The Young Marrieds

 
  • Original-Titel: The Young Marrieds
  •  
  • Regie: Edward D. Wood jr.
  • Land: USA
  • Jahr: 1971
  • Darsteller:

    Louis Wolf (Ben), Alice Friedland (Ginny), George Black (Freund), Cynthia Walker (Mädchen)


Vorwort

Ben ist frisch mit der hübschen Ginny verheiratet, aber dennoch mit der Gesamtsituation unzufrieden. Im Gegensatz zu seinen Erwartungen und Fantasien ist Ginny weder seine private Stripperin noch dauerläufig, so dass nach Bens Ansicht im Ehebett eher tote Hose herrscht (das ist steht zwar im glatten Widerspruch zum uns Gezeigten, aber Ben ist hier der Protagonist und hat darum Recht). Zwar ergibt sich für Ben in Form einer naturgeilen Anhalterin Gelegenheit zum fröhlichen Fremdvögeln, aber weil er irgendwo ja doch ein treuer Ehemann ist (hihi), möchte er am liebsten seine Angetraute täglich dreimal flachlegen. Sein Geistesblitz, einen Fotoapparat anzuschaffen und Ginny prä-koital sexy posieren zu lassen, auf dass sie sich mit ihrem Körper stärker anfreunde, bringt vorübergehend etwas Schwung ins trübe Eheleben, dieweil eine Nacht, in der Ginny das Kommando im Bett übernehmen will, Ben penetrationstechnisch nicht sonderlich weiter bringt. Ein Arbeitskollege bringt ihn auf die Idee, mit Ginny ein Swingertreffen zu besuchen. Ben findet dort schnell Anschluss, Ginny ist deutlich weniger begeistert…


Inhalt

Ach, Eddie… Dem aufmerksamen Stammleser dieser Zeiten erzähle ich ja sicherlich nichts neues, wenn ich einmal mehr darauf hinweise, dass der enthusiastische Schöpfer grandioser Schundperlen wie Plan 9 From Outer Space, Glen or Glenda? oder Orgy of the Dead sich in seinen letzten Jahren mit Pornos über Wasser (bzw. eher „über Wodka“) hielt. Seine Karriere im, hüstel, legitimen Fach hatte sich mit „The Sinister Urge“ praktisch erledigt – via Stephen Apostolof brachte er da und dort noch ein Drehbuch an den Mann, aber, wie auch Ehefrau Kathy sich erinnerte, Geld ins Haus brachte hauptsächlich Eds überraschendes Talent für Porno-Romane. Mit Hardcore-Taschenbüchern war seinerzeit noch richtig Schnitt zu machen und das Sujet eignete sich prima für Eddies persönliche Fetische wie Transvestismus oder Zirkusgeschichten.

Anfang der 70er wollte Eddies Verleger Bernie Bloom den Sprung vom gedruckten Wort zum bewegten Bild wagen – Ed sprang auf diese Idee natürlich sofort an und da er Bernies bester und produktivster Autor war, durfte er tatsächlich ran. Resultat war „Necromania“ und weil Eddie schon mal dabei war, drehte er quasi parallel für eine andere Produktionsfirma „The Young Marrieds“, der sich auch einer ähnlichen Thematik bediente (nur ohne den übernatürlichen Aufhänger von „Necromania“. Mit einem Budget von weniger als 7000 Dollar an ein oder zwei Tagen gedreht war der Streifen einmal mehr für Ed ein kommerzielles Desaster; in der Folge sollte er nur noch einige Porno-Loops und eine Reihe von Sex-Education-Filmchen, die auf Super8 mit entsprechenden Broschüren direkt an den Konsumenten verkauft wurden, inszenieren. „The Young Marrieds“ geriet rasch in Vergessenheit – als Rudolph Grey sein Wood-Standardwerk „Nightmares in Ecstasy“ verfasste, war der Film bereits nur noch eine Legende, die sich bestenfalls aus kryptischen Einträgen in Filmkatalogen deduzieren ließ und vor der selbst Grey sich nicht sicher war, ob das vielleicht nicht doch nur ein anderer Titel oder eine alternative Schnittfassung von „Necromania“ (dessen Romanfassung „The Only House“ hieß, was nun auch wieder als Alternativtitel für „The Young Marrieds“ überliefert ist) war. Vor einigen Jahren wurde dann überraschend auf einem Garagenflohmarkt in Kanada eine vollständige (?) 16-mm-Fassung des Films entdeckt – und die Pornomanen von Alpha Blue Archives, die sich um Erhaltung und Erhältlichmachtung von „vintage porn“ kümmern (einer muss es ja machen), haben „The Young Marrieds“ nun endlich auf DVD veröffentlicht.

Was ist „The Young Marrieds“ nun? Nun, in erster Linie, und das dürfte kaum jemanden überraschen, ein extrem billiger und nicht sonderlich einfallsreicher 70er-Jahre-Porn mit all seinen Schattenseiten (womit mal wieder gesagt sein will, dass man über hochlackierte Silikonhupen geteilter Meinung sein darf, nicht aber dadurch, dass das ästhetische Körperbild im Porno von 1970 bis zur Jetztzeit doch deutliche Fortschritte gemacht hat, und damit meine ich nicht nur die üppigen Intimwälder bei Darstellern beiderlei Geschlechts). „The Young Marrieds“ entstand noch knapp vor dem kurzen „Golden Age of Porn“, in dem Pornographie dann auch mal ersatzweise mit meßbarem Budget und vorhandenen production values geboten werden konnte.

Wood (hier amtierend unter einem schon als Romanautor eingesetzten „Dick Trent“-Pseudonym) kommt mit insgesamt sieben Darstellern und drei abgezählten, spärlich dekorierten Sets (plus einer Outdoorszene und einem sicherlich einem der Darsteller gehörenden Dune Buggy) aus – ein Schlafzimmer, ein „Büro“ und das Wohnzimmer des Swinger-Treffs für die abschließende, hihi, „Orgie“. Wer nun meint, das böte Eddie keinen Raum, um ab und zu etwas up-zu-fucken, der kennt unseren offiziellen Site-Heiligen schlecht – anno 1972 hatte sich Eddie schon genug Verstand weggesoffen, um ein paar grundlegende Dinge über Editing zu vergessen (wie lt. „Nightmares in Ecstasy“ auch Ronnie Ashcroft verblüfft feststellte). Hier kommt dann schon mal ein establishing shot vor dem falschen Set, in der finalen Szene fällt gleich zweimal ein Bild von der Wand (was mit Sicherheit so NICHT im, hihi, „Drehbuch“ stand), ohne dass das Anlass für einen zweiten Take wäre und stock footage einbauen, das „kann“ Ed immer noch – der Film beginnt ohne gesteigerten Anlass mit einpaar Aufnahmen sich sanft kräuselnder Ozeanwellen, ehe sicheine mit Sicherheit auch nicht ursächlich für „The Young Marrieds“ entstandene Strip-Szene anschließt (das vermute ich schon deshalb, weil ich mit meinem amtlich nicht vorhandenen Gefühl für Mode und Frisuren nämliche Szene sechs bis acht Jahre früher verorte), die Ed mit dem „Glen or Glenda“-erprobten Mittel, zwei Figuren über die Szene per voice-over einen Dialog simulieren zu lassen, aufpeppt.

Die Ferkeleien selbst sind… unspektakulär. Nun ist überliefert, dass Ed Wood sich zumindest bei „Necromania“ keine Gedanken darüber gemacht hatte, was seine Darsteller so machen sollte (wie sich der dortige Darsteller Ric Lutze erinnert, „hieß es im Drehbuch einfach ‚Sexszene‘ und den Rest musste man selber erledigen“). Die Sexszenen dürften daher auch hier von den Akteuren selbst improvisiert worden sein – wer die Matratzenakrobatik zeitgemäßen adult entertainments kennt, dürfte sich gelangweilt abwenden; die gut 40 Minuten Sex bieten keine interessanten Stellungen, keine übermäßig attraktiven Menschen (s.o.) und wer seinen vintage porn noch so kennt, dass das Gepoppe einer gewissen Dramaturgie folgt, wird ebenfalls bitter enttäuscht (wobei ich an der Stelle meine grundsätzlichen Bedenken äußern möchte, ob der von Alpha Blue vorgelegte Cut tatsächlich vollständig ist. Der Film endet nach der Orgie sehr abrupt, ohne Resolution der, hüstel, „Story“ und ohne dass wir sehen würden, ob Ginny nun „geheilt“ ist oder nicht).

Bei einem gut 80-prozentigen Fick-Anteil könne man nun auf die Idee kommen, dass Woodies idiosynkratische Schreibweise auf der Strecke bleiben würde, aber auch hier sieht der überraschte Woodologe sich getäuscht. Ed pflastert den Film nämlich mit einem wüst daherpsychologisierenden Off-Kommentar zu, der vorgibt, das Geschehen auf Leinwand/Bildschirm zu erläutern. Dabei kommt allerdings ein höchst verschrobenes Frauenbild zum Vorschein (das vermutlich dem Konsumenten derartiger Ware entgegenkommen soll) – denn an allem Ungemach, das Ben widerfährt (wobei ich mir eh nicht so ganz klar bin, WAS eigentlich Bens Problem ist. Er bekommt ja Sex, nur nicht immer zu seinen Konditionen und nicht auf die von ihm gewünschte nuttige, „präsentierende“ Weise), ist natürlich Ginnys Schuld. Nicht Ben stellt irrationale Ansprüche an seine Frau, nein, sie ist ihm nicht in angemessener Weise zu diensten; und demzufolge ist es logischerweise nur zu entschuldbar, dass Ben fremdgeht. Zwei Highlights dieser Philosophie will ich Euch nicht vorenthalten. Wie oben in der Inhaltsangabe erwähnt gibt es eine Nacht, in der Ginny „bestimmt“, was im Bett passiert. Und was wünscht sie sich? Dass Ben sie mit einem Gürtel auspeitscht (! – nicht, dass Ginny bis dahin auch nur ansatzweise eine submissive Ader hätte durchblicken lassen). Später, bei der Swinger-Orgie, wird Ginny von einem potentiellen Bespringer bedrängt – sie wehrt ab, was der Off-Sprecher sinngemäß mit „in ihrer typischen nörgelnden Art wehrt sie ihn ab, doch er ist stark genug, sie zu ihrem Glück zu zwingen.“ Heilige Alice Schwarzer! Etwas verwundert war ich auch darüber, dass Ed seine beiden Protagonisten Schwule und Lesben als „abnormale Perverse“ hassen lässt. Gut, Ed war zwar Transvestit, aber nach eigener Aussage strikt hetero, schlachtete aber Schwulen – und Lesbenthemen immer wieder in seinen Romanen aus, so dass ich ein bisschen vermutet hätte, dass Ed zumindest heimlich ein wenig Sympathie für die Gays verspüren würde, und mindestens eine Lesbenszene anbringen würde (doch Ginny wehrt in ihrer typisch nörgelnden Art auch die Avancen einer interessierten Dame ab).

Nur kann das alles nicht darüber hinwegtäuschen, dass der überwiegende Teil der Laufzeit nun nicht mit hysterischen Wood-Dialogen bestritten wird (das, was an knappen Dialogen vollzogen wird, besteht oft nur daraus, dass Charakter B das wiederholt, was Charakter A gerade gesagt hat; zudem hatte Wood hier offensichtlich nicht die Mittel für eine Nachvertonung, so dass wir mit dem reinen Kameraton vorlieb nehmen müssen… speziell in einer Dialogsequenz während einer Autofahrt versanden die gesprochenen Worte im begleitenden Lärm) und Porn, den man sich ansieht, um ihn sich, eh, anzusehen, ist grundsätzlich schon nicht sonderlich spannend, besonders, wenn die Geschlechtsakte nicht sonderlich ästhetisch sind. Klartext: die 52 Minuten werden schon ein wenig… lang.

Darstellerseitig herrscht auch weitgehend Trübsinnigkeit – während „Necromania“ mit Rene Bond und Ric Lutze absolute Stars der Adult-Szene vorweisen konnte, ist die einzige bekannte Darstellerin in „The Young Marrieds“ Alice Friedland, die zwischen „seriösem“ Fach und Hardcore pendelte – letztere Fraktion bediente sie in Streifen wie „Analyze your Sex“ oder „Kiss My Analyst“, erstere mit Auftritten in Grindhouse-Quickies wie „The Psycho Lovers“ oder „Please Don’t Eat My Mother“ – 1976 war sie aber auch in einer nicht unwichtigen Nebenrolle in John Cassavetes‘ „Killing of a Chinese Bookie“ am Start. Was Cassavetes in ihr gesehen haben mag, erschließt sich nach „The Young Marrieds“ natürlich nicht – wer ihr gelangweiltes Herunterleiern ihrer großen „Rede“ vor der Orgie durchlitten hat, ist sicher geneigt, ihr jegliche schauspielerische Qualität abzusprechen, aber wer vergießt auch sein künstlerisches Herzblut an einen el-cheapo-Porn von Ed Wood? Immerhin – im Gegensatz zu dem weißblonden Girl, das in der Orgie mit dem völlig talentfreien Louis Wolf anbändelt, erweckt sie nicht permanent den Eindruck, sie wäre jetzt lieber beim Zahnarzt. Für George Black und Cynthia Walker vermeldet die IMDb keine weiteren Auftritte.

Bildqualität: Toll ist das nicht, was Alpha Blue da auf DVD gepresst hat… klar, ein 16-mm-Print, der vermutlich dreißig Jahre auf einem Dachboden vor sich hin staubte, wird nie wieder HD-tauglich sein, aber ich könnte mir vorstellen, dass man das Ding doch noch ein bisschen digital hätte entrümpeln können. Sieht ein bisschen besser aus als die zwei Alpha-Blue-70er-Porn-Loops-DVDs, die ich in meiner Sammlung stehen habe, aber nicht viel. Andererseits – so GENAU will ich manches in diesem Film gar nicht sehen.

Tonqualität: Leiser, dumpfer, stellenweise unverständlicher Mono-Ton.

Extras: Wie bei den anderen Alpha-Blue-Releases wiederentdeckter Wood-Sexfilme packt das Label noch ein paar andere Filme des Starlets, hier Alice Friedland, auf die Scheibe. Der geneigte Konsument kann sich also noch an „Analyze your Sex“, „Kiss Your Analyst“ und „The Adventures of Flash Beaver“ delektieren, zudem gibt’s noch ein paar Loops. Mir persönlich als eher Wood-Komplettist denn Vintage-Porn-Sammler wäre eine „Young Marrieds“-Stand-alone-DVD zum Sparpreis zwar lieber gewesen, aber man nimmt, was man bekommt.

Fazit: Es gibt sicherlich unterhaltsameren oder, ähm, künstlerisch wertvolleren Vintage-Porn aus den 70ern (die quietschbunte „Alice in Wonderland“-Fassung, den düsteren „Through the Looking Glass“, die Klassiker „Devil in Miss Jones“, „A Coming of Angels“ oder den originalen „Taboo“) – Porn-Ästheten werden bei diesem schnell hingepfuschten Quickie aus jeder erdenklichen Hinsicht schaudern. Für Woodites andererseits ist es doch ein bisschen arg viel Porn; trotz bedenklichem Frauenbild (das auf „wenn Frauen nicht wollen, wie mann will, darf und muss man sie zwingen“ hinausläuft) und kuriosem Off-Kommentar (den man dann aber doch lieber von Bela, Criswell oder wenigstens Timothy Farrell gesprochen hören möchte) und dem handwerklichen Schlachtefeld sind die Momente, in denen der Wood-Fan ins Schwelgen und/oder Kichern kommt, recht dünn gesät. „Necromania“ deucht mir da als „Porno für Wood-Fans“ da doch gewinnbringender. Als, wie gesagt, Komplettist freut es mich, die DVD ins Regal stellen zu können, aber ob ich sie noch arg oft wieder rausziehen werde, ist ’ne ganze andere Frage.

2/5
(c) 2014 Dr. Acula


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