- Deutscher Titel: The Stickup
- Original-Titel: The Stickup
- Regie: Rowdy Herrington
- Land: Kanada
- Jahr: 2001
- Darsteller:
James Spader (John Parker), Leslie Stefanson (Natalie Wright), David Keith (Ray DeCarlo), John Livingston (Rick Kendall), Robert Miano (Lt. Vincent Marino), Alf Humphreys (Mike O’Grady), Tim Henry (Arlen Morris), Mark Holden (Roy Freeman), Scott Heindl (Steve Spizak), Alex Zahara (Tommy Meeker)
Vorwort
Eine kalifornische Kleinstadt am Rande der Sierra Nevada – Langeweile pur (die Einheimischen wissen offensichtlich die grandiose Landschaft nicht zu würdigen) – bis ein Fremder, John Parker, auftaucht und umgehend von der gelangweilten Krankenschwester Natalie in einer Kneipe aufgerissen wird. Nach heißer Liebesnacht verschwindet Parker rücksichtsvoll – nur, um wenig später wegen eines dreisten Banküberfalls gesucht zu werden und angeschossen Nathalie um ärztliche Hilfe anzugehen. Widerstrebend lässt sich Natalie auf das gefährliche Spiel ein, das um so heikler ist, als ihr Ex-Mann der örtliche Deputy Sheriff Ray ist, dem sowieso schon nichts lieber wäre, als Natalie zur offiziellen Dorfschlampe zu ernennen. Dieweil John als labiler Bulle aus L.A., dem jüngst in einer zumindest bestenfalls halblegalen Aktion gegen einen örtlichen Drogenlord der Partner weggeschossen worden ist, identifiziert wird, fallen dem jungschen und unerfahrenen FBi-Agenten Kendall, der gemäß der FBI-Richtlinie „der erste Agent, der vor Ort ist, ist der Chef) die Ermittlungen leitet, einige Ungereimtheiten auf. Kann es sein, dass Parker gar nicht der Täter ist?
Inhalt
Huch, Rowdy Herrington, von dem haben wir ja schon lang nichts mehr gehört… Herrington, Schöpfer unsterblicher Werke wie „Road House“ oder dem lesser-Bruce-Willis-Vehikel „Tödliche Nähe“, ist zweifellos nicht das, was der Anglophile so schön „prolific“ nennt – acht Filme (plus eine „Tales from the Crypt“-Episode) in 20 Jahren packt man wohl eher in die Schublade „überschaubares Ouevre“. Gut, wenn man mit einem Vornamen gestraft ist, der, hüstel, seriöse Kritiker gleich zu hochgradig intelligenten Wortspielen herausfordert (speziell, wenn man dann noch Prügelfilme wie „Road House“ dreht), ist’s vielleicht, will man sich nicht gleich umtaufen, angebracht, nicht zu häufig mit der Tür ins Haus zu fallen.
Bei „The Stickup“ arbeitet unser Rowdy zum zweiten Mal (von insgesamt bis jetzt drei Kollaborationen) mit James Spader zusammen (for the record: Spader amtierte in Herringtons Debütthriller „Jack’s Back“ und 2003 in „I Witness“). Entstanden mit „stupid Germany money“ und gedreht in Kanada (das aber wenigstens überzeugend als Double für die Sierra durchgeht – sogar so überzeugend, dass ich einige Minuten lang überlegte, ob der Film nicht tatsächlich in einem Kaff gedreht wurde, in dem ich vor ein paar Jahren mal übernachtet habe), entpuppt sich „The Stickup“ letztlich, wie bei einem Regisseur und Autor von eher mittelmäßiger Güte zu erwarten, als technisch kompetenter, aber insgesamt furchtbar biederer Thriller von der Stange, dem man ohne weiteres eher ein Schicksal der Verklappung im Spätprogramm undiskriminierender Kabelsender zutraut als einen ernsthaften Kinoeinsatz (und in der Tat lief der Streifen wohl nirgendwo auf der Welt auf einer großen Leinwand).
Immerhin erkannte Herrington, dass die Plotte für sich allein kaum dazu geeignet ist, den Zuschauer anderthalb Stunden lang bei Lauen zu halten und so griff er zu einem Stilmittel, das mich normalerweise problemlos auf die nächste Palme jagt, aber every once in a while tatsächlich dazu angetan ist, einen Film zu verbessern – Rückblenden. Wir als Zuschauer erleben den Film quasi aus Natalies Perspektive (nicht durchgängig, aber zumindest vom Kenntnisstand her) – in den verschiedenen Flashbacks dröselt sich die Geschichte immer weiter auf (in zwei Zeitebenen – einmal die Geschichte des Banküberfalls, zum zweiten die Hintergründe Parkers in L.A., denen wir – SPOILER voraus – entnehmen, dass er dort Mitglied einer Vigilantentruppe war); wir bekommen Szenen aus unterschiedlichen Blickwinkeln serviert, munter über die Laufzeit des Films (ohne dass diese verschiedenen Perspektiven eine Plotrelevanz wie beim Urvater dieses Gimmicks, „Rashomon“ hätte. Es variiert eigentlich nicht der „Inhalt“ der Szene, sondern es wird „erweitert“ – dadurch, dass wir etwas früher oder später in die Szene einsteigen und eben einen anderen Protagonisten in der Szene haben. Die Flashbacks widersprechen sich also nicht). Das hilft enorm, die konventionelle Geschichte (die dann trotzdem noch durch den gerade gespoilerten Subplot gestreckt werden muss) interessant zu halten. Und dennoch – trotz des Gimmicks der non-linearen Erzählweise ist der Streifen in seinen entscheidenden Punkten vorhersehbar (zumal speziell im Finale auch vor keinem Thriller-Klischee zurückgeschreckt wird). Immerhin halten die Flashbacks in diesem Fall den Betrieb nicht auf, sondern sorgen kurioserweise sogar für ein Tempo, das der Film in konventioneller Erzählstruktur mangels Höhepunkten in der zweiten Hälfte der Geschichte gar nicht aufbauen könnte.
Herrington mag also nicht der Welt größter Geschichtenerzähler sein, aber er hat zumindest begriffen, wie man mit dem Stilmittel Flashbacks sinnvoll umgeht. Größere Geister sind an dieser Aufgabe schon spektakulärer gescheitert („Ghosts of Mars“, hüstel). Tatsächlich gelingt es dem Film sogar phasenweise, ohne sklavisch an formalen Vorbildern zu kleben, eine gewisse „noirshe“ Atmosphäre zu schaffen (was gar nicht mal so leicht ist, wenn man seinen Film nicht in einer hektischen, düsteren Großstadt, sondern einer kleinen „Gebirgsgemeinde“ ansiedelt).
Filmisch leidet Herringtons Werk an dem vermutlich nicht zu üppigen Budget und der kanadischen Herkunft. Wie schon beim jüngst besprochenen Blackwoods ist es mit den kanadischen Filmen eine Krux – sie wirken (bzw. wirkten, in den letzten zwei-drei Jahren hat sich das *endlich* gebessert) nicht kinematisch, sondern bei aller technischen und handwerklichen Kompetenz wie achtbar gewerkelte TV-Filme, denen zum großen Kinofilm dieses unspezifizierbare gewisse Etwas fehlt. Auch „The Stickup“ kann sich diesem Syndrom nicht entziehen – ob Autoverfolgungsjagd oder Kampfszene, nichts davon macht wirklich den Eindruck, als wäre die große Leinwand Ziel und Zweck der Übung. Es ist alles auf einem ordentlichen Niveau, der Film leistet sich keine Aussetzer, die Überleitungen in die Flashback-Szenen sind nicht atemberaubend, aber zweckmäßig, nur der „sense of wonder“ (wenn ich das mal so nennen darf) einer richtigen Kinoproduktion mag sich einfach nicht einstellen. Wie schon gesagt – der Streifen ist flott genug inszeniert (mit einem kleinen Hänger nach etwa 50-55 Minuten), um Langeweile zu vermeiden.
Ein paar kleinere Ruppigkeiten (Spader erleidet z.B. einen Durchschuss), die niemandem schlaflose Nächte bereiten werden, rechtfertigen mit Müh und Not die FSK-16-Freigabe (Nudity wird angedeutet, aber nicht ernstlich gezeigt).
Darstellerisch ist man mit einem Akteur vom Kaliber eines James Spader immer auf der relativ sicheren Seite. Zwar ist Spader m.E. eher in seinem Element, wenn er leicht schmierig-schleimige Mittel-Unsympathen spielen darf („Secretary“, „Boston Legal“), aber auch den undurchsichtigen Anti-Helden bekommt er routiniert hin. Keine Glanzleistung, aber auch kein Aussetzer. Leslie Stefanson („Unbreakable“, „The General’s Daughter“) verbindet mit Spader gute Chemistry, was aber auch niemanden überraschen sollte, da die beiden auch im echten Leben liiert sind. David Keith („Behind Enemy Lines“, „Daredevil“, „Men of Honor“) hinterlässt als Fieslings-Deputy einen guten Eindruck (und darf über den Großteil des Films mit „Chinatown“-Gedächtnis-gebrochener-Nase rumlaufen). Highlight des Ensembles ist für mich aber John Livingston („EdTV“) als enthusiastischer Jung-FBI-Agent, der mit sichtlicher Spielfreude und Begeisterung am Werke ist.
Bildqualität: Die DVD aus dem Hause von EuroVideo ist mittlerweile auch schon etwas betagt und wird daher von ihren technischen Meriten keinen Videophilen vom Hocker reißen. 4:3-Vollbild von durchschnittlicher Güte wird geboten – der Transfer ist frei von Defekten und Drop-outs, befleißigt sich akzeptabler Schärfe- und Kontrastwerte und erfreut mit guter Kompression. Nothing to write home about, aber auch kein Grund für Zornesröte. Screenshots kann ich übrigens nicht liefern, da sich die DVD leider im PC weigert, mehr als das Titelmenü abzuspielen.
Tonqualität: Immerhin vier Tonspuren werden geboten – deutscher und englischer Ton jeweils in Dolby 5.1 und 2.0. Die deutsche Sprachfassung überzeugt durch gute Sprachqualität (die Synchro ist auch gut ausgefallen), Musik und Soundeffekte könnten etwas knackiger sein.
Extras: Als Bonusmaterial gibt’s nur den Trailer und ein ekleine Trailershow.
Fazit: „The Stickup“ ist ein Paradebeispiel für einen gleichermaßen unoffensiven wie unoriginellen Thriller. Herringtons geschickter Umgang mit dem Rückblenden-Gimmick gleicht die dünne Geschichte aus, in den wesentlichen Rollen wird gutes bis sehr gutes Schauspiel geboten. Das macht summa summarum eineinhalb Stunden, in denen man sich als Zuschauer nicht langweilt, an die man sich aber auch zwei Stunden später schon nicht mehr wirklich erinnern wird (und von dem Spruch „Action satt!“ auf dem DVD-Cover sollte man sich nicht irritieren lassen. „Action“ im Wortsinne ist des Films Spiel gewiss nicht). Okayish…
2/5
(c) 2008 Dr. Acula