The Vampires‘ Night Orgy

 
  • Original-Titel: La orgia nocturna de los vampiros
  • Alternative Titel: The Vampires' Night Orgy |
  • Regie: Leon Klimovsky
  • Land: Spanien
  • Jahr: 1972
  • Darsteller:

    Luis (Jack Taylor)
    Alma (Dianik Zurakowska)
    Mayor Boris (José Guardiola)
    Countess (La Senora) (Helga Liné)
    Raquel (Charo Soriana)
    Marcos (Manuel De Blas)
    Cesar (David Aller)
    Godo (Luis Ciges)
    Ernesto (Indio Gonzalez)
    Gendarm (Antonio Paramo)
    Gigant (Fernando Bilbao)


Vorwort

Mit dem Kapitel Eurohorror hab ich mich nun schon länger nicht mehr beschäftigt, was angesichts der noch zu besprechenden Legionen von Jess Franco-Filmen (und, um eine e-mail-Anfrage gleich mal zu beantworten, ja, Vampyros Lesbos kommt noch, der ist auf meiner zwar kilometerlangen to-do-Liste, aber da ziemlich weit oben, allerdings muss ich mir den Streifen erst noch beschaffen :-)) sicherlich eine ziemliche Sünde ist, vor allem aufgrund der Tatsache, dass ich noch den ein oder anderen Eurohorror hier auf Halde rumliegen habe. La Orgia Nocturna De Los Vampiros steht schon ziemlich lange in der Warteschleife, sicher schon über ein Jahr und ursprünglich war das Review schon als Nummer 27 oder 28 vorgesehen, aber irgendwie kam ich seinerzeit nicht dazu, den angefangenen Artikel zeitnah fertigzuschreiben und dann setzte der berühmte „verdammich-kann-meine-Sauklaue-nicht-mehr-entziffern“-Faktor ein und das war´s dann mit dem Review seinerzeit. Hat halt eine Ecke gedauert, bis ich mal wieder Bock hatte, mir den Film zu Gemüte zu führen… Na denn.

La Orgia Nocturna de los Vampiros ist ein Vertreter der spanischen Horrorzunft, die gemeinhin in dem Ruf steht, noch billiger und noch blödsinniger zu sein als die zeitgenössische Italo-Produktion. Das ist natürlich eine bösartige Verallgemeinerung, denn die Spanier fabrizierten zwar eine enorme Menge Schwachsinn wie Paul Naschys plotlose Werwolf-Filmchen, aber in Person von Armando de Ossorio mit den Reitenden Leichen auch eines der originelleren Horror-Konzepte (was de Ossorio selbstredend nicht daran hinderte, die Masche buchstäblich – har-har – zu Tode zu reiten). Meister Leon Klimovsky, gebürtiger Argentinier und Hansdampf in allen Genre-Gassen von Thriller bis Spaghetti- (sollte es in diesem Fall nicht eher „Paella-„) -Western, wird sicher nie in den Verdacht geraten, ein Regiekünstler zu sein, aber in seiner über vier Jahrzehnte umfassenden Karriere spielten seine Werke immer wieder genug Kohle ein, um Produzenten zu überzeugen, ihm ein paar Peseten für den nächsten Film in die Hand zu drücken – künstlerische Ambitionen, wie sie den ein oder anderen Rivalen aus der Italo-Fraktion plagten, waren ihm grösstenteils fremd. Nun, es liess sich nicht vermeiden, dass auch Klimovsky, 1996 im biblischen Alter von 90 Jahren verstorben, im Zuge des Eurohorror-Revivals zum Kultregisseur (v)erhoben wurde und findige Video- und DVD-Labels sich anschickten, die schwer erhältlichen Werke des Maestros neu aufzulegen. La Orgia Nocturna de los Vampiros wurde vom britischen Pagan-Label aufgelegt, ein leider etwas kurzatmiges Label, das sich auf Sexploitation und Horror aus den 70ern spezialisiert hatte (wenn mich nicht alles täuscht, wurde der Pagan-Bestand mittlerweile von Redemption übernommen) und obwohl es sich „nur“ um die auf handliche 80 Minuten zurechtgestutzte „Export-Version“ handelt (damals wie heute waren Filmvermarkter der Ansicht, das Publikum könnte auf störende Handlungseinlagen gut verzichten), konnte Pagan stolz den weltweit ersten DVD-Release dieses Kloppers verkünden. Jetzt müsste ja theoretisch „nur noch“ der Film was taugen…


Inhalt

Eines möge man mir vergeben – in spanischer Topographie bin ich kein Experte, also, wo die folgende Schauermär sich genau abspielt, ausser dass es sich um eine recht gebirgige Gegend handelt (ich würde jetzt einfach mal blind auf Pyrenäen tippen), entzieht sich meiner Kenntnis. Auf jeden Fall ist es eine rechte Einöde und an einem schattigen Hang klebt ein kleines, ziemlich schäbig und heruntergekommen wirkendes Dorf, dessen Einwohnerschaft sich am örtlichen (auch leicht ruinösen) Friedhof versammelt hat und einen Mitbürger unter die Erde bringt. Den Sargträgern knallt der Leichencontainer leider auf den Boden, dat Ding springt auf und drin ist eine eklig kokelnde schwarz-skelettierte Leiche, begleitet von einem Assortment an Maden, Würmern und sonstigen Ekeltierchen. Eine leichte Panik bricht aus, aber ob die ganze Episode nun tatsächlich etwas mit der nachfolgenden Geschichte zu tun hat, darüber bin ich mir auch jetzt noch nicht ganz im klaren… egal, wir schalten um zur Titelsequenz (allerliebst zu Close-ups der wuselig wimmelnden Würmer), die von schmissiger und beschwingter frühe-70er-Jahre-Mucke begleitet wird (groovy).

Nachdem wir das hinter uns gebracht haben, dürfen wir einem Reisebus bei der langweiligen Fahrt durch die öde Gegend zugeben. Die Reisebusinsassen langweilen sich angemessen tödlich… die insgesamt siebenköpfige (plus Busfahrer) Reisegruppe ist auf dem Weg in das Kaff Bojoni, wo sie in einem offensichtlich gut begüterten Herrenhaus die verschiedenen Dienstbotenstellen von Kammerdienerin, Gärtner, Majordomus, Chaffeur, Lehrer etc. übernehmen sollen. Neben der Langeweile herrscht vor allem bei Marcos, der so etwas wie der heimliche Chef der Blase ist, Frust, weil man wohl nicht rechtzeitig ankommen wird und sich das direkt auf die Entlohnung niederschlagen dürfte. Zu allem Überfluss erleidet der Fahrer mitten unterm Dahinzuckeln einen Herzinfarkt und gibt zur überschaubaren Trauer, aber zumindest wegen der Verzögerung ordnungsgemässen Angefressenheit der Fahrgäste den Geist auf. Das achtjährige Mädel, Tochter einer der zukünftigen Hausangestellten, wird, während die Leiche abgedeckt und auf den hinteren Plätzen des Busses vorläufig entsorgt wird, zum Spielen nach draussen geschickt, wo sie gleich die Bekanntschaft eines gleichaltrigen Buben macht und sich dem, der allerdings den Schweigsamen spielt, als „Violet“ vorstellt. Natürlich glaubt dem armen Mädchen keiner der Erwachsenen, dass sich der auch von den Alten geortete Spielkamerad nach Violets Aussage in Luft aufgelöst habe. „Was für eine Fantasie,“ lächelt der alte Godo, der nach meiner Erinnerung den Gärtner spielen soll, nachsichtig. Ernesto, sinnigerweise der zukünftige Chauffeur, übernimmt das Steuer des Busses und steht kurz danach vor einer Kreuzung und einer Gewissensentscheidung. Nach Bojono sind´s noch schlappe 110 km, in ein Kaff namens Tonia nur 10. Da man angesichts des Schocks des plötzlichen Fahrertods der Ansicht ist, etwas Ruhe, Frieden und vermutlich Allohol zu brauchen, entscheidet man sich für den Abstecher nach Tonia, auch wenn dieses erstaunlicherweise auf keiner von Marcos´ Strassenkarten verzeichnet ist (gosh! absolutely new territory, das hier abgegrast wird, gelle?). Tonia ist natürlich das bewusste finst´re Dorf aus unserer Prologsequenz und wirkt überdies auch ausgesprochen verlassen, zumindest lässt sich keine Menschenseele blicken. Aber eine Taverne gibt´s und auch wenn dort weder Gäste, Bedienungen noch Inhaber zu sehen sind, ist unsere Reisegruppe angesichts der hübsch ordentlich gedeckten Tische und der reichhaltigen Auswahl an Hochprozentigem erst mal zufrieden. Auch das Auftauchen von Luis (einem der typischen schleimigen 70er-Jahre-romantic-heros, die ich als Frau nicht mit der Kneifzange anfassen würde, und der sich dementsprechend mit tödlicher Präzision zu unserem male lead entwicklen wird), der verkündet, seit etwa einer Stunde im Dorf zu sein und keine Seele geortet zu haben, beunruhigt zunächst nicht weiter. (Ganz possierlich finde ich übrigens, wie Luis sein eigenes Erscheinen in Tonia erklärt… er sei Besitzer eines amerikanischen Autos, als würde das IRGENDETWAS erklären… schätze, jeder Besitzer einer Yankee-Kutsche ist in Spanien verpflichtet, einmal im Jahr ein entlegenes Bergdorf mit seiner Anwesenheit zu beglücken) Man richtet sich häuslich ein und belegt in Eigeninitiative die Gästezimmer der Herberge (kein Mensch da hin, müde her, findet Ihr das nicht ein wenig frech??) und macht sich höchstens darüber Sorgen, dass man nix anständiges zum Abendbrot bekommen hätte. Luis, der auf Anhieb und recht offensichtlich Augen auf die hübsche zukünftige Kammerzofe Alma (blonde nord-/osteuropäische Schönheit), geworfen hat, findet sich zu seiner Freude im direkten Nebenzimmer von Almas Bleibe wieder und zu seiner noch grösseren Freude in seinem Wandschrank ein Guckloch, durch das er, ganz Gentleman alter Schule, heimlich Alma beim Nachtfeinmachen beobachten kann… tjaja, der Voyeur hat´s halb so schwör, newa? Nach dem entzückenden Anblick von Alma im Nachtfummel schmeisst sich Luis grinsend aufs Bett (und rubbelt sich vermutlich einen ab).

Ernesto hat´s gar nicht erst bis in ein Zimmer geschafft, sondern pennt im Kreise ausgesuchter Spiritousen direkt im Schankraum, bis ihn eine Kuckucksuhr Punkt Mitternacht unsanft aus dem Schlafe weckt. Eigentlich würde Ernesto gerne weiterratzen, aber von draussen klingen verdächtige Geräusche… Nun, in Horrorfilmen war es noch selten eine gute Idee, verdächtigen Geräuschen von draussen auf den Grund zu gehen, aber Ernesto hat vermutlich noch nicht genügend Horrorfilme gesehen, jedenfalls wankt er nach draussen, untersucht den Bus, wo aber niemand zu sehen ist. Dennoch fühlt er sich beobachtet, und das mit recht… ehe er sich´s versieht, ist er von einer Gruppe Dörfler umgeben und die Leutchen sehen irgendwie … ungesund aus (und alle eher ziemlich alt). Ernesto kommt das alles ziemlich spanisch vor (har-har, bin ich heute wieder gut aufgelegt…), aber zum Fersengeld geben kommt er nicht, die untot wirkenden alten Säcke schnappen sich den Bedauernswerten und rücken ihm beissend- und saugenderweise zu Leibe. Und obwohl er einen ordentlichen Röhrer ablässt, hören seine Freunde in der Herberge selbstverständlich nix vom Tumult…

Neuer Morgen, neues Glück. Alma schlägt die Augen auf und blickt einem Stubenmädchen ins Antlitz, das ihr Frühstück ans Bett reicht und strahlend verkündet, dass „ihre Freunde schon unten frühstücken“ (weswegen dann der Sonder-Service für Alma??). Tja, unten ist tatsächlich fröhliches Gefrühstücke (minus Ernesto) im Gange und allgemein ist man der Ansicht, dass die plötzlich aufgetauchten Dörfler echt nette Leute sind. Sogar der Bürgermeister Boris (allerdings nach eigener Aussage nur ein „sort-of-Bürgermeister“) lässt sich blicken und freut sich über die unerwarteten Gäste – in Tonia empfängt man, so scheint´s, eher selten Besuch. Boris schleimt sich mit einer Rose recht unumwunden bei Alma ein (bei Luis kicken erste Eifersüchtigkeitsendorphine ein) und erklärt auch die Abwesenheit menschlichen Lebens in der letzten Nacht – alle Dorfbewohner, so erzählt er, seien beim Begräbnis eines geliebten Mitbürgers gewesen und hätten diesem die letzte Ehre erwiesen (Totenwache schön und gut, aber den Bären liesse ich mir nicht aufbinden). Da winkt der Herbergenchef den Bürgermeister mal kurz zur Seite, führt ihn in die Küche und deutet demonstrativ auf die leeren Töpfe und Pfannen – die Gäste erwarten wohl auch was zu futtern, und die wollen am Ende sogar noch Fleisch! Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Keine Sorge, meint Boris kryptisch, die „Countess“ (schlichter und das Original treffender mit „Dame“ übersetzt) wird sich schon drum kümmern.

Es kümmert sich aber zunächst mal der Koch, der als „Gigante“ kreditiert wird und aussieht wie ein drittklassiges Bud-Spencer-Double (und wenn ich mich nicht ganz arg irre, hab ich Fernando Bilbao auch im ein oder anderen billigen spanischen Paella-Western – Ihr merkt, mir gefällt meine Wortschöpfung – als drittklassigen Ersatz-Bud-Spencer gesehen) und in Begleitung einer Axt die Dorfschmiede aufsucht, aber nicht etwa, um dort das Eisen zu schmieden, so lange es heiss ist (und bevor es die Japaner tun, wie wir alle aus Erik der Wikinger gelernt haben), sondern um dort den Frischfleischvorrat aufzufüllen. „Ich komme im Namen der Countess,“ strahlt der Gigant einen der Schmiedegesellen an, denn schliesslich „wozu brauchst du dein verfaultes Bein?“ Und HACK…

Angesichts des lecker vor sich hin dampfenden Roast „Beefs“, das unsere fröhliche Reisegesellschaft schon bald vor sich stehen hat, beglückwünscht man sich doch dazu, gerade nix gegessen zu haben (verfaultes Bein? Yummy…). Godo und Marcos sind jedenfalls begeistert, es schmeckt geradezu deliziös, wenn gleich irgendwie „besonders“. „Nirgendwoanders finden sie solches Fleisch,“ versichert Bürgermeister Boris schelmisch. Marcos plagen aber andere Sorgen, Ernesto fehlt und ohne den kann man nicht nach Bojoni abfahren und jede Stunde, die man in Tonia hängenbleibt, kostet Geld aus der Privatgeldbörse der jeweiligen Reisenden. Kein Problem, strahlt Boris, alle seien herzlich eingeladene Gäste der Gemeinde, als Wiedergutmachung dafür, dass in der letzten Nacht niemand dagewesen sei. Und Ernesto stolpert justmanet in der Sekunde in die Schankstube, zwar mit ungesunder weisser Gesichtsfarbe, aber verblüffenderweise noch im Besitz sämtlicher wesentlicher Bestandteile. Und überdies, so flüstert er Marcos ins Ohr, habe er das Problem mit der Busfahrerleiche gelöst. Das findet Marcos zwar gut, aber was Ernesto letztendlich mit dem Verstorbenen angestellt habe, ist ihm eher gleichgültig: „Von mir aus könntest du ihn gekocht und gegessen haben“… weia, ich würde sagen, ein wenig ins Fettnäpfchen getreten :-)).

Na, nun, da Ernesto da ist, könnte man allgemein zum Aufbruch blasen und tut dies auch, auch wenn Boris das nicht gerne sieht. Doch Luis´ Amischüssel mag nicht anspringen. Ernesto eilt zur „Hilfe“ und diagnostiziert ein „grösseres Problem“ – ein paar rausgezogene Kabel sind aber nur dann ein grösseres Problem für den Autobesitzer, wenn man dem einen guten Blick auf selbige verweigert, und das tut Ernesto durch unauffälliges Verstellen der Problemstelle mit seinem massigen Körper. Man bietet Luis an, im Bus nach Bojoni mitzufahren, was Luis dankbar annimmt, aber ihn nicht wesentlich weiterbringt, da auch der Bus seinen Dienst verweigert.

Boris freut sich, dass seine Gäste wohl noch länger bleiben müssen, denn Tonias einzige Verbindung zur Aussenwelt (und die Aussenwelt scheint ausschliesslich Bojoni zu sein, so dass wir glauben sollen, dass im Umkreis von schlappen hundert Kilometern rund um Bojoni sprichwörtlich NIX ist… ich weiss nun, dass Spanien recht weitläufig und nicht wirklich dichtbesiedelt ist, aber selbst der Mond ist ja nicht so gottverlassen wie dieses Nest…) wäre ein Maultiertreiber, der hin und wieder Lebensmittel aus Bojoni bringt. Der sei morgen wieder fällig und könnte in zwei bis drei Tagen notwendige Ersatzteile beschafft haben. Schön und gut, meint Marcos, nur habe leider keiner von ihnen Kohle, um solche zu bezahlen (das Problem kenne ich zur Genüge). Aber auch hierauf hat der findige Boris eine Antwort… die Countess wird´s schon richten!

Und endlich dürfen wir die ominöse Countess auch mal kennenlernen… die ist ein leidlich attraktives Frauenzimmer nicht mehr ganz jungen Alters, die in einem im Vergleich zum Rest des Dorfes modern und ziemlich luxuriös eingerichteten Haus lebt und sich als Theaterfan (vererbt grossväterlicherseits von einem Regisseur/Schauspieler/Autor/Poeten-Universalgenie) outet und überdies ganz happy über den unerwarteten Besuch ist, schliesslich komme sie aus ihrem Kaff nie raus und die Gäste seien doch so weitgereist und viel herumgekommen. Bevor die Countess noch in die Verlegenheit kommt, irgendwelche dummen Fragen zu beantworten (wie sie mir z.B. jetzt einfielen, nämlich z.B. warum reist sie nicht einfach in die Welt hinaus? Kohle scheint sie zu haben…), schreitet Boris ein und erklärt, „was die Countess eigentlich sagen wollte“. Nämlich, dass es der Countess eine persönliche und tiefere Freude wäre, für sämtliche Kosten aufzukommen, die den Reisenden in Tonia entstünden und überdies noch einen Scheck von erklecklicher Höhe als Geschenk zu überreichen, bei dem selbst dem Geldgeier Marcos fast die Glotzer rauskullern. ´Ne kleine Bitte hätte die Countess da aber schon. Cesar, der Jüngling der Gruppe und Lehramtsausübender, würde nicht zufällig den ein oder anderen Shakespeare-Monolog kennen und ihr rezitieren wollen? Wenn´s nach Marcos geht, könnte sie Cesar für die gerade rausgerückte Kohle ganz behalten und auch der Lehrer selbst ist nicht abgeneigt und gibt schon bald seine Rezitationen zum besten (ich habe allerdings ergreifendere Darbietungen von William Shatner gehört)… Aber Countesschen ist happy und wirft sich dem Junglehrer an den Hals. Wo das wohl enden mag? Natürlich auffe Matraze… wilder hemmungsloser Sex – würde sich nun vermutlich abspielen, wenn wir nicht eine ab 15 freigegebene Videoversion erwischt hätten, aber auf Cesar wartet programmgemäss das böse Erwachen, denn in der Nacht entblösst die Countess ihre Beisserchen, und die sind spitz. Cesar versucht die Flucht, aber die Countess fängt ihn ab, vergräbt ihre Vampirhacker in seinen Hals, zapft ein wenig was für den Eigenbedarf ab und wirft den unglücklichen Cesar sprichwörtlich und in jeder Hinsicht der vor ihrem Fenster erwartungsvoll lauernden Dorfbevölkerung zum Frass vor. Wir wünschen guten Appetit.

Ein erfreulicherer Anblick bietet sich unserem Freund Luis, denn der spielt wieder den Spanner und beobachtet Alma, und dieses Mal bekommt er wirklich nackte Tatsachen in Form der unbedeckten Oberweite der Blondine. Das bringt ihn offenkundig auf einen spassigen Einfall, denn er erschreckt seine Zimmernachbarin durch heftiges Geklopfe an die Wände zu Tode und lotst sie durch die Klopfzeichen zur Tür, wo er ein Briefchen durchschiebt, dem sich mehr oder minder „I watch over yoü entnehmen lässt. Har-har, wie könnte Luis nun DAS wieder gemeint haben?

Inzwischen ist´s, wie dem Faktum, dass Alma sich fürs Heiabettchen herrichtet, zu entnehmen ist, wieder Nacht und das Dorf dementsprechend leer. Godo und Marcos kloppen Karten und vor allem Marcos ist, so lange der Rubel seitens der Countess rollt, inzwischen reichlich wurscht, was sich hier abspielt und wie lange man noch hier rumhängt. Ernesto lockt die beiden Zocker zum Bus, unter dem Vorwand, ihnen etwas zeigen zu wollen. Tja, er zeigt ihnen zunächst mal mit einem ziemlich bösen Grinsen, dass der Bus hervorragend funktioniert, und überdies, dass das Gefährt mit einer Schar blutdurstiger Vampire aus der einheimischen Produktion bevölkert ist. Sehr schlechte Karten für Marcos und Godo…

Am nächsten Morgen paradiert Alma über die Korridore der Herberge, ehe sie plötzlich von einem Unbekannten ins nächstbeste Zimmer gezogen wird. Der Unbekannte ist Luis, dem inzwischen aufgegangen ist, dass hier sehr mysteriöse Dinge vor sich gehen, hat er doch beobachtet, wie Marcos und Godo in der Nacht den Bus enterten, aber ihn nie wieder verliessen… shudder! Und dann ist der Bus auch noch verschwunden! Nun, rational denkende Individuen könnten natürlich auf den Gedanken kommen, Marcos, Godo und Ernesto hätten den Bus repariert und sich unbürokratisch verzupft, aber an sowas denkt hier natürlich niemand, zumal auch Cesar von seinem Rendezvous mit der Countess immer noch nicht zurückgekehrt ist.

Violet, unsere kleene Achtjährige, die wir ganz gewaltig aus dem Blickfeld verloren hatten, hat indes ihren verschwindefreudigen Freund wiedergefunden und spielt Verstecken. Das kann natürlich nur fatale bzw. zumindest unangenehme Folgen haben, als unser Freund, das hackebeilschwingende Riesenbaby von Koch, wieder unterwegs ist, um die Fleischtöpfe für die Reisegesellschaft zu füllen. Mit seinem Sprüchlein „Ich komme im Namen der Countess“ verschafft er sich dieses Mal Einlass in die örtliche Scheren- und sonstige Schnittwerkzeug-Schleiferei, was der Inhaber derselben zunächst als Aufforderung missversteht, die Axt ein wenig nachzuschärfen. Während sich Violet vor ihrem schummelnden Spielkameraden in einer Scheune versteckt, eröffnet der Koch dem Scherenschleifer, dass die Countess zu dem Schluss gekommen sei, er, ergo der Schleifer, könne seinen Job durchaus auch mit einem Arm ausüben. Blitzmerker, der der freundliche Schleifermann ist, bewaffnet er sich mit einer Mistgabel und geht auf den Koch los, steht aber auf recht verlorenem Posten und entscheidet sich zur Flucht… und wer vermutet, dass das Ziel derselben die Scheune ist, in der sich Violet hinter diversen Strohballen verkrochen hat, der darf mal wieder zehn badmovies.de-Gummipunkte ins Album kleben. Und so wird Violet Zeugin, wie der Koch die Axt einmal mehr schwingt (nicht, dass sie das irgendjemandem erzählen würde). Die dezimierte Reisegruppe sitzt also vor einem Fleischeintopf zweifelhafter Herkunft und muss sich der Aufdringlichkeiten Boris´ erwehren, der auf Anfrage zu Protokoll gibt, „wie ein Vöglein“ zu essen und auch nur einen ganz speziellen in Tonia destillierten Likör zu trinken. Auch wenn das Gesöff in einer Becherovka-Flasche serviert wird, sieht das ganze doch verdächtig nach Tomatensaft (und im Kontext eines billigen Ibero-Horrorfilms also Blut) aus. „Ihnen würde das ganz bestimmt nicht schmecken,“ versichert Boris dem staunenden Luis, der weiserweise auch auf ein Probeschlückchen verzichtet (wird ihm aber auch nicht angeboten). Die weitere Diskussion über die Trink- und Essgewohnheiten der Tonia-Ansässigen muss aber verschoben werden, weil Alma gerade KREEEIISCH macht. Und nicht ganz von ungefähr, denn in ihrem Happa-happa findet sich ein ganzer Finger als unangekündigte Zugabe. Boris und seine Genossen ziehen sich zu einem sofortigen Kriegsrat zurück und erfinden in Windeseile die Mär vom grausligen Unfall des Küchengehilfen (der zum Beleg auch sofort einen blutigen Verband an der Hand trägt und in Zukunft an den Händen nur noch bis neun zählen kann… im Improvisieren sind die Vampir-Gesellen offenbar recht fix). Ob´s denn etwas anderes zu essen sein darf für Madame, erkundigt sich Boris höflich, nichtsdestotrotz ein wenig taktlos, hat sich Alma doch grade noch beherrschen können, auf die Tischdecke zu kotzen…

Jetzt wird das ganze Raquel zu bunt, und Raquel ihreszeichens ist die bislang vom Script sträflich vernachlässigte Mama von Alma. Sie will Marcos suchen und verdonnert ihr Gör (das von seinem zweifellos traumatischen Erlebnis, wie erwähnt, kein Sterbenswörtchen gesprochen hat) zum Zimmer-Arrest. Luis untersucht erneut seine Karre und stellt (unter den grinsenden Augen der Dorfbevölkerung) fest, dass lediglich ein paar Kabel aus dem Motor gezupft wurden. Der kleene Freund von Violet fordert selbige zum Spielen auf, und im Herbergszimmer könne man nun wirklich nix vernünftiges spielen. Wie als Beleg, dass die diversen Lehrfilme zum Thema „Niemals mit Fremden gehen“ und „Immer auf die Eltern hören“ vermutolich doch ihre Berechtigung haben, lässt sich Violet unter dem schlappen Argument „deine Mama wird gar nicht merken, dass du weg warst“ abschleppen.

Luis sucht die leicht hysterische Alma auf und schlägt vor, sich umgehend von hier zu verpissen. Noch bevor er erklären kann, dass er seine Amischleuder mühelos reparieren und dann von hinnen brausen kann, müssen wir eine leidenschaftliche Kussszene abspielen. In der nächsten Nacht soll die Flucht sich abspielen, Raquel und Violet will man mitnehmen, der Rest habe Pech gehabt. Zu dumm, dass das inzwischen heftig verliebte Paar durch das ominöse und von Luis so gern genutzte Guckloch beobachtet wird…

Violet wird von ihrem Spielkumpel ganz schön weit weg gelotst, genauer gesagt zum Friedhof, der sicher einen guten Kilometer vom Dorf entfernt liegt und irgendwie als Abenteuerspielplatz nicht ganz meine erste Wahl wäre. Auch Violet ist beunruhigt, aber ihr Buddy findet´s offenbar spassig. Indes entdeckt Raquel das leere Zimmer und fragt selbiges hochgradig intelligent: „Violet, wo bist du?“ Jedenfalls nicht in der Herberge, denn in der Küche befindet sich nur eine Ratte (und damit ist nicht der Koch, sondern ein leibhaftiges Nagetier gemeint). Violets Spielkamerad bringt ihr das gar hübsche Spiel „beerdigen wir deine Puppe“ bei(was insofern mein Verständnis findet, als Violets Tick, ihrer Puppe ununterbruchen die Haare zu frisieren, absolut nervtötend ist), lässt aber rätselhafterweise eine Hand der Puppe aus der Erde ragen lässt. Auch Violet wundert sich, aber als sie ihren Freund danach fragen will, hat der wieder seinen Verschwinde-Modus eingeschaltet und ist weg, das Friedhofstor verschlossen. Ganz schüchtern verlangt Violet nach ihrer Mama…

Selbige hat indes eine Leiter entdeckt, die in unterirdische Katakomben führt. Während Violet sieht, dass ein Rudel Dorfbewohner sich dem Friedhof nähert, entdeckt Raquel in den Gewölben einen Riesenoschi von Sarkophag, der noch dazu nebelumwabert ist. Heftigster Vampir-Alarm, aber Raquel ignoriert diese nun wirklich klar ersichtlichen üblen Omen und überhört sogar noch das deutliche Knirschen, mit dem sich der schwere Deckel des Sarkophags aufschiebt… die Countess schält sich aus dem Steinsarg und sieht ziemlich blutrünstig aus. Raquel scheint eine schwere Aufmerksamkeitsstörung zu haben (dann wundert mich aber auch nicht, woher Violet ihre Probleme hat), denn sie bemerkt die aufdringliche Vampirbraut erst, als die ihr mal probehalber auf die Schulter klopft. Dann aber gibt sie Fersengeld und flüchtet sich zurück in ihr Herbergenzimmer. Sie hätte aber vielleicht mal einen Blick in den Raum werfen sollen, bevor sie die Tür mit allem verriegelte, was ging… dann hätte sie nämlich möglicherweise bemerkt, dass Cesar, Ernesto, Marcos und Godo mit gierigem Blick dort auf sie warten und zu einem zünftigen Gang-Bang-Bite ansetzen. Dumm gelaufen.

Auf dem Friedhof tut sich auch was. Violets Freund ist aus seinem Limbo wieder aufgetaucht und versucht, das leicht panische Girl zwischen Gräbern zu verstecken und bemüht sich, das sich wehrende Mädel zu beruhigen und zum Schweigen zu bringen, in dem er sich auf sie drauflegt. Irgendwie ist das schon ein wenig… seltsam bis unangenehmer Anblick, zwei achtjährige Kinder zu beobachten, wie sie ihre Körper aneinanderreiben. Zum Glück für die nicht pädophil Veranlagten unter uns (und ich will doch hoffen, dass das die klare Mehrheit ist) dauert die Szene nicht allzulang, denn irgendwann hört Violet mit dem Zappeln auf und ist rätselhafterweise tot. Der Junge heult sich die Augen aus und schleift Violet zu einem offenen Grab und verscharrt sie dort. Hm, irgendwas hab ich jetzt glaub ich verpasst. Ist der Kleene nun auch ein Vampir und hat Violet versehentlich gebissen? Oder hat er sie einfach nur zu Tode geknufft? Jedenfalls hat´s ihn schwer mitgenommen. Offensichtlich so schwer, dass er wieder, wie bei der Puppe, eine Hand aus dem Erdreich ragen lässt und an der orientiert sich Violets vampirisierte Mama, gräbt die Tochter aus und schleift sie hinter sich her… Em. Ja. Whatever.

Luis und Alma sind packed and ready to go, und auf Raquel und Violet mag man nun auch nicht mehr warten. Die beiden schwingen sich ins Auto, doch die Dörfler – und auch die früheren Freunde – mögen sie nicht so einfach ziehen lassen, sondern klammern sich ans Auto, bilden Menschen- bzw. Vampirketten und haben sogar die einzige Ausfallstrasse aus dem Dorf verbarrikadiert. In einer mehrminütigen „Hochspannungssequenz“ bemüht sich Luis, die anhänglichem Vampire abzuschütteln, während diese versuchen, sich durch die Seitenscheiben Einlass ins Gefährt zu verschaffen oder durch Schaukeln desselben die Karre umzukippen. Luis benutzt den Rückwärtsgang, um einige Vertreter des Vampirgezüchts an den nächtbesten verfügbaren Mauern zu zermantschen und bricht schlussendlich durch die Barrikade… aber noch immer sind unsere Helden nicht in Sicherheit, denn auf dem Rücksitz lauert zu allgemeiner Überraschung die Countess in bester Beisslaune. Luis reicht Alma einen griffbereiten Schraubenzieher oder sonstiges Werkzeug, und damit pfählt die Blondine die böse Vampirin, worauf diese sofort den Abschied einreicht (nicht gerade sehr taff, die Braut) und umgehenden Verwesungsprozess einleitet – mehr als ein paar eklige Maden und Würmer, die auf der Rückbank wuseln, wird Luis den Autoritäten wohl nicht als Beleg für die grausige Geschichte auftischen können… nichtsdestoweniger freuen sich Luis und Alma über den ersten Sonnenstrahl, der ihnen ins Gesicht scheint und erst jetzt fällt ihnen auf, dass in Tonia nie die Sonne schien, was Luis sich zur Theorie versteigen lässt, warum dort die Vampire auch tagsüber herumlaufen konnten…

In der Polizeistation von Bojoni glaubt man der wilden Story um blutgierige Vampire natürlich keinen Meter weit, zumal der örtliche Obergendarm glaubhaft versichert, dass es weder eine Ortschaft namens Tonia noch ein anderes Kaff an der rapportierten Stelle gäbe. Der Ordnungshüter hat offenbar schon genug schlechte Filme gesehen, um zu ahnen, dass er die lästige Kundschaft erst wieder los wird, wenn er ihnen die Fakten vorführt, packt sie in seine Karre und fährt an die avisierte Lage, wo sich ausser einem Haufen Nix sprichwörtlich gar nichts befindet. Kein Wegweiser, keine Abzweigung und vor allem kein Tonia. Alma und Luis staunen Bauklötze und lassen sich widerstandslos wieder abkarren. Aber hätte einer der Beteiligten hinter einsam herumstehende Mauer gekuckt, hätte er dort ein Buswrack entdecken können…

Ich weiss ja nicht, ob man vor dreissig Jahren mit einem Schauerstück wie diesem tatsächlich irgendjemanden erschrecken konnte, aber da man ja anno 1972 nur schwerlich darauf bauen konnte, dass findige Kerlchen wie unsereins solchen Stoff mal zum Kult erheben würden, muss es wohl so gewesen sein. Boy, unsere Eltern müssen schwache Nerven gehabt haben – denn obwohl La Orgia Nocturna de los Vampiros zweifellos zu den besseren spanischen Horrorfilmen im allgemeinen und den besseren Klimovsky-Filmen im besonderen zählt, spannend oder wirklich erschreckend ist an dem Werk eher wenig (nichts möchte ich nicht sagen, da komm ich noch gleich drauf, nur ist dieser Punkt vermutlich keiner, den die Filmemacher beabsichtigten).

Selbst die paar Texttafeln, die pagan der DVD neben der Originaltrailer und ein paar publicity stills als Extras spendierte, vergessen nicht, recht deutlich darauf hinzuweisen, dass der Anteil Klimovskys daran, dass der Film letztendlich „so gut“ (mit aller Vorsicht geäussert) wurde, verhältnismässig gering sei und schustern Co-Drehbuchautor Antonio Fos und Kameramann Antonio Lopez Ballesteros den Löwenanteil am Erfolg zu. Soweit es Ballesteros angeht, kann ich dieses Kompliment ohne Schamesröte nachvollziehen – die Kameraführung ist ansprechend und sehr atmosphärisch, bemüht sich, aus den durchaus unheimlichen backdrops der halb verfallenen Häuser/Friedhöfe etc. ein Maximum an Wirkung zu ziehen – wir kennen dieses Phänomen ja aus zahlreichen Eurohorror-Zeitgenossen, wobei sicherlich die Italiener eher im Generalverdacht standen, ihre Horrorplotten künstlerisch (oder künstlich) durch optische Kniffe, elegante Kameraarbeit etc. zu verklausulieren, während die Spanier normalerweise für die anspruchsloseren Werke zuständig waren (vgl. Jess Franco, der zwar auch immer wieder versuchte, hohe Kunst zu schaffen, aber aufgrund vollkommen fehlenden künstlerischem – und möglicherweise auch technischem – Verständnis daran immer wieder scheiterte). Ich will diesen vermutlich recht preiswert produzierten spanischen Vampirfilm jetzt nicht auf eine künstlerische Ebene mit gelungeneren Giallos vom Schlage eines Argento oder Mario Bava hieven, aber zumindest visuell macht der Streifen dem Genre keine Schande, aber das sollte man auch von einem Kameramann, der mit Sergio Leone gearbeitet hat (wenn auch bei dessen nicht unbedingt klassikerverdächtigen Sandalenfilm Der Koloss von Rhodos) erwarten können.

Das Lob über das Drehbuch kann ich hingegen nicht uneingeschränkt teilen. Nun mag sein, dass die Grundlage der oben zitierten Behauptung eine ungeschnittene spanische Langfassung des Streifens war, für den hier zum Review vorliegenden (und ersichtlich einzig erhältlichen) 80-Minuten-Cut kann man in diese Lobeshymne jedoch nicht einstimmen. Die Story entwickelt arg vorhersehbar und kann nur selten Überraschungsmomente liefern – zu den gelungeneren Einfällen gehört ohne Frage die Methode, mit der die Vampire ihre hungrigen Gäste abfüttern, zu den weniger gelungeneren dagegen der „Schlussgag“, den Ort einfach verschwinden zu lassen – ähnliches Terrain graste bereits Jahre früher Herschell Gordon Lewis in Two_Thousand_Maniacs! ab und auch der hatte die Idee schlicht aus dem Broadway-Musical Brigadoon geklaut – allerdings halte ich es für möglich, dass Quentin Tarantino bzw. Robert Rodriguez die Schlusseinstellung von From Dusk Till Dawn aus La Orgia Nocturna De Los Vampiros „entlehnt“ hat, dem alten Videofreak Tarantino ist sowas durchaus zuzutrauen. Ein Schwachpunkt des Scripts ist die absolut mangelhafte Charakterisierung – keine der handelnden Figuren hat auch nur etwas ähnliches wie eine Persönlichkeit, aber hier muss man zur Verteidigung der Screenwriter wieder anführen, dass es sich eben hier um eine radikal gekürzte Version handelt und wir wissen ja, wo man in den 70ern, ganz besonders bei spanischen oder italienischen Horrorfilmen, die Schnippelschere ansetzte, nämlich bei nach Verleiheransicht unnötigen Handlungseinlagen. So kommt so manche Entwicklung etwas plötzlich, wie z.B. die rasch entflammende Liebe von Luis und Alma, und so geschieht es auch, dass sich Charaktere für beträchtliche Zeiten total aus der Handlung verabschieden – wie z.B. Violet und ihre Mutter. Und natürlich wirkt so manche Szene dann etwas zusammenhanglos, ganz besonders die Episoden, und anders kann man es nicht nennen, um Violet und ihren Freund mit der Neigung zum plötzlichen In-Luft-Auflösen, deren Rolle in der generellen Handlung mir irgendwie entgeht, nicht unwahrscheinlich, dass eine ungeschnittene Originalfassung etwas Licht ins Dunkel bringen würde (was hat es mit dem „Hand-aus-dem-Grab-ragen-lassen“ auf sich? Wieso verschwindet der Kerl einfach? Und wie, wieso und überhaupt ist er mit Violets Tod in Verbindung zu bringen?) – vermutlich erwarteten uns da keine vollständigen Erklärungen, aber möglicherweise der ein oder andere Hinweis. Andererseits ist im spanischen Horrorfilm der 70er Jahre natürlich auch möglich, dass der Film auch in seiner ungeschnittenen Fassung nicht mehr Sinn ergibt.

Apropos ungeschnitten… Klimovsky scheute sich in seinen Horrorfilmen normalerweise nicht, mit Kunstblut und -gore um sich zu werfen, aber inwieweit das auch auf die Nachtorgie der Vampire zutrifft, kann ich nicht abschliessend beurteilen. Die mir vorliegende britische Fassung erfreut sich, wie erwähnt, einer „ab 15“-Freigabe und ist daher mit tödlicher Präzision um alles potentiell Blutige bereinigt, mehr als ein Rinnsall roten Glibbers aus Cesars Hals bleibt dem Horrorfreak da nicht, und da Informationen über diesen Film ziemlich schwer bis gar nicht aufzutreiben sind (im deutschen Sprachraum ist der Film – erstaunlicherweise, wo doch fast jeder Waldemar-Daninsky-Film mit Paul Naschy hierzulande zu sehen war – offenkundig nie gelaufen und auch die internationalen Quellen schweigen sich recht hartnäckig aus). Wenn man nach dem „Flow“ des Streifens geht, also dem Gefühl, ob der Film „einheitlich“ dahinrollt, möchte ich eher denken, dass wir es hier auch in einer vollständigen Fassung nicht mit einer einzigen Blutsudelei zu tun haben, die offensichtlich fehlenden Handlungsstränge fallen jedenfalls stärker auf als vermeintliche Schnitte hinsichtlich des Horrorgehalts. Klimovsky hält im übrigen das Tempo des Films im Bereich der angezogenen Handbremse und verlässt sich mehr auf die atmosphärischen Bilder seines Kameramanns als auf schnelle Aktionen, lediglich im Showdown zieht das Tempo ein wenig an.

Darstellerisch wird das übliche Dünnbrettbohrertum spanischer Chargen (plus der Ausländer, die sich auf der iberischen Halbinsel in solchen Rollen regelmässig verschlissen) aufgefahren. Jack Taylor, ein waschechter Amerikaner, ist für mich einfach ein echtes Ekelpaket (inklusive des obligatorischen extrem widerlichen Oberlippenbarts) und sieht in keiner Sekunde anders aus als ein echter Schleimscheisser (pardon my french), von meiner Vorstellung eines romantic lead characters ist Taylor ungefähr so weit weg wie Heinz-Harald Frenzten vom Gewinn der Formel-1-Weltmeisterschaft (speak: seehr seehr weit). Möglicherweise waren in den frühen 70ern die Geschmäcker der Damen noch etwas anders, denn diesen Typ Kerl kennt man aus Filmen dieser Ära (und okay, ich bin keine Dame, mir muss der Typ ja auch nicht gefallen…). Taylor ist heute noch im Geschäft und war u.a. in Polanskis Ninth Gate zu sehen. Dianik Zurakowska, Osteuropaimport, in der Rolle der Alma strahlt unterkühlte Erotik aus und ist vermutlich sogar die beste Akteurin des Ensembles, was im Kontext natürlich auch nicht gerade bedeutet, dass man mit Oscars nach ihr werfen sollte. Helga Line´, gebürtige Berlinerin, gibt als vampirische Countess eine wenig eindrucksvolle Performance, akzeptabel ist dagegen die Leistung des spanischen Veterans Jose Guardiola als Bürgermeister Boris. Indio Gonzalez (Ernesto) und Fernando Bilbao (Gigante, der axtschwingende Koch) sind zweifellos keine grossen Schauspieler, könnten aber dem ein oder anderen Vielseher von Billigwestern und -horrorfilmen aufgrund ihrer prägnanten Gesichter bekannt vorkommen.

Allen schauspielerischen Leistungen ist eigen, dass sie letztendlich nicht völlig fair bewertet werden können, da der Streifen englisch synchronisiert wurde und eine originalsprachliche Fassung nicht vorliegt, und da die Engländer den Film ungefähr so liebevoll bearbeiteten wie es deutsche Dubber auch tun, weiss man, was einen diesbezüglich erwartet.

Zu den Extras der DVD aus dem Hause pagan (für nicht allzu teuer bei amazon.co.uk zuletzt noch zu haben gewesen) hab ich mich schon weiter oben kurz ausgelassen. Der Film selbst wird in 2.35:1-Widescreen präsentiert (immerhin!), die Bildqualität ist akzeptabel, wenngleich auch kein Ruhmesblatt – in dunklen und kontrastarmen Szenen neigt der Transfer doch gelegentlich zur Klötzchenbildung, aber für den Hausgebrauch reichts. Der englische Ton ist gelegentlich ein wenig matschig.

Summa summarum ist La Orgia Nocturna de los Vampiros für spanische Verhältnisse kein übler Film, auf der anderen Seite aber auch kein Streifen, für den man seinem Schöpfer auf Knien danken müsste, dass man ihn sehen durfte. Auch für Fans des Vampir-Genres bietet der Film nicht allzuviele Neuigkeiten oder Originalitäten (abgesehen von der Tatsache, dass man sich einen halbwegs plausiblen Grund dafür einfallen liess, warum die Vampire auch bei Tage agieren können) und so „sexy“, wie Michael Parry vom Magazin „Bloodstone“ sich auf dem DVD-Backcover ausdrückt, ist der Film nun auch wieder nicht (das hübsche DVD-Cover allerdings ist wirklich gelungen und besser als der Film selbst) – Pluspunkte sind sicher die eigentümliche düstere Atmosphäre und, ursächlich dafür verantwortlich, die gute Kameraarbeit. Vampirkomplettisten können sich mit diesem DVD-Release ein recht rares Teil in die Sammlung stellen, und die sind vermutlich dann doch am besten mit diesem Film beraten – sowohl Horrorfans, die auf echte Kicks und Scares setzen, werden enttäuscht sein, denn dafür ist das Tempo des Films zu betulich und die Scares zu selten und selten „scary“, und Trashfreunde, die in Anbetracht der grausligen Kritiken, die spanische Horrorfilme aus dieser Epoche zumeist aufweisen, auf einen echten Schundschlager hoffen, können auch nicht die rechte Freude dran haben – auch hier ist das mangelnde Tempo zum Teil „schuld“, zum anderen, dass der Streifen hochatmosphärisch und ernsthaft (und recht kompetent) inszeniert ist. „Trashig“ ist höchstens mal wieder der – typisch 70er – possierliche Soundtrack, der von beschwingten easy-listening-Rhythmen über psychedlische Wummer-Klänge bis zu schmalzigen romantischen Themes kein Klischee auslässt (Soundtrackalbum wäre nett, hört Ihr mich, Freunde von Diggler Records? Wär doch was für Euch :-)).

(c) 2005 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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