Timber Falls

 
  • Deutscher Titel: Timber Falls
  • Original-Titel: Timber Falls
  •  
  • Regie: Tony Giglio
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Josh Randall (Mike), Brianna Brown (Sheryl), Nick Searcy (Clyde), Beth Broderick (Ida), Sascha Rosemann (Deacon), T. W. Leshner (Daryl), Branden R. Morgan (Brody), Ryan McGee (Lonnie)


Vorwort

Ein paar Tage in den Wäldern eines Naturparks in West Virginia hiken, mehr wollen Mike und Sheryl, ein junges Paar aus der Großstadt, gar nicht. Sowas ging noch selten gut – und auch unsere Helden lassen sich prompt, kaum hat man den ersten Baum hinter sich gelassen, von einer Einheimischen belabern, statt des sicheren Anfängertrails den szenischen, aber dafür auch stinkverlassenen Timber Falls-Trail abzulatschen. Dann fällt ihnen nichts besseres ein, als in freier Wildbahn ihren jahreszeitlich bedingten sexuellen Gelüsten nachzugeben, zum Amüsemang einer Seilschaft typischer Redneck-Moonshiner-Hillbillys. Aus der Bredouille wenigstens nur mit monetären Verlusten entkommen, kommt das nächste Ungemach bestimmt. Nach der ersten Übernachtung ist Sheryl abgängig – Mike spekuliert auf die Moonshiner-Bande als Entführer, verprügelt einen und tappt dann treudoof in eine Bärenfalle… eine nicht mehr ganz so junge Dame, rein zufälligerweise die, die sie erst auf den Timber-Falls-Trail gelotst hat, rettet Mike und seine gequetschte Gräte, doch über den Verbleib Sheryls mag sie keine Auskünfte geben. Mike ahnt, das hier was im Busch ist und hat Recht damit. Schon bald stellt er fest, dass sowohl er als auch Sheryl in die Hände einiger fanatischer Bibelwerfer geraten ist, die voreheliches Zusammenleben (u.a.) nicht knorke finden und die beiden schnell zwangsverheiraten. Aber das ist noch nicht alles – weil Ida, so heißt die Lady des Hauses, blöderweise keine Kinder bekommen kann (zumindest keine lebendigen), sollen Mike und Sheryl das doch freundschaftlicherweise übernehmen – und seid ihr nicht willig, so brauchen wir Gewalt der exzessiven Art…


Inhalt

Nein, nicht NOCH ein Backwood-Metzler. Seriously, gibt es denn keine andere Horrorgeschichte mehr, die man anstandshalber mal verfilmen könnte? Na gut, Tony Giglios stolzes Werk, 2007 allein aufgrund der Tatsache des eleganten Titels auf des Docs vorläufiger FFF-Betrachtungsliste gelandet (aber ebenso salopp wieder gestrichen), müht sich redlich, dem altbekannten und aus unerfindlichen Gründen nicht totzukriegenden Subgenre die ein oder andere nicht unbedingt neue, aber wenigstens nicht schon zehntausend Mal gesehene Facette abzugewinnen, kommt aber trotzdem nicht ohne Wiederkäuen vieler altbekannter Genremotive aus.

Der „Kniff“ des Films ist, dass wir es auf Schurkenseite mal zur Abwechslung nicht mit der üblichen degenerierten Inzest-Bande (a la „Texas Chainsaw Massacre“ oder Wrong Turn) zu tun haben, sondern mit dem Feindbild aller rational denkenden Menschen, den Fundamental-Christen/Kreationisten. Nicht das schlechteste Feindbild, das man sich als Angriffsfläche aussuchen kann, und zudem eben auch (leider) brandaktuell, nur leider ist ein Backwood-Metzler halt nicht unbedingt die ideale Projektion für eine intellektuelle Auseinandersetzung mit erklärt Un-Intellektuellen. Oder anders ausgedrückt – ähnlich wie Joe Dantes lächerlich-primitives Bush-Bashing in Homecoming ist Giglios Kreationisten-Bashing geeignet, irgendjemanden zum Nachdenken und/oder Überdenken eigener Positionen zu bewegen. Die einfältige Darstellung der killfreudigen Gottesfürchter dürfte niemanden, der kreationistischen Positionen nahesteht, dazu bringen „NATÜRLICH! Jetzt ist mir klar, das ich falsch lag!ELF!“ zu rufen und einem Darwin-Fanclub beizutreten und, naja, es ist ja logisch, die wissenschaftlich-rational denkenden Zuschauer müssen ja nicht überzeug werden (und wenn sie weniger wissenschaftlich-rational sind, werden sie nur wieder einmal in tumben Vorurteilen bestärkt). Okay, klar, auch Tony Giglio hatte wahrscheinlich nicht vor, mit „Timber Falls“ den intellektuellen Diskurs zu befeuern, sondern nur einen etwas anderen Aufhänger für seine Geschichte zu finden, aber ich möchte es halt als Nitpick angemerkt wissen. Immerhin erlaubt es dem Film zwei nette Momente – einen schönen Monolog, in dem der Chef-Ideologe des Clans die (durchaus denkwürdige, so man religiös ist) These aufstellt, dass Judas unmöglich wirklich verdammt sein kann, weil sein Verrat zwingend notwendig für Jesus‘ Tod am Kreuz und die Wiederauferstehung war und, weniger theologisch, dafür witzig, eine Stelle, an der Ida, ehe sie nach einem längeren Monolog, in dem sie über ihre Vergangenheit als Einser-Schülerin und Darwin-Ablehnerin referiert, Sheryl mit den Worten „Now evolve!“ einen Finger abhackt…

Ansonsten hat der religiös-theologische Background kaum Einfluss auf das by-the-numbers-Prozedere des typischen Backwood-Films (was dann auch soweit führt, dass der Streifen die religiöse Motivation der Schurken rechtzeitig zum Schlussakt aufgeben muss und das „Sünden-bestrafen“-Motiv gegen ein schlichtes „Kindermachen, weil Ida es womöglich aufgrund inzestbedingter Erbschäden nicht kann“ austauscht). Einziger netter Klischee-Break bleibt, dass die zunächst chronisch verdächtigen Moonshiner-Hillbillys später als Bedrohung für die eigentlichen Schurken herhalten (weil mittlerweile eine Belohnung für Hinweise auf den Verbleib unserer Helden ausgesetzt ist, die die Hillbillys sich greifen wollen); der Rest ist Klischee. Zum 3765. Mal erweist sich der vermeintlich „rettende“ Sheriff/Park Ranger/Whatever nicht nur als Komplize, sondern Oberhaupt der Bösewichter, natürlich kommt der Film nicht ohne einen körperlich verunstalteten, stummen Pizzafressen-Träger aus, und ebenso selbstverständlich wird die ganze Angelegenheit für die Helden nur dadurch zu einer ernsthaft lebensbedrohenden Affäre, weil sie sich blöder verhalten als ein sechs Wochen altes Knäckebrot ohne Salz (ich bin Gefangener einer Bande religiöser Irrer, die mein Weiterleben in der Hand haben? Klar, ich provoziere sie selbstverständlich bei jeder Gelegenheit mit Swearwords wie „goddamn‘ fuck“, „Jesus fuckin‘ Christ“ etc. und wundere mich dann, dass ich ständig in die Fresse kriege. Und überhaupt – die Bösen wollen, dass ich mit meiner Freundin eine gepflegte Bondage-Nummer schiebe? Verdammt, die meisten Männer würden dafür BEZAHLEN! Von dem sicherheitshalber SPOILER-gewarnten Unfung, dass Sheryl sprichwörtlich zwei Minuten vor Schluss damit rausrückt, dass der ganze Zinnober der Bösen völlig für die Katz ist, weil sie bereits schwanger IST, will ich mal gar nicht reden). Seufz.

Die Defizite im Drehbuch-Department kann Giglio einigermaßen durch eine slicke und schicke Inszenierung übertäuschen – klar, wie bei jedem Metzler von Welt kann man sich die erste halbe Stunde (also nach dem Teaser) getrost schenken, weil da nicht viel passiert, was gesteigerte Relevanz hat (wir führen die Charaktere mal mehr, mal weniger elegant ein), aber sobald die Helden endlich mal Gefangene der Irren sind, ist das Tempo durchaus hoch und ein gewisser Spannungsbogen will sich auch einstellen. Zudem erfreut sich der Film guter Kameraarbeit von Toby Moore (bislang größte Tat: second-unit-DOP bei „V für Vendetta“), die sowohl in den (ausführlichen) Wald- als auch in den indoor-Szenen für die richtige bedrückende Atmosphäre sorgt. Alles nicht weltbewegend, aber nett anzuschauen; in die gleiche Kerbe, wenn auch akustisch, schlägt auch der Score des Teutonen-Exports Henning Lohner („Der große Bagarozy“, „Lauras Stern“, „BloodRayne“), der zwar prinzipiell die richtigen Töne trifft (wenn er auch die nervigen TADATAAAAA-Incidentals nicht vermeiden kann), aber insgesamt ein wenig billig-synthihaft wirkt. Für das Schmalhansbudget von knapp 2,5 Mio. Dollar schlägt „Timber Falls“ sich im Technik-Bereich recht wacker und auch das Production Design des Schurken-Verstecks (und des Folterkellers) kann überzeugen.

Erfreulicherweise schlägt der Streifen auch nicht, wie man anfänglich befürchten mag, die Ultra-Gore-Folterporn-Schiene ein, sondern setzt seine durchaus drastischen und technisch gutklassig (von Autonomous FX) gewerkelten Splattereinlagen dosiert (und natürlich zum Ende hin anziehend ein). Ziemlich debil (im Sinne von „nicht überzeugend“) ist allerdings das Make-up-Design für Deacon.

Zu den Darstellern: Josh Randall („Ed“, „Scrubs“) überzeugt durchaus mit physischer Präsenz (er darf des öfteren seinen gestählten Oberkörper zeigen), leidet natürlich darunter, dass sein Charakter doof wie Stulle ist, für Genre-Verhältnisse ist das in etwa mittelprächtiger Durchschnitt. Brianna Brown („Night of the Living Dead 3D“, „Shark“) sieht angemessen knusprig aus und wird schauspielerisch vor keine Herausforderungen gestellt (leidend kucken, kreischen, check). Wie üblich sind’s die Schurkendarsteller, die mehr Spaß an der Arbeit haben. Nick Searcy („Seven Days“, „American Gothic“) macht sich als gottesfürchtiges Psychopathenoberhaupt durchaus gefällig, unterliegt aber im direkten Vergleich klar Beth Broderick (noch bekannt und beliebt aus „Sabrina“, wo sie Tante Zelda spielte, außerdem in „Lost“ oder „Fegefeuer der Eitelkeiten“ zu sehen gewesen), die mit sichtlicher Spielfreude die freundliche Durchgeknallte vom Hinterwald gibt – Highlight des Films. Weitere deutsche Beteiligung neben dem Komponisten bietet sich durch Sascha Rosemann („Küstenwache“) als stummer (und verdächtig sex-interessierter) Entstellter.

Bildqualität: Die DVD von Ascot Elite zeigt den Film in feinem anamorphen 1.78:1-Widescreen. Farben, Kontrast und Schärfewerte kommen der (vielleicht für’s Genre etwas ZU slicken) Hochglanzfotografie entgegen. Bildstörungen oder Verschmutzungen sind angemessenerweise bei einem aktuellen Release dieser Art nicht zu vermelden. Anmerkung in eigener Sache: aufgrund des von Ascot Elite gewählten Kopierschutzes ist es mir leider nicht möglich, Screenshots anzufertigen (es sei denn, jemand steht auf sehr viel grün…).

Tonqualität: Deutscher Ton wird in dts und Dolby 5.1 geboten, der englische O-Ton in Dolby 5.1. Beide Sprachfassungen sind selbstverständlich absolut rauschfrei, wobei die deutsche Fassung etwas wuchtiger in Punkto Musik und Sound-FX wirkt.

Extras: Hier reißt sich Ascot Elite leider (und leider auch mittlerweile gewohntermaßen) keine Beine aus und packt doch immerhin den Trailer und eine ausufernde (und als Zwangstrailer vor’s Menü geschaltete) Trailershow auf die Scheibe. Sorry, das geht besser, und dass bei einer so aktuellen Produktion nichts an Extras aufzutreiben ist, glaubt maximal meine verstorbene Großmutter, und die nicht. (Update: Mittlerweile hat sich zu mir durchgesprochen, dass es zwei Varianten gibt – die billige bare-bones-Fassung, die ich mir zugelegt habe, und eine teurere Version mit allen Schikanen. Ich ziehe den Punkt also zurück).

Fazit: Zu „Timber Falls“ kann man letztlich nur sagen – wer einen Backwoods-Horror gesehen hat, hat halt doch schon alle gesehen, und ob man dann auch die fünfhundertachtunddreißigste Variante des Themas immer noch sehen muss, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Das Gimmick der religiös motivierten Schurken trägt nicht dazu bei, „Timber Falls“ aus der breiten Masse der Genrevertreter herauszuheben. Das ist alles sehr professionell und (erfreulicherweise) ausgesprochen unironisch inszeniert, aber halt in keiner Weise bemerkenswert oder wirklich originell – da war mir „Wrong Turn“ doch noch lieber. Aber immerhin ist „Timber Falls“ doch ein bisschen besser als der obligatorische ’08er-FFF-Backwood-Metzler „Dying Breed“ (talk ‚bout faint praise…).

2/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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