This Is Not A Test

 
  • Original-Titel: This Is Not A Test
  •  
  • Regie: Frederic Gadette
  • Land: USA
  • Jahr: 1962
  • Darsteller:

    Deputy Sheriff Dan Colter (Seamon Glass)
    Joe Baragi (Mike Green)
    Cheryl Hudson (Mary Morlas)
    Al Weston (Alan Austin)
    Karen Barnes (Carol Kent)
    Sam Barnes (Norman Winston)
    Jacob Elliot Saunders (Thayer Roberts)
    Juney (Aubrey Martin)
    Clint (Ron Starr)
    Peter (Don Spruance)


Vorwort

Na dann also auf zum zweiten Teil des Something-Weird „atom angst“ Double Feature. Im Review zu „Rat (Atomic War Bride)“ hab ich mich ja über das entsprechende Subgenre schon ausführlich ausgelassen, also erspare ich mir weitere Ausführungen, mal abgesehen davon, dass mir noch zwei prominente Beispiele eingefallen sind, an die ich im ersten Moment (zu meiner Schande) nicht gedacht habe – Stanley Donens All-Star-Vehikel ON THE BEACH (mit Fred Astaire) und natürlich FAIL SAFE – neben Kubricks DR. STRANGELOVE die bekanntesten und mit critical praise überschüttet (vor allem die US-Kritik lobte ON THE BEACH trotz einer eher klischeebeladenen Darbietung über den sprichwörtlichen grünen Klee). So, das wollte ich noch loswerden. Jetzt also zu THIS IS NOT A TEST, einer Ultra-Low-Budget-Produktion aus dem Jahr 1962, die natürlich was Star-Power angeht, mit den genannten Beispielen soviel gemein hat wie eine Worldcom-Bilanz mit den Grundsätzen ordentlicher kaufmännischer Buchführung (ach, ich liebe meine aktuellen Vergleiche…).


Inhalt

Deputy Sheriff Dan Colter, der Mann mit dem Eisernen Gesichtsausdruck (er hat auch nur den einen) langweilt sich irgendwo in der (vermutlich kalifornischen) Pampa in seinem Streifenwagen, bis ihn mitten in der Nacht eine Funkanweisung auffordert, an einem anderen Punkt in the middle of nowhere eine Strassensperre aufzubauen, was unser braver Cop auch prompt macht. Für vier Uhr nachts (wie uns das Script dankenswerterweise unterrichtet), ist auf dieser einsamen bergigen Strasse viel Betrieb – als erstes stoppt Colter den alten Knacker Jacob „Jake“ Saunders und seine Enkelin Juney mit ihrem Pick-up, dessen Ladefläche mit einigen Dutzend Hühnern vollgestapelt ist. Ebensowenig wie Jake und Juney erhalten die nächsten Aufgehaltenen eine Erklärung – Cheryl Hudson, die aufgrund waghalsigen (und betrunkenen) Fahrstils beinahe Colter in die ewigen Jagdgründe befördert (und aufgrund dieser Tatsache gleich noch ein Knöllchen kassiert) und ihren Boyfriend Joe Baragi, der nicht nur aussieht wie ein Gauner, sondern ganz offensichtlich auch einer ist, und nebenher gerade (vermutlich in Vegas) 175.000 Dollar gewonnen hat (und diese in seiner Jackentasche deponiert hat). Um zukünftige Unfälle zu vermeiden, lässt Colter Jake Fackeln aufstellen (was ein wenig die Tatsache konterkariert, dass Colter energisch das Ausschalten aller Fahrzeuglichter angeordnet hat, but what do you know…). Nächstes Opfer der Strassensperre ist Trucker Alan mit seinem stonefaced Beifahrer, einem Anhalter, den er vor zwei Stunden aufgegabelt hat. Gehupe aus der anderen Richtung stellt uns vorerst die letzten Teilnehmer unserer nächtlichen Gruppensitzung vor, den reichen Schnösel Sam Barnes und sein Eheweib Karen samt Hund Timmy, dem hässlichsten Pudel des Universums.

Unter den Zwangsgestoppten herrscht allgemeines Rätselraten, was der Grund für den Aufenthalt ist, aber Colter hüllt sich in absolutes Schweigen a la „I have my orders“. Immerhin versammelt er die Gruppe für ein paar vermutlich kryptische Hinweise, aber der Anhalter fehlt, der sitzt nämlich immer noch in der Truck-Kabine. Colter will ihn holen, aber der Typ geht mit einem Schnappmesser auf ihn los und flüchtet, verfolgt von Hund Timmy, ins Gewölle, verliert dabei allerdings seinen Koffer. Colter hat der kurze Encounter aber für eine positive Identifizierung gereicht – der Anhalter ist niemand anderes als der gesuchte Serien-Mädchenmörder Clint Delaney. Erleichterung bei der Gruppe (sic), denn man vermutet gemeinhin, dass die Fahndung nach diesem bösen Buben der Grund für den nächtlichen Roadblock ist und man nun seiner Wege weiter ziehen könne. Nix, meint Colter lakonisch und eine weitere Funkdurchsage bringt Klarheit: Luftalarm! Ein Angriff! Die Denkerfraktion unter den Aufgehaltenen, Sam, ist der (nicht völlig unnachvollziehbaren) Meinung, man solle sich doch besser zum nächsten Luftschutzbunker bemühen, aber Colter will davon nichts wissen. Seine Order lautet, alle Fahrzeuge aus beiden Richtungen aufzuhalten und die Insassen hierzubehalten.

Beunruhigung bricht aus, Sam und Joe versuchen ihren Autoradios Meldungen zu entlocken, aber Opa Jake weiss, dass die Erzablagerungen in den Bergen jeden Radioempfang verhindern. Colter feuert probehalber mal sein Schiessgewehr und herrscht die Meute an, aus ihren Wagen zu kommen und die Schlüssel zu übergeben. Colters Funkgerät bringt die Meldung über „Roten Alarm und Evakuierung“ (was die Beteiligten nicht davon abhält, noch Minuten später über „gelben Alarm“ zu faseln). Erregte Diskussionen beginnen und Colter beginnt endlich damit, praktisch veranlagt zu werden und ordnet an, den Truckaufleger als provisorischen Bunker zu verwenden, während aus dem Funkgerät die Meldung dringt, dass das Kriegsrecht verhängt wurde.

Trucker Alan, offenbar der grösste Pfiffikus der Gruppe, hat sich mittlerweile an seinen zwölf Fingern ausgerechnet, dass man an Ort und Stelle auf dem Präsentierteller, mithin direkt auf Ground Zero sitzt – ein paar Meilen entfernt ist das westliche Hauptquartier der Streitkräfte und ein Raketensilo, prime XtargetXs. Cheryl braucht ob dieser Enthüllung erst mal ´nen Drink, doch die Whiskeyflasche im heimatlichen Handschuhfach ist leider leer. Joe will sie daher zu einer naheliegenden Bar fahren, aber Colter verbietet rabiat (indem er Joe K.O. schlägt und mit Handschellen an die Stossstange seiner eigenen Karre fesselt) jegliche Entfernung von der Lokalität. Sam gerät in leichte Panik.

Colter versucht die Lage zu beruhigen – auch in Hiroshima hätte es schliesslich Überlebende gegeben. Sein Plan ist simpel: man entlädt den Truck, hockt sich rein und bleibt zwei Wochen drin, bis die Radioaktivität abgeklungen ist. Juney weigert sich entschieden, sich im Truck einsperren zu lassen, selbst das gute Zureden des noch ordnungsgläubigen Opas kann sie nicht davon abhalten, wegzulaufen und natürlich hinter dem erstbesten Busch auf Serial Killer Clint zu stossen. Clint versichert ihr, ihr nichts antun zu wollen, weil sie „nett zu ihm war“ (während seiner Flucht), aber er solle ihr doch bitte seinen Koffer bringen. Juney versucht Clint klarzumachen, dass es vordringlichere Probleme als seinen Koffer, z.B. das Ende der Welt und aller Zivilisation, wie wir sie kennen, gibt. „Wir werden nicht sterben, nur sie!“ ist sich Clint sicher, bevor er sie mit einem „nächstes Mal bring meinen Koffer mit“ gehen lässt.

An der Strassensperre findet sich derweil ein Neuzugang, der vespafahrende Peter (nicht, dass wir seinen Namen irgendwann mal erfahren), der gebrieft und in den Überlebensplan eingeweiht. Juney informiert Colter, dass Clint im Gelände umherstrolcht. Colter „begnadigt“ Joe, da dieser verspricht, fürderhin brav zu sein und Sam, der sich an der allgemeinen Truckentladungsarbeit nicht beteiligt, bekommt Ärger mit seinem Weib.

Der Truck ist zum Glück für alle Beteiligten mit so ziemlich allen Dingen beladen, die man für Krisensituationen braucht – Essen, Wasser, diversen Werkzeugen, Mänteln und – wichtig für Joe und Cheryl – Whiskey. Joe beschlagnahmt die Whiskey-Kiste, während Cheryl sich erst mal mit einem Pelzmäntelchen eindeckt. Um die Sache noch ein bisserl ironisch zu gestalten, ist auch noch Weihnachtszeit und unter der Truckladung auch ein Assortment Christbaumkugeln.

Im Truck macht Al der deutlich älteren Karen recht eindeutige Avancen. Karen ist nicht abgeneigt, aber „wir können nicht alles in den Truck packen, was wir wollen…“ Alan ist zunächst begriffsstutzig, aber dann fällt auch bei ihm das 10-Cent-Stück. „Die nächsten vierzehn Tage könnten interessant werden.“

Joe und Cheryl besaufen sich. Cheryl beichtet ihre Angst, aber Joe schwafelt davon, dass die eben gewonnenen 175.000 Dollar ihnen endlich Unabhängigkeit sichern würden, schliesslich sei das alles hier auch nichts anderes als ein Spiel und er habe ein gutes Gefühl. Vermutlich um mehr solchen Nonsens zu verhindern, kloppt Colter alle verbleibenden Alkoholika-Flaschen kaputt. Im Hintergrund schleicht sich Clint durch die ausgeladenen Waren und versucht sich, seinen Anteil an Lebensmitteln zu sichern, schmeisst dabei aber leider ein paar Kisten rum und wird von Colter mit der Shotgun aufs Korn genommen. Clint flüchtet erneut, so dass Colter sich bemüssigt fühlt, Alan mit Shotgun auf Beobachtungsposten zu schicken.

Wieder mal eine Funkmeldung. „Alle Plünderer erschiessen!“ Sieht so aus, als würde die nahe Stadt (von der wir auch nicht erfahren, um welche es sich handelt, aber´s wird wohl L.A. sein) im Chaos versinken (andererseits – ist bei der Stadt auch nicht wirklich etwas aussergewöhnliches). Cheryl hat wenigstens noch eine Flasche Schnaps gebunkert, dark (und wie wir später lernen werden, nicht unberechtigte) forebodings beschleichen Sam: „Sie wird uns alle in Gefahr bringen!“ Opa Jake nimmt Colter beiseite und befragt ihn „unter uns“ zu den Chancen der Gruppe. Colter zieht unbewegter Miene wieder die „auch-in-Hiroshima-gab´s-Überlebende“-Nummer ab. Jake ist nicht überzeugt. „Und wenn es eine Wasserstoffbombe ist?“ Colter ist ungerührt. „Dann ist es vorbei.“ Nette Aussichten! Juney und Cheryl sharen über einem gemeinsamen Schluck Booze einen kurzen character moment, in dem sich Cheryl über ihre Liebe und bevorstehende Heirat mit Joe auslässt (thought I told ya: never do that in a B-movie!!) Auch anderswo erlebt man character moments, namentlich an Alans Aussichtsposten, wo Karen auftaucht. Recht unvermittelt fordert Karen Alan auf, seinen Arm um sie zu legen. „Weisst du, was du tust?“ erkundigt sich Alan. „Ich denke schon,“ entgegnet Karen und schon küssen sich die beiden und – nein, die werden doch nicht –? Doch, sie tun´s. Alan geht dabei seiner Schrotflinte verlustig und die rutscht dem herumwandernden Sam vor die Füsse. Sam denkt sich offensichtlich seinen Teil, dreht aber einfach um…

Die Truckent- und mit brauchbaren Sachen -beladung ist abgeschlossen, und Colter will den „Bunker“ eine Viertelmeile weiter die Strasse runter aufstellen. Sam soll Alan und Karen holen (great idea). Die beiden sind gottseidank fertig (Quickie in Ehren kann keiner verwehren), aber Sam kommt natürlich noch rechtzeitig genug, um innige Umarmungen und ein romantisches „I dig yoü seitens Alan mitzukriegen. Sam greift sich die immer noch rumliegende Schrotflinte und — pathetic loser, der er nun mal ist, sagt er einfach „you better come down“ … Hm, immerhin hat er wohl kapiert, dass die Ehe im Eimer ist, denn er äussert nicht mal Protest, als Karen nicht mit ihm in Colters Streifenwagen, sondern bei Alan im Truck die kurze Strecke mitfahren will.

Kaum sind alle weg, taucht Clint aus den Büschen auf und versucht, das ein oder andere stehengelassene Auto zu klauen, was wenig erfolgversprechend ist, da Colter ja die Schlüssel kassiert hat. Clint verkraftet das nicht wirklich gut und hat einen mittelschweren Durchdreher, dessen Hauptleidtragende die Hühner auf Jakes Pick-up sind.

Eine neue Funkmitteilung… „Missile incoming!“ Ja, es wird ernst. Juney, die nach wie vor nicht im Truck enden will, ihr Opa und der Neuankömmling Peter setzen sich unbürokratisch vom Rest der Gruppe ab, wobei momentan noch anybody´s guess (inklusive der drei) ist, wo sie bessere Überlebensaussichten sehen. Der Rest der Gesellschaft nimmt das Abseilmanöver nicht zur Kenntnis und Sam, immer noch mit der Shotgun ausgestattet, nutzt die Gelegenheit, um sich die Rübe wegzupusten. Während eine letzte Funkmitteilung klar macht, dass Seattle und San Francisco sich offenbar bereits verabschiedet haben, klettert der verbleibende Fünfer in den Truck und schliesst ab.

Opa, Peter und Juney legen ein Päuschen ein und pondern die Lage. Zum Glück erinnert sich der alte Knacker an eine stillgelegte Mine, die tief genug sein müsste, um den Atomblast zu überstehen und sogar noch über eine unterirdische Quelle verfügt. Peter wiederum weiss von einer nahen Hütte, in der Vorräte gebunkert seien, also nix wie hin. Macht ihr mal, meint Opa, ich will mir das vom Berggipfel aus ansehen. Ein „aaaawww“-Moment – speak: herzzerreissende Abschiedsszene – wird eingefiedelt, ehe sich das junge Paar (das sich ungefähr zehn Minuten kennt) von Opa entlassen wird, um more or less Stammeltern einer neuen Menschheit zu werden (what pathos!). Im Truck wird´s Cheryl indessen heiss (und ich grüble gerade, ob so ein Truckaufleger genügend Sauerstoff für fünf Leute, einen Hund und zwei Wochen bereitstellt). Immerhin ist Colter clever genug, Alan das Rauchen zu verbieten (eh eine töfte Idee in der Situation) und Joe, bislang nicht durch übertriebene Geistesleistung aufgefallen, hat das Sauerstoffproblem inzwischen auch mal durchkalkuliert. Colter wischt solche Einwände mit dem schlichten Hinweis, dass man schliesslich keine radioaktiv verseuchte Frischluft reinlassen könne, beiseite, womit dieser Punkt auch offiziell abgehandelt wäre. Cheryl stript aufgrund der Hitze bis auf die Unterwäsche und macht rather obvious, dass sie in den nächsten Minuten „cracken“ wird. Colter wirft verdächtige Blicke auf den von Karen eifrig gekraulten Köter Timmy. Und ja… „give me the dog!“ Und warum wohl? Na klar, der Hund muss weg, er verbraucht zu viel Sauerstoff. Karen ist nicht begeistert und Alan will ihr den Helden markieren und geht auf Colter los. Leider ist der Cop ihm kämpferisch überlegen, entreisst Karen das Hündchen und erwürgt es. „In ein paar Tagen werdet ihr mir dafür danken,“ ist sich Colter sicher und verbietet im übrigen weiteres Gerede zwecks Sauerstoffersparnis. Joe fächert sich mit seinen 175.000 Dollar etwas Kühlung zu und dann, naja, es musste ja so kommen, dreht Cheryl durch und verlangt das sofortige Öffnen der Tür für Frischluftzufuhr. Colter schmiert ihr eine, worauf allgemeines Chaos im Truck ausbricht, es aber letztendlich Cheryl gelingt, die Türen zu öffnen – zur Verblüffung aller Beteiligten steht draussen vor der Tür eine Gruppe von sieben Kerlen („Plünderer“, wie sie der Abspann nennt), die aus der Stadt geflohen sind, in der jegliche Ordnung offenkundig (und nicht sehr überraschend, ausser für Colter) zusammengebrochen ist. Die Jungs wollen eigentlich nur Benzin, um weiterzukommen, aber das haben unsere Survivalists auch nicht. Es kommt zu einem vorprogrammierten Handgemenge und weiterem Chaos – Colter wird von der zahlenmässig überlegenen Plünderergruppe niedergerungen (Joe und Alan halten sich vornehm zurück), man entreisst ihm die Schlüssel für den Streifenwagen, kidnappt noch auf die Schnelle Karen (hm, ich hätte ja, aus rein optischen und biologischen Gründen lieber Cheryl mitgenommen, andererseits, die ist Alki…) und verschwindet, d.h. vier der Plünderer, drei bleiben zurück. Joe, Cheryl und Alan ziehen sich in den Truck zurück und verriegeln. Rechtzeitig, als woher auch immer Clint auftaucht, kommt Colter wieder zu sich und versucht, nun offensichtlich ein wenig mehr rational denkend, den Serienkiller zu überreden, mit in den Truck zu kommen. Clint kapiert nur Bahnhof, und auch Colter realisiert, dass der Truck bereits abgeschlossen ist und die drei drin keine Anstalten machen, ihn wieder reinzulassen. Colter kloppt panisch an die Trucktüren, Clint blickt verständnislos um sich und dann kommt der BLAST und beendet alle weiteren Diskussionen. THE END.

War ATOMIC WAR BRIDE schon ein ziemlich downendes Erlebnis, setzt THIS IS NOT A TEST noch einen drauf – würde hier nicht ein Cast absoluter Unknowns spielen, sondern ein Rudel anerkannter Stars, hätte THIS IS NOT A TEST sicherlich einen Ruf, der dem von Werken wie ON THE BEACH (dem dieser Film meilenweit überlegen ist) oder FAIL SAFE mindestens ebenbürtig wäre.

Während ATOMIC WAR BRIDE trotz seiner „Alltagshelden“ mehr den Krieg als „big picture“ im Sinn hat, bedient sich THIS IS NOT A TEST zwar einer eigentlich recht standardisierten Katastrophenfilm-Formel, indem es einfach einen Haufen verschiedenster Charaktere in eine verzweifelte Situation bringt, jedoch gelingt es dem Film mühelos, die Konventionen dieser Art Film zu überkommen und sich trotz eines eigentlich absoluten Verzichts auf Aktion oder Effektarbeit – wie nahezu jeder Reviewer festgestellt hat, spielt sich der Film mehr wie eine Art gefilmtes Theaterstück ab – und ob dieser Tatsche starken Dialoglastigkeit in ein packendes, tja, soll man sagen „Kammerspiel“ zu entwickeln.

Der Film ist ein schönes Beispiel für den (seltenen, aber vorkommenden) Fall, in dem sich ein (verschwindend) geringes Budget als absolut positiv für das Endprodukt auswirkt. Denn, merket auf, Ihr Amateur-Filmemacher dort draussen, wenn ich nicht die technischen oder finanziellen Möglichkeiten für aufwendige Sets (THIS IS NOT A TEST verfügt über genau EIN Indoor-Set, und das ist das Innere des Trucks, so go figure), grosse Actionszenen oder beeindruckende Special FX habe, ist das beste, was man machen kann, sich auf sein Drehbuch zu konzentrieren. Und das Script zu THIS IS NOT A TEST ist nahezu perfekt, es konzentriert sich weitgehend auf das Wesentliche (ich hätte auf den Serial-Killer-Subplot verzichten können, da er zur Story eigentlich nichts entscheidendes beiträgt, aber er stört auch nicht weiter) und findet die exakte Ausgewogenheit zwischen Human-Interest-Drama (wohin sich die meisten konventionellen „formulaic“ Katastrophenfilme meist orientieren) und verstörendem Bedrohungsszenario (oft genug nimmt sich der Film eine eigentlich unmerkliche Auszeit in der eigentlichen Story, um die nukleare Bedrohung ins rechte Bild zu setzen). Tja, und entgegen dem Hollywood-Usus funktioniert auch der Human-Interest-Aspekt aufgrund ausgefuchster und glaubhafter Charaktere – so ziemlich jeder dürfte eine Figur finden, zu der er „relaten“ kann. Und das, obwohl keine der Figuren sich in einem festgefahrenen Gleis bewegt, sondern überraschende und dennoch meist nachvollziehbare „Turns“ vollführen kann. So verblüfft den Zuschauer schon, dass Karen die erstbeste Gelegenheit nutzt, um sich Alan an den Hals zu werfen, aber wir erhalten genügend subtile Hinweise, um diesen Move verständlich zu machen. Weitere Beispiele liessen sich zur Genüge anführen, so z.B. dass „Hood“ Joe als erster quasi zusammenbricht, und selbst der von seiner Autorität und Befehlshörigkeit lebende Colter fällt zum Finale aus seiner bewusst eindimensionalen Rolle. Nein, es gibt sehr wenig, was man an diesem Drehbuch aussetzen kann (vielleicht, dass wir keine Aufklärung erhalten, ob Peter und Juney ihr Ziel wirklich erreichen, aber das ist vermutlich Absicht) – umso verwunderlicher stimmt es (und eigentlich: bedenklicher), dass weder Regisseur noch seine Co-Writer jemals wieder einen Film auf die Beine stellen konnten.

Sicher könnte man Regisseur Gadette vorwerfen, dass sich zahlreiche Continuity-Fehler einschleichen, aber dafür verzichtet er konsequent auf irgendwelche inszenatorische Mätzchen – hier haben wir jemanden, der weiss, dass er sich auf seine Geschichte verlassen kann und diese Story nicht krampfhaft mit irgendwelchen Sperenzchen aufpeppen muss. So verzichtet Gadette bzw. das Script seiner Co-Autoren konsequent auf politische Anspielungen – da gibt es kein Gut und Böse, der Feind bleibt namenlos, keine schwarz-weiss-Malerei. Bemerkenswert.

Schauspielerisch reisst das Unbekannten-Ensemble (wenn man der IMDB Glauben kann, und in letzter Zeit ist mein diesbezügliches Vertrauen etwas zurückgegangen, hat nur Mike Green eine bis heute laufende Karriere, zuletzt als George Bush sr. in THE DAY REAGAN WAS SHOT) on average keine Bäume aus, wobei Carol Kent, Veteran Thayer Roberts und Green am besten fahren, aber kein Beteiligter ist wirklich so fürchterlich, dass man nicht hinsehen könnte.

THIS IS NOT A TEST ist ein schlichter Film – im besten Sinne des Wortes, gerade der Verzicht auf spekulative Elemente oder aufgesetzten Humor oder Action bewirkt eine schon fast atemlos zu nennende Eindringlichkeit – verstärkt durch die Tatsache, dass sich der Film quasi in Echtzeit abspielt, was dem Film die gewisse Prise Realismus verleiht, die man bei ATOMIC WAR BRIDE vermissen mochte – dafür, wie gesagt, geht THIS IS NOT A TEST jegliche satirische Überzeichnung ab, was kein Nachteil ist.

Im Fazit hat mir THIS IS NOT A TEST noch eine ganze Ecke besser als der gestern besprochene jugoslawische Genre-Vertreter gefallen – er wirkt einfach noch eindringlicher, noch hoffnungsloser, noch brutaler. Eine echte Erfahrung nach dem Motto „grade noch happy, jetzt wie vom Laster überfahren“ und ein Film, den man eigentlich nicht versäumt haben sollte, daher noch mal Kudos an Something Weird dafür, diesen längst zu Unrecht der Vergessenheit anheim gefallenen Streifen auszugraben und der interessierten Allgemeinheit neu zu präsentieren. Apropos Präsentation – erwartungsgemäss reisst der Print von der Bildqualität her keine Bäume aus, aber die Qualität ist allemal ausreichend, die Tonqualität den Umständen entsprechend sogar ziemlich gut. Der Film wird wie ATOMIC WAR BRIDE in Vollbildformat präsentiert, aber da manches dafür spricht, dass der Streifen in klassischem 1.33:1-Format gedreht wurde (und möglicherweise sogar als TV-Film konzipiert war), geht hier nichts verloren.

Also: ein echt gelungener Film, wenn man in der Stimmung ist, sich ordentlich runterziehen zu lassen – wirkt besser als das beste Depressivum und das ist ein Kompliment… So gut kann Low Budget sein! (Bier-Wertung bitte relativ zu verstehen – ein echter „Unterhaltungsfilm“ isses sicher nicht).

Wie versprochen, jetzt noch zu den sonstigen Features der Double-Feature-DVD von Something Weird. Die Jungs haben sich bei dieser Disc nahezu selbst übertroffen. Satte 222 Minuten Laufzeit packen Something Weird auf die Disc und schöpfen damit die Kapazität einer einseitigen DVD nahezu voll auf. Neben unseren beiden Hauptfilmen gibt´s nicht weniger als acht (!) Bonus-Kurzfilme, die wir noch schnell analysieren wollen…

Das Bonusprogramm beginnt mit zwei kurzen, ca. einminütigen Fernsehspots, mit denen das Civil Defense Department des Staates New York in den 60er Jahren der Bevölkerung das Errichten von privaten „Fallout-Bunkern“ schmackhaft machen wollte (vor allem Spot Nummer 2, der sich hauptsächlich an Farmer richtet, hat was…).

„You can beat the A-Bomb“ (1950, 20 min) schildert, wie man mit einfachen Massnahmen sein trautes Heim atombombensicher gestalten kann. Fenster schliessen, Vorhänge zuziehen und schon bleibt die böse Radioaktivität draussen. Und wenn´s knallt, kann man eine Minute nach der Explosion schon nachkucken, was aus der Wohnung geworden ist. Sollte man sich tatsächlich ein strahlendes Partikel einfangen, nur heftigst abschrubben und schon ist man geheilt. Zum Totlachen, wenn´s nicht so furchtbar ernst gemeint gewesen wäre…

„Survival under Atomic Attack“ (1951, 9 min) bläst ins selbe Horn, hergestellt vom Civil Defense Department sagt auch dieser Kurzfilm aus, dass eine Atombombe eigentlich nicht wirklich so schlimm ist und liefert u.a. den wertvollen Tip, dass man in seinem „Shelter“ eine Taschenlampe griffbereit haben sollte – der Strom könnte ausfallen.

„Duck and Cover“ (1951, 9 min) richtet sich an ein jugendliches Publikum und viele Szenen (insbesondere natürlich die mit Bert, der Zeichentrickschildkröte) könnten „Weird Al“-Yankovic-Fans bekannt vorkommen, denn hier bediente sich Al kräftig für sein „Christmas at Ground Zero“-Video. „Duck and Cover“ ist in diesem Film das oberste Gebot – wenn man vom Blast überrascht wird, einfach in die nächstbeste Deckung schmeissen und sich irgendwie bedecken, dann wird man´s schon überleben. Eigentlich saukomisch, aber – siehe oben – doch eher erschreckend.

Ziemlich bösartig ist dann der US-Armee-Lehrfilm „Medical Aspects of Nuclear Radiation“ (1950, 20 min), der anhand wissenschaftlicher Fakten (ähempt) erläutert, dass radioaktive Verstrahlung ungefähr vergleichbar ist mit ´nem Sonnenbrand, aber doch ein bissel gefährlicher ist. Besonders der unnötig sarkastische Kommentar stösst bitter auf, und die quintessentielle Aussage, dass es in Hiroshima wesentlich weniger Opfer hätte geben müssen, wenn die doofen Japsen anständige medizinische Facilities gehabt hätten, ist so ziemlich der Gipfel an Propaganda-Zynismus, der sich mir bislang vorgestellt hat. Natürlich ist auch dieser „offizielle“ Aufklärungsstreifen fröhlich dabei, die Atombombe (und die Wasserstoffbombe nebenbei auch) heftig zu verharmlosen und schliesst mit dem goldenen Tip: „Be someplace else when it happens!“ Sorta cool stuff.

Als nächstes haben wir den etwas seltsamen Kurzfilm „One World or None“ (9 min) aus den 60er Jahren. Das Filmchen beginnt mit der Mahnung, dass niemand einzelnes für die Entwicklung der Atomkraft und damit auch der Bombe verantwortlich ist, zeigt die Entwicklung von Vernichtungswaffen anhand simpler, aber effektiver Animationseffekte, versteigt sich in wüste was-wäre-wenn-Hitler-die-Bombe-gehabt-hätte Spekulationen, um dann aber zu seinem Hauptanliegen zu kommen. Mit drastischen Bildern realer Hiroshima-Opfer fordert der Film schlussendlich internationale Kontrolle der Atomenergie durch die Vereinten Nationen, damit Atomkraft nur zum Wohle der Menschheit eingesetzt wird. Ein mit einfachen Mitteln gestalteter, aber recht wirkungsvoll umgesetzter Polit-Kurzfilm.

Und weil Something Weird eben Something Weird ist, packt man etwas geschmackloserweise noch einen zweiminütigen Kurzfilm „Atomic Blonde in Action“ auf die Disc, der nicht mehr und nicht weniger ist als ein Striptease einer „blonde bombshell“, totally unrelated und im Zusammenhang auch ziemlich deplaziert.

Alle Kurzfilme werden in akzeptablen Fassungen präsentiert (Medical Aspects of Nuclear Radiation ist sogar in Farbe), bei einigen der Filmen stört ein wenig das eingepasste „SMV“-Logo im rechten unteren Eck.

Einziger kleiner „Wermutstropfen“ bei der Disc ist, dass Something Weird sich wieder mal nicht dazu durchringen konnte, die Disc direkt aufs Menü zu starten, sondern man sich durch einen zwar ganz netten, aber als Trailerreel unter den Special Features besser aufgehobenen, knapp dreiminütigen Something-Weird-Best-of-Trailer kämpfen muss. Aber das ist mal wieder Nitpicking.

Insgesamt dürfte ATOMIC WAR BRIDE/THIS IS NOT A TEST eine der besten DVDs sein, die Something Weird jemals auf den Markt geworfen hat. Wer auch nur das geringste Interess an der Thematik „Atomkriegsfilme“ hat, darf an diesem Double Feature nicht vorbeigehen.

(c) 2002 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 7


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