Titanic II – Die Rückkehr

 
  • Deutscher Titel: Titanic II - Die Rückkehr
  • Original-Titel: Titanic II
  •  
  • Regie: Shane van Dyke
  • Land: USA
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Shane van Dyke (Hayden Walsh), Marie Westbrook (Amy Maine), Bruce Davison (James Maine), Brooke Burns (Dr. Kim Patterson), Michelle Glavan (Kelly Wade), D.C. Douglas (Captain Howard), Dylan Vox (Dwayne Stevens), Wittly Jourdan (Elijia Stacks), Myles Carnford (Admiral Hadley)


Vorwort

Zum 100-jährigen Jubiläum des „Titanic“-Untergangs hat der Industriekapitän Hayden Walsh den abgesoffenen Ozeanliner nachbauen lassen (mit modernster Technik unter der Haube, versteht sich) und will nun damit von New York nach Southampton schippern (was ungefähr eine genau so tolle Idee ist, wie zum Gedenken an den Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki noch ein paar Nukes auf Japan zu schmeißen). Mit an Bord, als Krankenschwester, ist Haydens ehemalige Flamme Amy, von der er sich getrennt hat, weil er von ihrem überprotektiven Daddy, dem Küstenwachencaptain James Maine, schwer eins auf die Nase bekommen hat. Dem lieben Vater ist eh nicht wohl dabei, dass sein Augenstern auf der „Titanic II“ angeheuert hat, weiß er doch, dass aus Zeitgründen bei der Konstruktion des Eimers ein paar Abkürzungen genommen wurden – die notwendigen Inspektionen hat das Schiff gerade eben so bestanden. Allerdings kann er seine diesbezügliche Gardinenpredigt nur per Handy halten, denn er wird nach Grönland gerufen, wo Dr. Kim Patterson ihm erklärt, dass der Gletscher, auf dem sie herumforscht, der globalen Erwärmung sei dank in Auflösung begriffen ist – und wenn der Gletscher bricht, werden die Eismassen einen Tsunami auslösen, die den gesamten Nordatlantik heimsuchen wird…
Jetzt mal ehrlich: was würdet Ihr, ohne Vorkenntnisse, auf diesem Screenshot erkennen? (Nein, das ist nicht der badmovies.de-Rorschachtest)
Party on, dude!

Das könnte der „Titanic II“ nun herzlich wurscht sein, weil solche Wellen bekanntlich erst richtig gefährlich werden, wenn sie auf Land treffen, doch die mit annähernd Schallgeschwindigkeit mitgerissenen Eisbrocken sind für Schiffe eine tödliche Gefahr. Maine warnt die „Titanic“ und die Warnung wird erstaunlicherweise auch ernst genommen, doch sie kommt zu spät – ein Eisberg reißt die Steuerbordseite des Luxusliners auf. Der Kampf ums Überleben beginnt – während Hayden und Amy versuchen, Amys schwer verletzte Kollegin Kelly zu retten und Maine versucht, die Rettungsoperationen zu koordinieren, hat Patterson eine neue Hiobsbotschaft: der Gletscher wird weiter kollabieren und der resultierende Mega-Tsunami wird die erste Riesenwelle wie’n Kindergartenplanschbeckenspiel aussehen lassen. Und ironischerweise ist die sinkende „Titanic II“ im Vergleich zu den Rettungsbooten der sicherste Platz…


Inhalt

Als ich die erste Ankündigung von The Asylum las, man werde einen Film namens „Titanic II“ drehen, war ich verliebt. Gut, ich gebe frei und offen zu, dass ich von Asylum alles kaufe, was mir in die Finger kommt, was mich vermutlich zu einem komplett Wahnsinnigen macht (als ob das was neues wäre…), aber die Idee ist selbst für Irrenhaus-Verhältnisse beherzt schrill. Zumal es eigentlich gar keinen aktuellen Anlass für einen Mockbuster gibt – der Cameron-Film ist ja nun doch ein paar Lenze her, im Kino läuft derzeit auch nix, was irgendwie nach Schiffskatastrophe aussieht, und für’s echte 100-Jährige sind unsere Asylum-Freunde zu früh dran. Andererseits ist „Titanic II“ an und für sich schon ein Konzept, dass für sich alleine „funktioniert“ (soweit Asylum-Filme jemals funktionieren).

Wenn man dann aber die begeisterte Asylum-Fan-Brille abnimmt, stellt man fest, dass das Konzept auf den zweiten und dritten Blick dann doch nicht so ein Selbstläufer ist, wie man zunächst gedacht hat – denn was bleibt letztlich übrig, wenn man „Titanic II“ auf das wesentliche reduziert? Eben, ein recht generischer Katastrophenfilm, der sich weitestgehend den etablierten Formeln des Genres ergeben muss – ob das absaufende Schiff nun „Titanic II“, „MS Deutschland“ oder „Jennifer-Courtney“ heißt, tut letztlich nichts zur Sache. Das passt dann aber wieder ganz gut zur Asylum-Firmenpolitik, den Käufer/Ausleiher über den Titel (und das Artwork) einzufangen, um ihm dann doch einen austauschbaren B-Film von der stange vorzusetzen.

Nun sind Katastrophenfilme per Definition Ensemblefilme, die über großen Cast und komplexe Beziehungsgeflechte ausgleichen müssen, dass ihr zentraler Kern, die Katastrophe an sich, bestenfalls zu Beginn des zweiten Akts, besser noch erst zum Beginn des dritten Akts, eintreten darf – und ein großes Ensemble kann sich Asylum nicht leisten. Writer/Director/Star Shane van Dyke (aus dem van-Dyke-Clan, dem wir auch die langlebige Krimiserie „Diagnose: Mord“ verdanken) behilft sich mit dem klassischen TV-Mittel des „B-Plots“, weswegen wir im Filmverlauf ständig zwischen den Ereignissen auf der „Titanic II“ und den Abenteuern von Captain Maine umschalten; nicht das eleganteste Storytelling, aber, Gebetsmühle anwerf, Storytelling ist schlechterdings nicht die Domäne von Asylum und auch nicht die des Katastrophenfilms an sich. Es schindet Laufzeit, gibt ein paar „Spannungssequenzen“ her (Maine ist überwiegend im Helikopter unterwegs, der in der Luft aufgetankt werden soll, was im Umfeld einer Tsunami sich als nicht ganz unproblematisch erweist…) und versucht zumindest, dem ein oder anderen Charakter (in diesem Fall eben Maine und seiner Tochter) über die Familienbande ein wenig Tiefe zu verleihen. Täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die Prämisse des Films in vielfältiger Hinsicht blöd ist.

Wie ich schon sagte – das hundertjährige Jubiläum des Titanic-Absaufens mit dem Bau und der Jungfernfahrt einer Replika zu feiern, ist wirklich, äh, „sinnvoll“ (und abergläubisch, wie Seeleute sind, möchte ich bezweifeln, dass ein Matrose, der was auf sich hält, ob des schlechten Omens einen Kübel namens „Titanic II“ betreten würde). Im Bestreben, die sich pflichtschuldigst einstellende Katastrophe ein wenig zu variieren, verfällt van Dyke aber auf eine abgrundtief dämliche Idee. Herr van Dyke postuliert also nicht nur eine, sondern zwei Super-Tsunamis, die den gesamten Nordatlantik heimsuchen. Jetzt denken wir mal kurz drüber nach und kommen zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass das Schicksal eines Luxusliners mit vielleicht 2000 Kaspern an Bord, die (vermutlich) durch die Bank vermutlich zur eher entbehrlichen (da High-Society-) Gesellschaftsteilmenge gehören, in diesem Fall so ziemlich das unwichtigste ist, was sich zu verfolgen lohnt. Hallo? Tsunami? Hunderte Meter hohe Wellen, die mit Schallgeschwindigkeit auf dicht besiedelte Gebiete sowohl auf der West- als auch der Ostseite des Atlantiks prallen? Zig Millionen potentielle Todesopfer, gewaltige spontane bauliche Umgestaltungen mit Schäden, die irgendwo in Trillionenhöhe einticken dürften? Daran verschwendet das Script von „Titanic II“ nicht mal eine einzige Silbe. Schon klar, van Dyke wollte einen Film über die „Titanic“ drehen und keine globale Katastrophe ausrufen (ganz zu schweigen davon, dass Asylum bei großflächigem Disaster-Porn begreiflicherweise alt aussheen würde), aber wenn man mal zwei Sekunden über die Konsequenzen nachdenkt, die aus dem auslösenden Ereignis folgen müssen, fallen die anderen Goofs des Films – und von denen gibt’s wahrlich genug – nicht mehr wirklich ins Gewicht…
Immerhin: einen Anerkenntnispunkt gibt’s dafür, dass van Dyke tatsächlich einfällt, dass im Falle eines Tsunami ein Schiff mitten im Ozean unter normalen Umständen der sicherste Platz ist, den man sich vorstellen kann, und baut die von der Welle mitgerissenen Eisberge ein; dummerweise hindert ihn das nicht daran, drei Szenen weiter ein Tankflugzeug weit auf offener See von einer hunderte Meter hohen Welle erfassen zu lassen. Naja, am logischen Denken ist schon so mancher gescheitert.

Recht positiv fällt auf, dass van Dyke zumindest die übliche evil-capitalist-Karte vermeidet ausläßt – zwar reißt Captain Maine das Thema mal mit seinen Ausführungen zum nicht sachgemäßen Bau des Potts an, aber eine Rolle spielt das nicht (nach der Filmlogik wäre es ziemlich egal, ob die Titanic aus diamantverstärktem Titanstahl gebastelt worden wäre), im Gegentum, Hayden (der die Rolle theoretisch spielen sollte) mag vielleicht Maines Warnungen nicht für bare Münze nehmen, doch redet er dem Titanic-Kapitän nur insofern rein, als er darauf drängt, obwohl die Maschinen noch nicht eingefahren sind, mit vollem Speed der Welle auszuweichen, ist insgesamt also eindeutig „Held“ und nicht „Schurke“.

Das ist es dann aber auch schon mit den Positiva im Script… der Rest ist entweder 08/15-Katastrophenfilmbaukasten, nur dämlicher (da lernen wir z.B. dass man stark blutende Halswunden mit einer Kreditkarte abkleben kann, oder dass ein zufallendes Schott, das gerade ein zartes Frauenzimmer zerquetscht hat, weit genug offen stehen bleibt, damit der Held unbeschadet und unproblematisch durchlaufen kann). Gen Ende hin (SPOILER VORAN) wird sogar die „Abyss“-bewährte „lass mich ertrinken und mich danach wiederbeleben“-Trumpfkarte gespielt (allerdings versagt sie schändlich, harhar), mit ziemlich blassen Figuren, die teilweise (Dr. Patterson) nur als wandelnde Expositionsrezitierer gebraucht werden. Aber das ist man gewohnt, das ist noch nicht so schlimm.

Die größere Problematik ist, dass Asylum bekanntlich keine 300 Millionen Dollar ausgeben und einen lebensgroßen Titanic-Nachbau hinstellen kann, wie’s ein James Cameron getan hat – die „Titanic II“ wird wahlweise von ziemlich schäbiger CGI oder der friedlich am Hafen von Long Beach vertäuten „Queen Mary“ gedoubled, und wer nicht gerade eine ganze Flasche Ketchup auf den Augen hat, erkennt, dass sich „Queen Mary“ und „Titanic“ (egal ob I oder II) nun mal nicht sonderlich ähnlich sehen, wenn man von „beides große Pötte mit Schornsteinen druff“ absieht. Zudem steht die „Queen Mary“ verständlicherweise nur für Außenaufnahmen zur Verfügung (und selbst da müssen die Asylum-Jungs tricksen, weil der Kahn nunmal nicht bewegt werden kann. Manchmal allerdings geben sie sich nicht mal Mühe, Hintergründe digital auszublenden o.ä.), für Interiors hat man sich also mit den Räumen, Korridoren und Treppenhäusern eines herkömmlichen, auf Festland angesiedelten Hotels oder Kongresszentrums beholfen, was in manchen Szenen (Ballsaal, großes Treppenhaus) halbwegs hinhaut, oft genug aber eher nicht. Besonders peinlich wird’s, wenn in die Eingeweide des Schiffs vorgedrungen wird – den „Maschinenraum“ mimt die Generatorenhalle eines kalifornischen Wasserwerks, dessen wurmstichige, angerostete und zu einem guten Teil auch solide gemauerten Wartungsgänge auch nur eher unzureichend solche eines Ozeanriesen simulieren können(Space Mutiny lässt schon ein wenig grüßen). Hinzu kommen vermeidbare Detailfehler wie der Umstand, dass die ungefähr fünf Quadratmeter große „Bordapotheke“, die als „Krankenstation“ fungiert, vermutlich auf einem fünftklassigen Auswandererdampfer anno 1870 als deutlich unterdimensioniert angesehen worden wäre (dagegen wirkt die Brücke mit ihren fünf-sechs Flatscreens schon fast wieder authentisch).

Die visual FX sind auch eher unter der Kategorie „erschreckend“ einzusortieren – ganz besonders übel ist intelligenterweise gleich die Eröffnungssequenz, in der ein Extremsurfer vom kalbenden Gletscher bzw. dessen Welle erwischt wird – was in der Totalen „Meer“ und was „Eis“ sein soll, ist völlig undurchschaubar (ich weiß, das ist zusammen mit „Feuer“ die Königsdisziplin in Sachen CGI-Animation, aber SO schlecht hat’s echt noch keiner gemacht).

Von der dramaturgischen Seite her ist der Streifen einigermaßen genießbar – van Dyke inszeniert den Kram halbwegs flott (auch wenn er neben dem B-Plot auch noch einen selten sinnlosen Mini-Subplot um ein U-Boot, das zur „Titanic“-Hilfe ausgeschickt wird und von der Welle kaputtgemacht wird – wie auch immer das bei einem freakin‘ U-Boot funktionieren soll – auspacken muss, um auf abendfüllende Länge zu kommen – vielleicht war er aber auch nur vertraglich verpflichtet, ein paar Minuten klassischer Asylum-„wir-stehen-vor-einem-Maschinenschrank-und-behaupten-das-wär-die-Brücke-eines-U-Boots“-Footage zu verbraten). Asylums Stamm-DOP Alexander Yellen (Mega Shark versus Giant Octopus, „Airline Disaster“, „I Am Omega“) tut sein Möglichstes, um die Unzulänglichkeiten der Produktion zu tarnen, der Score von Chris Cano und Chris Ridenhour ist für Asylum-Verhältnisse nicht übel und entgegen sonstiger Angewohnheiten des Ladens, wenn’s nicht gerade um christliche Aufklärungsfilme wie Countdown: Jerusalem geht, ist die ganze Chose auch familienfreundlich squeaky-clean, trotz des implizierten beträchtlichen bodycounts.

Zur Schauspielerei: der Regisseur selbst (für Asylum auch schon in „Paranormal Entity“ und „Transmorphers: Fall of Men“ tätig geworden) versucht den Balanceakt zwischen arrogantem Schnösel und opferbereiten Samariter; das ist nicht immer glaubwürdig, wir haben bei Asylum aber auch schon ganz andere Leistungen gesehen, aber wenn er den Krempel schon selbst schreibt und inszeniert, sollte er wenigstens motiviert sein (und ein paar Familienangehörige brachte er auch noch gleich im Cast unter).
Mary Westbrook („Hillside Cannibals“, „Evil Angel“, 100.000.000 BC) dilettiert als Amy Maine dagegen fröhlich und unbelastet vor sich hin, dieweil Veteran Bruce Davison („X-Men“, „Bigfoot und die Hendersons“, „China Blue – Bei Tag und Nacht“, „V“, „Knight Rider (Neuauflage)) sich zwar sichtlich fragt, was er in Schotter wie diesem zu suchen hat, aber sich dennoch bemüht, die Sache professionell durchzuziehen (das kurze Making-of beweist allerdings, dass er oft genug bei diesem Script und seinen Lines alle Mühe hatte, ernst zu bleiben).
Brooke Burns („Baywatch“) ist als Stichwortgeberin völlig verschwendet, Michelle Glavan lässt Westbrook wie Meryl Streep aussehen (schauspielerisch, nicht optisch), D.C. Douglas (regelmäßiger Sprecher von Albert Wesker in den „Resident Evil“-Games) scheint die ganze Angelegenheit als Parodie auszulegen.

Bildqualität: Great Movies bringt den Film in anständigem 1.85:1-Widescreen (anamorph). Manchmal gibt’s leichtes Blockrauschen und der Kontrast macht speziell die dunklen CGI-Szenen (also nächtliches Gletscherkalben o.ä.) schwer durchschaubar, aber insgesamt geht das in Ordnung.

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton in Dolby Digital 5.1. Wie üblich bei derlei Filmen hab ich mich an die Originalfassung gehalten, die vom Dialogton her etwas mehr Saft vertragen könnte (scheinbar hat man hier auch ab und an mal darauf verzichtet, noch mal im Studio nachzusynchornisieren).

Extras: Kurzes Making-of, leidlich unterhaltsame Blooper Reel, Trailer.

Fazit: Schade. Ich hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass „Titanic II“ ein toller Film werden könnte und Asylum in die nächsthöhere B-Film-Liga hieven würde, aber zumindest latent auf einen schenkelklopfintensiven Trash-Lachschlager gehofft. Dafür gibt’s zwar Indizien (keine Frage, wenn man einen Film, der auf einem Schiff auf hoher See spielt, praktisch ausschließlich auf Festland dreht), aber nicht genug, um ein echtes Dauergrinsen zu erzeugen (gut, mit drei Promille vielleicht), das Drehbuch hat seine Doofheiten, gibt sich aber überraschend seriös und versucht zumindest, das ein oder andere Genre-Klischee zu, hihi, umschiffen – absolute Tiefpunkte sind die gruseligen CGI, einige der Interiors und das bodenlose Schauspiel von Westbrook und Glavan. Ich hatte mir trotzdem insgesamt schlicht und ergreifend mehr (unfreiwilligen) Spaß erhofft… knappe zwei von fünf DVDs rücke ich raus, aber ich hatte mit Asylum schon mehr Fez.

2/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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