- Deutscher Titel: Time Bandits
- Original-Titel: Time Bandits
- Regie: Terry Gilliam
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1981
- Darsteller:
Sean Connery (Agamemnon), John Cleese (Robin Hood), Ian Holm (Napoleon), David Warner (Evil Genius), Katherine Helmond (Mrs. Ogre), Michael Palin (Vincent), Shelley Duvall (Pansy), Craig Warnock (Kevin)
Vorwort
Der kleine Kevin staunt Bauklötze – aus dem Schrank seines Zimmers bricht eines Nachts ein mittelalterlicher Reiter und galoppiert davon… Neugierig legt sich Kevin in der nächsten Nacht auf die Lauer und tatsächlich stellt sich wieder seltsamer Besuch ein, ein halbes Dutzend Zwerge! Die Kleinwüchsigen haben dem „Obersten Wesen“ eine Karte von Zeitlöchern gemopst und planen nun, aus simplen Motiven persönlicher Bereicherung, diverse Zeitalter zwecks räuberischer Betätigung zu besuchen. Kevin schließt sich aus Abenteuerlust den Zwergen an und begegnet Napoleon, einem unter Minderwertigkeitskomplexen ob mangelnder Körpergröße leidenden Debilen und Robin Hood, der die Zwergenbande um ehrlich geklauten Beute beraubt. Das Oberste Wesen allerdings ist hinter den Zwergen her – Zwerge und Kevin werden getrennt. Der Junge landet am Hofe des mykenischen Königs Agamemnon und wäre da echt glücklich… aber das dicke Ende kommt natürlich noch, denn das personifizierte Böse ist stark an der Karte interessiert.
Inhalt
Für seltsam bis abseitige Filmware wendet man sich vertrauensvoll an Terry Gilliam. Der Ex-Monty-Python legte mit „Time Bandits“ seinen zweiten Solo-Film vor, für den er dennoch auf kompetente Unterstützung einiger seiner früheren Mitstreiter bauen konnte: Michael Palin beteiligte sich am Drehbuch und übernahm eine kleine Rolle und auch John Cleese schaute für einen kleineren Auftritt vorbei.
Dennoch erweist sich „Time Bandits“ sowohl für Monty-Python-Fans als auch für Anhänger des speziellen, in Filmen wie „Brazil“ und „Münchhausen“ perfektionierten schrägen Gilliam-Stils, als Geduldsprobe. Trotz gelungener Einzelmomente fügt sich „Time Bandits“ nie zu einem schlüssigen Film zusammen, die episodenhafte Struktur schlägt das Bemühen um einen schrägen, unterhaltsamen Film recht locker k.o. Die Episoden haben keinen einheitlichen Stil und spätestens, wenn die Story die klassische „Zeitreiseplotte“ mit einem heftigen Schlenker in pure Fantasy verlässt, bricht die eh nur mühselig zusammengehaltene Struktur des Films zusammen. Die zweite Filmhälfte ist oft nur noch schräg um der Schrägheit willen (obwohl auch da immer wieder gute Ideen durchschimmern, so z.B. der Einfall, die Festung des Bösen aus lego-ähnlichen Steinen zusammenzusetzen), sie passt einfach nicht mehr zur unterhaltsam-flockigen ersten Hälfte (und die ist schon uneinheitlich genug, denn während die Napoleon-Episode sich als satirische Farce spielt, könnte der Robin-Hood-Sketch glatt einer Flying-Circus-Folge entsprungen sein, während die Agamemnon-Episode wiederum bierernst vorgetragen wird). In der zweiten Hälfte wird Gilliams Vorliebe für düstere Sets, furchteinflößende und schlauch-reiche Apparate und bizarre Alptraumszenarien deutlich (kombiniert mit einigen, hm, nicht wirklich kindgerechten Szenen – in der Napoleon-Episode werden fröhlich Gefangene per Erschießungskommando exekutiert, frage ich mich schon, wie der Film in allen Kulturkreisen der Welt eine Freigabe für Kinder erhalten hat. Ich persönlich würde den Streifen meinem hypothetischen Sechsjährigen nicht vorführen, dann schon eher „Braindead“, da kriegt der Kurze sicher weniger schlechte Träume von).
Zusammenfassend gesagt: das Script leidet unter seiner episodenhaften Struktur, die sich nur sehr zögerlich einer einheitlichen Dramaturgie unterwirft – möglicherweise (um nicht zu sagen, ziemlich sicher) wäre es besser gewesen, der Streifen hätte auf seine verkrampfte Rahmenhandlung verzichtet und sich, wie Mel Brooks bei seiner „Verrückten Geschichte dre Welt“ als reinrassiger Episodenfilm verkauft – in der vorliegenden Form hat man manchmal das Gefühl, fünf verschiedene und überhaupt nicht zusammenpassende Filme, mutwillig zu einem uneinheitlichen Ganzen verquickt, anzusehen.
Schade, da einige der Episoden durchaus Potential haben, aber so, wie Gilliam uns sein Werk letztlich vorsetzt, ist die Sache ziemlich konfus, verwirrend und – das ist sicherlich der größte Vorwurf, den man dem Regisseur machen kann, schlußendlich langweilig (auch, weil der Film mindestens zwanzig Minuten zu lang ist, was wiederum insofern „lustig“ ist, als einem die ein oder andere Episode, ganz besonders die Robin-Hood-Geschichte, zu kurz vorkommen mögen).
Langweilig auch deswegen, weil Gilliam dem Film nie ein einheitliches Pacing verleihen kann – die verschiedenen Episoden unterscheiden sich (ich weiß, dass ich da drauf rumreite), so massiv, dass der Film sich nie einen eigenständigen Rhythmus erarbeitet und im übertrieben langen Schlußakt geht das Tempo völlig verloren (bestes Beispiel: die selbst im Kontext des Films sinnlose Sequenz mit dem Riesen, die den Streifen einfach nur aufhält).
Fazit zu Gilliams Regieleistung: „Time Bandits“ ist ein Gesellenstück, aber kein gutes – im Bemühen, eine möglichst abgedrehte Geschichte auch noch möglichst abgedreht zu filmen, vergisst Gilliam, eine Geschichte zu erzählen (sind wir mal bösartig: was mit den Figuren geschieht, ist mir als Zuschauer zumindest herzlich wurscht, weil es keine Charaktere sind).
Die (recht spärlichen) Special Effects sind auch angesichts des mittlerweile stolzen Alter des Films nicht der Rede wert – die Masken sind relativ primitiv, die Visuals zu oft und zu leicht durchschaubar und „größere“ Tricks wie der „schwebende Kopf“ des Obersten Wesen auch, wenn man sich das Produktionsjahr des Films vor Augen hält, altbacken.
Recht gelungen ist die musikalische Untermalung von Mike Moran, der den Score recht gekonnt an die jeweiligen Episoden anpasst. Ex-Beatle und Filmproduzent George Harrison steuert einige Songs bei.
Der Streifen ist glänzend besetzt – da gibt’s nix. Während Kevin (Craig Warnock) einen verhältnismäßig unnervenden Kid Actor abgibt und die Zwerge ihre Sache recht gut machen, auch wenn sie sehr austauschbar wirken, ist die aufgefahrene Riege der Gaststars beeindruckend: Ian Holms Napoleon-Zerrbild, John Cleese als überfröhlicher Robin Hood mit den zweifellos witzigsten Szenen, ein gut aufgelegter Sean Connery als Agamemnon (dead-on casting), David Warner mit sichtlicher Spielfreude (und etlichen guten Lines) als das Böse, Katherine Helmond („Wer ist hier der Boss?“) als Monster-Gattin, das ist teilweise wirklich inspiriertes Casting, nur sind einige Stars sträflich unterbeschäftigt (Paradebeispiel: Connery, der eigentlich gar nix zu tun hat, was um so bedauerlicher ist, als die Rolle 1A auf ihn zugeschnitten ist, aber auch Helmond und Michael Palin, der zusammen mit Shelley Duval für einen relativ unwitzigen running gag mißbraucht wird, würde man besseres Material wünschen). Für Freaks interessant ist vielleicht die Gelegenheit, R2D2-Kenny Baker mal ohne Mülleimer über dem Körper zu sichten.
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Bildqualität: Der Film ist bekanntlich nicht mehr ganz taufrisch – dafür ist die Qualität, die Sunfilm für den anamorphen 1.85:1-Transfer vorlegt, recht ordentlich, wobei sich kleinere Schwächen durchaus einstellen, manchmal ist das Bild entschieden zu soft (wirkt fast weichgezeichnet), manchmal zu hell, manchmal unangemessen ruckelig. Hinsichtlich Schärfe und Kontrast gibt’s nicht viel auszusetzen, die Kompression ist ebenfalls ordentlich. Für eine DVD-Umsetzung eines durchaus mittlerweile renommierten Publishers nerven aber zu viele Bildstörungen durch Störblitze.
Tonqualität: Der geneigte Kunde hat die Wahl zwischen deutscher
Synchronfassung (die allerdings aufgrund ihrer stellenweise heftigen Abweichung von den originalen Dialogen nicht wirklich zu empfehlen ist) und englischem O-Ton, jeweils in Dolby 2.0 bzw. 5.1. Optionale deutsche Untertitel, die an der Synchronfassung kleben, werden mitgeliefert. Die Tonqualität itself ist unspektakulär, aber tauglich – wie so oft ist der englische Ton erheblich leiser als die deutsche Sprachfassung, aber gut verständlich, klar und rauschfrei, aber nicht besonders dynamisch. Nicht verwirren lassen – manche Retailer listen die Scheibe mit dts-Ton. Den gibt’s aber nicht!
Extras: Schön wäre natürlich ein Audiokommentar von Terry Gilliam gewesen… okay, reality check, what you see is what you get: da hätten wir ein Videointerview von 2002 namens „The Two Terrys“ mit Terry Gilliam und Terry Jones (hat nichts speziell mit dem Film zu tun, was ja logisch ist, da Terry Jones mit „Time Bandits“ nichts zu tun hatte), bei dem auch der französische Comic-Texter Gotlib vorbeischaut und das insgesamt sehr konfus ist, weil Gilliam und Jones kaum eine Frage beantworten, sondern random nonsense veranstalten (Terry Gilliam scheint sich z.B. wesentlich mehr für seinen rechten Fuß als für das Interview zu interessieren). Unterhaltungswert medioker, Informationswert mau (obwohl gegen Ende des siebzehnminütigen Interviews doch tatsächlich ein paar ernsthafte Sätze fallen). Es folgen Bio- und Filmographien auf Texttafeln, eine Bildergalerie mit Szenenfotos sowie „The Time Bandits Scrapbook“, eine weitere selbstablaufende Slideshow mit Production Stills, Storyboard-Zeichnungen und Designstudien. Wie erwartet findet sich auch wieder die kommentierte Trailershow „The Handmade Story“ an. Als „Booklet“ ist wieder eine gefaltete Repro des DVD-Covermotivs beigelegt.
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Fazit: Ich hab mich die Tage mit einem Freund über „Time Bandits“ unterhalten und er verriet mir sein niederschmetterndes Urteil, dass er, obwohl Monty-Python-Fan, mittlerweile „Time Bandits“ ohne einen einzigen Lacher absolvieren kann. Das mag vielleicht ein wenig zu hart sein – ein paar gelungene Gags hat der Film zu bieten, aber es sind zu wenige, um den Streifen zu einer wirklichen Komödie zu machen. Als Film für ein kindliches Publikum ist der Film wegen seiner Düsternis und Alptraumhaftigkeit m.E. ungeeignet, als Fantasy-Abenteuer zu langweilig. Hardcore-Gilliam-Enthusiasten mögen auf meine Bewertung ein paar Sympathieprozente draufpacken, aber ich persönlich finde den Streifen einfach zu … blah. Er geht mir nicht auf die Nerven, aber er gibt mir auch nichts. Er ist einfach nur da. Die DVD ist technisch im Rahmen der Möglichkeiten gefällig, aber nicht perfekt, und allgemein reitet mir Sunfilm bei der Vermarktung etwas zu sehr auf dem „Monty Python“-Angle herum. Mit Python und dem Python-Humor hat der Film (wenig verwunderlich, bei Beteiligung von gerade mal drei Ensemblemitglieder und davon nur zwei in kreativen Funktionen) wenig zu tun.
2/5
(c) 2005 Dr. Acula