- Deutscher Titel: The Vector File
- Original-Titel: The Vector File
- Regie: Eliot Christopher
- Land: Neuseeland/Deutschland
- Jahr: 2002
- Darsteller:
Casper van Dien (Gerry Anderson), Catherine Oxenberg (Margaret Anderson), India Oxenberg (Mattie Anderson), Timothy Balme (Paul Burton), Laurie Foel (Helen Burton), Katherine Kennard (Sonya), George Henare (Detective Ramos), William Wallace (Leon), Stephen Hall (Elder), David Stott (Ken), Chic Littlewood (George), Craig Hall (Melvin), Paul Norell (Turgev)
Vorwort
Gerry Anderson arbeitet in Auckland an einem streng geheimen geophysikalischen Satelliten-Überwachungsprojekt (think Google Earth in real time) – er lebt von seiner Frau Margaret getrennt, was zur Folge hat, dass er aufgrund eines spontanen Meetings seines noch angeheirateten Besens unplanmäßig Töchterchen Mattie beaufsichtigen muss und sie deshalb mit zur Arbeit nimmt. Beim Malen am Computer druckt Mattie versehentlich eine ihr unsinnig erscheinende, dafür aber 60 Seiten lange e-Mail aus, versteckt sie ob befürchteten Tadels wegen Papierverschwendung in ihrer Tasche und verwendet den Kram fürderhin als Malpapier. Das bringt Daddy in arge Schwierigkeiten, denn hinter der e-Mail bzw. der darin enthaltenen Datei sind böse böse Menschen her. Die brechen zunächst in die Firma ein und töten dort einen Wachmann, ehe sie bei Gerry daheim vorbeischauen. Gerry gelingt es zwar, einen der Einbrecher durch einen Treppensturz zu töten und sich und Mattie zu Freund & Kollegen Paul in Sicherheit zu bringen, doch als er und Paul mit der Polizei zurück zum Tatort kommen, ist der sauber aufgeräumt und von einer Leiche weit und breit nichts zu sehen. Dafür ist Gerry aber schnell Top-Verdächtiger hinsichtlich des zwischenzeitlich entdeckten Wachmann-Mords. Margaret entzieht ihm – verständlicherweise – Mattie, der gefrustete Gerry, dem niemand seine Story abkaufen will, bandelt beim Frustsaufen mit der attraktiven Sonya an. Die allerdings spielt für das andere Team, setzt ihn unter Drogen und quetscht ihn über die ominöse Datei aus – von der er allerdings wirklich nichts weiß. Sonya entdeckt allerdings in Gerrys Bürotasche ein von Mattie gemaltes Bild, dort speziell die Rückseite und zieht die richtigen Schlüsse. Als in Margarets Appartment Matties Zimmer durchwühlt wird, hält nun wirklich jeder endgültig Gerry für einen durchgeknallten verstoßenen Ehemann. Paul – dessen Ehefrau Helen pikanterweise eine Affäre mit Gerry pflegt – bringt Margaret und Mattie in sein Ferienhaus am Meer, dieweil die Fieslinge erneut bei Gerry vorbeischauen – Sonya erklärt ihm, dass es sich bei der Datei um den DNA-Code für einen verschärften Pockenvirus handelt, hinter dem die Russenmafia aus terroristischen Zwecken her ist. Sonya wird demonstrativ erschossen, Gerry soll den Sündenbock spielen – idealerweise als vermeintlich selbstgemordete Leiche – dann wollen die Russen sich den Rest der Mail von Mattie beschaffen. Es gelingt ihm die Flucht und da glücklicherweise er und seine Tochter gleichzeitig eine göttliche Eingebung haben, findet Gerry mit Hilfe seines Spionagesatelliten heraus, wo Paul Frau und Kind versteckt. Wird er noch rechtzeitig vor Ort sein und vor allem, was meinte Sonya damit, dass eine Gerry nahestehende Person sehr viel mit der Sache zu tun hat?
Inhalt
Ui, wieder eine neuseeländisch-deutsche Co-Produktion. Die letzte, die ich sehen durfte (No One Can Hear You), war ja schon so toll… Wenigstens wagt man sich in diesem Fall nicht an einen Horrorfilm, sondern versucht’s lieber mit einem, hüstel, zeitgemäßen technologischen Thriller. Dummerweise kann das Kiwi-/Eisbein-Tag-Team das auch nicht wirklich besser…
Aber woher soll’s auch kommen, wenn Storyerfinder und Co-Autor Ian McFadyen normalerweise Comedy-Serien für’s Kiwi-TV schreibt und produziert? Der gute Mann hat von den Mechanismen und Strukturen, die einen Thriller im Idealfalle funktionieren lassen, vielleicht vom Hörensagen Ahnung, aber nicht wirklich einen Plan, wie man selbige auch erfolgreich in sein Script implementiert.
Beweisstück 1: der McGuffin. Die Jagd nach der Datei ist nicht nur eines der abgegriffensten Motive des Techno-Thriller-Subgenres, sondern wird hier auch noch selten doof umgesetzt. Die bösen Russen sind tatsächlich hinter einem AUSDRUCK her – 60 Seiten sauber auf Endlospapier ausgedrucktes Genom. Was wollen die damit machen? Es abtippen? Wenn’s denn wenigstens eine Diskette, eine CD wäre, auf der irgendetwas Weiterverwendbares drauf wäre, aber ein lausiger Ausdruck? Das soll… spannend sein? Übrigens ist Gerry über weite Strecken des Films auf dem falschen Dampfer, er bzw. seine Firma hätte mit ihrem Satelliten etwas fotografiert, was sie nicht hätten sehen dürfen – das wäre zwar nicht hochgradig originell gewesen, wäre aber ein besserer Plot, ein besserer McGuffin gewesen als der tatsächlich verwendete (allerdings hätte man dann einen billigen TV-Film in eine Linie mit „Blow Up“ und „Blow Out“ stellen müssen. Auch keine erfreuliche Aussicht).
Beweisstück 2: die Bedrohung Wie uns Altmeister Hitchcock lehrt, erwächst „suspense“ aus dem Wissensvorsprung des Zuschauers vor den Protagonisten – das heißt nicht automatisch, dass Filme, in denen Held und Zuschauer auf Augenhöhe sind, automatisch unspannend sein müssen, aber McFadyen will’s hier mit suspense probieren und scheitert – wir, als Zuschauer, erfahren nämlich das Bedrohungspotential letztlich auch erst mit dem Helden (und selbst dann ist ein vages „Russenmafia will Pockenvirus verhökern“ nun auch nicht gerade der Riesen-Burner vor dem Herrn); vorher schmeißt uns McFadyen nur hin, DASS da was ist, hinter dem IRGENDWER her ist, aber keine wirklichen Hinweis auf das „Was“ und „Wer“ (gut, dass es sich um eine DNA-Sequenz handelt, kann man, wenn man seine Allgemeinbildung nicht nur aus der BILD oder von AICN bezieht, sich noch zusammenreimen, aber erstens darf man das sicherlich nicht voraussetzen, und zweitens… what fuckin’ kind of DNA? Könnte auch nur die eines ausgestorbenen Warzenschweins sein…).
Konsequenz: lahmer McGuffin und falscher suspense-Aufbau -> keine echte Spannung.
Dazu kommen cardboard-Charaktere von der Stange – der tapfere Held, der von seiner Ehefrau verlassen wurde (und die es wagt, tatsächlich einen neuen Freund zu haben, was moralisch gar verwerflich ist – dass ER selbst eine Affäre mit der Frau seines besten Freundes hat, ist dem Film keine wirkliche Verurteilung wert, im Gegentum, es trifft sich im Showdown eher günstig; abgesehen davon, dass die Gerry und Margaret wohl schon länger getrennt leben, es also durchaus legitim für beide ist, sich mit anderen potentiellen Partnern zu treffen), die kleine Tochter, die die Andrea-Jürgens-geprüfte „und dabei liebe ich euch beide“-Masche abzieht (inklusive fußnägelaufrollenden, da in jeder achtklassigen Daily Soap bis zum bitteren Ende zelebrierten, „Daddy-wann-wohnen-wir-wieder-alle-zusammen“-Dialogen), die abweisende Ehefrau, die durch des Helden heroischen Einsatz wieder auf Spur gebracht wird (egal, dass er fünf Minuten vorher noch notgedrungen zugeben musste, mit der anderen Schnalle in die Kiste gehüpft zu sein)… yuck. Die Schurken (bis auf den obligaten Twist, der aber auf 10 km gegen den Wind müffelt… schließlich gibt es beim Ansatz „pass-auf-einen-auf-der-aus-deinem-Umfeld-stammt“ nur zwei Kandidaten für die vakante „Oberschurken“-Stelle: Ken, Gerrys Chef, der ihn unbedingt loswerden will, und den aufdringlich-hilfreichen Paul. Wer wird’s dann wohl sein?) sind gesichtslose Dritte-Klasse-Henchmen (eine weitere Schwäche des Films ist, dass die eigentlichen Hintermänner völlig außen vor bleiben – auch der nominelle „Oberschurke“ ist nur ein bestochener Handlanger, die Henchmen auch im Filmkontext austauschbare gedungene Schergen) ohne Identität (was besonders doof ist bezüglich der Figur Sonya, von der völlig offen bleibt, warum sie auf Seiten der Bösen arbeitet und wieso sie dann wieder von denen gekillt wird).
Die gewünschte „everyone is out to get you“-Paranoia-Atmosphäre stellt sich auch nicht ein – dass sich um Gerrys Hals die metaphorische Schlinge zieht, wird kaum deutlich, das konnten andere Filme mit „verfolgten“ und zu Unrecht beschuldigten Protagonisten wesentlich zwingender. Liegt natürlich auch daran, dass Regieeintagsfliege Eliot Christopher im Lexikon vermutlich unter „bieder“ abgedruckt ist. „The Vector File“ (erwähnte ich, dass der Titel ziemlich doof ist? Was haben „Vektoren“ mit „Genomen“ zu tun?) ist in jeder Hinsicht stinknormale Fernsehkost, auf einem optischen Niveau, das vielleicht *leicht* über „SOKO 5113“ liegt, aber unter einem durchschnittlichen „Tatort“. Zwei-drei Stunts (die einzige Explosion – die übrigens ziemlich schauderhafte CGI made in Germany beinhaltet – findet in einer „Traumsequenz“ statt; an „realen“ Stunts bleiben der Treppensturz, ein „Überfahren“ , das Ausbrechen mit einem Auto aus einer verschlossenen Garage sowie ein Zweikampf am Swimming Pool) sind schwerlich dazu angetan, „The Vector File“ zu einem mitreißenden Actionfilm zu machen, und die schwerhändige Weise, mit der sowohl Gerrys Profession als auch sein Hobby (Laufen) als wichtige Elemente in den Showdown injiziert werden, ist schon wieder liebenswert-simpel.
Kameraführung und Schnitt bewegen sich auf anspruchslosem TV-Niveau. Etwas verwundert bin ich, dass man in den Film, den man – vom Gewaltpotential her – normalerweise bedenkenlos im Nachmittagsprogramm bei Sat.1 o.ä. verklappen könnte, unbedingt eine harte Szene (die dem Film dann wohl im Alleingang das FSK 16- bzw. R-Rating in den Staaten eingebracht hat) einbauen musste (den Mord am alten Wachmann per Schraubenzieher durch den Hals PLUS anschließendem Genickbruch), völlig unnötig und im Ton überhaupt nicht zum Restfilm passend.
Auch wenn die Besetzung einem laschen TV-Film durchaus angemessen ist, so ist doch erwähnenswert, dass hier eine real-life-Familie amtiert – Casper van Dien hat ja Prinzessin Catherine Oxenberg erfolgreich in den Hafen der Ehe gelotst, womit India Oxenberg (Mattie) zu seiner Stieftochter aufgestiegen ist (und zudem war Catherine während der Drehzeit im 5. Monat schwanger und brachte später Töchterchen Maya zur Welt – damit ist der van Dien/Oxenberg-Clan quasi vierfach vertreten). Van Dien ist für die Hauptrolle in einem Fernsehthriller tragbar – das nötige gewisse Etwas, um seinen kometenhaften Erfolg mit „Starship Troopers“ in eine ernstliche Kinokarriere zu konvertieren, fehlt ihm, aber für Kram wie diesen langt’s, dafür ist er likeable genug und auch einigermaßen glaubhaft in den actionlastigeren Szenen. Catherine Oxenberg („Denver“, Time Served) selbst hat nicht viel mehr zu tun als kühl zu kucken und sich gelegentlich mal fesseln zu lassen, India kratzt an der Grenze zur Nervige-Kinderdarsteller-Kategorie. Über Timothy Balme kann man sich zumindest in der Hinsicht freuen, dass man den großen Helden aus „Braindead“ mal wieder sieht – der gute Junge treibt sich hauptsächlich im neuseeländischen Fernsehen rum, und dessen Ergüsse sehen wir hierzulande eher selten. Leider passt sich Balme dem ihm umgebenden Mittelmaß an und lässt nichts von dem jugendlichen Enthusiasmus spüren, der ihn zehn Jahre vorher in „Braindead“ noch auszeichnete und so sympathisch machte. Der Rest des Casts, größtenteils neuseeländische Fernsehakteure, versinkt im Mittelmaß.
Bildqualität: Entgegen der Coverangabe bringt Great Movies den Film nicht in anamorphem Widescreen, sondern schnödem 4:3-Letterbox (1.85:1). Der Transfer selbst ist von durchschnittlicher Güte für einen relativ neuen Fernsehfilm – durchschnittliche Schärfe, okayer Kontrast, problemlose Kompression, keine Verschmutzungen oder Defekte. Für die nicht-anamorphe Abtastung gibt’s aber Abzüge…
Tonqualität: Deutscher und englischer O-Ton in Dolby 5.1. Die Synchronfassung ist technisch in Ordnung, ohne herauszuragen – ist aber auch nicht so, als würde der Film ein Feuerwerk an Soundeffekten und einen voluminösen Score vorlegen.
Extras: Nichts.
Fazit: Wenn ich mir Filme wie „The Vector File“ ankucke, frage ich mich immer wieder, wer überhaupt auf den Gedanken verfiel, man müsste für diese „Idee“ (die noch nicht mal sonderlich gut ist) wirklich Geld ausgeben – der Streifen bringt das Kunststück fertig, einerseits so lieblos, so unenthusiastisch, so rein geschäftsmäßig heruntergekurbelt, andererseits durch konsequenten Verzicht auf irgendwelche echten Schauwerte so vorbei am potentiellen kommerziellen Interesse produziert zu sein, dass die Frage „why did they bother in the first place“ völlig berechtigt ist. Gut, mit irgendwelchen bewegten Bildern muss man seine Sendezeit füllen, aber dann ist mir hirnverbrannter und hanebüchen gefilmter Schwachsinn a la SciFi-Channel-Original glatt noch lieber als ein derart stromlinienförmig-weichgespültes, witzloses Filmchen, das es kaum schafft, das Zuschauerinteresse von einer potentiellen Werbepause zur nächsten zu hieven, geschweige denn es 90 Minuten am Stück zu erhalten. Prädikat: tut nicht weh, ist aber von einer geradezu penetranten Überflüssigkeit. Empfehlung: einfach ignorieren.
2/5
(c) 2009 Dr. Acula
originally posted: 17.06.2009