule aufhält. Oder soll er auf den letzten Metern vielleicht sogar noch als Verdächtiger aus dem Hut gezaubert werden? Warum sonst sollte man so komische Dinge wie „Das ist ein gefährlicher Ort für so ein hübsches Mädchen wie dich“ sagen? Und wenn sie hässlich wäre, wäre die Schule ein ungefährlicherer Ort, oder was? Halb hysterisch versucht Paula ihren Lehrer davon zu überzeugen, dass sie von Dwight verfolgt wird. Am Arm zerrt er sie in einen Raum, rechtzeitig bevor auch Shultz mit seinem Mop zur Stelle ist und die beiden ausfindig machen kann.

Der Killer mit den jungen Händen (nur für den Fall, dass noch jemand ernsthaft annahm, Shultz oder gar Danté könnten als unerwartete Mörder infrage kommen) hat sich derweil Zugang zum Direktorbüro verschafft, zieht unheilschwanger das lila Frauensöckchen vom Mikro und lässt einen Song namens „Man Talk“ – natürlich von Wall of Voodoo – über die Lautsprecher laufen. Das ängstigt nun auch Glynn. Dabei ist auch der Song gar nicht so schlecht. „Er weiß, dass wir hier sind“, rät Paula ins Blaue (woher auch immer er das wissen sollte, wenn er nicht gerade Michael Myers ist). Panisch packt Glynn sie wieder am Arm und sucht nach einem weiteren Versteck. Ich frage mich, warum das Duo von Raum zu Raum hastet, wenn es doch einfach den Weg aus dem Gebäude anpeilen könnte. Oder hat der Lehrer am Ende seinen Schlüssel gar nicht dabei? Wohnt er gar in der Schule? Der Versuch, in einem der Klassenräume durchs Fenster zu türmen, legt den Verdacht nahe. Es bleibt beim Versuch, weil die Fenster vergittert sind.

Die Panik soll wohl auch beim Zuschauer unaufhaltsam zunehmen, als die beiden in einen weiteren Klassenraum fliehen, wo der Killer abermals die Musik einschaltet. Keine Ahnung, ob der Direktor in seinem Büro Überwachungsmonitore für das ganze Gebäude aufgebaut hat oder woher der Killer zielsicher von dort aus weiß, wohin genau seine potenziellen Opfer fliehen. Paula und Glynn laufen in einen vierten Raum. Ich beginne mich dezent zu langweilen.

Dort erwarten Paula und Glynn, dass die Lautsprecher anspringen, aber das tun sie nicht. Kurzes Durchatmen – zumindest bis Paula einen Blick auf die Tafel wirft, auf der etwas geschrieben steht, und zwar unter anderem: „WHICH DOOR?“ Glynn prüft beide Türen und stellt fest: „Ich glaube, wir sind in Sicherheit.“ Was auch immer diesen Klassenraum sicherer machen soll als die anderen. Paula macht ihn auf das Geschreibsel aufmerksam, das wir nun in Gänze lesen können: „WHICH DOOR? GET IT RIGHT OR DIE!“ Oh Schreck. Dem schließt sich eine Rechenaufgabe an, mit der ein Dwight so seine Schwierigkeiten hätte: „Ein Zug verlässt Chicago um 8 Richtung Osten. Ein anderer Zug verlässt Boston Richtung Westen um 8. Zu welcher Zeit werden sie kollidieren? X ist gleich 1 oder 2?“ Auf besagte Türen sind Zahlen gepinselt, nämlich 1 und 2. Paula hat keine Lust zu denken und schiebt die Verantwortung ihrer Begleitung zu: „Sie wissen, was das heißt, nicht wahr?“ Der Pauker beweist gleich mal, warum er zum Pauker taugt: „Die Lösung liegt in diesem Problem.“ (Ach, sag bloß!) Hektische Schnitte auf Tür 1 und Tür 2. Spannend. Sehr schön auch, dass der Killer offenbar darauf spekulierte, dass das Duo – und darunter, wie passend, auch noch Herr Mathelehrer – Zuflucht in eben diesem Raum suchen würden, damit er die Rechenaufgabe für seine Psychospielchen an den Mann bringen kann. Entweder das oder der Drehbuchautor hatte einen weiteren Aussetzer.

Paula wird leicht unruhig und erwartet ein Ergebnis. Jetzt. Der arme Glynn zeichnet mit Kreide irgendwas an die Tafel, kann sich aber nicht konzentrieren, weil er doch solche Angst hat. Paula trägt auch nicht viel zu einem ruhigen Rechnen bei, indem sie ihm ständig in seine Rechnereien reinquakt: „Sie sind Mathelehrer! Also tun Sie doch was!“ Blöde Kuh. In einer gerechten Welt würde er jetzt einen beliebigen Gegenstand nehmen und ihn Paula über den Kopf zimmern. Oder wenigstens mit der Kreide nach ihr werfen. Glynn faselt irgendwas von Addition und Substraktion. Als mathematischer Laie frage ich mich: Ist da so viel mit Plus und Minus? Reicht es nicht zu wissen, wie viele Stunden Chicago von Boston entfernt ist und der Zusammenstoß muss genau in der Mitte sein? Zugleich sollte man sich auch etwas mit dem Zugfahrplan auskennen, wie viele Haltestellen welcher Zug anfährt und mit welcher Geschwindigkeit die Züge unterwegs sind. Kurzum: Die Frage ist so schwammig formuliert, dass es dafür eigentlich keine eindeutige Lösung geben kann. Dazu muss man wohl schon Killer sein, um sich so etwas erlauben zu können. Ich an Glynns Stelle würde da reklamieren.

Schließlich hat unser Lehrer einen Geistesblitz und möchte lösen: Es ist Tür 1! „Sind Sie sicher?“, fragt Paula vorsichtshalber noch mal nach. „Natürlich bin ich mir sicher“, lautet die berechtigterweise genervte Antwort. (Und jetzt bitte endlich mit der Kreide werfen. Danke.) Glynn demonstriert die Richtigkeit des Ergebnisses gleich mal, indem er Tür 1 öffnet. Er schaut nicht etwa um die Ecke, sondern wartet einfach ab, was passiert. Ha, freut er sich, niemand da, also alles richtig. „Manchmal ganz nützlich, Lehrer zu sein“, grinst er selbstzufrieden – und kriegt dafür immer noch in der Tür stehend gleich mal einen Axthieb von Brian ab. Ja, richtig gelesen. Von Brian. Von dem, der als Einziger der Täter sein konnte. Genial, einfach genial. Brian schlägt noch ein zweites Mal zu, und zack, noch ein drittes Mal. Mehr geht nicht, denn beim dritten Hieb bleibt das Beil im Kopf des Lehrers stecken. Oder sagen wir besser: das wobbelige Plastikbeil, denn das, was sich der Schauspieler da an den Kopf hält, wackelt noch schön, bis er endlich zusammensinkt. „Er hat wohl die verschiedenen Zeitzonen ignoriert“, rattert Brian in seinem patentierten monotonen Tonfall runter. Ha, so ein Idiot.

Paula nimmt das natürlich nicht zum Anlass wegzurennen. Sie bleibt mitten im Klassenraum stehen und schweigt, während Brian siegesgewiss einen Affentanz um sie herum aufführt und einen Basketballwurf simuliert. „Er schießt! Er trifft! Jaaa!“, lebt er seinen hiermit endgültig bestätigten Psychopathenstatus endlich nicht mehr mit angezogener Handbremse aus. Hm, seit wann schießt man Basketbälle? „Ich bin besser als Dwight, aber das wusstest du ja schon, nicht wahr?“, fügt er an. Er berührt sie sanft und fragt in seiner Euphorie, ob sie nicht mit ihm ausgehen wolle. Paula weicht zurück und bittet ihn, sie allein zu lassen. Mit dem Wort „allein“ triggert sie allerdings den armen Brian, denn allein, das ist er schon die letzten Jahre seines Lebens gewesen – „dank der Güte deines Vaters“. Er schert sich weiterhin einen Dreck um die „Me Too“-Bewegung und streicht ihr ohne ihre Zustimmung durchs Haar. Ihr Vater sei der Erste gewesen, der ihn einen Mörder genannt hätte.

In einem Anfall von Selbsterkenntnis gesteht Brian sich ein, ein Mörder gewesen zu sein, aber die Zeiten seien auch gut gewesen, weshalb er sich entschied, der Beste in seinem „Beruf“ zu sein. Tatsächlich leidet er unter einem akuten Anfall von Talking-Madman-Syndrom und labert sich um Kopf und Kragen. Er nahm sich das Ziel, das Töten zu verfeinern, Methoden weiterzuentwickeln für ein Töten mit höchster Vollendung jenseits von Raum und Zeit. (Uff. Ja, genau in den Worten.) „Wie töte ich Menschen in der Vergangenheit, in der Zukunft? Wie verändere ich den Lauf der Geschichte für immer?“ (Puuuh. Hört er noch mal auf?) Paula fragt sich, warum er so was tut, aber bei ihrem halbherzigen Versuch zu fliehen hält er sie fest und macht ihr ein Liebesgeständnis. Deshalb solle sie es auch nicht persönlich nehmen, wenn er sie auch tötet. Immerhin sei das sein Job. Er stammelt irgendwas von Auserwähltsein, die verdorbene Welt der Sünde zu tragen. (Alter, nun ist aber wirklich gut!) Brian legt die Hand um den Hals seines Gegenübers und möchte es offenkundig erwürgen, aber da kommt der Retter in der Not – Dwight! Er schlägt mit einer Feueraxt die Klassenraumtür ein und verschafft sich so Zutritt. Ein Tritt in Brians Kronjuwelen später ist Paula bereits mit Dwight auf der Flucht, Brian mit der von Dwight achtlos auf den Boden geworfenen Feueraxt in der Hand hinterher.

Die Haupttür des Gebäudes lässt sich nicht öffnen, weil der Killer in weiser Voraussicht dicke Ketten um die Klinke gewickelt hat. So bleiben Paula und Dwight nur Hilfeschreie, während Brian zähnefletschend bereits auf dem Weg zu ihnen ist und drohend das Beil schwingt, dessen Klinge er drohend über die metallenen Schulschränke fährt. Unser Nun-wohl-wieder-Liebespärchen muss also einen anderen Ausgang finden, und zwar schnell. Dwight kickt den beiden mit einem gezielten Fußtritt den Weg in den Chemieraum, wo passenderweise ein alter Duschkopf (?) rumhängt. Dwight befiehlt Paula, sie solle die Dusche anmachen, damit sich etwas Wasser auf dem Boden ergießt. Paula fragt zwar, warum, aber leistet dem Folge. Will Dwight den armen Brian etwa ausrutschen lassen? So ein Teufel. Der ist immer noch dabei, die Klinge seiner Axt über die Metallschränke gleiten zu lassen, um etwas Remmidemmi zu machen. Er weiß, dass der Killer in Slashern seine Opfer immer irgendwie einholt.

Es stellt sich heraus, dass Dwight sich nach den gescheiterten Basketball-Plänen gerade für ein Wile-E.-Coyote-Stipendium bewirbt, denn Brian soll nicht etwa ausrutschen, nein, Dwight sucht nach Natrium, das ja nach Logik dieses Films bei Kontakt mit Wasser explodiert, wie auch Dwight Paula vorsichtshalber noch einmal erläutert. (Ist es nicht toll, wie sehr sich alle Handlungsfäden letzten Endes zusammenfügen? Allerdings war vorhin ja noch die Behauptung, Wasser und Chlor würden eine Explosion verursachen. Natrium wiederum reagiert tatsächlich mit Wasser. Da hat entweder die Synchronisation geschlampt oder Slavkin hat die Begriffe einfach ungenau angelegt, in der Hoffnung, es würde eh keiner merken.) „Wenn Brian reinkommt, fliegt er in die Luft“, ergänzt er. Schließlich könnten Gehirnamputierte im Publikum sein.

Dann steht Brian ihnen gegenüber. Er sagt: „Ihr werdet mir helfen, den Tod hineinzutragen in die verdorbene Welt der Sünde.“ (Wie jetzt? Brauchst du doch Komplizen?) „Ich werde euch töten.“ (Okay, doch nicht.) Dwight schleudert dem Durchgeknallten einen Klotz Natrium vor die Füße, direkt auf den nassen Boden. Bumm? Nix bumm. Es passiert nichts. Brian lacht ein ausbaufähiges Psycho-Lachen und verhöhnt Dwight. Er hätte besser aufpassen sollen, das sei ein Stein, ein Brocken. Okay, Dwight hat damit das „Vollidiot“ endgültig schriftlich. Das „arschlöcherige Vollidiot“. Paula hat sich mittlerweile von der lauffreudigen Heldin in ein wimmerndes Etwas verwandelt, das sich an Dwights Rücken klettet. Jaja, Mädel. „Ich habe dich bis eben für einen Mörder gehalten, Dwightybaby, aber nun brauche ich ganz dringend deine Hilfe, rabääh.“ Frauen. Die Jagd geht weiter.

Der Weg führt alle Mann nach draußen, aber nicht über den bekanntlich versperrten Haupt-, sondern irgendeinen dubiosen Seitenausgang, vor dem sich überall Gitter auftun, was es gar nicht so leicht macht, das Grundstück zu verlassen. Flucht zurück klappt auch nicht, weil da bekanntlich Brian ist. Hätte man sich zwar denken können, aber unsere verbliebenen Helden doch nicht. Das ist halt das Problem, wenn die eine eine dumme Nuss und der andere ein dummes Arschloch ist. Doch sie finden irgendwie einen Weg. Der führt sie von jetzt auf gleich nach einem komischen Schnitt direktemang weiter in einen offensichtlich zum Schulgelände gehörenden Werkraum. Hinter einem der Tische können sie sich verstecken. Um die Spannung zu erhöhen, fährt Brian einen Gang runter und pfeift, denn wir wissen: Ein Psychopath allein ist schon unheimlich genug, aber ein pfeifender Psychopath? Boah, Gänsehaut. Der betätigt einen Knopf an der Wand, womit sich auch das Tor schließt. Danach steigt er auf die sich in den Weg stellenden Tische und wieder herunter. Dabei nähert er sich langsam Paula und Dwight, während er alle elektronischen, teils spitzen und sägenden Gerätschaften, die in einem solchen Werkraum ja zu Dutzenden rumstehen, einschaltet. Paula und Dwight können ihr Versteck bei so viel Zischen und Sägen nicht länger geheimhalten, als sich auch schon Brian direkt hinter ihnen materialisiert. Im nächsten Moment prügeln sich die beiden Herren der Schöpfung durch die Werkstatt und nehmen dabei so allerlei Werkgeräte in die Hand. Paula tut wenig, um ihrem Freund beizustehen, und schaut sich das Ganze mit angewidertem Gesichtsausdruck aus nächster Nähe an.

Immerhin rührt sie sich, als Dwight sie bittet, den Stecker rauszuziehen, vermutlich den von Brians Flex, die der gerade in seiner Hand hält. Wie Frauen aber so sind, kapituliert Paula selbst vor der Steckerleiste und schafft es, den Stecker des Bohrers, den wiederum Dwight in der Hand hält, zu ziehen, der aber aus der Not immerhin eine Tugend macht und damit, wenn auch erfolglos, nach Brian wirft, was Paula und ihn wieder zusammenführt – bis sie rückwärts in einen Kartonstapel fallen. Brian wirft daraufhin die laufende Flex nach Dwight: „Fang auf!“ Das tut der tatsächlich. Wütend will er damit auf Brian losgehen, aber der hat sich in Luft aufgelöst. Aber nur kurz, denn gegen Brians Materialisierungskünste ist Michael Myers ein lahmer Esel. Plötzlich taucht er hinter Dwight auf und schlingt eine langarmige Schmiedezange von hinten um seinen Hals. „Ich habe von dir gelernt! Jetzt lernst du!“, meint Brian. „Was soll ich lernen?“, findet Dwight tatsächlich noch die Luft zu fragen. „Töten!“, schreit Brian. „Du bist wie ich, Dwight! Ein Killer! Hattest nur nie die Gelegenheit dazu. Was hältst du von dem Sport?“ Dwight japst nach Luft, weshalb Brian vorschlägt, er dürfe weiterleben – wenn er dafür Paula tötet. Versprochen. (Ich würde ja glatt auch Paula töten, wenn Brian aufhören würde, ständig alles und jeden totzulabern.) Kurz könnte man denken, Dwight würde tatsächlich die sich immer noch in seiner Hand befindende laufende Flex gegen Paula richten, aber – haha, ein Trick – er schlägt damit nach hinten aus und bringt Brian ins Taumeln, mehr aber nicht. Die Zange bleibt um Dwights Hals.

Nun hält Brian den guten Dwight erst recht für einen Versager. Mit der Zange zieht und zerrt er Dwight zu einer weiteren Gerätschaft und steckt dessen Kopf in einen riesigen Schraubstock. Paula hastet hinterher. „Lass ihn sofort raus!“, schreit sie den Mörder an, der nicht eben wählerisch nun Paula über das Schicksal ihres Freundes entscheiden lassen will, indem er sie fragt, ob er den Schraubstock nach links oder rechts drehen soll. „Nach rechts gedreht, mein bester Hit, nach links gebracht, bis der Knochen kracht“, versucht er sich als feingeistiger Poet, der aber auch vor Kalauern nicht zurückschreckt: „Uns verband eine enge Freundschaft. Gleich wird sie noch viel enger werden.“ Dabei grabbelt er Dwight, der sich in seiner Lage nicht wehren kann, im Gesicht rum.

Paula erträgt das nicht weiter und verspricht zu machen, was immer Brian auch will. Das sorgt wenigstens dafür, dass Brian von ihrem Freund ablässt und seine Aufmerksamkeit ganz auf Paula verlagert – nicht ohne vorher aber noch einen elektrischen Bohrer einzuschalten und ihn auf Dwight zu richten. Der stemmt sich mit seinen Füßen gegen die Apparatur, an der der Bohrer angebracht ist, denn würde er es nicht tun, würde der ihm so nahe kommen, dass er glatt durchbohrt werden würde. Während Dwight so gegen den Bohrer kämpft, drückt Brian Paula ungefragt einen dicken Kuss auf die Lippen, und sie lässt es mit sich geschehen, signalisiert ihm jedoch durch merkliches Wegdrücken, dass das nicht auf Gegenliebe stößt. (So viel zu „Ich mache alles, was du willst“.) Brian ist etwas enttäuscht: „Ich hätte mir das eher romantischer gewünscht, aber man kann nicht alles haben, Baby.“ Er meint, er würde ein Kribbeln spüren. Paula vielleicht auch? Die guckt ihn nur schweigend an, während er an den Knöpfen ihrer Bluse herumhantiert. Sie öffnet die Knöpfe selbst.

Brian mahnt an, sie solle sich in Dwights Interesse beeilen, der ja während des ganzen Prozederes im Begriff ist, zu Dönerfleisch verarbeitet zu werden. Doch bevor sie sich entkleidet, hat sie noch eine Bitte: „Würdest du bitte die Augen zumachen?“ Brian: „Du meinst, ich soll … Zumachen, sagst du?“ (Ja, zumachen, sagt sie! Himmel noch mal! Das war doch nun wirklich deutlich genug!) Paula nutzt die Tatsache, dass er tatsächlich seine Glotzer schließt, für einen Blick auf einen neben ihr auf einem Holztisch liegenden Hammer. Es bleibt allerdings nur beim Blick. Dwight macht die Augen wieder auf. „Konnte schon deinem Vater nicht trauen. Kann ich dir vertrauen?“, fragt er. Sie streicht ihm mit ihrer linken Hand beruhigend durchs Gesicht. „Ich würde dich nie verletzen“, sagt sie. Das reicht ihm als Vertrauensbeweis und er schließt die Augen erneut. Paula dumm, Dwight dumm, Brian dumm, alle dumm. Warum hauen die sich eigentlich nicht der Einfachheit halber alle gegenseitig tot? Paula nutzt das eiskalt aus und schlägt Brian bei nächstbester Gelegenheit besagten Hammer auf den Kopf. Der Einschlag bleibt offscreen, im nächsten Moment steckt das Ding in Brians Schädel. Dem Killer ist die Enttäuschung über so viel Hinterfotzigkeit merklich anzusehen. „Du spielst niemals mehr mit meinen Gefühlen“, gibt die sich im aufflackernden Rächer-Modus befindliche Paula ihm noch als verbale Kirsche obendrauf, bevor sie ihn in die laufende Kreissäge hinter ihm stößt. Brian zappelt sich mit dem mehr als sichtbaren Wabbel-Hammer im Kopf (wahrscheinlich aus demselben Mordwerkzeuge-Set wie die Gummiaxt) und der Kreissäge im Rücken in den Tod. Danach läuft Paula zum sich immer noch tapfer gegen die unbeabsichtigte Anbohrung seines Adoniskörpers wehrenden Dwight. Paula kann verhindern, dass Dwight durchbohrt wird, indem sie die Apparatur mit dem Bohrer zur Seite schiebt. Happy End für die Turteltauben. Das war … eher unterwältigend.

Zu spät zum Showdown, aber nicht zu spät für blöde Sprüche erscheint hinter den beiden plötzlich Shultz (!): „Was ist das? Überlebenstraining?“ Eine Antwort wird als nebensächlich angesehen, weil Dwight zwar gerettet ist, aber sein Kopf immer noch im Schraubstock steckt. Paula weiß nicht, in welche Richtung sie drehen muss, aber für technische Dinge ist Dwight zuständig, sodass ihr mit etwas Mühe die endgültige Befreiung gelingt. Shultz steht teilnahmslos im Hintergrund rum. „Ist mir eine Ehre, Ihren Schmutz beseitigen zu dürfen. Ehrlich, Miss.“ Er sagt das in einem ruhigen unaufgeregten Tonfall, dass man fast meinen könnte, er würde es auch ehrlich meinen. Paula und Dwight tun das einzig Richtige: Sie ignorieren ihn und schreiten von dannen. Jetzt ein schöner „The End“-Schriftzug, das wär’s doch – aber es gibt ja noch lose Fäden. (Echt? – Ja! Meint zumindest der Drehbuchautor. Seufz.)

In der nächsten Szene hält Dwight eine Kopie der verblichenen Mrs. Knocht auf dem Kopierer in seiner Hand, während er und Paula sich mit einem Polizisten unterhalten. Paula stellt mit Bezug dazu fest: „Brian hat mir das gezeigt. Dwights Ring auf diesem Foto.“ Ach ja, stimmt ja, uns alle hat doch brennend interessiert, wie Dwights Hand auf die Fotokopie kam – sogar so sehr, dass ich es schon wieder vergessen habe. Einfache Erklärung des Polizisten, da ja der Kopierer auch noch nach dem Tod der Lehrerin weiterlief: „Dwights Hand wurde abgelichtet, als er sich Mrs. Knochts Leichnam ansah.“ Dwight, nach seinem Beinahe-Ableben vor zwei Minuten leider wieder ganz der Alte, spielt den arroganten Besserwisser und meint, Paula und er hätten der Polizei die Arbeit abgenommen, als hätte er ernsthaft was für die Aufklärung des Falls getan. Vergiss nicht, Dwight – du hingst mit deinem Kopf jämmerlich in einem Schraubstock fest, als es um die Wurst ging. Dem Polizisten ist die vorlaute Art des Jungspundes auch ein Dorn im Auge, und er kontert: „Warum machst du dich nicht nützlich, sie [Paula] nach Hause zu bringen?“ Macht er doch gern. Der Bulle ruft Paula noch hinterher, sie solle ihren Vater noch von ihm grüßen, wenn er wieder da ist.

Ach ja, der Vater. Den gibt es auch noch. Was ist eigentlich mit dem? Begleitet zur gewohnten E-Gitarrenmucke wankt der immer noch durchs Gestrüpp und grinst dabei vor sich hin, als hätte er längst den Verstand verloren. Mir ist nicht ganz klar, wieso er immer noch im Nirwana herumstakst. Es sah vorhin bei der Suchaktion mit den Hunden doch schon so aus, als wäre er bereits irgendwo in Schulnähe.

Paula und Dwight sitzen derweil nachdenklich in Dwights Wagen. Dwights Gefühlsleben bleibt mir ein Rätsel: eben noch die vorlaute Klappe, nun grüblerisch. „Ich mochte Brian“, durchbricht die zu meinem Bedauern Letztlich-ja-doch-noch-irgendwie-Heldin die Stille. Dwight nickt nur leicht mit dem Kopf. „War viel, um es einfach zu verkraften“, lacht Paula auf. Da spricht sie wahre Worte. Es wird lange dauern, bis ich diesen Film verkraftet habe. Paula nimmt die Hand ihres Freundes. „Lass uns jetzt schnell fahren, ja?“ Schon kann auch Dwight wieder lächeln. Als er mit ihr so die Straße entlangfährt, fährt die Kamera ein paar Meter hinauf auf den nahegelegenen Hügel – und wer kommt da angewankt? Paulas Daddy! Steht hier etwa ein baldiges Wiedersehen an? Paula reflektiert noch einmal die tiefsinnigen Gespräche – oder besser gesagt: Monologe – von Brian. „Brian hat sehr viel erzählt über das Töten zwischen Zeit und Raum, über das Töten in der Zukunft. Gott, wie verrückt der war.“ Das sagt sie mittlerweile deutlich befreit, vergisst dabei aber, dass man nicht schlecht über Tote reden soll. Und davon abgesehen: Hallooo-ho, Paula! Ich kenne noch mindestens eine weitere Verrückte, und die sitzt gerade neben Dwight im Wagen.

Doch da – Paulas Vater purzelt den Abhang hinunter und schafft es an den Straßenrand, wo er hektisch vor sich hinwinkt und undefinierbare Groar-groar-Laute von sich gibt. Aber vielleicht kann man auch schlicht nichts anderes mehr machen, wenn man tagelang mit Pfeilwunde durch die Pampa läuft. Paula erkennt in dem undefinierbaren Schmutzhaufen in Menschengestalt ihren Vater. Dwight versucht auf die Bremse zu treten, aber es geht nicht. Und warum nicht? „Brian war an den Bremsen!“ Aufkommende Panik. Dwight vollzieht sein patentiertes waghalsiges Wendemanöver, mit dem wir ihn ja schon bei seinem ersten Auftritt kennen und eher weniger schätzen gelernt haben, und kommt kurz vor dem schreienden Vater zum Stehen.

Nun steht dem Wiedersehen tatsächlich nichts mehr im Wege. Paula schreit laut „Daddy“ aus und scheint sich nur kurz zu wundern, warum ihr Vater so verlottert aussieht. „Ich bringe ihn um, diesen verdammten Brian Woods durch Elektroschocks, nein, den elektrischen Stuhl!“ Oha, ganz allein der Rachegedanke hat ihn am Leben gehalten. Paula strahlt: „Alles geklärt, Daddy. Wir sind erlöst von ihm.“ Dwight ergänzt: „Er ist tot.“ (Ach? Danke für die Ergänzung! Ich hätte echt nicht gedacht, dass das „erlöst von ihm sein“ quasi ein Synonym für „tot sein“ ist.) Paulas Vater schaut verdattert. „Ist er?“ JA, IST ER! Muss man euch denn hier immer alles zweimal sagen? Nun kann auch Daddy strahlen. Zumindest kurz. „Warum treffe ich dich hier, Paula?“ Meine erste Frage wäre eher gewesen: „Warum hast du so ein blutverschmiertes Shirt, Paula? Oh Gott, mein Engel, was ist nur mit dir passiert?“ Aber so setzt jeder seine Prioritäten anders. „Wie meinst du das?“, fragt auch Paula. „Solltest du nicht in der Schule sein oder heißt das etwa, dass du schwänzt?“

HAHAHA! Was für ein Knaller-Gag! (Der, ohne jetzt den Spielverderber spielen zu wollen, noch schlechter wird, weil ja laut Drehbuchlogik eigentlich Samstag sein sollte. Aber nun gut, man sehe es Daddy nach. Wer tagelang durch die Botanik stapft, verliert vielleicht das Zeitgefühl.) Damit ist übrigens auch der Film beendet, denn nach Paulas kurz irritiertem Blick strahlt sie schon wieder und das Bild friert ein. ENDE und Abspann – zu einem weiteren Song von Wall of Voodoo bzw. dem bereits vorhin angeschnittenen „Man Talk“. Ich korrigiere mich: Nicht der Einleitungssong von Wall of Voodoo war der Höhepunkt des Films, sondern dieser Song, weil er das Ende bedeutet…

Na, wenn das mal nicht die längste Auseinandersetzung mit „Cutting Class“ aka „Todesparty II“ ist – egal ob auf Englisch, Deutsch, Französisch oder in jeder anderen Sprache –, die die Internetwelt je gesehen und gegebenenfalls sogar gelesen hat, dann weiß ich auch nicht. Aber jeder Film so, wie er es verdient – und „Todesparty II“ ist ein ganz besonders schlechter Slasher, dessen Idiotien gar nicht breit genug getreten werden können. Er mag insgesamt filmischer aussehen als die Unsummen an Wald-und-Wiesen-Amateur-Produktionen, die in den 80er-Jahren in teilweise unverschämt hoher Taktung Kinos und Videotheken bevölkerten, aber das bezaubernd bizarre Balla-Balla-Drehbuch von Steve Slavkin macht auch dem dümmsten Horror-Schnellschuss große Konkurrenz.

Womit auch frühzeitig das größte Pfund genannt wäre, mit dem „Todesparty II“ wuchern kann – wenn auch nicht aus den Gründen, die angestrebt worden sein dürften. Puh, da geht wirklich nicht mehr viel: als hätte Regisseur Pallenberg Slavkin mit der Order betraut, ein Skript zu einem Slasher zu verfassen, obwohl der in seinem Leben noch nicht einen einzigen Slasher gesehen hat. Das wäre unter Umständen ein durchaus interessantes Experiment gewesen. Da der Film aber nicht als Experiment vorgesehen war – jedenfalls gehe ich mal stark davon aus –, versagt er kläglich.

Wenn man wollte, könnte man die gewählte Vorgehensweise sogar unter Kreativität verbuchen: Einen psychisch angeknacksten Protagonisten fürs Publikum nicht nur zur Verdachtsperson Nummer eins zu machen, sondern die Dinge sogar so zu drehen, dass gar kein anderer mehr als Täter infrage kommt, und ihn dann auch tatsächlich als den Killer zu präsentieren – alle Achtung, dazu gehört schon was. Erst zur Mitte des Films fällt Slavkin dann ein, dass es ja nicht so ganz verkehrt wäre, zumindest noch einen zweiten Verdächtigen in die Runde zu werfen. Da ist das Kind allerdings schon längst in den Brunnen gefallen, weil dieser zweite Verdächtige gar nicht der Täter sein kann, wenn Slavkin es nicht mit einem faulen Trick bzw. einem irrwitzigen Wendemanöver riskieren möchte, sämtliche wenigstens halbwegs mitdenkende Zuschauer gegen sich aufzubringen. Gut, das tut er natürlich auch mit der letztendlich gewählten Auflösung, aber das immerhin auf eine überaus erheiternde Art und Weise. Gerade wenn man den Film schon kennt, ist es ein wahres Fest, Slavkin bei seinen peinlichen Versuchen, irgendwie doch noch ein Täter-Ratespiel zu kreieren, zu beobachten.

Doch nicht nur das missglückte Mysterium rund um den Killer macht Spaß, sondern auch das bizarre Figurenarsenal. Wohl selten wurde jemand, der als Held angelegt ist, mit einer solchen Leidenschaft an die Wand gefahren wie Paula. Die ganze Zeit huscht sie wie ein Fremdkörper völlig unbeteiligt durch die Geschichte. Dass Brian sie permanent stalkt – egal, er ist ja schon irgendwie süß. Dass ihr Vater weg ist und während seines Urlaubs nichts von sich hören lässt – interessiert sie nicht. Eine Lehrerin wird ermordet und sie findet die Leiche – „lern ich doch zu Hause, wo ich allein bin, erst mal ein bisschen weiter für die Schule“. Keine einzige ihrer Handlungsweisen macht Sinn, nie benimmt sie sich wie ein normaler Mensch. Das gilt auch für Brian, dessen einziges Hobby es ist, Paula nachzustellen bzw. immer unbemerkt genau an dem Ort zu sein, wo (meist verächtlich) über ihn gesprochen wird. Zugleich verhält er sich als aus der Psychiatrie entlassener Psychopath auch stets wie einer und wechselt zwischen debilem Gestammel auf dem Niveau eines verliebten Kleinkindes und am Ende pseudophilosophischem Geschwafele munter hin und her, um im Finale mit dem durchsichtigsten Trick seit Bestehen der Erde verdientermaßen in die ewigen Jagdgründe befördert zu werden („Mach die Augen zu!“ – „Okay.“ – *Schädel einschlag und in Kreissäge schubs*). Und dann noch Dwight. Oh ja, Dwight ist ein Kapitel für sich. Ein debiler Vollarsch, wie sie eigentlich das Filmende nie erleben, aber schließlich fast noch zum Helden mutierend. Eigentlich ebenfalls ein Fall für einen Psychiater durchlebt er innerhalb weniger Augenblicke unzählige Stimmungsschwankungen, mal der besoffene Vollprolet, plötzlich einfühlsam, dann der drohende Handtaschen-Revoluzzer, der eine Sekunde später von völlig deplatziert erscheinenden Heul- und Schreiattacken heimgesucht wird, als wäre er mindestens drei Personen in einem Körper.

Die Kirsche auf der Torte sind die schauspielerischen Darbietungen der drei Hauptdarsteller, die ihre Rollen auch derart schräg anlegen, dass man sich am Set eines arg missglückten Liebesdramas wähnt: Paula als Objekt der Begierde zweier Männer, doch wem soll sie ihr Herz schenken? Dem geisteskranken Killer oder dem dummen Arschloch? Jill Schoelen bewegt sich jenseits von Gut und Böse und lächelt sich als herzensgutes Dummerle, das so gar nichts peilt, durch den Film, Donovan Leitch schenkt jedem böse Blicke und einen grimmigen Gesichtsausdruck und meint damit, die nötige Aura des potenziellen und später ja auch nicht mehr potenziellen Killers auszustrahlen. Den Vogel schießt aber wie oben angedeutet Brad Pitt ab, der hier wirklich alles tut, um nie wieder auch nur in die Nähe einer Kamera gelassen zu werden. Er führt ein so unfassbares Kasperletheater auf, dass ich mir geistig immer wieder vergegenwärtigen musste, dass das wirklich Brad Pitt ist. Wenn er aus dem Nichts in Tränen ausbricht, als er seine tote Lehrerin entdeckt, und dabei plärrt, als wolle er zu seiner Mama, wähnt man sich mit offenstehendem Mund wirklich in einem Paralleluniversum.

Dieses Trio des Schreckens funktioniert als Dreh- und Angelpunkt aus Trashfilmgesichtspunkten schon außerordentlich gut, aber nahezu jeder weitere Charakter gibt sein Bestes, nicht zu kurz zu kommen, allen voran die Schar der Lehrkörper (in diesem Fall in der Tat eher Leerkörper), die durchweg wie entflohene Insassen aus „Einer flog übers Kuckucksnest“ wirken, darum bemüht, den Schülern jegliche Freude zu nehmen: ein Drill-Coach, ein schwuler Kunstlehrer, der minderjährige Schülerinnen im Badeanzug Modell stehen lässt, ein überenthusiastischer Bio- und Chemielehrer, ein fieser Mathelehrer, eine taktlose Vize-Rektorin, die Schülern ihre Vergangenheit in der Irrenanstalt vorhält – wer da noch freiwillig zur Schule gehen möchte, muss wirklich starke Nerven haben. Über all dem schwebt wie aus einer anderen Welt Roddy McDowall als Schuldirektor Mr. Danté, der mutmaßlich mit seiner Rolle des notgeilen Bocks mit Vorliebe für die Knackpos junger Mädchen, während er sich nicht mal durch eine Mordserie aus der Ruhe bringen lässt, eine Portion Skurrilität einbringen soll, das aber gar nicht tun muss, weil wir von seiner Sorte wirklich genügend Leute hier haben. Erstaunlich, dass er überleben darf. Hinzu kommt der versiffte Hausmeister Shultz, der sich zu jeder Tageszeit quer durch den Film feudelt, dummes Zeug faselt und mit seinen Drohungen in der Tat ein Vorläufer des „Scrubs“-Janitors ist – ohne seine Drohungen jemals in die Tat umzusetzen.

Könnte man bei Danté, Shultz und möglicherweise auch bei Colleen und Gary von beabsichtigt komischen Figuren sprechen, so gehört wohl auch Martin Mull als Paulas Vater mit dazu – oder vielmehr der Handlungsstrang rund um ihn, in dem er von einem Pfeil getroffen mehr tot als lebendig wieder nach Hause stolpert. Dieser Strang läuft immer wieder in kurzen Zwischenszenen parallel zur eigentlichen Story. Dabei ist der Gag bereits beim ersten Mal so schmerzhaft unlustig, dass jede weitere Wiederholung in unregelmäßigen Abständen wie der Elektroschock an einer Starkstromleitung wirkt. Dafür wäre jedes Schmerzensgeld berechtigt. Allerdings trägt die Tatsache, dass die Macher selbst diesen Gag für lustig genug hielten, um ihn nicht aus der finalen Version zu schneiden, als ein weiteres Mosaiksteinchen des Scheiterns nur noch weiter dazu bei, dass „Todesparty II“ eine erstaunlich lustige Angelegenheit ist.

Zumal der Schwachsinn damit ja nicht aufhört. Das Drehbuch ist ein wahrer Schweizer Käse, ganz unabhängig von seinem Umgang mit der Frage nach dem Täter und den euphemistisch ausgedrückt merkwürdigen Verhaltensweisen seiner Figuren, eine Aneinanderreihung völlig bekloppter Szenen, die jeglichen Sinns und Verstands entbehren. Ich meine, welcher Film traut sich, ein Kleinkind als False Scare aufzufahren, das mitten in der Nacht einfach mal bei der Heldin vorbeischaut und „Peng“ macht? Ganz zu schweigen von den absurden und sich vom einen auf den anderen Moment widersprechenden Szenenanschlüssen. Eben sagt eine Figur noch: „Tschüss, ich lerne jetzt“, eine Minute später steht sie dann doch wieder in der Schule rum, als wüsste Slavkin nicht mehr, was er eben noch geschrieben hat. Eben wurde Paula Zeugin eines Mordes, in ihrer nächsten Szene liegt sie seelenruhig und allein in ihrem Bett und büffelt. Eben hat Dwight sein erhofftes Stipendium verloren, eine Minute später will er schon wieder fummeln. Oder Slavkins äußerst rabiate Art und Weise, Verdachtsmomente zu streuen oder zu verfestigen: Da muss Paula schon mal ohne erkennbaren Grund zum Bücherschrank rennen und die Schranktür öffnen, da fällt ihr auch schon das Diktiergerät raus und spult exakt die Stelle ab, die Brian noch verdächtiger macht als ohnehin schon. Brian muss in jeder Szene düster gucken, damit auch ja jeder merkt, dass er morden könnte. Dwight muss so viel saufen und fluchen und Arschloch sein, damit er sich zu einem Verdächtigen entwickelt. Herrlich, Slavkin arbeitet da so sehr mit der Brechstange, dass man ihm damit eigentlich eine runterhauen müsste.

Der Rest vom Fest geht in der allgemeinen Debilität schlichtweg unter. Für Slasher-Fans, die keine kohärente Story erwarten, ist „Todesparty II“ vielleicht kein kompletter Totalausfall, weil man wenigstens auf einigermaßen abwechslungsreiche Morde zurückgreift. Ein Verbrennungsofen kommt zum Einsatz, eine Fahnenspitze, die Axt oder – nun ja, das ist weniger kreativ – das gute alte Messer. Doch auch wenn hier mal eine Axt oder ein Hammer (oder eben deutlich sichtbare Attrappen davon) in Köpfen steckt, fallen die Tötungsszenen eher harmlos aus und geschehen weitgehend im Off, was ihn in der Hinsicht letztlich doch ziemlich langweilig gestaltet. Blut fließt folglich auch wenig. Das Finale in der Werkstatt bietet wenigstens einen Hauch von Spannung, die aber unter dem bekloppten Killer und der generell mangelnden Sympathie für auch nur einen der daran Beteiligten leidet. Die musikalische Untermalung ist wenig bemerkens- und schon gar nicht erinnerungswert, lediglich die Wall-of-Voodoo-Songs gehen ganz gut ins Ohr.

„Todesparty II“ wäre somit also ein an sich vergessenswerter Slasher, der einmal mehr beweist, dass das Genre Ende der 80er eigentlich längst tot war – wäre da zum einen nicht Brad Pitt in seinem bemerkenswert verunglückten Leinwanddebüt in einer größeren Rolle und zum anderen das wirklich gnadenlos in die Hose gegangene Drehbuch von Steve Slavkin, dem das Kunststück gelingt, wirklich alle Figuren in bizarr-schrille Gestalten zu verwandeln, deren Verhaltensweisen sich Galaxien von dem unterscheiden, was ich guten Gewissens auch nur im Ansatz als logisch bezeichnen würde. Die wenigen Anflüge von Humor sind völlig neben der Spur, einige Szenen schlicht rätselhaft. Naja, und was soll man schon Positives zu einem Film sagen, der sein Publikum an einem Mörderrätsel mit gerade mal einem ernsthaften Verdächtigen kauen lässt? Dennoch: in seinem vollumfänglichen Scheitern sehr reizvoll und unter diesen Gesichtspunkten tatsächlich amüsant.


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 7


mm
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